Philipp Lahm: Die Legende sagt Servus!
Um den Legendenstatus zu erreichen, musste Lahm sich nicht verändern. Er hat seine Prinzipien nie an dem orientiert, was die Öffentlichkeit von ihm verlangte. Fragt man Lahm heute nach Typen, so sagt er mit einem Lächeln dasselbe, was er vor einigen Jahren gesagt hat: “Der Fußball hat sich verändert.” Nur heute glauben ihm mehr Leute.
Es ist eine Phrase wie diese, bei der die Leute ihre Augen verdrehen. Man kann sie aber auch als Teil einer tieferen Aussage sehen, die er nur andeutet, aber aus Respekt niemals äußern würde.
Lahm ist Weltmeister, Champions-League-Sieger, achtfacher Meister und sechsmaliger Pokalsieger. Das sind nur die wichtigsten Titel seiner Karriere. Der 33-Jährige ist das Gesicht einer goldenen Generation beim FC Bayern und etablierte einen Führungsstil, der sich deutlich von dem eines Oliver Kahn oder Stefan Effenberg unterscheidet.
(Foto: Christof Koepsel / Bongarts / Getty Images)
Der ideale Schwiegersohn
Fragt man heute Bayern-Fans im Alter zwischen 15 und 30, wer ihr Vorbild oder Lieblingsspieler sei, wird oft Bastian Schweinsteiger zuerst genannt. Niemand würde Lahm vergessen, aber ersterer ist mit seiner Art greifbarer für die Zuschauer.
Der ehemalige Vize-Kapitän der Münchner hatte eine Karriere zum mitleiden und fühlen. Es war eine, die mit Höhen und Tiefen ausgestattet war.
Lahm hingegen war stets die Konstanz in Person. Natürlich hatte auch er seine Tiefpunkte, aber er war immer unumstrittener Stammspieler und Leistungsträger. Fehler machte er nur wenige und schlechte Spiele gab es bei ihm noch viel seltener.
Der größte Unterschied zwischen Schweinsteiger und dem Kapitän dürfte aber sein, dass Lahm eine kalkulierbare, selten emotionale Art hat. Alles ist berechnet und geplant, nichts wird dem Zufall überlassen. Es gibt nur ganz wenige Ecken und Kanten, die er der Öffentlichkeit preisgegeben hat.
Dort war er regelmäßig der perfekte Schwiegersohn, der nichts falsches sagt und darum bemüht ist, keinerlei Schlagzeilen zu produzieren, wenn er keine Notwendigkeit darin sah. Vorgefertigte Phrasen, wie die, die es wöchentlich auf seinem Twitteraccount zu lesen gibt, zählten zum Rüstzeug des Kapitäns.
Wir müssen heute eine Reaktion zeigen und dürfen nicht auf die letzten Spiele zurückblicken. #packmas #WOBFCB pic.twitter.com/HzRvaFxShc
— Philipp Lahm (@philipplahm) 29. April 2017
Unbequem, konsequent und distanziert
Doch der gebürtige Münchner kann auch anders. Das dürften nicht zuletzt Uli Hoeneß und Michael Ballack wissen. Passt etwas nicht in Lahms Pläne, so kann er auch unbequem werden.
Es ist bemerkenswert, dass sein legendäres SZ-Interview, in dem er sich stark kritisch über die fehlende Philosophie beim FC Bayern äußerte, quasi direkt am Anfang der Ära datiert ist, die er prägte.
Noch viel bemerkenswerter ist, dass ein Spieler einen solch weiträumigen Blick entwickelt hat. Lahm hatte die Probleme der Münchner erkannt, analysiert und beim Namen genannt, als wäre er seit Ewigkeiten Teil des Vorstands. Im Alter von knapp 27 Jahren.
Zumal es auch nie so war, dass er Verantwortung weggeschoben hätte. Seine Kritik war immer reflektiert, distanziert und gut begründet. Wenn es dazu Grund gab, kritisierte er auch sich selbst.
Jede seiner Aussagen hat einen tieferen Sinn, jedes Interview gibt manchmal mehr preis, als man zunächst vermutet. Alles ist Teil eines Systems und nichts von dem, was er sagt, ist Zufall. Seine größten Kritiker werfen ihm genau das vor.
Leute wie Thomas Müller wären es, die der Fußball brauche. Extrovertierte, emotionale Spieler, die sagen, was sie gerade denken. Doch Lahm blieb sich immer treu, veränderte sich nicht und verfolgte seinen Plan. Mit aller Konsequenz.
Und wer bei seinen Interviews genau aufpasst, der hört, dass Philipp Lahm eben doch einzigartig ist und jemandem manchmal nur das Gefühl gibt das zu hören, was er gerne hören würde. Der Verteidiger ist ein Meister der indirekten Sprache und weiß ganz genau, was er wie zu äußern hat.
Weil er ein Typ ist. Anders als die Definition es in Deutschland vermutlich hergibt, aber er ist eine moderne Variation dieses Begriffs. Er braucht keine aggressiven und lauten Worte. Lahm lenkt alles um sich herum mit Intelligenz, Ausstrahlung und Psychologie.
In seiner Karriere hat er gezeigt, dass man kein dominanter Leitwolf im ursprünglichen Sinne sein muss, um Einfluss auszuüben. Er traf konstant die richtigen Entscheidungen und das machte ihn zum perfekten Führungsspieler.
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Der 33-Jährige wird als Führungsfigur fehlen. Die flache Hierarchie, die vor allem durch ihn geprägt wurde, wird es zwar einfacher machen einen Nachfolger für das Kapitänsamt zu finden. Er wird aber mit seiner sportlichen Qualität und vor allem als Mensch ein riesiges Loch im Verein hinterlassen.
Jemanden zu finden, der als Bindeglied zwischen Mannschaft, Trainer und Vorstand jeweils einen so großen Einfluss hat, ist fast unmöglich. Zumal Lahm das alles geschafft hat, ohne sich großartig unbeliebt zu machen.
Der Dominator von der Isar
Ebenso unmöglich ist es, einen Rechtsverteidiger zu finden, der das Spiel so dominieren kann wie Lahm. Mit seiner Art Fußball zu interpretieren und zu spielen ist es wie mit seinen Interviews. Jede Bewegung, jeder Pass, jede Anweisung und jede Aktion unterliegt einem größeren Plan.
Lahm überlässt auch hier nichts dem Zufall. Gemeinsam mit Arjen Robben bildete er über Jahre das beste Außenbahn-Duo der Vereinsgeschichte. Ribéry und Alaba waren in einer gewissen Phase vielleicht ästhetischer, aber die Effizienz und Intelligenz der beiden ist unerreicht.
Oft wird über Arjen Robben behauptet, dass jeder weiß, was er macht, doch es sei nicht zu verteidigen. Der Grund dafür ist oftmals Philipp Lahm gewesen. Seine Läufe und seine einmalige Spielintelligenz öffneten dem Niederländer so viele Räume. Auch dank des Kapitäns hatte Robben seine beste Zeit beim FC Bayern.
Spektakulär war Lahm noch nie. Deshalb lief er in vielen Phasen seiner Karriere, aber speziell bei individuellen Auszeichnungen unter dem Radar. Doch er war immer der beste auf seiner Position.
Pep Guardiola bezeichnete ihn nicht nur als intelligentesten Spieler, den er je trainiert hat, sondern lobte vor allem eine weitere Qualität. Der Münchner sei der einzige Außenverteidiger auf der Welt, der ein Spiel von dieser Position dominieren könne.
Eine Aufgabe, die sonst nur aus dem zentralen Mittelfeld lösbar schien, löste Lahm mit einer oft extremen Diagonalität in seinem Spiel. Ballbesitz, Spielaufbau, enge Situationen auflösen, Gegenpressing, Räume öffnen, Überzahl schaffen… am Ende seiner Karriere fusionierte der Verteidiger gleich mehrere Rollen.
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Oft waren es unscheinbare Bewegungsabläufe, die die Struktur des Gegners im Sekundenbruchteil zum schlechteren verändert haben. So wie sein persönlicher Trademark-Move, wenn er ein Dribbling ins Zentrum antäuschte, um schließlich mit einer einfachen Drehung die nun freie Außenbahn zu nutzen.
Den wichtigsten Faktor seines Spiels vergaß er bei all seiner Entwicklung aber nie und das war die Balance. Es gibt viele Außenverteidiger, die Lahm in der Offensive überlegen waren und sind, aber es gab nie jemanden, der kompletter war.
Seine fehlende Torgefährlichkeit kompensierte er mit Verstand. Die Spielweise war vergleichbar mit seinem Führungsstil. Lahm versuchte nie etwas alleine zu erzwingen, sondern war immer darum bemüht, gemeinsam intelligentere Lösungen zu finden.
Sein Zweikampfverhalten und Stellungsspiel sind ebenso einmalig gewesen wie seine Spielintelligenz in Ballbesitz. So wie er mit dem Spielgerät schon mehrere Aktionen vorausdenken konnte, tat er dies auch in der Verteidigung.
Und lief er mal hinterher, gab es immer noch sein zweites Markenzeichen, die Lahm-Grätsche. Grätschen sind bei vielen modernen Trainern ein Hinweis darauf, dass vorher schlecht verteidigt wurde. Beim Kapitän waren sie jedoch stets pure Kunst.
Lahms Tacklings waren nicht nur so einzigartig, weil er nur selten einen Zweikampf verlor. Sie waren es vor allem deshalb, weil er damit den Ball oft so gewann, dass sich direkt eine neue Spielsituation für sein Team ergab.
So berechenbar seine Interviews auch waren, auf dem Platz konnte niemand erahnen, was Philipp Lahm schon wieder plant. Ein Faktor, der den Bayern viele Titel brachte.
Du wirst fehlen, Philipp
Es mag sein, dass seine berechenbare und kalkulierbare Art nicht für jeden faszinierend ist. Aber Lahm ist seinen Weg konsequent gegangen und wird eine Karriere hinterlassen, die seine Entscheidungen bestätigt.
Der ehemalige Nationalspieler könnte der Mannschaft gewiss noch weiterhelfen, doch er hat für sich entschieden, auf höchstem Niveau aufzuhören. Auch das unterscheidet ihn von Bastian Schweinsteiger. Er will selbst bestimmen, wann seine Karriere vorbei ist.
Eine Entscheidung, die erneut den einzigartigen Blick Lahms auf das große Ganze aufzeigt. Für ihn zählt nicht nur die Aktualität. Der 33-Jährige lernt aus der Vergangenheit und plant für die Zukunft, um genau jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das eint den Menschen Lahm mit dem Fußballer Lahm.
Nicht wenige haben behauptet, dass Schweinsteiger der wahre Kapitän des Teams war, das 2013 den Höhepunkt mit dem Triple erlebte. Die Wahrheit ist, dass beide ihren Anteil hatten. Aber Philipp Lahm war die berechtigte und richtige Wahl für das repräsentative Amt des Kapitäns.
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Lahm überlässt einfach nichts dem Zufall und deshalb wird er sehr bald sein erstes Interview als Ex-Spieler geben, lächeln und irgendetwas vorhersehbares sagen.
Einige werden die Augen verdrehen, viele Bayern-Fans hingegen werden ebenfalls lächeln. Mit einem strahlenden Auge, weil sie einen der drei größten Fußballer der Vereinsgeschichte sehen und mit einem weinenden, weil sie ihn vermissen werden.
Den Philipp Lahm, der die erfolgreichste Ära des FC Bayern prägte und das Gesicht einer goldenen Generation ist. Der so auffällig unauffällig war und dessen Stellenwert in München wohl emotional erst vollends begriffen wird, wenn er tatsächlich nicht mehr dabei ist.
Vielen Dank für alles, was du für den Klub und uns Fans in all den Jahren geleistet hast. Du wirst fehlen, Philipp. Aber hoffentlich nicht allzu lange.
Ich darf gar nicht daran denken, daß er weg ist. Mir wird da irgendwie mulmig….
Ich würde ja immernoch auf ein Arbeitspapier als Sportdirektor/vorstand zum 01.07.2018 wetten. Vielleicht ein Wunschdenken – aber durch das Jahr ohne ihn wird man erst sehen was man an ihm hatte.
Bei den beschriebenen Floskeln stimme ich schon zu. Aber wenn ich mich in die Situation hinein versetze würde, hätte ich es sicherlich nicht anders gemacht. Es muss wirklich frustrierend sein, permanent und wiederholend auf Fragen zu antworten, die von Leuten gestellt werden, die _größtenteils_ keinen Sachverstand dafür haben.
Und so aalglatt fande ich ihn garnicht. Ich meine es in seiner Biographie gelesen zu haben als er auf das damilige SZ-Interview antwortete, wie er die 50.000 EUR Strafe bewerten würde … – Seine Antwort: Als Investition.
Und er hat damals schon Recht behalten.
Ich glaube nicht, dass ich ihn als aalglatten Menschen bezeichne. Da musst du nochmal genauer drüberlesen.
@Justin,
das war unglücklich meinerseits formuliert und nicht auf deinen Text bezogen. Bei vielen anderen Medien / Personen wird er durchaus als aalglatt bezeichnet. Ich wollte da nur darauf hinaus, dass ich das entsprechend nicht so sehe.
Ein sehr guter Beitrag, der die Bedeutung von Philipp Lahm für das Bayernspiel genau herausarbeitet. Wir werden es schon nächste Saison sehen, ob Bayerns Flügeldominanz auch ohne Philipp Lahm fortbestehen kann. Ich wäre nicht überrascht, wenn wir erst nach seinem Abgang sehen, was er auf seiner Position alles bewirkt hat.
Schöner Artikel und ich teile fie Wehmut. Aber wer sind die anderen zwei der drei größten Fußballer der Vereinsgeschichte?
Es ist eine sehr subjektive Ansicht. Ich habe für mich 5 Spieler, die mMn die größten der Vereinsgeschichte sind. Beckenbauer, Müller, Matthäus, Kahn und Lahm.
Für mich persönlich wäre die Reihenfolge, ohne jemanden schlecht machen zu wollen (extremes Niveau):
Beckenbauer
Müller
Lahm
Matthäus
Kahn
Ist auch eine Frage des Alters und wen man live erlebt hat, glaube ich.
Wobei das letzte Argument bei mir mit meinen 24 Jahren nicht zutrifft, wenn ich mir meine Liste anschaue.
Matthäus hätte ich jetzt auf Vereinsebene da nicht erwartet. Da blieb zum einen der ganz große Titel aus (deswegen ist die Frage ob Schweini da reingehört, wenn vielleicht auch nicht so prägend) und zum anderen hat er weite Teile seiner besten Zeit in Italien verbracht. Die anderen ja. Auch in der Reihenfolge.
Kann man sich drüber streiten, ob es zwingend den ganz großen Titel braucht. Rein fußballerisch einer der besten, die je bei uns waren. Da reichen Bastis drei-vier Jahre Peak nicht. Er ist sicher einer der prägendsten, aber nicht einer der besten. Da fallen mir einige bessere ein. So super ich ihn finde.
Sehr gute Auswahl. Drollig, dass Killer-Kalle in den wenigsten Spielerrankings ganz oben auftaucht.
Für mich gehört Robben statt Matthäus rein. Loddar hat seine besten Jahre einem anderen Verein gegeben, taugt daher für mich nicht als Vereinslegende des FCB, jedenfalls keine der größten 5.
…breitner…? mehr als loddar
Bei solchen Listen kann es genauso wenig Gerechtigkeit oder Objektivität geben wie bei der Weltfußballerwahl o.ä.
Und wenn man da noch über viele Generationen vergleichen will/muss?
Ohne Breitner und Rummenigge kann man das kaum machen. Und wer Kahn nennt hat keine Argumente um Maier draußen zu lassen. Kein Robben, kein Ribery?
Wenn man sich die Auswahl nicht zu klein macht und sich auf keine genaue Reihenfolge festlegt, könnte man sich allerdings auf eine Top 10,12 wahrscheinlich ziemlich gut einigen.
Und wer in der Top 10 des FCB erscheint ist sowieso Legende.
Also den Robben für Matthäus rein nehmen, bei aller Liebe nein.
Matthäus hat zwar 4 Jahre bei Inter gespielt und wurde in der Zeit Weltmeister und Weltfußballer (der letzte deutsche Spieler), aber er hat 12 Jahre bei Bayern gespielt, mindestens 10 davon auf Weltklasse Niveau.
Dass er die CL nicht gewonnen hat war einfach Pech und verdient hätte er es allemal gehabt.
Kein Spieler des FC Bayern hat über einen derart langen Zeitraum so herausragende Leistungen gezeigt, auch kein Philipp Lahm.
Klar, ist alles subjektiv, aber wer in all den Jahren den Matthäus hat spielen sehen, der weiß, dass nur Beckenbauer und Müller vor ihm eingeordnet werden können.
Während sich Matthäus in seinem letzten CL-Finale “verpisst” hat (O-Ton Tiger Effenberg), hat Robben das letzte CL-Finale pro FC Bayern entschieden. Mit Robben wurde aus einem FC Bayern, der Jahr für Jahr nur noch CL-ko-Runden-Kanonenfutter war, ein CL-Finalist und Titelanwärter.
Und ja, ich gebe Grullit recht. Natürlich steht Breitner (Lichtjahre) über “Lodda”.
Hätten die Macher von “Deutschlands Fußballer des Jahres” doch vorher Justins Statement gelesen, wie oft wäre Philipp dann “Deutschlands Fußballer des Jahres” geworden?
Nicht ein einziges Mal. Diese Illusion kann ich Dir nehmen. Gewürdigt werden immer die spektakulären Torschützen oder die spektakulären Spiellenker. Denke mal an Zlatans Fallrückzieher oder an Maradonas Dribbling oder einfach an Zinedine Zidane. Wer nicht glamourös ist, wer ein schlichter Arbeiter ist, wer bescheiden ist, der bekommt keinen Lorbeerkranz.
Es wird nach Reputation abgestimmt, nicht nach Leistung.
Hä, was haben Maradona, Zidane und Ibrahimovic mit der Wahl zu Deutschlands Fußballer des Jahres zu tun?
Deutschlands Fußballer des Jahres sind schon Innenverteidiger wie Jürgen Kohler oder zuletzt erst Jerome Boateng geworden, mit Deinem Gerede von Dribblings und spektakulären Toren bist Du somit auf der denkbar schiefsten Bahn gelandet.
Berti Vogts wurde die Auszeichnung zum Karriereende 1979 quasi geschenkt. Wäre vielleicht ein Denkanstoß.
Eine schöne Hommage.
Auch wenn ich nicht alles 100% genauso sehe (finde manches zu dick aufgetragen) und er mich mit seinen “Flanken” und Schussversuchen mitunter an den Rand des Wahnsinns getrieben hat, so stimme ich dem Grundtenor uneingeschränkt zu.
Bei Lahm muss man schon 2-3 mal hinsehen, um den Legendenstatus zu entdecken. Er existiert aber in jedem Fall. Wie groß sein Einfluß auf die Titel nun wirklich war sei mal dahingestellt, Fakt ist dass man eine Dekade lang den besten Rechtsverteidiger zuverlässig auf seiner Seite hatte. Auch links war er ja (auch im Duo mit Ribéry) nicht schlechter.
Man muss aber auch anmerken, dass zB. Löw ihn erst nach dem Fast-Debakel gegen Algerien auf die RAV-Position gestellt hat und die Dinge ihren Lauf nahmen. Teils auf Druck der Öffentlichkeit, teils aus eigener Überzeugung aber nicht unbedingt aus dem Willen Lahms heraus (denke es wurde in der Zeit deutlich, dass er lieber weiter im Mittelfeld agiert hätte und es deswgen bis ins 1/4-Finale gedauert hat, bis der Wechsel kam). Das darf man bei der Beschreibung seiner (durchaus unbequemen) Persönlichkeit nicht vergessen. Zu der Zeit hat mir ein wenig der Blick fürs Große Ganze gefehlt.
Letzten Endes wird man aber beim Rückblick auf seine Karriere sagen können, dass selten ein Fußballer soviel richtig gemacht hat wie er. Angefangen bei der Leihe zum VFB bis zu den jeweilig selb bestimmten Abschieden in Nationalmannschaft und Verein. Besser kann man es nicht machen. Als Spieler ist er sicher über kurz oder lang zu ersetzen, die Frage inwieweit er der Mannschaft als Person fehlt, lässt sich erst später beantworten. Vielen Dank für alles, Philipp!
Wer sind denn die anderen beiden besten Spieler?
Beckenbauer, Müller, Maier, Matthäus, Rummenigge… ?
… hat sich erledigt, danke.
Kahn steht da zu Recht. Merkwürdig, dass alle den Kalle vergessen haben – zu früh nach Italien abgerauscht?
Bis zur Winterpause der Saison 2013/14 war Lahm der wohl konstanteste Spieler, den ich je gesehen habe.
Schlechte Spiele konnte man bis dahin an einer Hand abzählen, die Regal war eine Weltklasse-Leistung, die Ausnahme waren dann Leistungen, die ebenfalls nur knapp darunter anzusiedeln sind.
In einer Welt, in der immer schnelle mit Superlativen wie “Bester XY aller Zeiten” um sich geworfen wird, ist es erstaunlich zu sehen, dass Lahm ein Spieler ist, dessen Klasse selbst von den eigenen Fans nie ganz gewürdigt wurde.
Er steht für mich wie kein zweiter für den Aufstieg des FC Bayerns wie auch der Nationalmannschaft zurück zur Weltklasse.
Und auch jetzt ist dies noch deutlich zu spüren, wenn einige Fans die Triple-Aufstellung verklären und die Martínez-Müller-Kombo fordern – dabei hat diese nur deshalb so gut funktioniert, weil Lahm (und der in diese Hinsicht ebenfalls unterschätzte Ribéry) von außen deren Defizite im Spielaufbau kaschierten.
Aber auch auch die Kritik auf persönlicher Ebene kann ich nicht nachvollziehen. Zum einen ist er die einzige Persönlichkeit, die jemals Hoeneß und Rummenigge öffentlich ihre fachliche Kompetenz in solch kategorischer Weise abgesprochen hat – das soll weichgespült sein? Zum anderen empfinde ich gerade die Häme ob seiner Twitter-Aktivitäten als besonders lächerlich. Sein Auftreten dort ist ja wohl zehnmal authentischer als die pseuo-fannahen Agenturposts gewisser anderer Spieler. Es gibt definitiv keinen anderen Spieler, dem ich das, was er dort so postet, derart abnehme wie Lahm. Für die Twitter-Hampelmänner, die als “Social Media Consultant” oder “Head of Social Media at Internetsportseite XY” auf vermeintlich lustige und authentische Posts als Referenzen für die nächste Anstellung angewiesen sind, ist das natürlich unerträglich, dass Lahm es nicht nötig hat, auf diese Ebene hinabsteigen zu müssen.
Lahm wird auf jeden Fall eine enorme Lücke hinterlassen. Gerade menschlich und fachlich inzwischen sogar mehr als sportlich, wo ich ihn seit der Rückrunde 2014 für ersetzbar halte. Ich hoffe, er schafft es sobald wie möglich, Hoeneß und Rummenigge das Handwerk zu legen und den FC Bayern in verantwortungsvoller Position in vernünftige Bahnen zu lenken.
Mit mehr Fokus auf sportlicher Philosophie und Weitsicht und weniger Fokus darauf, möglichst viel Blutgeld von den Terrorismus-Unterstützern aus den Golfstaaten heranzukarren.
Guter Beitrag, thumbs up!
gutes statement, fürwahr…ach, hätten wir noch einen sammer…und dann einen Philipp lahm dazu anstelle der status-quo-bewahrer und selbstberuhiger an der spitze. junge, komm bald wieder!
Warum die Kante gegen Schweinsteiger, dass er nicht weiß, wann Schluss ist, hier rein musste, versteh ich jetzt nicht. Die anderen Vergleiche finde ich zutreffend und passen auch hier rein, weil sie Einblick über das Spiel und das Kapitänsamt geben. Ob aber jemand am Schluss nochmal ein Jahr in den USA dran hängen will oder nicht, kann doch jeder für sich selbst entscheiden.
Ansonsten gut geschrieben!
Sehe das nicht als Kante. Sehe es als Unterstreichung dafür, dass er stets die richtigen Entscheidungen für sich oder seine Mannschaft trifft. Ich habe Basti nirgends dafür kritisiert, nur aufgezeigt, dass Lahm der kluge Kopf ist und Basti eben der emotionale, perfekt dazu passende Part, der nicht allzu viel plant.
Verdiente Würdigung für einen ganz Großen.
In 10 oder 20 Jahren wird es vmtl. schwer fallen Leuten die ihn nicht mehr spielen sahen zu vermitteln was Lahm ausmachte.
Dann kann es ggf. helfen einige Elogen von Zeitzeugen in petto zu haben ((-;
Phillip Lahm hat die Würdigungen sicherlich verdient, er war mehr als nur “ein guter Fußballer”. Phillip hat seine Position, und das Spiel geprägt, seine immer fokussierte, aber stets dezente Art des Umgangs war für mich ein wohltuender Kontrapunkt zu manch selbstgerechter Darstellung seiner Berufskollegen, gerade auch aus anderen Vereinen. Ok, etwas mehr rhetorischen Feinschliff hätten seine Äußerungen schon haben können ;-), inhaltlich war Phillip aber immer klar; und daher sehe ich ihn – nach dem Erlangen der Trainerlizenz – eher im Führungsbereich. Tatsächlich wäre er in ein paar Jahren ein geeigneter Mann für den Vorstand.
Ich würde mich übrigens sehr freuen, wenn auch Xabi Alonso, auch wenn er sicherlich unseren FC Bayern längst nicht so geprägt hat, wie Phillip, eine eigene Würdigung hier bei Mirsanrot bekäme. Unser taktischer Großmeister im Mittelfeld, vielleicht einer der erfahrensten Spieler dieser Zeit, hat sie ganz bestimmt verdient. Auch bei ihm hoffe ich auf einen Einstieg in die Trainerlaufbahn; und Alonso an der Seitenlinie würde in ein paar Jahren sicherlich auch dem FCB gut zu Gesicht stehen.
By the way: auch ein anderer verdienter Spieler hat heute sein Karriereende verkündet: Martin Demichelis.
In der Rückblende hat er nochmal explizit die Zeit bei Bayern erwähnt. Ich kann mich erinnern, dass das erste Jahr in etwa so lief wie bei Renato Sanches aktuell und er in der Folge zu einem der besten IVs in Europa wurde. Finde ich eine schöne Geste. Alles Gute, Micho!
Neuer – keiner war so dominant und hat das Torwartspiel so weiterentwickelt
Beckenbauer – Weltstar – immer noch
Lahm – Weltklasse während seiner gesamten Karriere – hat das Kapitänsamt neu definiert von laut zu smart
Liza – in seiner Zeit ungeheuer konstant und defensiv der Größte (offensiv war zu seiner Zeit nicht so gefragt) – auch großer Nationalspieler
Katsche Schwarzenbeck – der wichtigste Abräumer aller Zeiten
Matthäus – Weltstar – Weltfußballer
Breitner – wegen “Breitner, Rummenigge….Toooor” wurde ich Bayernfan
Scholl – meine Stadionzeit – stockendes Bayernspiel – 70min: die Fans fordern “Mehmet Scholl” – er kommt – das Spiel wird dynamischer – Sieg – immer wieder
Robben – ähnlich wie Scholl nur Wackelkandidat in der Liste – nicht ganz “vollendet” da zuooft verletzt – aber viele unvergeßliche Momente – vielleicht die größte Siegermentalität
Rummenigge – siehe Breitner
Gerd Müller – ein Blick in Statistiken reicht
Die “Ersatzbank”: Maier, Effenberg, Salihamidzic, Jeremis, Ribéry, Schweinsteiger
Da fehlen mit Kahn, Augenthaler, Elber und Bulle Roth noch prominente Figuren. Gar nicht so einfach es einzugrenzen.
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