Kathrin Hendrich unterschreibt neben Karin Danner beim FC Bayern München

Transferstrategie der Bayern-Frauen wird auch an Kathrin Hendrich deutlich

Jolle Trenner 26.03.2018

Das gibt uns die Gelegenheit, nicht nur Kathrin Hendrich vorzustellen, sondern auch einen Blick auf die aktuelle Transferpolitik bei den Bayern-Frauen zu werfen.

Kathrin Hendrich im Kurzportrait

Die 1992 in Belgien geborene Deutsch-Belgierin wird den FC Bayern mit ihren 174 cm Größe auf der Position der Innenverteidigung verstärken. Beginnend 2007 bei der U15 durchlief Hendrich sämtliche U-Nationalmannschaften Deutschlands, wurde 2011 U19-Europameisterin und belegte mit der U20 den zweiten Platz bei der WM 2012. Seit 2014 ist die Abwehrspielerin auch in der A-Nationalelf vertreten und wurde im letzten Sommer von der damaligen Nationaltrainerin Steffi Jones für die EM in den Niederlanden nominiert.

Zum Einsatz kam sie im 2:1-Sieg gegen Italien, bei dem sie in der zweiten Halbzeit für Josephine Henning eingewechselt wurde. Beim Freundschaftsturnier in den USA, dem She-Believes-Cup, kürten deutsche Fans Hendrich jüngst zur Spielerin des Spiels bei der 0:3-Niederlage gegen Frankreich. In ihren 24 Spielen für Deutschlands A-Elf gelangen Hendrich drei Treffer.

Nach München kommt die Innenverteidigerin mit jeder Menge Erfahrung. 99 Spiele bestritt sie für Bayer 04 Leverkusen, bislang kamen 102 für den 1. FFC Frankfurt hinzu. Für beide Clubs schoss sie jeweils vier Tore. Mehr als 160 Bundesliga-Spiele hat die 25-Jährige schon jetzt im Gepäck. Mit Frankfurt gewann sie 2015 die Champions League. Mit Kathy Hendrich verlässt – nach heutigem Stand – die letzte deutsche Nationalspielerin den einst alles überstrahlenden Top-Club aus Frankfurt. In München unterschrieb Hendrich einen Zweijahresvertrag.

„Ich freue mich sehr, dass sich mit Kathy Hendrich eine sehr talentierte, sowie bereits international erfahrene deutsche Nationalspielerin für den FC Bayern München entschieden hat. […] Kathy ist eine schnelle, zweikampfstarke und äußerst zuverlässige Verteidigerin, die zudem fußballerisch gut ausgebildet ist. Sie wird unsere Defensive ab Sommer verstärken.“
Thomas Wörle, Trainer FCB-Frauen zu fcbayern.com

„Mich haben die Gespräche, der Campus als Trainingsanlage und das gesamte Umfeld einfach überzeugt. Ich freue mich auf die neue Herausforderung und bin zuversichtlich, dass wir mit der Mannschaft erfolgreich sein werden.“
Kathrin Hendrich, FCB-Neuzugang zu fcbayern.com

Die Transferstrategie der FC Bayern Frauen

Dass der FC Bayern vor der aktuellen Saison reagieren musste, diskutierten wir ausführlich in unserer Artikelserie zum Kaderumbruch. Seither haben die Bayern nicht nur beobachten dürfen, wie die anderen europäischen Länder mehr und mehr Schritte unternehmen, um den Frauenfußball zu professionalisieren – nach Juventus in Italien zieht in England nun endlich auch Manchester United nach und ist bemüht, die strenger werdenden Auflagen der professionellen Frauen-Liga zu erfüllen, um ein Team ins Meisterschaftsrennen zu schicken.

Auch am eigenen Leib haben die Bayern zu spüren bekommen, dass die Bundesliga nicht mehr das Maß aller Dinge im Frauenfußball ist. Schon im Sechzehntelfinale beendete der FC Chelsea die Champions-League-Träume des FCB.

Das einzige deutsche Team, das international weiter auf Augenhöhe agiert, ist derzeit der VfL Wolfsburg. Auch Wolfsburg setzt ähnlich wie die Bayern auf ein solides Grundgerüst aus deutschen Nationalspielerinnen. Im Gegensatz zu den Bayern mischt der VfL allerdings auch international mit im Wettstreit um die besten Talente. Der Club kann regelmäßig realistische Chancen auf den Gewinn der Champions League in die Waagschale werfen.

Aber auch Wolfsburg muss sich strecken. Und Wolfsburg streckt sich. Caroline Graham Hansen (Norwegen), Sara Björk Gunnarsdottir (Island), und Pernille Harder (Dänemark) sind heiß begehrte Top-Spielerinnen, die zuletzt ihre Verträge vorzeitig verlängerten. Dazu kamen im Winter weitere namhafte Neuzugänge. Die Portugiesin Claudia Neto begründete ihre Entscheidung, sich den Wölfinnen anzuschließen mit den Worten:

„Der VfL ist einer der besten Klubs der Welt und für mich der beste, um mich selbst weiterzuentwickeln.“
Claudia Neto, Spielerin des VfL Wolfsburg, zu vfl-wolfsburg.de

Auch die Norwegerin Kristine Minde kam im Winter neu dazu ebenso wie die gebürtige US-Amerikanerin mit kanadischem Pass, Ella Masar.

„Der VfL ist für mich der professionellste Verein im Frauenfußball, bei dem auf höchstem Niveau gearbeitet wird.“
Ella Masar, Spielerin des VfL Wolfsburg, zu vfl-wolfsburg.de

In Freiburg mag man wehmütig den Talenten hinterher blicken, die ihren Weg nach München eingeschlagen haben. Doch für den FC Bayern ist es notwendig, zumindest für die hiesigen Nationalspielerinnen als die beste Adresse für den nächsten Schritt hin zum internationalen Top-Niveau zu gelten. Nur so kann verhindert werden, dass die Lücke zum europäischen Geschäft dauerhaft aufklafft.

Wie sieht sie also aus, die Transferstrategie der FCB-Frauenabteilung?

Noch vor einigen Jahren sahen sich die Bayern vor allem in Süddeutschland um und positionierten sich als erste Anlaufstelle für alpine Nachbarn aus Österreich und der Schweiz. Darüber hinaus verfügte man über einen guten transatlantischen Draht und warb immer wieder noch unbekannte US-Talente an – ohne großes Risiko für beide Vertragsparteien. Die US-Spielerinnen erwartete das Abenteuer Europa bei einem Club mit Weltrenommee samt Tickets für die Allianz Arena. Bayern bekam zumeist gut ausgebildete, athletische Spielerinnen mit Biss und Mentalität.

Inzwischen setzen sich die Bayern vehement dafür ein, deutsche Nationalspielerinnen für den Club zu gewinnen, noch mehrere Jahre bevor sie ihr Leistungshoch erreicht haben. Wenn es gelingt, Top-Spielerinnen wie Simone Laudehr oder Vero Boquete zu verpflichten, dann tut man das – doch der Normalfall sind solche Transfers nicht.

Fasst könnte man meinen, auch Lina Magull wäre schon eine Nummer zu groß für die Bayern, doch nachdem Wolfsburg für sie vielleicht zu früh kam und sie den Umweg über das herausragend geführte Freiburg einschlug, wurde der FC Bayern – Magulls Herzensclub – die realistische nächste Station. Dass Freiburg selbst nicht vielleicht sogar die bessere Option wäre, dafür muss man in München glaubhaft versichert haben, dass man kontinuierlich investieren wird, um Deutschland Nummer 2 zu bleiben.

Wie Wolfsburg komplementieren auch die Bayern den Kader um die deutschen DFB-Spielerinnen mit eigenem Talent und Nationalspielerinnen aus dem Ausland. Mehrere „Fußballerinnen des Jahres“ haben die Roten in ihren Reihen. Nur ist das fußballerisch prestigereichste Heimatland dieser Spielerinnen aktuell Österreich. Neben Viki Schnaderbeck wurde auch Lucie Voňková (Tschechien) und Dominika Škorvánková aus der Slowakei diese Ehre zuteil.

Wie lange es die Österreicherinnen nach ihrer Traum-EM noch in Bayern hält, ist allerdings ungewiss. Viki Schnaderbeck wird mit Arsenal London in Verbindung gebracht. Warum kürzlich mit Benkarth und Fei zwei Torhüterinnen verpflichtet wurden, nachdem sich Manuela Zinsberger – die sogar zur Österreicherin des Jahres gekürt wurde – gerade erst als Stammtorhüterin gegen Tinja-Riikka Korpela durchgesetzt hatte, lässt Fragen offen.

Die vierte Zutat im bayrischen Talentemix sind international erfahrene Top-Spielerinnen, die ihren Zenit überschritten haben. Das soll nicht bedeuten, dass Spielerinnen wie Wang Fei und Laura Georges nicht enorme Klasse haben. Im Englischen ist charmanter von Post Peak die Rede. Nur hätte sich eine Laura Georges in ihrer Prime Time vermutlich nicht für den FC Bayern entschieden. Lieber wechselte sie zwischen PSG und Olympique Lyon und gewann die Champions League.

Mit dieser Strategie kombinieren die Bayern aktuell Top-Talent, das einerseits bereits etabliert ist, aber andererseits noch jede Menge Entwicklungspotenzial birgt, mit abgeklärter Erfahrung sowie ausländischen Spielerinnen, die aus der heimischen Liga entwachsen, aber erfolgshungrig sind.

Diese Herangehensweise der Bayern ist nicht die schlechteste. Elaboriertes Scouting ist nicht notwendig, um die passenden Spielerinnen zu erkennen. Statt sich der Illusion hinzugeben, bei den ganz Großen mitzuspielen, nehmen die Bayern ihre Rolle als Deutschlands Nummer 2 an und betreiben die Akquise von deutschen A-Nationalspielerinnen konsequent. Täten sie es nicht, würde es noch schwerer, die Nase vor Freiburg und Potsdam zu behalten bzw. wieder vor diese Clubs zu kommen. Es ist nicht der kreativste Weg, den die Bayern eingeschlagen haben, aber der richtige.