Aufstieg und Fall des Superclubs FC Bayern
Das sportliche Abschneiden der Saison 2023/24 allein wäre kein Problem. Das sportliche Abschneiden im Gesamtbild der letzten Jahre ist eins.
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Der FC Bayern ist seit 60 Jahren ein deutscher und europäischer Spitzenclub. Merchandise, Medien, Mitglieder, der FC Bayern setzt auch neben dem Platz Ausrufezeichen. Obwohl die Bundesliga und die deutsche Sprache in vielen Regionen der Welt einen Nachteil gegenüber englischen, französischen oder spanischen Clubs darstellen, ist der FC Bayern auch international eine Topmarke.
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Vor fünfzehn Jahren begann eine Blütezeit, wie selbst dieser erfolgsverwöhnte Verein sie vorher nicht kannte. Diese Zeit ist vorbei. Das Aus in der Champions League gegen Real Madrid ist nicht entscheidend für diese Bewertung. Es manifestiert sie jedoch. Die Ära des FC Bayern als sportlicher Superclub ist vorerst vorbei.
Der FC Bayern von 2000 bis 2012: sehr gut, nicht elite
Das neue Jahrtausend beginnt für den FC Bayern 2001 mit dem lang ersehnten Sieg in der Königsklasse. Die schmerzlichen Niederlagen kurz vor dem Ziel gegen Porto, Belgrad oder Manchester United sind Geschichte. Das Team von Ottmar Hitzfeld um Oliver Kahn und Stefan Effenberg gehört zu den Besten in Europa.
Als Trainer folgen auf Hitzfeld Felix Magath und wieder Hitzfeld, bevor das Experiment Klinsmann scheitert und schließlich Louis van Gaal eine neue Ära einleiten wird.
Der FC Bayern holt in dieser Phase sieben von dreizehn Meisterschaften. Die übrigen Titel verteilen sich auf den VfL Wolfsburg, Werder Bremen, den VfB Stuttgart und Borussia Dortmund (drei Titel).
Die schlechteste Ligaplatzierung des FC Bayern ist ein vierter Platz, der den Club 2007/08 in den ungeliebten UEFA-Cup führt.
International spielt man ansonsten jedes Jahr in der Champions League. Nach dem Titel 2001 ist dort aber regelmäßig früh Schluss, 2002 sogar in der Gruppenphase. Von 2002 bis 2009 schafft der FC Bayern es nicht über das Viertelfinale hinaus. Die Niederlagen gegen Real Madrid, Chelsea, AC Mailand und den FC Barcelona sind oft sehr klar.
Im DFB-Pokal, der in den 1990ern noch ein Sorgenkind des FC Bayern war, läuft es relativ gut. Sechs Mal feiern die Münchner in Berlin.
Insgesamt gewinnt der FC Bayern 14 von 36 möglichen Trophäen in den drei Hauptwettbewerben (36%). In allen Spielen in den drei Wettbewerben sammelt der FC Bayern im Durchschnitt 104 Punkte pro Jahr.
Von 2012 bis 2020 wird der FC Bayern acht Jahre zum “Superclub”
Louis van Gaal hatte ab 2009 wichtige Grundlagenarbeit in der Spielphilosophie bereitet. Dazu kamen große Transfers, die perfekt einschlugen wie Franck Ribéry, Manuel Neuer und Arjen Robben sowie eine goldene Generation an Nachwuchsspielern um Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm, David Alaba und Thomas Müller.
Eine perfekte Ausgangslage, die Jupp Heynckes zur absoluten Leistungsspitze in der Saison 2012/13 führte. 2013 war das erste Triple der Vereinsgeschichte und markierte mit 91 Punkten die bis dato beste Bundesligasaison.
Danach veredelt Pep Guardiola das Spiel und hält den FC Bayern drei Jahre lang an der absoluten Weltspitze, auch wenn ein weiterer Champions-League-Titel ausbleibt. Zusammen mit Real Madrid und dem FC Barcelona dominiert der FC Bayern einige Jahre lang in Europa.
Nach dem Abgang von Pep Guardiola lässt der FC Bayern etwas nach. Keiner der neuen Trainer kann komplett an die vorherige Leistungsspitze anknüpfen. Alle schaffen es jedoch, das Team auf einem weiterhin beeindruckend hohem Niveau zu verwalten.
2020 sprintet der FC Bayern unter Hansi Flick im wahrsten Sinne des Wortes zu einem letzten großen Hurra und siegt erneut in allen Wettbewerben.
In diesen acht Jahren erspielt der FC Bayern sich im Durchschnitt 125 Punkte über Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal. Von 24 möglichen Titeln in den drei Hauptwettbewerben gewinnen Manuel Neuer, Thomas Müller und Co. 15 (63%).
Der jahrzehntelang erfolgreiche FC Bayern hat sich auf eine neue Stufe gehoben. Er ist zum absoluten Superclub geworden.
Nach 2020 geht es für den FC Bayern zurück ins zweite Glied
Im Jahr nach dem jüngsten Champions-League-Titel beginnt der Abstieg des FC Bayern. Der Abstieg beginnt langsam. Erst mit etwas Abstand wird die Sicht klarer: Die Niederlage gegen Holstein Kiel in der zweiten Runde des DFB-Pokals ist die erste Niederlage in der ersten oder zweiten Runde seit 2000 und die erste Niederlage gegen einen unterklassigen Gegner seit 2003.
Im Pokal folgt ein Jahr später das 0:5 bei Borussia Mönchengladbach und weitere zwei Jahre später eine Niederlage beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken. Niederlagen, wie sie dem dominanten FC Bayern der Jahre 2012 bis 2020 gefühlt nicht hätte passieren können, vor allem nicht in dieser Häufung.
Währenddessen ist in der Champions League dreimal in Folge bereits im Viertelfinale Schluss, darunter das enttäuschende Aus gegen den Underdog aus Villarreal.
In der Liga wird der FC Bayern 2021 bis 2023 noch dreimal Meister und baut die Rekordserie auf elf Titel in Folge aus. Das Credo von Rummenigge, wonach die Meisterschaft der ehrlichste Titel ist, stimmt nach wie vor. Auch deshalb will man beim FC Bayern die schleichende Abwärtsentwicklung lange nicht sehen.
Im Durchschnitt 104 Punkte pro Saison, wie in den ersten 13 Jahren des Jahrtausends. Von zwölf möglichen Titeln in den drei Hauptwettbewerben gewinnt der FC Bayern drei (25%). Nur drei.
Der FC Bayern ist wieder angekommen auf bayerischem Normalmaß. Erfolgreich, aber nicht mehr außerirdisch erfolgreich. Der FC Bayern ist kein Superclub mehr.
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