Apathische Niederlage – Bayern geht mit 0:5 in Gladbach unter

Daniel Trenner 27.10.2021

Falls Ihr es verpasst habt

Inmitten der bundesweiten Diskussion um Joshua Kimmichs Impfstatus, fand auch ein Fußballspiel statt. Und zwar ein gar nicht so unwichtiges. Bayern musste schon in der zweiten Runde gegen einen Top-Bundesligisten auswärts ran. In Mönchengladbach sahen die Bayern die letzten Jahre in der Liga fast immer schlecht aus, im Pokal sollte es nun anders sein.

Die Aufstellung 

Julian Nagelsmann wechselte im Vergleich zum Bundesligaspiel gegen die TSG Hoffenheim gleich mehrfach. Die Rekonvaleszenten Alphonso Davies und Leon Goretzka kehrten ins Team zurück, für sie wichen die Neuzugänge Omar Richards und Marcel Sabitzer. Zudem kehrte Leroy Sané für Jamal Musiala in die Startelf zurück, Niklas Süle blieb wie gegen Hoffenheim zunächst erneut auf der Bank. Vor dem Spiel wurde bekannt gegeben, dass Eric Maxim Choupo-Moting mit einem Muskelfaserriss auf absehbare Zeit ausfallen würde.

Adi Hütter schickte seine Mannschaft im 5-2-3 auf das Spielfeld. Vorne sollten Lars Stindl, Breel Embolo und Jonas Hofmann wirbeln, hinten die Abwehr um Matthias Ginter die Schotten dicht halten. Einige bekannte Spieler fanden sich dabei auf der Bank wieder, sei es Thuram, Plea oder Florian Neuhaus.

1. Halbzeit

Die zweite Minute war noch nicht zu Ende, als die Borussia gleich mit der ersten Aktion traf. Davies spielte einen Querpass mitten ins Nirgendwo, Koné nahm den Ball auf, spielte auf Embolo, der Upamecano ausspielte. Koné erhielt den Ball zurück und schloss zur Führung ab. In der zehnten und elften Minute gab es gleich die nächsten schrecklichen Defensivaktion Upamecanos. Einmal ließ er Hofmann einfach ziehen, der das Eins-gegen-Eins versemmelte, einmal sprang Upamecano einfach unter den Ball herab, was Manuel Neuer anschließend zu einer Weltklasseparade zwang.

Doch Gladbach hatte seine Lektion aus dem Bundesligaspiel gelernt, an diesem Tag münzten sie ihre Überlegenheit auch in Tore um. In der 16. Minute war es endlich so weit. Nach einer starken Kombination zogen die Gladbacher Bayerns Hintermannschaft völlig auseinander, am Ende spielte Hofmann einen scharfen Querpass zu Bensebaini, der direkt verwandelte.

In der 21. Minute kam es nun völlig dicke für den FC Bayern, Gladbach erhielt ein Elfmetergeschenk, nachdem Hernández Embolo touchierte. Bensebaini war es egal – 0:3. Das Spiel war entschieden noch bevor es für den FC Bayern überhaupt begonnen hatte.

Bayern schaffte es nun wenigstens keine Gegentore mehr zu kassieren, viel mehr Positives gab es allerdings nicht zu berichten. Weiterhin kamen sie mit dem Pressing der Gladbacher nicht zurecht. Die paar Torchancen, die nun entstanden, waren nicht klar und auch eher Zufallsprodukte. Gladbachs 3:0-Halbzeitführung war hochverdient.

2. Halbzeit 

Vollkommen nicht nachvollziehbar kamen die Bayern ohne Wechsel aus der Kabine. Coman hatte sich intensiv warm gemacht, doch selbst wenn man noch nichts an der Offensive drehen wollte, Upamecano auszuwechseln wäre Pflicht gewesen. So fing das Spiel wieder an und Upamecano machte da weiter, wo er aufhörte. Sogleich kassierte er für eine schreckliche Grätsche Gelb, nur um Sekunden später wieder ein Gegentor zu ermöglichen. Er verschätzte sich gegen Embolo, der dann vor dem Tor cool blieb – 0:4 (51.)

Toppmöller hatte Erbarmen und erlöste endlich den wankenden Franzosen, sowie den schwachen Davies. Doch Süle und Coman brachten nicht die Wende. Netz fing einen Ball ab, steckte auf Embolo, der seinen Doppelpack vollendete (57.)

Tolisso kam nun für den angeschlagenen Goretzka, mit seinem letzten Wechsel schien Toppmöller auch offiziell die weißen Fahnen zu hissen: Josip Stanišić kam für Serge Gnabry. Das schon lange entschiedene Spiel, war nun völlig gelaufen. Bayerns Leistung wirkte abwesend, eine ganze halbe Stunde kam gar nichts mehr.

Dinge, die auffielen

1. Wie ein Akkordeon

Gladbachs Idee war eigentlich so simpel, wie offensichtlich. Mit regelrechtem Hyänenpressing die Bayern von Beginn an überrollen und auseinanderziehen. Sodass, wenn Bayern dann mal den Ball hat, die Abstände so groß sind, dass nur unkontrollierte (meist lange) Bälle möglich sind. Ähnlich versuchte es Adi Hütter bereits am 1. Spieltag, auch da lange Zeit mit Erfolg. Nur beim Bundesligaspiel widersetzten sich die Bayern irgendwann wie ein Akkordeon auseinandergezogen zu werden, am heutigen Abend war davon nichts zu sehen. Selbst die besseren Phasen waren eher daran geschuldet, dass die langen Schläge nun eher zufällig mehr ankamen, denn dass die Bayern das Gegenmittel fanden. Über das ganze Spiel waren die Abstände zu weit beim FC Bayern.

Diese herbe und schon jetzt historische Klatsche ist die direkte Folge daraus, dass der FC Bayern nicht mit Gladbachs Taktik zurecht kam. Gerade die ersten beiden Tore sind hier symptomatisch. Bei beiden überfuhren wilde Fohlen völlig ungeordnete Bayern.

2. Individuelle Fehlerorgie machen eine Niederlage zur historischen Klatsche

Dass Gladbachs Taktik voll aufging und Bayern schnell zwei Stück einschenkte, ist die eine Seite der Medaille. Die andere sind die individuellen Fehler, die aus einer einfachen Pokalniederlage eine historische Abreibung machte. Selbst wenn man den Elfmeter zum 0:3 als Fehlentscheidung wertet, als Hernández da so hinzugehen, war nicht gut. Vor dem 0:4 darf er auch nicht einfach alles seinem Innenverteidigerpartner überlassen. Über dessen individuelle Fehler sprechen wir indes noch.

Auch die anderen Verteidiger bekleckerten sich nicht mit Ruhm, doch sollte man hier auch über die Offensivspieler sprechen. Kimmich und Goretzka schenkten Bälle reihenweise her und auch als Stürmer kann man im Strafraum individuelle Fehler begehen. Der wenigstens emsige Sané ist hier ein gutes Beispiel, der nach einer halben Stunde statt eines Schusses eine Fehlentscheidung trifft, und den Querpass zu Lewandowski sucht. Minuten später eine Szene, wo der Raum frei war um an der Grundlinie in die Mitte zu ziehen – stattdessen dreht er ab und verliert sich gegen drei Fohlen.

3. Wo kam diese Leistung her?

Zur Besprechung dieser Leistung gehört aber auch, dass sie sich nicht angekündigt hat. Schnell diskutierten wir intern in der Redaktion über vergleichbare Niederlagen, doch egal ob die Spiele am Ende von Kovačs Trainerperiode oder diverse dunkle Stunden in der letzten Saison unter Hansi Flick, selten kamen Niederlagen aus dem Nichts.

Doch aktuell war der FC Bayern nicht in schlechter Form. Ganz im Gegenteil. Ja, gegen Eintracht Frankfurt setzte es die erste Niederlage. Doch war dies doch eher die Kategorie Freakspiel. Nach Expected Goals führte man klar, traf aber vorne nichts, während man hinten zwei bizarre Gegentore bekam. Danach nahm man die eigentlich formstarken Leverkusener auseinander, Hoffenheim kam ebenfalls unter die Räder. Mit Benfica hatte man Probleme, doch auch dort war der Sieg letztlich hochverdient.

Und nun diese Niederlage. Der Pokal ist weg. Das Triple zerschellt. Flicks Sextuple schon jetzt nicht erreichbar. Wo kam diese Leistung her? Eine Antwort darauf gibt es noch nicht. Die nächsten Tage und Wochen wird diese Frage bleiben: War dies ein einmaliger Ausrutscher? Wenn ja, wie kann es sein, dass er in einem K.-o.-Spiel passiert? Der FC Bayern ist ja auch früher schon mal untergegangen, doch zwischen Liga und DFB-Pokal gibt es eben den verheerenden Unterschied des Knockout-Modus.

Fast schlimmer als die auch taktisch furchtbare erste Hälfte, war die apathische zweite. So teilnahmslos, so sich seinem Schicksal hingebend, sah man den FC Bayern nicht nur selten, in den letzten zehn Jahren sah man ihn so eigentlich nie. Gerade über diese (Nicht)-Leistung wird noch zu reden sein. Doch ob mehr (intern) zu brach kam oder kommen wird, ist noch nicht zu beantworten.

4. Fehlende Wechsel als unterlassene Hilfeleistung

Die zweite Niederlage der Saison und zum zweiten Mal muss man über die Wechsel des Trainers sprechen. Hier ist unklar, wer letztlich verantwortlich ist, Fakt ist, dass gerade Dayot Upamecano unmöglich in die zweite Halbzeit gehen darf. Upamecanos Leistung war natürlich heute indiskutabel schlecht. Schon in der ersten Hälfte wurde er ständig überspielt, doch die zweite Hälfte war da eigentlich schlimmer. Trotzdem möchte ich ihn nur für die erste so richtig kritisieren, denn die Aufgabe eines Trainers ist nunmal auch manchmal Spieler vor sich selbst zu schützen. Das ist der Fall, wenn man rotgefährdete Spieler runternimmt, aber auch, wenn eigentlich sehr gute Fußballer (Upamecanos Saison war bis hier weitgehend stark) einen rabenschwarzen Tag erwischen. Ich gehe sogar soweit, dass ich Upamecanos Nicht-Auswechslung als unterlassene Hilfeleistung werte. Manchmal schaufeln sich Spieler selbst den Weg wieder frei, doch bei Upamecano war es absehbar, dass dies heute nicht der Fall war. Dementsprechend war das 0:4 weniger Upamecanos als viel mehr Toppmöllers oder Nagelsmanns Schuld.

Gegen Frankfurt wechselten die Bayern zu forsch, gegen Gladbach nun zu zögerlich. Zugegeben, dies war das klassische Spiel, wo man nicht weiß, welchen Spieler man eigentlich zu erst auswechseln muss. Doch gerade im Fall Upamecano hätte das Urteil klar sein müssen. Zumal die Alternative Niklas Süle eine wirklich gute Saison spielt.

Auch die anderen Wechsel verpufften. Am Ende wollte man sogar das 0:5 absichern. Auch hier muss man fragen, wieso man nicht schon zur Halbzeitpause versucht, das zu retten, was zu retten war. So kam jede Rettung zu spät.

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