Die Alternativen Awards 2018/19

Tobi Trenner 14.06.2019

Neben den klassischen Kategorien wie der Ehrung des Spielers der Saison gehört es auch zur Miasanrot-Tradition, kleinere und dennoch nicht minder bedeutende Titel zu verteilen. Wir blicken zurück auf große und seltsame Momente der vergangenen Bayernsaison – in gewohnter Seriösität.

Tor der Saison

Arjen Robben (1:0 vs Benfica, Champions League, 27.11.2018)

Foto: Adam Pretty/Getty Images

Es gab einige ordentliche Kandidaten für das Bayerntor der Saison. So erzielte z.B. Robert Lewandowski per gedrehten Seitfallzieher zum wichtigen Ausgleich in Freiburg oder per Kopfverrenkung zur Führung im Pokalfinale. Der Abschiedstreffer von Franck Ribéry gegen Frankfurt war so traumhaft, wie er emotional war. Doch in seinem letzten Jahr durfte nur der König der Hammertore gekrönt werden. Und Arjen Robben lieferte.

Der Gewaltschuss per Dropkick gegen Bayer Leverkusen wäre vielleicht schon genug gewesen, um sich diesen Award zu sichern. Bei Robben geht aber nichts ohne große Story, wie auch diesmal: Ende November war Niko Kovač praktisch entlassen. Es schien fast, als würde man ihn nur noch für die CL-Partie gegen Benfica halten, während der Nachfolger schon gesucht wird. Aber dann kam der Niederländer.

Es war noch keine Viertelstunde gespielt. Die Allianz Arena war auf dem Platz und auf den Tribünen mit Anspannung geschwängert wie selten zuvor in einer Gruppenphase. Dann ging der Ball nach rechts zu Robben. Zwei Münchner in hoffnungsloser Unterzahl? Nicht mit Arjen. Wie in den besten Tagen dribbelte er sich mit einer Bewegung an drei Gegnern vorbei.

Flanke? Querpass? Auch nicht mit Arjen. Er setzte das Dribbling im Strafraum fort und wartete auf die kleine Lücke. Das kleine bisschen Luft zwischen Ball und Verteidiger, welches Robben unzählige Tore ermöglichte und den Torwinkeln der Bundesliga ein Jahrzehnt des Terrors einbrachte.

Arjen Robben nahm Maß, der Ball flog links oben in den Winkel. Unhaltbar. Der Klassiker. 15 Minuten später traf der Niederländer nach Konter erneut traumhaft. Die Bayern gewannen das Spiel locker mit 5:1, Kovač durfte bleiben und holte noch zwei Titel.

Es war Arjen Robbens letzter Auftritt bis zum Comeback im Mai. Das geschenkte Abschiedstor gegen Frankfurt war sein letztes Tor. Dieses war eines seiner schönsten und damit unser Tor der Saison.

Kacktor der Saison

Kingsley Coman (3:2 vs Hertha BSC, DFB-Pokal, 06.02.2019)

Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images

Die Bundesliga ist hart, doch der Pokal ist noch viel hertha. Ein ausgekauter Wortwitz, den die Bayern in der vergangenen Saison aber eindrucksvoll unterstreichen konnten. Bis zum Finale wurde jedes der fünf Pokalspiele mit genau einem Tor Unterschied gewonnen. Gegner wie Drochtersen, Rödinghausen und Heidenheim wurden mit rehhagel‘scher Effizienz besiegt (wobei besagter Trainer nach einem 5:4-Sieg vermutlich zurückgetreten wäre). Und dann war da noch die Partie in Berlin.

Kurzum: Es war zäh. Die Hertha machte nicht viel nach vorne, wurde aber tatkräftig von der Bayernabwehr unterstützt. Bei den Münchnern war auch nur Gnabry auf Betriebstemperatur. Es ging in die Verlängerung.

In der 98. Minute netzte Kingsley Coman ein und löste das Ticket ins Viertelfinale. Wenn Niko Kovač diesen Treffer einstudieren ließ, sollte er unverzüglich gekrönt werden. Eine Flanke von links köpfte Goretzka ins Nichts klug in den freien Raum. Robert Lewandowski war zuerst am Ball und drückte ihn irgendwie in Richtung Tor bewies seine Fähigkeiten als Spielmacher. Coman musste die „Vorarbeit“ des Stürmers nur noch über die Linie köpfen. Großer Dank gebührt dabei den gegnerischen Verteidigern, die den Franzosen abschirmten und somit vor einem eventuellen Windstoß schützten.

Es war ein Kacktor in einem Kackspiel in einem Kackwettbewerb. Und am Ende war es alles kackegal, da man trotzdem den Pokal holte.

Gegentor der Saison

Dodi Lukebakio (3:3 vs Düsseldorf, Bundesliga, 24.11.2018)

Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images

Fast wäre es der Gnadenschuss für Niko Kovač gewesen, stattdessen wurde es im Nachhinein der effektivste und lauteste aller Weckrufe, die der FCB diese Saison erhalten hat: Lukebakios Ausgleich in der Allianz Arena.

Dass man einen nahezu sicheren Sieg gegen eine spielerisch magere Mannschaft weggeworfen hat? Geschenkt. Dass man in der Nachspielzeit ein Gegentor kassiert? Ja mei. Dass ein gegnerischer Stürmer in München einen Dreierpack erzielt? Passiert.

Aber dass man es hinkriegt, in den letzten Sekunden einer Partie gnadenlos ausgekontert zu werden, obwohl man selbst lediglich die Führung über die Zeit retten will? Großes Tennis.

Die Skurrilität dieses Treffers muss man sich vor Augen führen. Kovač hatte bereits defensiv gewechselt, um den Sieg zu sichern. Düsseldorf hatte sich kaum Chancen rausgespielt. Im Normalfall holt der FC Bayern diese drei Punkte, schüttelt sich kurz und vergisst das Ganze.

Stattdessen verliert man eine Minute vor Abpfiff den Ball in der gegnerischen Hälfte, mit nur drei oder vier Spielern hinter dem Ball und einer Abwehrlinie auf Höhe Mittellinie. Ein Vertikalball über 25 Metern, per Volley serviert, erlaubte es Lukebakio, frei auf Manuel Neuer zuzulaufen.

Zur Erinnerung: Es stand nicht 2:3. Es stand nicht einmal 2:2. Nein, der FCB lag in Führung. Die Verkettung der taktischen Unstimmigkeiten, die diese Situation hervorbrachte, war rekordverdächtig. Die Bayern präsentierten sich wie ein pubertierender Teenager: so krampfhaft geil auf den Erfolg, dass alles in die Hose geht.

Rotation der Saison

Schon früh in der Saison erklärt man das Kadermanagement für gestrichen. Mit einer verbalen Grätsche, an der selbst Niklas Süle abgeprallt wäre, unterbindet die Vereinsführung jegliche Rotationsgelüste des Trainers.

Was blieb Kovač an Wechselmöglichkeiten? Ein paar Häppchen für Boateng, dosierte Ehrenrunden der drei alten Herren? Nein, ein Ass hatte er stets im Ärmel. Ein letzter Trumpf ohne Mindesthaltbarkeitsdatum.

„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder Javi Martínez zu rotieren und andere Ergebnisse zu erwarten.“ – Karl-Heinz Rummenigge Albert Einstein

Formation der Saison

Das 3-5-2. Hatten vor der Saison nicht wenige erwartet, schließlich war das System Kovačs treuer Begleiter in Frankfurt. Der Bayernkader hätte es auch hergegeben, sowohl defensiv (Süle, Hummels, Boateng, Alaba, Martínez, Kimmich …) als auch offensiv (Lewandowski, Müller, Gnabry, Robben …).

Am Ende gab es die Formation überhaupt nicht. Im Chaosspiel gegen Heidenheim schnupperte man in Unterzahl eine Halbzeit lang daran, mehr aber auch nicht.

Wie auch immer. Wer Taktik will, soll zu Dieter Hecking gehen.

Fast-Transfer der Saison

Es ist Anfang Januar. Die Hinrunde ist durch, an der Säbener Straße müffelt es leicht nach Misserfolg, also öffnet man schnell das Transferfenster. Leider liegt der Golfstrom jedoch im Deckungsschatten der britischen Inseln, weshalb die Zugluft teuer aus England importiert werden muss.

Der noch junge, doch bereits abgezockte Brazzo kennt sich aus. Wenn es im Fußball so etwas wie Kaderleichen gibt, dann ist Chelsea die Leichenhalle Europas. Das Beuteschema der Bayern ist wenig kreativ, schließlich kopiert man einfach die Ehestrategie des Loddar: jung und schnell, bitte.

Wochenlang fragt sich die Bundesliga, ob sie das nächste englische Talent begrüßen darf, frei nach dem Motto: Heute hudson sicher, morgen wieder nicht. Doch das Warten auf (G)Odoi nimmt kein Ende.

Brazzo versucht es noch mit einem Gewaltschuss aus der zweiten Reihe, doch Chelsea blockt und mauert wie zuletzt im Mai 2012. Frustriert knallt der FCB das Transferfenster zu, statt Frischluft gab es nur einen steifen Hals. Darauf erstmal ein Sa(h)nebonbon.

Tweets der Saison

Platz 3 – Thomas Müller

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Frühjahr 2019: Ganz Deutschland diskutiert über die  Nationalmannschaft. Völlig überraschend hatte Joachim Löw gerade mit Boateng, Hummels und Müller drei etablierte Leistungsträger dauerhaft verbannt. Die Schlagzeilen und Reaktionen überschlagen sich, der Thriller „Die Ausbootung“ wird zum Kassenschlager.

Und dann kommt es zum Höhepunkt: Einer der Betroffenen meldet sich zu Wort! Thomas Müller teilt ein Video auf Twitter. Im Selfiemodus. Vermutlich in der eigenen Küche. Bedrückt und dennoch ruhig, vielleicht auch einfach noch vom Weißwurstfrühstück gesättigt.

Die Botschaft selbst wurde größtenteils positiv aufgenommen, Müller zeigte sich fair und reflektiert. Die echte Unterhaltung versteckte sich aber darin, dass ein ganzes Fußballvolk so durchdrehte, dass ein kurzes Amateurvideo den Höhepunkt einer „Staatsaffäre“ darstellte.

Früher gab es Pressekonferenzen und offizielle Mitteilungen. Der Spieler von heute nimmt einfach am Mittagstisch ein kurzes Video auf, bevor er ins Nutellabrot beißt. Es fehlte nur noch der Hundefilter.

Platz 2 – Philipp Lahm

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Die Fußballwelt dreht durch? Nicht ganz. Während ein Jérôme Boateng vor lauter Glamour nicht mehr „back to earth“ kommen will, Neymar per Hubschrauber zum Training einfliegt oder Cristiano Ronaldo selbst seine Spielweise der Werbewirkung anzupassen scheint, sorgt sich Philipp Lahm um eure Darmflora.

Man kann es peinlich finden oder anerkennen, dass da ein „Star“ auf dem Boden geblieben ist wie sonst nur Javi Martínez beim Zeitspiel. Lachen sollte man auf jeden Fall, weil es in der Fußballwelt völlig skurril erscheint: Philipp Lahm, einer der größten Spieler der letzten Generation, macht Werbung für Haferflocken. Müsli statt Mercedes, Omega-3 statt CR7, Ballaststoffe statt Bling-Bling. Deutscher ist nur der Musikgeschmack von Toni Kroos.

Platz 1 – Brazzo

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#Methusal-ihamidzic

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