Harry Kane vs. Robert Lewandowski: Wer ist der bessere Stürmer im Trikot des FC Bayern?

FC Barcelona vs. FC Bayern: Lewandowski ist fort, es lebe der Kane

Georg Trenner 23.10.2024

Wenn am Mittwochabend im Olympiastadion der FC Barcelona auf den FC Bayern trifft, dann treffen die beiden erfolgreichsten Offensivteams aus Europas Top-Fünf-Ligen aufeinander. Hansi Flicks Barcelona traf bisher 39-mal in 12 Pflichtspielen. Vincent Kompanys Münchner 37-mal in 10 Pflichtspielen.

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27 dieser Tore haben zwei Spieler geschossen: Harry Kane und Robert Lewandowski. Es ist ein Duell der Superlative, ein Duell der Superstürmer. 

Neben ihrer Weltklasse eint die beiden, dass sie bei den Bayern eine prägende Rolle spielen oder spielten. Der Pole stürmte von 2014 bis 2022 für den deutschen Rekordmeister. Nachdem die Stelle ein Jahr vakant blieb, trat der Engländer im Sommer 2023 seine Nachfolge an. Miasanrot vergleicht die Leistungen der beiden im Bayerntrikot.

Lewandowski und Kane im Vergleich

Die beiden Weltklassestürmer standen sich erst in zwei Spielen direkt gegenüber. Beim 7:2 der Bayern in London traf Lewandowski doppelt, während Kane ein Tor erzielte. Beim 1:1 Englands in Polen traf der Kapitän der Three Lions, während sein Gegenüber das polnische Tor vorbereitete. 

Beide Stürmer sind pünktlich zum Duell in Top-Form. Bayerns Topstürmer glänzte am Wochenende in Stuttgart mit einem Hattrick, während Barças Nummer 9 gegen den FC Sevilla doppelt traf. 

Wie vergleicht man diese beiden Superstürmer, damit die Äpfel und Birnen wenigstens die gleiche Farbe haben? Einerseits ist die Karriereleistung relevant. Andererseits sind Zahlen in Dortmund lange her und die aus Tottenham-Zeiten schwer vergleichbar. Auch die aktuelle Form ist relevant, aber greift zu kurz. 

Miasanrot macht’s pragmatisch bayerisch und analysiert die Leistungen der beiden im Bayern-Trikot.

Stürmer werden an Toren gemessen: Knapper Vorsprung

Kane: 10/10 Punkten
Lewandowski: 9/10 Punkten

Die geschossenen Tore sind und bleiben die wichtigste Statistik von Stürmern. Beide haben eine Weltklasse-Bilanz. Lewandowski traf in 375 Spielen 344-mal. Sein Kontrahent traf in bisher 55 Spielen 57-mal. 

Der Schnitt des Engländers von über einem Tor pro Spiel (1,08 pro 90 Minuten) gibt den Ausschlag und ihm einen kleinen Vorsprung vor dem aktuellen Barça-Stürmer, der mit 0,98 knapp unter der magischen Marke von eins bleibt. 

Zur weiteren Einordnung: Lionel Messi und Cristiano Ronaldo kamen in ihren Spielen für den FC Barcelona und Real Madrid auf 0,95 und 1,07 Tore pro 90 Minuten.

Stürmer als Vorbereiter: Vorteil für den Engländer

Kane: 4/5 Punkten
Lewandowski: 3/5 Punkten

„Harry und Lewy kann man gar nicht so sehr vergleichen. Harry ist einer, der gerne mal mitspielt, der gerne auch mal so einen Zehnerpass drin hat, der das Auge für den Mitspieler hat. Lewy hat dann schon eher den Fokus darauf, selber Tore zu erzielen. Beide helfen mit ihrer Art und Weise, Fußball zu spielen, extrem ihrer Mannschaft“, so Kimmich nach dem Spiel gegen den VfB Stutgart in der Mixed Zone.

Kimmichs Analyse zeigt sich in den Zahlen. Kane hat bei den Bayern bisher 18 Tore vorbereitet. Das entspricht 0,32 Assists pro 90 Minuten. Der Barça-Stürmer hat mit 0,21 das Nachsehen. 

Selbst für ihre vorbereitende Spielweise berühmte Offensivspieler wie Messi oder Thomas Müller sind nur leicht besser als Bayerns aktueller Neuner. Messi kommt auf 0,43 und Müller auf 0,47 Assists pro 90 Minuten. 

Dauerbrenner beim FC Bayern: Topstürmer spielen immer

Kane: 5/5 Punkten
Lewandowski: 5/5 Punkten

„The best ability is availability“, lautet ein geflügelter Spruch in der englischsprachigen Sportanalyse. Der Spruch, der dem amerikanischen NFL-Trainer Bill Parcells zugeschrieben wird, stellt eine wichtige Fähigkeit in den Vordergrund, die bei Pro-Spiel-Statistiken oft aus dem Blickfeld gerät: Verfügbarkeit als beste Fähigkeit.

Viele talentierte Spieler haben verletzungsbedingt den Sprung an die Spitze verpasst. Andere wie Ribéry oder Robben haben auch verletzungsbedingt vielleicht die ganz große globale Anerkennung verpasst.

Kane und Lewandowski sind anders. Sie sind verfügbar. Immer.

In der Saison 2024/25 hat Bayerns Neuner noch kein Spiel verpasst. In der Vorsaison setzte er die beiden Pokalspiele und am Ende der Saison die letzten beiden Ligaspiele aus. Sonst spielte er immer. Insgesamt 55 Einsätze bei 59 möglichen Spielen entspricht einer Einsatzquote von 93%.

Lewandowski verpasste in acht Jahren im Bayerntrikot nur 29 von 406 Bayern-Spielen in diesem Zeitraum. Er kommt auf eine Einsatzquote von 92%. Beides sind außergewöhnlich gute Werte. Beide haben die volle Punktzahl verdient. 

Konstanz: Beide treffen. Fast immer. 

Kane: 5/5 Punkten
Lewandowski: 5/5 Punkten

Der Pole traf für die Münchner mit hoher Konstanz. In sieben seiner acht Saisons gelangen ihm 40 oder mehr Toren. Nur die Debütsaison mit 25 Toren fällt etwas ab. 

Auch Bayerns neuer Topstürmer besticht bisher mit konstantem Offensiverfolg. Seine Phasen ohne Torerfolg sind ausgesprochen kurz. Trifft er ausnahmsweise mehr als ein oder zwei Spiele nicht, kompensiert er dies durch Spielmacherqualitäten und sammelt Assists. 

Kane kann noch nicht die langfristige Konstanz seines Vorgängers nachweisen, ein Punktabzug wäre dennoch unverdient. 

Silberware: Der Fluch kostet Punkte

Kane: 0/5 Punkten
Lewandowski: 4/5 Punkten

Sorry Harry. Aber das gehört dazu. Fußball ist ein Mannschaftssport. Keiner kann es allein richten. Das ist eine Seite der Medaille. 

Aber für die Bayern war es in den letzten fünfzehn Jahren ein Mannschaftssport, der regelmäßig mit Titeln gekrönt war. Dass die Serie von elf Meisterschaften in Folge ausgerechnet im ersten Jahr mit dem Engländer im Bayerntrikot reißt, ist nicht seine Schuld. Zur vollständigen Bewertung seiner Zeit gehört es aber. 

Wer als teuerster Transfer der Vereinsgeschichte kommt und als fehlendes Puzzlestück für ein Comeback an die europäische Spitze galt, der muss auch an Titeln gemessen werden. Die fehlen bisher. Entsprechend kann es hier keine Punkte für ihn geben. Ein Wert, den er in sieben Monaten deutlich verbessern kann. 

Und Lewandowski? In seinen acht Jahren holte der FCB acht deutsche Meisterschaften. Eine perfekte Bilanz. Allerdings reichte es nur für drei Pokalsiege und einen Sieg in der Champions League. Das ist gut. Aber für die Qualität der Mannschaft und Trainer eine Nuance zu wenig. 

Spielweise: Große Unterschiede zwischen beiden

Kane: ohne Wertung
Lewandowski: ohne Wertung

Der Pass zu Sané nach seinen ersten drei Minuten als Bayernspieler verkörpert seither ikonisch das mitspielende Wesen des aktuellen Bayern-Stürmers. Kane lässt sich in den Sechserraum fallen. Einer der Winger reagiert oder löst sein Fallenlassen bereits vorher durch einen Tiefenlauf aus. Der Engländer spielt den Pass in die Schnittstelle. Sané oder Gnabry sind durch und kommen zur Torchance. 

Ein Muster, das oft gut ging für die Bayern. Gut ausgeführt stellt es die Abwehrreihe vor große Probleme, vor allem wenn sie mannorientiert verteidigen: Bis wohin rücke ich als Innenverteidiger aus der Kette heraus und folge ihm? Wann übergebe ich? Und wer übernimmt den durchstartenden Sané?

Aber nicht immer. Nicht alle Gegner lassen sich aus der Kette ziehen. Nicht alle Offensivspieler sind passende Partner für diesen Spielzug. Müller ist zu langsam, Coman fehlt der Zug zum Tor. Zu oft verpuffen die mitspielenden Aktionen. Er fehlt in diesen Momenten vorne als Anspielstation. 

In Scorerpunkten messbar profitieren die Mitspieler kaum von seinem mitspielenden Wesen: In den beiden letzten Jahren vor ihm kamen die fünf Offensivspieler Thomas Müller, Leroy Sané, Serge Gnabry, Kingsley Coman und Jamal Musiala im Schnitt pro Spieler pro 90 Minuten auf 0,8 Scorerpunkte. In anderthalb Jahren mit ihm? Auf 0,7. 

Beide „kosten“ ihre Mitspieler je 0,1 Scorerpunkte pro Spiel

Lewandowski auf der anderen Seite hat gar nicht den Anspruch, die Scorerwerte seiner Mitspieler nach oben zu bringen. Im Gegenteil, sein Motto ist „Der Strafraum gehört mir“. Er äußerte sich kritisch zu Nagelsmanns Konzept, möglichst viele Bayernspieler im gegnerischen Strafraum unterzubringen. Zu viele Mitspieler bedeute zu wenig Platz für ihn.

Wie wirkt sich sein egoistisches Spiel auf die Mitspieler aus? Nach seiner Ankunft in München entwickelte sich der Fokus des Offensivspiels nach und nach weg von Ribéry und Robben hin zu ihm. In Zahlen gemessen ist der Unterschied vergleichbar zu den Mitspielern seines Nachfolgers. 

Ribéry, Robben und Thomas Müller kamen in den fünf Jahren vor dem Polen im Durchschnitt auf 1,0 Scorerpunkte pro 90 Minuten. In den fünf Jahren mit ihm fiel der Wert auf 0,9. In Anbetracht ihrer Verletzungen und Älterwerdens ein kleiner Unterschied. 

In Scorerpunkten messbar ist die unterschiedliche Auswirkung der beiden auf ihre offensiven Mitspieler also kaum. Beiden gemein ist, dass sie Offensivaktionen auf sich und damit von den Mitspielern wegziehen. 

Gesamt: Der rot-weiße Strafraum gehört (noch) Lewy

Kane: 24/30 Punkten
Lewandowski: 26/30 Punkten

Die Krone des erfolgreichsten Bayernstürmers der Neuzeit gehört Robert Lewandowski. Der Pole hat das Mittelstürmerspiel des Rekordmeisters in einer beeindruckenden Seriosität auf ein Weltklasseniveau gehoben, das es dort in der Form lange nicht gab.

In den ersten 30 Jahren nach dem Wechsel von Karl-Heinz-Rummenigge zu Inter Mailand wurde der FCB 17-mal Deutscher Meister, stellte aber nur fünfmal den Torschützenkönig der Bundesliga. „Lewy“ wurde in acht Jahren achtmal Meister und sechsmal Torschützenkönig. Diese Selbstverständlichkeit und Konstanz bringt ihm den Sieg im Vergleich mit seinem Nachfolger. 

Dass dieser in nur 15 Monaten in München überhaupt ein ernsthafter Herausforderer für den Rekordstürmer sein kann, spricht für ihn. Behält Kane seine bisherige Leistung bis 2026 oder 2027 bei und gewinnt nebenbei endlich die langersehnte Silberware – vielleicht sogar mit dem größtmöglichen Triumph in München – kann die Debatte erneut geführt werden. 



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