Torfestival in Eltersdorf: Bayern Amateure weiter auf Kurs

Justin Trenner 27.07.2021

Am dritten Spieltag der Regionalliga Bayern ging es für die Bayern Amateure nach Eltersdorf. Es war das Duell zwischen zwei Neulingen in der Liga: Absteiger gegen Aufsteiger.

Falls Ihr es verpasst habt

Martín Demichelis wechselte nur auf zwei Positionen im Vergleich zur letzten Partie. Gabriel Marušić (Linksverteidigung) und Yusuf Kabadayi (Linksaußen) ersetzten Angelo Brückner und Nemanja Motika. In der Grundordnung blieb es beim 4-2-3-1.

Die Heimmannschaft aus Eltersdorf stellte sich in einer flexiblen 4-3-3-Formation auf, in der die Flügelspieler mitunter so tief verteidigten, dass in Phasen eine Sechserkette entstand.

1. Halbzeit

Das Setting für diese Partie war also klar: Die Bayern hatten oft den Ball, während der Gegner auf Konter lauerte. Doch Eltersdorf stand nicht immer nur hinten drin. In einigen Momenten schafften sie es, sich in der bayerischen Hälfte festzusetzen und gute Gegenpressingmomente zu erzeugen.

So auch nach rund neun Minuten, als Eltersdorf sich mit einigen Spielern im letzten Drittel gut von links diagonal in den Strafraum kombinierte und die Führung erzielte. Wirtenfelser stand halbrechts komplett frei und hatte leichtes Spiel (9.).

Ein Start, wie er schlechter kaum hätte sein können für die favorisierten Münchner. Ihnen fiel es schwer, Kontrolle in die Partie zu bekommen und so bekam Eltersdorf immer wieder Raum für offensive Umschaltsituationen. In der 22. Minute lief es dann mal andersherum: Bayern eroberte den Ball und spielte mit zwei Pässen Gabriel Vidovic frei, der allein auf das gegnerische Tor zulief. Vidovic versuchte, den Ball flach ins lange Eck zu schieben, doch er scheiterte am Torwart.

Doppelter Ausgleich

Die Aktion schien aber mehr Ruhe ins Bayern-Spiel zu bringen. Fortan drückten sie Eltersdorf häufiger hinten rein und erarbeiteten sich mehrere Abschlüsse. Für den Ausgleich brauchte es jedoch einen Standard. Oliver Batista Meier zirkelte den Ball aus gut 20 Metern sehenswert in den Winkel (30.).

Doch die gute Phase hielt nicht lange an. In der 35. Minute brach Eltersdorf wieder über die eigene halbrechte Seite durch und erzielte abermals die Führung – diesmal durch Sulmer. Es war der zweite echte Abschluss im Spiel, aber beide Male sahen die Bayern nicht gut aus. Die Bayern blieben diesmal aber dran. Insbesondere Eyüp Aydin nahm das geschehen jetzt immer mehr in die eigene Hand, bot sich gut im Zentrum an.

So auch in der 39. Minute, als er zwischen den beiden vordersten Pressingspielern des Gegners ein Angebot für die Innenverteidiger machte und schnell auf die Außen eröffnete. Von dort flog dann eine präzise Flanke auf den Kopf von Kabadayi, der zum 2:2 traf. Mit diesem Ergebnis ging es dann auch in die Pause.

2. Halbzeit

Demichelis nutzte die Gelegenheit, um Angelo Brückner für den eher enttäuschenden Marušić zu bringen. Lange passierte dann nichts. Die Bayern hatten zwar die Kontrolle, entwickelten im Spiel nach vorn aber wenig Druck. In der 59. Minute zogen sie das Tempo mal wieder an. Über links verlagerten sie in einem Konter auf die rechte Seite, wo wieder Kabadayi zur Stelle war, den Torwart umkurvte und einschob. Erstmals führten die Bayern in diesem Spiel.

Folglich wurden sie immer souveräner und ließen Eltersdorf durch lange Ballbesitzphasen kaum noch ins Spiel. In der 72. Minute belohnten sie sich für ihren Aufwand mit dem 4:2. Der mittlerweile eingewechselte Marcel Wenig bekam den Ball an der Strafraumgrenze und schlenzte ihn ins rechte Eck.

Eltersdorf kam jetzt gar nicht mehr nach vorn und Bayern machte weiter Druck. Nach rund 80 Minuten setzte sich der ebenfalls eingewechselte Motika links im Strafraum durch und traf zum 5:2. Die endgültige Vorentscheidung. Doch vorbei war das Spiel noch lange nicht. Für die Heimmannschaft drohte es nun eine unangenehme Schlussphase zu werden. Denn Bayern hatte Lust auf noch mehr. Nach einer schönen Kombination war es wieder Motika, der zum 6:2 einschob (81.).

Eltersdorf schien konditionell und mental am Ende zu sein. Nur zwei Minuten später stand es fast 2:7, aber ein Abwehrspieler klärte noch auf der Linie. Das war dann aber auch der Schlusspunkt in einer torreichen Partie. Die Bayern hatten sich rechtzeitig gefangen und mit einer souveränen zweiten Halbzeit verdient gewonnen.

Dinge, die auffielen

1. Regionalliga-Charme

Willkommen in der Regionalliga Bayern, liebe FC Bayern Amateure. Wer einen Nachweis dafür braucht, wie groß die Qualitätsunterschiede zwischen der Regionalliga Bayern und der 3. Liga in allen Bereichen sind, der muss sich nur dieses Spiel ansehen. Die ländliche Atmosphäre in Eltersdorf hat sicher ihren Charme und auch der sich nicht im Optimalzustand befindliche Platz ist etwas, was man eben in unteren Ligen einkalkulieren muss.

Und dann ist da noch die Übertragungsqualität. Wer aus der Vorsaison Magenta Sport gewohnt war, wird sich mit Sporttotal nur schwer anfreunden können. Das Portal bietet kostenlos viele Partien der Regionalliga Bayern und noch einiges mehr an. Dafür nutzen sie Kameras, die sich automatisch bewegen – und das merkt man. In einigen Phasen schwenkte die Kamera wild hin und her, oder, statt einem Konter weiter zu folgen, zurück zum nicht involvierten Torwart. In der zweiten Halbzeit war zumindest die Kameraführung einen Tick besser, wenngleich die Bildqualität an sich nach wie vor schwankte.

Doch das gilt es zu akzeptieren. Die finanziellen Mittel sind in diesem Bereich eben andere. Nun könnte man argumentieren, dass der FC Bayern doch selbst das Geld in die Hand nehmen sollte, um eine bessere Qualität anzubieten. Medienrechtlich und auch kostentechnisch ist das aber gar nicht so einfach. Eine Übertragung im semiprofessionellen Bereich kostet fünfstellig – pro Spiel. Die Bayern haben sich auch hier für einen Sparkurs entschieden. Immerhin ist die Sporttotal-Übertragung aber besser, als das zunächst befürchtete Szenario. Es gab auch Zeiten, in denen kaum ein Spiel der Bayern Amateure übertragen wurde.

2. Bayern-Abwehr in der ersten Halbzeit wie die Sporttotal-Kamera

Was haben die Hintermannschaft der Bayern Amateure im ersten Durchgang und die Sporttotal-Kamera gemeinsam? Beide waren extrem wackelig. Eltersdorf kam zwar nicht oft vor das Bayern-Tor, aber wenn, dann hatten sie meist ein viel zu leichtes Spiel. Bei den ersten beiden Gegentoren sah die komplette linke Hälfte der Bayern-Abwehr jeweils nicht gut aus. Marušić gewann kaum einen Zweikampf und auch Bright Arrey-Mbi fand nicht ins Spiel.

Gerade Mbi, der vor einigen Jahren noch als eines der größten Talente seiner Altersklasse galt, hat in der jüngeren Vergangenheit nicht zum notwendigen Selbstvertrauen gefunden. Mehrfach wurde er von den Eltersdorfern überspielt und aus der Position gezogen.

Man darf gespannt sein, wie lange der Vertrauensvorschuss von Demichelis noch anhält. Bei Mbi gibt es im Umfeld des FC Bayern schon länger Zweifel daran, ob er die Einstellung hat, um aus seinem Talent mehr zu machen. Er ist erst 18 Jahre alt, aber so wird es für ihn schwer, im höherklassigen Profibereich Fuß zu fassen. Daran ändert auch eine leicht bessere zweite Halbzeit kaum etwas.

3. Schon wieder dieser 16-Jährige

Eigentlich haben wir im letzten Spielbericht zu Eyüp Aydin alles geschrieben. Doch der 16-Jährige hat es geschafft, in Eltersdorf nochmal einen oben drauf zu setzen. Während einige seiner Teamkollegen merklich damit fremdelten, den Wechsel von der professionellen Säbener Straße auf einen Dorfplatz zu vollziehen und sich dahingehend anzupassen, spielte er seinen Stiefel gewohnt souverän runter.

Aydin war wieder nahezu an jedem Ballvortrag der Bayern beteiligt, bot sich ständig in den Zwischenräumen an und scheute keinen Gegnerdruck. Seine Vororientierung hatten wir beim 1:0-Erfolg gegen Heimstetten schon hervorgehoben und wir tun es wieder. Es ist bemerkenswert, wie gut er den gesamten Platz im Blick hat und wie konstant er die richtigen Entscheidungen trifft.

Ausgerechnet in diesem Spiel, wo es gegen einen auf die physischen Aspekte des Spiels fokussierten Gegner ging, bewies er zudem, dass er auch gegen den Ball stärker ist, als er gegen Heimstetten durchblicken ließ. Er gewann viele wichtige Zweikämpfe und war auch dort ein Anker für seine Mannschaft. Man kann die Uhr danach stellen, wann Julian Nagelsmann auf ihn aufmerksam wird – wenn er es nicht schon ist. Und zugleich sollte man nicht zu vieles zu schnell erwarten. Dennoch: Aydins Reife im Spiel ist in diesem Alter eine außergewöhnliche Qualität.

4. Taktische Beobachtungen

Wer den Sporttotal-Stream verfolgt hat, der dürfte in etwa erahnen, wie tief eine Taktikanalyse zu diesem Spiel sein kann, wenn man nicht vor Ort war. Insofern bleibt es bei groben Beobachtungen.

  • Die Abstimmung in der Defensive insgesamt ist ausbaufähig. Hier wäre es falsch, das nur auf die schwachen Leistungen von Mbi und Marušić zu schieben. Taktisch hat Demichelis in jedem Fall noch viel Arbeit. Auffällig waren die horizontalen Abstände zwischen den vier Abwehrspielern. Entweder waren diese zu eng, sodass eine Verlagerung sofort Gefahr entfachte, oder ein Spieler ließt sich zu weit rausziehen, was die Schnittstelle für Tiefenläufe öffnete.
  • Eltersdorf verteidigte hinten manchmal mit einer Fünfer- oder gar Sechserkette, sodass im Zentrum extrem viel Raum für die Bayern da war. Sie nutzten ihn allerdings viel zu selten. Bis auf Aydin gab es kaum mal einen Spieler, der dort die Bälle konstant forderte. Auf den Außen wurden die Münchner in vielen Szenen zu schnell gestellt.
  • Das Gegenpressing und das höhere Pressing funktionierten in vielen Momenten schon sehr gut. Zwar gab es den einen oder anderen Konter der Eltersdorfer, aber Bayern verbuchte auch viele hohe Ballgewinne, die allerdings zu selten in klare Torchancen umgemünzt werden konnten.
  • Seitenverlagerungen bleiben ein probates Mittel für die Bayern. Zwar haben diese gegen die sehr breit verteidigenden Eltersdorfer nicht so oft funktioniert, aber gerade in offensiven Umschaltmomenten zeigte sich dann immer wieder der Vorteil einer schnellen Verlagerung.
  • In der zweiten Halbzeit agierte die Mannschaft von Martín Demichelis mit mehr Ruhe und Geduld, was angesichts der konditionell immer stärker abbauenden Eltersdorfer genau das richtige Mittel war. Statt der Hektik aus der ersten Halbzeit brachten die Bayern zunehmend ihre individuelle Überlegenheit auf den Platz, weil sie nicht jeden dritten Pass vertikal spielten, sondern auch mal auf die Lücke warteten.

5. Niveau angenommen, in der Liga angekommen?

Ganz bewusst ans Ende gestellt haben wir den Punkt, der sich an Zahlen oder Fakten nie so richtig messen lässt. Mentalität ist im Fußball immer wichtig und zugleich kann man sie nicht wirklich greifen oder erklären. Nur weil ein Spieler eine tolle Körpersprache hat, hat er kein gutes Spiel gemacht und andersherum kann ein Spieler mit hängenden Schultern eine überragende Leistung zeigen.

Was den Bayern insgesamt aber durchaus anzumerken war, ist, dass sie sich mit der Anpassung auf die dörfliche Atmosphäre und auf das Niveau des Gegners schwer getan haben. Es gab in der Vergangenheit schon viele Spiele, in denen die Amateure nach einem Rückstand in einem solchen Setting untergegangen sind – beispielsweise 2013, als sie an selber Stelle mit 1:3 verloren.

Es ist deshalb keinesfalls selbstverständlich, dass diese junge Mannschaft nach zwei Rückständen und einem trägen Start in die Partie jeweils zurückkam und in der zweiten Halbzeit zunehmend souveräner agierte.

Das zeigt letztendlich, dass die Spieler die Situation in der Regionalliga angenommen haben und bereit sind, an ihre Grenzen zu gehen. Dass sie individuell nahezu jedem Gegner überlegen sind, steht außer Frage, aber nur wenn sie die Einstellung der letzten 60 Minuten in dieser Partie auch auf die weiteren Herausforderungen übertragen können, werden sie ihr Ziel am Ende auch erreichen. In Eltersdorf haben sie gezeigt, dass sie neben einer guten Grundqualität auch einen guten Teamspirit und eine gute Mentalität haben – wie auch immer man diesen Begriff nun definieren mag.



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