Au revoir Champions League! Bayern trotz 1:0-Sieg ausgeschieden
Der FC Bayern war sechs Tage nach der 2:3-Heimniederlage gefordert, wollte der amtierende Sieger der Champions League nicht gegen den Finalisten des Vorjahres ausscheiden.
Falls Ihr es verpasst habt:
Die Aufstellungen
Hansi Flick schickte gefühlt das letzte Aufgebot. Positiver formuliert – die Mannschaft, die die 2. Halbzeit in München 2:1 für sich entscheiden konnte. Niklas Süle und Leon Goretzka standen beide nicht im Kader. Letztgenannter ist zwar mit nach Paris gereist, aber es reichte aufgrund der muskulären Probleme nicht für einen Einsatz.
Mauricio Pochettino konnte zwar auf Verratti und Florenzi zurückgreifen, beide kamen mit positiven COVID-19 Tests aus der Länderspielpause. Beide saßen zunächst auf der Bank. Verzichten musste der PSG-Trainer auf Marquinhos, der kurz nach seinem 2:0-Treffer in München ausgewechselt wurde. Er wurde durch Danilo ersetzt, der im Hinspiel noch im Mittelfeld spielte. Dort lief Paredes auf, der im Hinspiel noch gesperrt fehlte.
1. Halbzeit
Die Bayern hatten in den ersten Minuten mehr Ballbesitz, aber Paris hatte über Mbappé wie im Hinspiel die ersten Gelegenheiten. Das Muster blieb das Gleiche: Mbappé versuchte mit diagonalen Läufen die Abwehrkette der Bayern in die Breite zu ziehen. Die Münchner spielten zu überhastet oder zu kompliziert im letzten Drittel. Wenig Rhythmus entstand auch, weil die Bayern bereits acht Foulspiele in den ersten 15 Minuten einsammelten. Paris hatte es erwartungsgemäß nicht eilig.
Nach zwei guten Chancen der Bayern durch Sané und Kimmich, kippte die Partie zugunsten von Paris. Neymar scheiterte doppelt am überragenden Neuer (27. und 34.). Wenig später half die Latte (37.) und der Pfosten (39.) bei den Abschlüssen von Neymar. Im Gegenzug – und aus dem Nichts dann die Münchner Führung. Müller bringt im Strafraum Alaba in Abschlussposition, dessen Schuss kann Navas abwehren, doch Choupo-Moting verwandelt den Abpraller. 1:0 für den FCB – und niemand weiß, warum.
2. Halbzeit
Ohne Wechsel ging es die zweite Halbzeit. Die Chancenverteilung blieb ebenfalls bestehen. Paris hatte über Neymar die größeren Möglichkeiten (53.). Den Bayern fehlten die spielerischen Ideen, um das 4-4-2 von Paris zu bespielen. Zu selten gelangten die Münchner hinter die letzte Kette. Zu häufig schickten sie mit zunehmendem Spielverlauf Coman und Sané in aussichtslose Situationen.
In der 70. Minute ging Flick All-In. Er nahm Davies raus und brachte Musiala. Alaba rückte dafür auf die linke Außenverteidigerposition. Ab der 80. Minute war es ein offener Schlagabtausch zwischen beiden Mannschaften. Die Bayern riskierten alles – Paris konterte. Flick brachte noch Javi Martínez als Sturmtank. Eine verrutschte Ballannahme von Müller und ein Querpass von Sané, der von Navas abgefangen wurde, waren die größten Chancen.
Der Vorjahressieger scheidet somit im Viertelfinale der Champions League aus. Den Münchnern bleibt die Chance, die Deutsche Meisterschaft erneut nach München zu holen.
Dinge, die auffielen:
1. Pariser Stabilität
Die Rückkehr von Paredes im Mittelfeld machte sich für Paris bezahlt. Die Franzosen standen deutlich stabiler in der Kette und nahmen im Zentrum Alaba und Kimmich aus dem Spiel. Gefährlich wurde es aus bayerischer Sicht dann, wenn lange diagonale Pässe auf die Flügelstürmer gespielt wurden. Hier machten allerdings Coman und Sané zu wenig aus den Situationen. Daher versuchten es die Bayern häufig mit komplizierten Chip-Pässen oder Flanken aus dem Halbfeld hinter die Kette. Das funktionierte vor allem in der ersten Halbzeit nicht. Auch nach der Pause änderte sich das Muster nicht. Den Bayern fehlten die Ideen, sich Chancen zu erspielen.
2. Hero-Ball
Fußball ist ein Spiel der Einzelspieler. Diesen Beweis wollte Paris antreten und hatte im Hinspiel die Überhand mit dieser These behalten. Mbappé und Neymar zerlegten die Bayern-Defensive. Das galt auch fürs Rückspiel. Die Bayern hatten keine Idee, wie sie die Tiefenläufe von Mbappé verteidigen sollten. Neymar bekam häufig einen zu großen Aktionsradius im Zentrum. Besonders dann, wenn das Pressing der Bayern ins Leere lief. Alleine letztgenannter hätte durchaus vier Tore in den ersten 45 Minuten machen können. Neuer und das Aluminium hielten den Bayern-Traum vom Halbfinale am Leben.
Dass die Bayern am Ende ohnen Gegentor blieben, fühlt sich angesichts des Spielverlaufes fast paradox an, aber paradox war bekanntlich bereits das Hinspiel.
3. Zu ungenau
Der FC Bayern spielte zu ungenau für die Champions League KO-Runde. Davies verzettelte sich mehrfach bei seinen Flügelläufen. Die Ballannahme von Kimmich, Choupo-Moting und Müller war in aussichtsreicher Position nicht gut genug. Hinzu kamen viele zweite und dritte Bälle, die fast ausschließlich in den Reihen von Paris landeten. Gerade Klärungen von Standardsituationen eröffneten PSG öfters eine zweite Möglichkeit. All diese Aktionen ließen das Pendel zugunsten von Paris kippen, die es verpassten, die Partie frühzeitig zu entscheiden.
4. Mehr war nicht drin
Angesichts der intensiven Saison und der Ausfälle von Schlüsselspieler muss der FC Bayern anerkennen, dass es nicht reicht, sich gegen eine Spitzenmannschaft durchzusetzen. Das ist keine neue Erkenntnis, zeigt aber welches Glück die Bayern im Sommer 2020 hatten.
Betrachtet man Hin- und Rückspiel zusammen, dann hatte der FC Bayern in der Summe mehr Abschlüsse, Paris dafür die klareren Chancen. Hansi Flick ist auch ein wenig mit seiner offensiven Ausrichtung gescheitert. Die Mannschaft hat nicht nur in der Champions League, sondern auch in den anderen Wettbewerben zu viele Gegentore bekommen. Die fehlende Ordnung und Absicherung blieben in der Saison ein Dauerthema – auch im Hinspiel. Das Paris im Rückspiel die Tür lange offen ließ schmerzt umso mehr.
5. Servus
Das Ausscheiden war zugleich das letzte Champions League Spiel im Trikot des FC Bayern für drei doppelte Sieger: Javi Martínez, Jerome Boateng und David Alaba. Servus!