Die Alaba-Saga: Am Ende gewinnt keiner

Justin Trenner 08.11.2020
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Beginn einer Saga

Die Alaba-Entwicklung hat viele Bayern-Fans in dieser Woche beschäftigt – und so auch mich. Was wir jetzt gerade erleben, ist eine Zuspitzung dessen, was sich über die letzten Monate Stück für Stück aufgebaut hat. David Alaba selbst datiert den Beginn dieser Saga ungefähr auf den Sommer 2019, als der FC Bayern München erstmals mit einem Angebot an ihn herangetreten sei, das er persönlich als wenig wertschätzend empfunden habe.

Wertschätzend bedeutet nahezu immer: Geld. Da sollte man auch als Fußballfan einen Schritt zurücktreten können und die Geschichte ein Stück weit entromantisieren. Das war bei Thomas Müller so, das war auch bei Manuel Neuer so. Der Profifußball ist ein Geschäft, in dem eine Million Euro mehr oder weniger im Gehaltsgefüge den Unterschied machen können. Und Pini Zahavi ist ein Berater, der nicht nur Robert Lewandowskis Gehalt kennt, sondern auch darüber hinaus bestens informiert sein dürfte.

Die Rolle des Beraters

Vor allem aber ist Zahavi jemand, der das Geschäft mit den Verträgen versteht. Nicht umsonst hat er sich in der Beraterwelt einen Namen gemacht. Die einen sehen ihn positiv, die anderen als Symptom für eine kaputte Fußballwelt. Nüchtern betrachtet macht er seinen Job im Rahmen der Möglichkeiten einfach extrem gut. Dass das der Gegenseite, in diesem Fall dem FC Bayern, nicht immer passt: Vollkommen normal.

Aus meiner Perspektive ist es aber ein Stück weit erschreckend zu sehen, wie der Klub in der Öffentlichkeit mit dieser Debatte umgegangen ist. Uli Hoeneß sagte im Doppelpass: „Er [Alaba, Anm. d. Red.] hat einen geldgierigen Piranha als Berater.“ Und weiter: „Der Vater, den ich sehr mag, lässt sich von ihm sehr beeinflussen.“

Die Bayern-Verantwortlichen

Es ist die erste verbale Entgleisung eines Bayern-Verantwortlichen in dieser langen Chronologie. Sie zeigt womöglich, wie genervt der Klub von den Spielchen ist, die die Alaba-Seite mit ihnen treibt. Vor allem aber ist sie unprofessionell. Sie diskreditiert nicht nur die Beraterseite des Spielers, sondern auch den Spieler selbst. In aller Öffentlichkeit.

Auch Rummenigge schlug wenig später in diese Kerbe: „Bei den Gehältern zumindest im Spitzenbereich scheint zumindest der eine oder andere Berater noch der Meinung zu sein, dass draußen trotz Corona noch die Sonne hell scheint. Dem ist aber nicht so.“ Das Ziel des Klubs dürfte mit derartigen Aussagen darin liegen, sich selbst vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen, gleichzeitig aber auch ein Exempel zu statuieren: Mit uns nicht.

Wenn es also zukünftig in Vertragsverhandlungen mit Niklas Süle oder Serge Gnabry geht, dann sollen die sehen, dass es Grenzen gibt. Konsequent. Könnte man meinen. Doch die Bayern haben sich damit schon bei Manuel Neuer keinen wirklichen Gefallen getan.

Anfang des Jahres war es lange fraglich, ob Neuer beim FCB verlängern würde. Plötzlich tauchten Zahlen in der Öffentlichkeit auf, die den Torwart in die gleiche Schublade steckten wie Alaba jetzt: Geldgieriger Fußballer, der den Hals nicht voll genug bekommt.

Neuer entgegnete im April: „Das kenne ich so nicht beim FC Bayern. […] Wenn jetzt Sachen offenbar gezielt nach außen getragen werden, ist das auch etwas, das den Bereich Wertschätzung betrifft.“ Interessant. „Wertschätzung“ – also doch manchmal ein bisschen mehr als Geld. Auch um Hernández gab es Ärger, weil falsche Zahlen an die Öffentlichkeit gelangten.

Entweder ist das eine sehr fragwürdige Taktik des FC Bayern, oder aber ein ungewünschtes Loch in den Büros an der Säbener Straße. Getuschelt wird dort immer viel und dass Dinge an die Presse durchgesteckt werden, die dort nicht hingehören, ist ebenfalls nicht neu. Die Art und Weise, wie unruhig einige Verhandlungen zuletzt abliefen, ist aber bedenklich.

Wie geht es weiter?

Denn auf rein sachlicher Ebene hat der FC Bayern gute Punkte in der Alaba-Geschichte: Sportlich ist der Österreicher lange Zeit austauschbar gewesen. Seine Leistungen ließen nach dem Wechsel von Pep Guardiola sehr zu wünschen übrig. Das wird auch der Klub nicht vergessen haben, als er die Verhandlungen begonnen hat. Unter Hansi Flick spielte Alaba nun als Innenverteidiger. Links hinten ist Alphonso Davies klar der Mann für die Zukunft.

Schaut man sich den Kader der Münchner an, wird Alaba aber auch auf seiner jetzigen Position mittelfristig zu ersetzen sein: Lucas Hernández ist auf dem besten Wege, sich in der Mannschaft festzuspielen. Außerdem gibt es mit Tanguy Nianzou einen sehr talentierten jungen Spieler, der in die Rolle mal hineinwachsen kann.

Rein sportlich gesehen gibt es also wenig Gründe, Alaba zum Topverdiener zu machen. Doch auch der Österreicher hat gute Argumente für seine Position: Einerseits ist er eine der wenig verbliebenen Identifikationsfigur. Der Klub hat abermals betont, wie wichtig Alaba für Marketing, Außendarstellung und die Vermittlung der Werte ist.

Sportlich gesehen wird sich die Alaba-Seite auf das Standing bei Hansi Flick berufen. Der Trainer will unbedingt, dass der Innenverteidiger bleibt – als Abwehrchef und Führungsfigur. Alaba hat Verantwortung übernommen, ist in der Hierarchie gestiegen und war trotz einzelner individueller Fehler im Champions-League-Finalturnier entscheidender Bestandteil der Achse, die den FCB zum Triple führte. Sein Selbstbewusstsein ist zurecht groß.

Legt man beide Positionen übereinander, fällt ein Kompromiss nun mal schwer. Das gilt es dann zu akzeptieren. Der FC Bayern muss sich vorwerfen lassen, dass er einen verdienten Spieler öffentlich diskreditierte. Alaba hingegen muss nun damit umgehen können, dass Fans enttäuscht von ihm sind, weil ihm monetäre Aspekte wichtiger sind als sein Herzensklub.

Die öffentliche Schlammschlacht ist unnötig. Alle Parteien versuchen nun ihr Gesicht irgendwie zu wahren. Einen echten Gewinner wird es nicht geben. Und vielleicht geht die Tür am Ende sogar nochmal auf, wenn Alaba kein besseres Angebot bekommen sollte. Stand jetzt unwahrscheinlich, aber dann wäre diese ganze Geschichte nochmal absurder.



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