Double! Bayern besiegt Leverkusen 4:2!
Als letztes Spiel vor der zweiten großen Unterbrechung der Rückrunde lag es am FC Bayern sein Vorjahrs-Double zu verteidigen und die Chance auf das ominöse, in allen Medien beschworene “Triple” zu wahren. Nach Dortmund, Frankfurt, Leipzig stand den Bayern dieses Jahr Leverkusen entgegen, die nach teils fantastischen, teils absurden Spielen auf Rang fünf in der Endtabelle einliefen. Entgegen der Wünsche einiger, durfte kein einziger Fan ins Olympiastadion rein.
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Keine Mannschaft bot echte Überraschungen in ihrer Startformation. Thiago bescheinigte Flick zwar noch am Vortag vollste Fitness, doch mangels Spielpraxis erwartete den Spanier niemand in der Startformation. Wie so oft spielte Boateng somit an der Seite Alabas, Pavard und Davies verteidigten außen, weiter vorne umringten Lewandowski wie erwartet Coman und Gnabry, das Dreier-Mittelfeld bildeten Kimmich, Goretzka und Müller. Niklas Süle kehrte zum ersten Mal seit seinem Kreuzbandriss in den Kader zurück.
Leverkusen indes lief im 4-2-3-1-System auf. Beide Benders, Tapsoba und Wendell spielten in der Kette, davor vertraute Peter Bosz auf die eher zweikampfstärkere Variante aus Baumgartlinger und Aránguiz. Die vier Offensivspieler waren Diaby, der gegen Bayern zumeist starke Bailey, Amiri im Zentrum und als Falsche Neun der im letzten Bundesligaduell noch fehlende Superstar Kai Havertz.
1. Halbzeit
Beide Teams begannen mit Elan und viel Körperlichkeit, peu à peu kam Bayern durch Müller und Coman zu ersten Chancen aus dem Spiel. Das Eröffnungstor fiel aber nach einer guten Viertelstunde aus einem ruhenden Ball. Tapsoba foulte Lewandowski etwas plump und sehr unnötig hauchzart vor der Strafraumgrenze, den anschließenden Freistoß hob Alaba perfekt unhaltbar über die Mauer in die rechte Ecke. Leverkusen spielte zu diesem Zeitpunkt ein merkwürdig passives Pressing, ließ die Bayern regelrecht kommen und sich nach vorne kombinieren. Das zweite Tor kam jedoch anders zustande: Kimmich fing Baumgartlingers Diagonalball ab und sobald Bayern die Kontrolle gewann, deckte wiederum Kimmichs Steckpass Bayers Lücken knallhart auf. Gnabry erhöhte aus halbrechter Position im Strafraum auf 2:0 (24.)
Mit zwei Szenen meldete sich Leverkusen in der 30. Minute zurück, die eine entschärfte Davies mit brillanter Defensivarbeit, bei der anderen entschied der Schiedsrichter knapp auf Abseits. Sie kamen nun besser ins Spiel, doch am Halbzeitstand änderte sich nichts.
2. Halbzeit
Bayern wechselte nicht, Leverkusen schon. Volland und Demirbay kamen für Amiri und Baumgartlinger, Havertz rückte eins tiefer ins offensive Mittelfeld. Leverkusen wurde nun giftiger, Bayern kam zunächst jedoch noch zu besseren Chancen. Lewandowski verzog frei erstaunlich weit, dann verstolperte Volland frei vor Neuer.
Statt dem Anschlusstreffer kam die scheinbar frühe Entscheidung: Neuer prügelte den Ball weit nach vorne, Lewandowski nahm ihn technisch sehenswert mit und entschloss sich mangels mitgelaufener Mitspieler zum direkten Schuss. So herausragend Lewandowskis Bewegungsablauf auch war, ging das Tor doch klar auf Hrádeckýs Kappe, legte er sich die Kugel doch regelrecht selbst ins Tor (59.)
Tatsächlich trügte das Tor jedoch und Leverkusen kam kurz darauf ins Spiel zurück: Lars Bender schlich sich bei einer Ecke zwischen Goretzka und Alaba und köpfte aus nächster Nähe zum 1:3 ein (64.)
Perišić kam nun für Coman, kurz danach noch Hernández für den angeschlagenen Boateng. Leverkusen rannte nun wild an, Bayern tat es ihnen gleich und es entstand ein wildes Spiel mit ständigen Ballverlusten. Zur größten Chance kamen dennoch die Bayern als Lewandowski nach einer sehr präzisen Flanke Perišićs frei den Ball nicht entscheidend ins Tor lenken konnte (74.).
Mit Mühe und Not überstand Bayern diese Phase schadlos, so brachte Flick für die letzten Minuten noch Thiago und Coutinho für Müller und Gnabry (87.). Momente später kam die endgültige Entscheidung: Nach einem Steckpass Kimmichs lief Perišić allen davon, legte quer zurück auf Lewandowski, der überragend über Hrádeckýs ins Tor lupfte. Das Spiel endete denkbar kurios: Statt eines scheinbar falsch zurückgepfiffenen Tors entschied Tobias Welz nach Hilfe des Videoassistenten auf Handelfmeter durch Davies. Havertz verwandelte den wohl unnötigsten Elfmeter der Pokalgeschichte perfekt zum 2:4. Nochmal angepfiffen wurde nicht, womit der FC Bayern sein Double verteidigte!
Dinge, die auffielen
1. Merkwürdige Passivität bei Leverkusen
Wann immer Bayer Leverkusen in den letzten Jahren den Bayern gefährlich kam, war das zumeist durch hohes, aggressives Pressing, hohe Ballgewinne und blitzschnellem Umschaltspiel. Es mutet daher merkwürdig an, dass sich Leverkusen ganz bewusst in weiten Teilen der ersten Hälfte dagegen entschied. Teilweise wurde Bayerns Aufbau in der eigenen Hälfte gar nicht angelaufen. Wer denkt, dass sie dafür wenigstens hinten besser standen, sah sich jedoch auch getäuscht, denn Bayern durchbrach immer wieder Leverkusens Defensive mit simpelsten Vertikalbällen.
Balleroberungen erfolgten meist so tief, dass sie keinerlei Gefahr entwickeln konnten, weil Bayern gut stand und nach hinten arbeitete und in letzter Instanz die Verteidiger brillierten (vor allem Boateng) Am plakativsten ist da die Szene in der Nachspielzeit zu nennen: Lars Bender erobert den Ball stark gegen Coman, Amiri befreit sich herausragend, doch waren es noch um die 65 Meter sowie Bayerns komplette Defensive bis zum Tor. Boateng klärte schlussendlich mühelos.
Leverkusen muss sich den Vorwurf gefallen lassen zu spät das Risiko gesucht zu haben.
2. Im Pokal mag Bayern das Chaos
Bis ins Pokalfinale zog sich vor allem eins durch Bayerns Pokal-Rückrunde: Nach teils überragenden ersten Hälften und komfortablen Führungen, ließen sich die Bayern in der zweiten Hälfte immer wieder denkbar unnötig auf einen offenen Schlagabtausch ein. Sei es gegen Hoffenheim, Frankfurt oder nun Leverkusen (in gewissen Teilen selbst gegen Schalke, aber die wollten dann selbst nicht).
Ein erzwungener offener Schlagabtausch kann gegen eine gleichstarke Mannschaft bei Gleich- oder Rückstand clever sein, bei einer hohen Führung nutzt sie jedoch nur der unterlegenen Mannschaft. Gerade wenn es hitziger wird, braucht es Ruhe im Spiel und Entschleunigung. Gerade dann braucht es kontrollierende Spieler mehr als wuchtige. Es darf wohl wenig bezweifelt werden, dass ein sich völlig im Spielrhythmus befindender Thiago gut 20 Minuten früher eingewechselt worden wäre.
Vielleicht wäre diese Unordnung mit ihm gar nicht erst entstanden, mit seinen 29 Jahren verfügt er über einen Erfahrungsschatz, den selbst der ansonsten brillant spielende Kimmich logischerweise noch nicht hat. Ein gutes Beispiel bot die 79. Minute: Der Schiedsrichter pfeift am Mittelkreis ein Allerweltsfoul, Kimmich legt sich den Ball vor und will sofort mit einem schnellen Pass das Spiel schnell machen. Bei einer 3:1-Führung. In einem Finale. Wo der Gegner gerade Oberwasser hat. Der Plan misslingt völlig, postwendend kommt der Ball wie ein Bumerang zurück, Neuer eilt aus dem Tor und ohne eine Abseitsentscheidung hätte es hier gut möglich Rot für einen Bayern-Spieler noch geben können.
So gesehen entbrannte nach Leverkusens Anschlusstreffer ein klassisches Bosz-Spiel, welches man einfach nicht annehmen darf, am Anfang der Halbzeit verhinderte man dies noch mit gutem Ballbesitzspiel, später wurde es einigen Bayern-Spielern zu hitzig.
Dass trotz allem Leverkusen weder auf ein Tor herankam, noch sich viele Großchancen erspielte, darf indes als Erfolg und auch als Fortschritt gegenüber den anderen Pokalspielen gewertet werden.
3. Noch nicht vorbei
Bildet das Pokalfinale meistens den Abschluss einer Saison, ist es diesmal nur ein weiteres Etappenziel. Mit Meisterschaft und Pokal ist das Double bereits eingefahren, nach den Pokal- und Liga-Spielen in Bochum und Frankfurt in der Hinrunde entgegen vieler Stimmen keine Selbstverständlichkeit. Dennoch richten sich die Augen auf etwas anderen: So gut wie Bayern in der Rückrunde spielte, so gut wie sie auch in der ersten Halbzeit gegen Leverkusen als ganzes Team performte, ist die Champions League realistisch.
Die Einzelleistungen stimmen sowieso: Einmal mehr brillierten Boateng und Alaba, Davies stürmte weniger als gewöhnlich, räumte dafür defensiv fast alles weg. Kimmich hat zwar noch unnötige Momente im Spiel, doch ist er eben auch für das zweite und vierte Tor verantwortlich. Beim Anblick Müllers dürfte der anwesende Bundestrainer nicht nur Begeisterung verspürt haben und Serge Gnabry mutiert immer mehr zu einem echten Big-Game-Player. Zurecht wird er immer wieder für teils schon lustlosen Auftritte in der Liga kritisiert, insbesondere nach der Coronapause. Doch wenn es drauf ankam, war er da und zeigte auch abseits seines Tores eine starke Leistung.
Gleichwohl zeigt die zweite Halbzeit, dass eine kurze Pause dem Team nicht unbedingt schaden muss. Bringt man das Achtelfinale gut über die Runden, stehen noch drei Spiele an bis zur endgültigen Vergoldung der Spielzeit. Die Saison ist noch nicht vorbei.