Bayern nimmt Köln mit 5:1 aufs Horn
Die vergangene Woche war für die Bayern sehr durchwachsen und brachte positive wie negative Erkenntnisse mit sich. Die negativen Aspekte sind nach einem Blick auf die Tabelle nicht zu übersehen – RB Leipzig konnte bis auf zwei Punkte an den Tabellenführer heranrücken, der Atem der mühsam auf Abstand gehaltenen Verfolger wird spürbarer. Das Champions-League-Spiel gegen Lazio unter der Woche gab mit einem 4:1-Sieg und einer offensiv wie defensiv stabilen Teamleistung jedoch Anlass zur Hoffnung.
Mit dieser Bilanz im Rücken gingen die Bayern die Pflichtaufgabe gegen den 1. FC Köln an. Die größte Frage, die sich im Vorfeld stellte: Brachte der Sieg gegen Lazio den Knoten vollumfänglich zum Platzen, oder ist der Bundesliga-Alltag nicht vergleichbar mit dem Champions-League-Modus?
Falls Ihr es verpasst habt:
Flick nahm im Vergleich zum Champions-League-Spiel gegen Lazio nur eine Veränderung vor. Choupo-Moting startete für Coman auf der linken Außenbahn. Musiala bekam entsprechend seinen Leistungen erneut das Vertrauen und durfte von Beginn an spielen.
Bei Köln gab es keinerlei Überraschungen. In einer 5-3-2-Grundausrichtung setzte Gisdol auf bewährtes Personal. Bis auf Sebastian Andersson, Florian Kainz, Sebastiaan Bornauw und Jonas Hector standen ihm alle Spieler zur Verfügung.
1. Halbzeit
Köln begann mit hohem und aggressivem Pressing und versuchte, die Bayern gar nicht erst ins Spiel finden zu lassen. Das gelang in den ersten 10 Minuten insofern, dass Bayern Schwierigkeiten hatte, das gewohnte Kombinationsspiel auf den Platz zu bringen. Bayern antwortete mit Geduld, die sich auszahlte. Nach Sanés Abschluss in der 9. Minute und einigen guten Ballgewinnen im Mittelfeld, ließ Köln den Gegner gewähren. Folgerichtig fiel in der 18. Minute das erste Tor: Choupo-Moting erzielte seinen ersten Bundesliga-Treffer für die Bayern per Kopf, nachdem Goretzka ihm den Ball aus dem Halbfeld wunderbar servierte.
Goretzka war auch am 2:0 als Vorlagengeber beteiligt. In der 33. Minute spielten Lewandowski und er nach einem Ballgewinn im letzten Drittel gleich mehrere dynamische 2v1-Situationen wunderbar aus, Lewandowski verwandelte schließlich.
Zu bemängeln war in der ersten Hälfte, dass Umschaltsituationen noch nicht konsequent genug genutzt wurden. Dennoch gingen die Münchner mit einer hochverdienten 2:0-Führung in die Kabine.
2. Halbzeit
Die zweite Halbzeit begann mit einem vermeidbaren Gegentreffer. Ein Missverständnis zwischen gleich mehreren Bayern-Akteuren wurde von Köln in Person von Skhiri gnadenlos ausgenutzt, 1:2 in der 47. Minute. Hatte Köln Mitte der ersten Halbzeit beinahe schon besiegt gewirkt, wehrten sie sich nun beflügelt vom Anschlusstreffer. Die Selbstverständlichkeit bei den Bayern schwand. Flick versuchte daraufhin, mit Müller für Musiala und Gnabry und für Choupo-Moting neuen Schwung zu bringen. 30 Sekunden nach Müllers Einwechslung – nach rund 2 Wochen Zwangspause durch eine COVID-19-Infektion – leitete er auf Lewandowski weiter, der eiskalt zum 3:1 und seinem 28. Saisontreffer einschob.
Köln arbeitete weiter und brachte die Bayern mehr und mehr in Bedrängnis. Vor allem die ballferne Seite stellte aus Kölner Sicht eine Waffe dar. Schafften sie es, diese über eine schnelle Seitenverlagerung zu bespielen, drohte mehrfach Gefahr. Um für mehr defensive Stabilität zu sorgen, wechselte Flick in der 72. Minute Hernández für Davies ein. Richtig gefährlich wurden die Kölner aber nur nach individuellen Fehlern der Bayern – wie in der 75. Minute, als Neuer den Gegner durch eine technische Unsauberkeit eingeladen hatte. Drexler traf nur den Pfosten.
Bayern stellte sich in Person zweier Eingewechselter gegen den Druck der Kölner. Sané leitete aus zentraler Position auf Hernández ein, der den Ball direkt scharf in die Mitte brachte. Gnabry musste nur noch den Fuß reinhalten, schon stand es 4:1 (82.). Es folgten ein weiteres Gnabry-Tor (86.) sowie die Einwechslung von Javi Martínez sowie Tiago Dantas, der bei den Profis debütierte. Die letzten vier Minuten zogen relativ ereignislos vorbei, Schiedsrichter Martin Petersen beendete die Partie pünktlich.
Dinge, die auffielen:
1. Der offensive Süle
Wer in den vergangenen Wochen Spiele der Bayern verfolgt hat, musste sich häufiger die Augen reiben. Niklas Süle, gelernter Innenverteidiger und bisher in defensiver Rolle, schaltete sich mehr und mehr offensiv ein. Grund dafür ist seine Versetzung auf die rechte Außenverteidiger-Position wegen des Ausfalls von Pavard. Süle hat mit seinen 1,95 m und 99 kg Körpergewicht nicht gerade die Statur eines filigranen Technikers. Umso schöner anzusehen sind seine unerwarteten, technisch feinen Dribblings. Dass er Torgefahr mitbringt, zeigte er z. B. in der 14. Minute, als er viel Platz in der Halbspur hatte und zu einem ersten Abschluss kam. Auch seine Flanken sind durchaus brauchbar. Auffällig war dabei, dass er seine Defensiv-Aufgaben nicht vernachlässigte. Süle mit offensiver Ausrichtung auf der Rechtsverteidiger-Position – eine taktische Variante, die wir in Zukunft noch öfter sehen werden?
2. Wenig Tiefe
Trotz einiger guter Aktionen und mindestens ebenso vielen guten Ansätzen in der Offensive war auffällig, dass wenig Wege in die Tiefe gesucht wurden. Dadurch hatte der Ballführende im letzten Drittel häufig keine kreativen Optionen, es wurden keine bespielbaren Räume geöffnet. Das zeigte sich auch dadurch, dass Lewandowskis durchschnittliche Position bei Ballaktionen in der ersten Halbzeit sogar tiefer war, als Musialas: Ohne raumöffnende Laufwege seiner Mitspieler war Lewandowski auf sich selbst gestellt und musste sich den Ball selbst abholen. Erst mit der Einwechslung von Müller war der Impuls für mehr Tiefenläufe auf dem Feld.
3. Defensive Absicherung
In den vergangenen Wochen schienen die Bayern sich defensiv stabilisiert zu haben. Grund dafür war unter anderem eine Dreier-Absicherung, bei der ein Außenverteidiger die letzte Reihe konsequent unterstützte. Gegen Köln schoben wieder beide Außenverteidiger hoch, wobei Süle durchschnittlich sogar höher positioniert war als Davies. In der ersten Halbzeit ging von den Gästen so wenig Gefahr aus, dass an dieser Herangehensweise wenig zu bemängeln war. In der zweiten Hälfte war die Lage durch deutlich mutiger spielende Kölner eine andere. Köln kam zu 6 Abschlüssen (rund 1 xG) und wurde vor allem durch Seitenverlagerungen auf die ballferne Seite gefährlich, weil Bayern trotz starker Überladung der ballnahen Seite nicht immer Druck auf den ballführenden Spieler bekam. Die defensive Stabilität beschäftigt die Bayern weiterhin. Noch hat Flick kein probates Mittel gefunden, auch gegen sehr tief verteidigende Gegner mit geringen Offensivqualitäten wenig zuzulassen.