Philippe Couptinho? Bayern leiht Barça-Star aus
Rund 13 Millionen Euro Gehalt, ungefähr 8,5 Millionen Euro Leihgebühr, eine Kaufoption von rund 120 Millionen Euro – das sind die Eckdaten zum Leihgeschäft des Neuzugangs Philippe Coutinho, zumindest schreibt das die BILD. Das wären mehr als 50% weniger Leihgebühr als zunächst angenommen.
Ist beim Medizincheck nichts mehr schiefgegangen, haben die Bayern einen weiteren wichtigen Schritt für die eigene Offensive getan. Denn nicht zuletzt das Hertha-Spiel zeigte: Dem Rekordmeister fehlt aktuell die Möglichkeit, von der Bank etwas nachzulegen.
Doch kann Coutinho die erhoffte Verstärkung für die Münchner sein? Wo liegen seine Stärken und was kann man erwarten? Und was sollte man lieber nicht erwarten?
Seine Stärken liegen im Halbraum
Coutinho ist ein technisch herausragender Fußballer. Seine Ballbehandlung ist sehr stark und er lässt sich nicht so leicht unter Druck setzen. Darüber hinaus kann er im Angriffsdrittel für Überraschungsmomente sorgen. Eine Fähigkeit, die angesichts der derzeitigen Probleme wichtig werden könnte.
Der 27-Jährige kann darüber hinaus sehr torgefährlich sein. Er geht gern ins Dribbling und setzt sich vor allem wegen seiner Beweglichkeit und seiner Technik durch, nicht aber durch eine besonders hohe Geschwindigkeit. Deshalb ist der Brasilianer auch besser im Halbraum aufgehoben als auf den Flügeln.
Weiter im Zentrum kann er seine Stärken im Passspiel und seine Beweglichkeit gut nutzen. Coutinho kann mit seinen technischen Fähigkeiten ein Element einbringen, das den Bayern mit Spielertypen wie Tolisso, Müller oder Goretzka fehlt: Er hat zumindest das Potenzial, als Nadelspieler enge Situationen zwischen den Linien mit Raumgewinn aufzulösen. Zumal er für Abschlüsse sorgen wird und dem Spiel der Bayern eine bessere Tiefe geben kann.
Eine wirre Entscheidungsfindung
Gerade das war zuletzt ein Problem. Gegen Hertha kamen immer wieder gute Zuspiele in die Zentrale, doch danach gab es keine Anschlussoptionen. Coutinho wäre hier eventuell der passende Spieler, der – ähnlich wie James in seinem ersten Bayern-Jahr – mehr Kreativität und weitere Optionen einbringt, um hinter die Abwehrkette des Gegners zu kommen. Dafür muss er aber zeigen, dass die eher schwächeren Leistungen bei Barcelona die Ausnahme und nicht die Regel waren.
Auch aus der zweiten Reihe kann Coutinho mal für die goldene Brechstange gut sein. Der Neuzugang liebt es, aus gut 18-20 Metern abzuschließen und macht das bisweilen sehr ordentlich.
Allerdings führt dieser Punkt auch schon zu den Aspekten, die man nicht von Coutinho erwarten sollte: Im strategischen Bereich fehlten ihm bisher Nuancen, um wirklich den letzten Schritt in die absolute Weltklasse zu gehen. Einer der Gründe, weshalb es in Barcelona nicht funktionierte, war seine manchmal wirre Entscheidungsfindung.
Die Schwächen: Zwischen Genie und Wahnsinn
Mit Coutinho ist es immer eine Gratwanderung. Im einen Moment spielt er einen überragenden Pass, im nächsten jagt er den Ball aus 20 Metern übers Stadiondach, obwohl die halbe Mannschaft im Strafraum frei stand. Er bewegt sich immer zwischen Genie und Wahnsinn.
Außerdem ist Coutinho kein sonderlich schneller Spieler. Zwar hat er bereits viele Spiele auf der Flügelposition gemacht, doch man sollte hier keinen Spielertypen wie Sané, Coman oder Gnabry erwarten. Er ist dort eher ein technisch stärkerer Müller, der immer Unterstützung braucht. Auf Bundesliganiveau sollten seine Fähigkeiten dort aber ausreichen. Problematischer ist seine Schwäche im (Gegen-)Pressing. Gegen den Ball wird er meist überspielt, weil es an Körperlichkeit, Laufbereitschaft und Zweikampfstärke fehlt – eigentlich etwas, was Kovac gar nicht mag. Schon mit James kam er nie so richtig klar, obwohl der deutlich disziplinierter mitarbeitet als Coutinho.
Coutinho ist vor allem ein Spieler, der gut eingebunden werden muss. Als Achter im linken Halbraum bestünde die Möglichkeit, Dreiecke und Rauten mit Coman, Alaba und Lewandowski zu bilden. Der brasilianische Nationalspieler braucht diese Verbindungen für sein Spiel. Hinzu kommt aus dem Rückraum Thiago, der eine starke kreative Achse mit dem Neuzugang bilden könnte.
Eine Alternative in allen Bereichen
Auf dem Papier ist das eine linke Spielfeldhälfte, die einige Probleme im Angriffsdrittel beheben könnte. Auch Coman würde enorm von einem Spieler profitieren, der ihn entlastet und ihm Räume erspielen kann.
Coutinho ist aber nicht nur kein Flügelspieler, er ist darüber hinaus auch nicht der Mittelfeldspieler, den sich Kovač am dringendsten gewünscht hatte. Eigentlich sollte ein robuster und kreativer Sechser nach München kommen. Jemand, der Thiagos Position spielen kann, wodurch der Spanier dann frei für eine balancegebende Rolle im Mittelfeld wäre. Cuisance ist vom Potenzial her genau dieser Spieler. Doch wird der im ersten Jahr schon ähnlich einschlagen wie Kimmich damals?
Eine Doppelacht mit Coutinho und Thiago wäre im jetzigen 4-3-3 sehr interessant. Dann bräuchte man vielleicht weiterhin einen Sechser. Martínez wird dort den Anforderungen nicht mehr gerecht und Kimmich wird wohl weiterhin auf der Rechtsverteidiger-Position gesetzt sein.
In jedem Fall sollte unter dem Strich aber stehen bleiben, dass Coutinho zwar wie eine weitere Notlösung wirkt. Immerhin aber eine, die sehr viel Qualität mitbringt und das Mittelfeld verstärken kann. Ob Philippe letztendlich ein Couptinho ist, muss sich erst noch zeigen. Bayern hat nun aber für den nächsten Sommer mindestens eine weitere Alternative zu Kai Havertz – nicht schlecht für die Verhandlungsposition. Und auch aus der sportlichen Perspektive gibt es Notnägel, die nicht nur unattraktiver sind, sondern auch weitaus weniger funktionstüchtig.