DFB-Pokal: Profi-Maurer aus Drochtersen

Christopher Trenner 18.08.2018

Ein schwer zu bespielender Platz, zwei Kabinen (weil eine zu klein wäre) und ein hochmotivierter Gegner aus der Regionalliga. Die Bayern spürten schon früh, dass die Begegnung kein Selbstläufer werden würde.

Falls Ihr es verpasst habt:

Niko Kovač wollte in seinem zweiten Pflichtspiel als Bayern-Trainer kein Risiko eingehen und entschied sich für die vermeintlich bestmögliche Aufstellung.

SV Drochtersen/Assel vs. FC Bayern München, DFB-Pokal, GrundformationenGrundformationen: Drochtersen/Assel-Bayern

Für den Trainer bedeutet dies aktuell ein sehr klassisches 4-1-4-1 System. Rafinha ersetzte Alaba, der sich im Supercup eine Verletzung am Knie zugezogen hatte. Trotz einer sehr guten zweiten Hälfte gegen Frankfurt saß Coman erneut nur auf der Bank. Die Flügel wurden erneut von Robbery besetzt.

Sanches, der am Spieltag seinen 21. Geburtstag feierte, schaffte es nicht in den Kader. Ebenfalls erwischte es Sebastian Rudy, der den Verein vielleicht in den nächsten Tagen verlassen wird. Gerüchten nach sind Leipzig und Schalke 04 die Favoriten.

Wenig überraschend setzte Drochtersen auf ein 5-4-1-System am eigenen Sechzehner. Ziel war es, solange wie möglich die Null zu halten und über lange Bälle Konter einzuleiten. Dies gelang in den ersten 20 Minuten ganz gut. Die Flügel der Bayern wurden konsequent gedoppelt. Kimmich und Robben waren de facto aus dem Spiel genommen. Auf der anderen Seite lief es mit Ribéry und Rafinha zunächst besser, aber viele Angriffe verpufften am vorletzten bzw. letzten Pass.

So ist es nicht verwunderlich, dass die erste große Chance des Spiels die Heimmannschaft hatte (35.). Nach einem Einwurf behauptete sich Behrmann und legte ab auf Nagel. Dieser konnte von Rafinha nicht entscheidend gestört werden und kam aus ca. zehn Metern zum Abschluss. Neuer rettete mit einer starken Fußabwehr.

Ohne nennenswerte Bayern-Chance ging es in die Kabine. Auf einem zugegeben schwierig zu bespielenden Platz fehlte es den Münchnern an Ideen, um den Viertligist ernsthaft in Schwierigkeiten zu bringen.

Kovač gab seinem Team ganze sieben Minuten in der zweiten Hälfte, dann reagierte der Bayern-Trainer und brachte Goretzka für Hummels, dadurch rückte Martínez in die Viererkette und Coman kam für den schwachen Robben. Thiago lenkte das Spiel fortan auf der Sechserposition. Nur kurz nach der Rochade traf der Spanier per Fernschuss die Latte. Die bis dato größte Chance für den Rekordpokalsieger.

Nachdem sich einige Akteure schon auf die Verlängerung einstellten, trafen die Münchner doch noch zum 1:0. Ribéry setzte sich zum ersten Mal in der zweiten Halbzeit auf der linken Außenbahn durch und brachte den Ball zu Goretzka im Rückraum. Sein Schuss lenke Lewandowski unhaltbar zum Führungstreffer ins Tor (82.).

Dieser Treffer reichte am Ende den Münchnern. Sie ziehen äußerst glanzlos in die 2. Runde des DFB-Pokals. Gegen die TSG Hoffenheim wird es am kommenden Freitag zum Bundesliga-Auftakt eine andere Leistung benötigen.

2 Dinge, die auffielen:

1. Alte Startelf

Der Abgang von Vidal wurde von vielen als Anfang bzw. Fortschritt des Umbruches gedeudet. Mit Goretzka und Gnabry und dem zurückgekehrten Sanches und zahlreichen Jugendspielern, die mit Profiverträgen ausgestattet wurden, verstärkte der FC Bayern diesen Eindruck.

Auf dem Rasen ist die Realität nach wie vor eine andere. Mit einem Durchschnittsalter von 30,4 Jahren schickte Kovač eine – wohlwollend formuliert – sehr erfahrene Mannschaft auf den Rasen. “Erfahrung über Jugend forscht” ist bisher das Motto der Münchner.

Derzeit gibt es zwar nur zwei Pflichtspiele als Stichprobe, doch es deutet einiges darauf hin, dass Kingsley Coman und Serge Gnabry einen langen Weg in Richtung Startformation haben – und das, obwohl sie in der Vorbereitung für mehr Dynamik sorgten als die beiden Stars. Die Entwicklung könnte noch sehr spannend werden.

2. Kein Raum – keine Idee – keine Tore

Die Münchner schafften es lange Zeit nicht, Raum zu kreieren. Der Aufbau war zu statisch. Zu früh ging es auf die isolierte bzw. stark zugestellte Außenbahn. Die Folge waren viele Halbfeldflanken von Boateng, Martínez aber auch von Ribéry und Rafinha. Beste Wünsche für Lewandowski und Müller im überfüllten Strafraum inklusive.

An Kreativität war das von den Münchnern einfach viel zu wenig. Die Zwischenräume wurden nicht wirklich gesucht und somit nicht gefunden. Drochtersen/Assel machte das rund um Meikel “Mörtel” Klee, der hauptberuflich Maurer ist, aber auch sehr gut und zog eine Mauer hoch, die nur schwer einzureißen war.

Auch in der zweiten Halbzeit stockte der Motor der Bayern merklich. Mit Coman und Gortzka kam etwas mehr Belebung auf den Platz. Diese reichte am Ende, um die Partie nach Hause zu bringen.