(Update) Vier Personalfragen, die Bayern im Sommer klären muss

Steffen Trenner 22.05.2014

1. Schweinsteiger + Kroos?

Die Meldungen aus England über einen möglichen Transfer von Toni Kroos zu Manchester United wurden in den letztem Tagen konkreter. Nach der Verpflichtung von Louis van Gaal habe ich nicht mehr unbedingt damit gerechnet, dass das Interesse der Briten konkret bleibt. Philipp Lahm hat in seinem vielbeachteten SZ-Interview deutlich gemacht, dass er sich unter Guardiola als Mittelfeldspieler sieht. Das kann ein Fingerzeig sein. Für Javi Martínez hat sich mit der gegen Dortmund eingesetzten Dreierkette eine neue Verwendungsmöglichkeit eröffnet. Trotzdem werden die Plätze im zentralen Mittelfeld im kommenden Jahr eng. Von Thiago, der nach dem verletzungsbedingten Aus für die WM brennen wird, erwarte ich ohnehin eine große Saison 14/15. Bei Bastian Schweinsteiger hängt nach wie vor alles von seiner Fitness ab. Er hat auch in der abgelaufene. Saison gezeigt, dass er in der Lage ist die Mannschaft in schwierigen Situationen (Hinspiel Hoffenheim, Hinspiel Manchester United) und stand in vier der besten Münchener Spiele der Saison auf dem Platz (City, Leverkusen, Schalke, Hertha). Die jüngsten Gerüchte, dass Schweinsteiges Zeit in München vorbei sein soll, die vor allem von der Sport Bild virgetragen werden, halte ich in dieser Deutlichkeit für falsch und decken sich im Übrigen auch nicht damit was ich aus dem Verein höre? Ob es genug Spielzeit für beide deutschen Nationalspieler gibt, bleibt jedoch fraglich.

Fazit: Die Spielertypen Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger sind ein Stück weit redundant. Vor allem seit Kroos seltener als klassischer 10er eingesetzt wird, der rund um den Strafraum Torgefahr erzeugen soll. Wenn die Münchener Verantwortlichen Schweinsteiger noch zwei bis drei gute Jahre zutrauen wird es sehr eng für Kroos. Guardiola mag diesen Spielertypen und hätte nichts dagegen so viele wie möglich davon im Kader zu haben. Durch Kroos auslaufenden Vertrag ergibt sich jedoch ein gewisser Handlungsbedarf und Bayern scheint anders als bei Schweinsteiger vor einigen Jahren nicht bereit bei Kroos finanziell ans Äußerste zu gehen. Auch Kroos, der in München im Prinzip alles erreicht hat, wird sich seine Gedanken machen wo der für ihn nächste Schritt möglich ist. Die Aussicht auf eher weniger Spielzeit im kommenden Jahr ist hier nicht gerade zuträglich. Die Zeichen bei Kroos stehen eher auf Abschied. Am Ende hängt diese Entscheidung jedoch an zwei Dingen. Guardiola und Schweinsteigers Fitness.

2. Neue Alternativen für die Innenverteidigung?

Dante und Jerome Boateng haben in den letzten beiden Jahren ein unfassbares Pensum hinter sich. Beide kommen insgesamt auf um die 80 Pflichtspiele. Die meisten davon über 90 Minuten. Bei Dante kam der Confed-Cup im Sommer 2013 noch dazu. Über sehr weite Strecken dieser Zeit hat das Duo einen exzellenten Job gemacht. Es gab jedoch Phasen in denen beide überspielt wirkten und Konzentrationsschwächen offenbarten. Bei Dante war das gerade zu Beginn der Saison 2013/2014 der Fall. Bei Boateng eher gegen Ende der gleichen Spielzeit. Es spricht für das Duo, dass es immer einem der beiden gelungen ist, den jeweils Anderen in diesen Schwächephasen ein Stück weit zu tragen. Dennoch ist es an der Zeit für neue Alternativen in der Innenverteidigung. Mit Jan Kirchhoff wurde eine denkbare Alternative in seiner Zeit in München auf dieser Position nicht eingesetzt und schon im Winter nach Schalke weggeschickt. Daniel van Buyten kommt in dieser Saison auf 13 Pflichtspiel-Startelfeinsätze. Er ist inzwischen 36 Jahre alt und seit acht Jahren im Verein. Er hat seit 2010 in der Bundesliga nie mehr als 13 Einsätze absolviert. Es spricht nicht viel dagegen mit van Buyten als Absicherung noch einmal ein Jahr zu verlängern. Die Alternative, die Dante und Boateng Druck macht und auch in ganz wichtigen Spielen eine Option ist, ist van Buyten aber nicht mehr.

Ob Holger Badstuber diese Alternative sein kann, steht in den Sternen. Über 1 1/2 Jahre fällt der 25-Jährige mit mehreren Kreuzbandrissen bereits aus. Die Nachrichten von seiner Rückkehr auf den Trainingsplatz machen Hoffnung. Es wird seiner Verletzung und auch ihm als Person nicht gerecht, wenn von ihm erwartet wird sofort die geforderte Alternative auf Augenhöhe zu sein. Seine Entwicklung zurück zu einem Innenverteidiger mit internationalem Format, der er vor seiner Verletzung war, kann durchaus andauern. Von seinem Fitness- und Mobilitätszustand, den die Bayern im Sommer sehr genau unter die Lupe nehmen werden, wird stark abhängen, ob und wie kräftig der FC Bayern im Sommer nachbessern wird. Mit Javi Martínez bleibt eine weitere kaderinterne Variante.

Fazit: In Anbetracht der unklaren Leistungsfähigkeit von Holger Badstuber und der Altersstruktur von Dante (30) und van Buyten (36) sollte, selbst wenn der Belgier noch ein Jahr bleibt, in der Innenverteidigung nachgelegt werden. Das Anforderungsprofil ist klar. Bayern braucht einen weiteren schnellen, kopfballstarken, passsicheren Innenverteidiger, der bereit ist für eine Planstelle beim FC Bayern auf den Nimbus “Stammspieler” zu verzichten. Von einer großen Lösung (David Luiz, Rechtsfuß) bis zum hochtalentierten Perspektivspieler (Aymeric Laporte, Linksfuß) wurden bereits Namen diskutiert. Handlungsbedarf besteht allemal.

3. Ein oder zwei neue Backups auf den Außenverteidiger-Positionen?

Klar scheint: Diego Contento steht vor dem Absprung. Der 24-Jährige wird sich in München mit so geringen Spielzeiten wie in den vergangenen Jahren nicht mehr weiterentwickeln können. Mindestens ein Backup für die linke Außenverteidiger-Position wird also wahrscheinlich benötigt. Ylli Sallahi wird nach seinem couragierten Auftritt gegen Augsburg sicherlich weitere Bewährungschancen bekommen. Eine ad-hoc-Lösung ist er nicht. Bayern wird hier den nationalen und internationalen Markt genau sondieren müssen – auch um Alaba, der ebenfalls seit zwei Jahren fast ohne Pause spielt dringend benötigte Verschnaufpausen zu ermöglichen. Badstuber bleibt eine theoretische Option. Für Emre Can, der in Leverkusen 10 Mal auf der linken Außenverteidiger-Position spielte, hat Bayern im kommenden Sommer eine Rückkaufoption.

Komplexer ist die Lage auf der rechten Außenverteidiger-Position. Sehr viel hängt davon ab auf welcher Position Guardiola in der nächsten Saison mit Philipp Lahm plant. Plant er mit Lahm wieder dauerhaft auf rechten Abwehrseite steht mit Rafinha ein mehr als solider Backup mit internationalem Format bereits. Plant Guardiola verstärkt mit Lahm im Zentrum, besteht auch rechts dringender Handlungsbedarf. Mit Sebastian Rode kommt ein Spieler nach München der theoretisch alle Fähigkeiten für diese Position – gerade im Hinblick auf das gestiegene Anforderungsprofil von Guardiola – erfüllt. Ob der Trainer diese Rolle in ihm sieht bleibt jedoch fraglich. Weiser hat in seinen beiden Startelfeinsätzen nicht restlos überzeugt. Højbjerg bewies im Pokalfinale, dass er eine Option sein kann.

Fazit: Bayern sollte mindestens einen linken Außenverteidiger verpflichten. Möglicherweise kann hier auch die WM noch einmal ein Markt sein auf dem sich Spieler empfehlen können. Rode kann eine sehr ernsthafte Option für die Rechtsverteidiger-Position werden. Die Anforderungen Guardiolas an seine Außenverteidiger sind komplex. Sie sollen einrückende Spielmacher sein, aber gleichzeitig in der Lage sein die Außenbahn offensiv wie defensiv allein zu beackern, wie es gerade Alaba in den vergangenen Wochen immer wieder tat. Wie lange Lahm (30) noch 40-50 Pflichtspiele pro Saison auf Weltklasse-Niveau absolvieren kann ist zudem unklar. Die Suche nach einem Nachfolger, der in drei, vier Jahren in seine Fußstapfen treten kann, beginnt allmählich.

4. Højbjerg ausleihen?

Pierre Emile Højbjerg (18) ist mit einigem Abstand der beste Nachwuchsspieler in Reihen des FC Bayern. Dass Guardiola ihn immer wieder lobend erwähnt und ihn im Pokalfinale ins kalte Wasser warf, zeigt auch, dass der Coach große Stücke auf den Mittelfeldspieler hält. Der Däne ist von den Anlagen ein kompletter Fußballer. Zweikampfstark, robust, passsicher, handlungsschnell, torgefährlich. Højbjerg muss ab der nächsten Saison regelmäßig auf hohem Niveau Fußball spielen, um sich bestmöglich weiter zu entwickeln. In der Regionalliga bei den Bayern Amateuren ist das nicht unbedingt möglich. In der 3. Liga schon eher – auch deshalb ist es für die Entwicklung junger Spieler beim FC Bayern so wichtig, dass die Amateure den Aufstieg schaffen. Sollten die Amateure den Aufstieg nicht schaffen, spricht sehr viel dafür Højbjerg zu verleihen. Am besten zu einer Mannschaft mit einem taktisch gut geschulten Trainer und mit Anschluss an die internationalen Plätze (Mainz?). Schaffen die Bayern Amateure den Aufstieg und messen sich im kommenden Jahr mit sehr respektabler Konkurrenz und zahlreichen Traditionevereinen in der 3. Liga, wäre die Kombination Führungsspieler bei den Amateuren+Ergänzungsspieler bei den Profis noch ein weiteres Jahr denkbar. Højbjerg kann in die Lücke stoßen, die Bastian Schweinsteiger irgendwann hinterlassen wird und die Toni Kroos offenbar nicht mit allerletzter Konsequenz füllen will. Ohnehin hängen Højbjergs Einsatzperspektiven bei den Profis stark davon ab, ob Kroos in München bleiben wird oder nicht. Mit Rechtsverteidigerposition ist eine weitere Option hinzugekommen.

Fazit: Das DFB-Pokalfinale hat den Hype um Højbjerg noch einmal erhöht. Für ihn war dieses Spiel in der Entwicklung ein ganz wichtiger Schritt. Seine Situation für das kommende Jahr hat sich dadurch jedoch nicht unbedingt grundlegend verändert. Für mich bleibt es dabei: Steigen die Bayern Amateure auf, spricht viel dafür, dass Højbjerg weiter in München bleibt. Er kann viel mit den Profis trainieren, sich an das Niveau gewöhnen und hier und da Erfahrungen sammeln. Gleichzeitig würde er in einer attraktiven 3. Liga Woche für Woche gefordert werden. Eine Ausleihe könnte dann auch noch in einem Jahr erfolgen falls erforderlich. Bayern hat einige sehr gute (Lahm, Alaba, Kroos) Erfahrungen mit Ausleihen gemacht. Wenn die Amateure allerdings den Aufstieg verpassen, sollten die Verantwortlichen nicht zögern mögliche Interessenten zu kontaktieren, um die Entwicklung von Højbjerg mit einer Ausleihe in diesem oder dem nächsten Sommer optimal zu fördern. Die Zweifel, dass Højbjerg in München in den kommenden zwei Jahren genügend Einsatzzeit bekommt, um sich optimal zu entwickeln bleibt für mich nach wie vor vor fraglich.