Uli Hoeneß: Das war’s dann jetzt?
„Das war’s noch nicht!“ – Mit diesem Satz kündigte Uli Hoeneß 2014 auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung tränenreich seine Rückkehr an, sobald er seine Zeit im Gefängnis abgesessen haben würde. Ihm wurde seitdem oft nachgesagt, dass er den Schlussstrich längst verpasst habe. Er habe sich zu lange an seine Macht geklammert und so einen Übergang in eine neue Zeitrechnung verlangsamt und blockiert.
Fakt ist, dass in seiner Zeit nach der Rückkehr vieles nicht mehr so gut lief. Einiges davon lag in der Natur einer abklingenden Ära. Wiederum einiges hat sich Hoeneß selbst durch fragwürdige öffentliche Auftritte verbaut.
Er war aber gerade in Fragen der Macht nie dafür bekannt, sich selbst über die Interessen des Klubs zu stellen. Verschiedenen Quellen zu Folge soll er sogar schon zu deutlich früheren Zeitpunkten an ein Ende gedacht haben. Motivation, Alter, Übergang in eine neue Zeit – all das spielte auch im Kopf des Bayern-Machers eine große Rolle. Nicht zuletzt werden zudem die negativen Reaktionen bei der Jahreshauptversammlung 2018 seine bereits vorher konkreter werdenden Gedanken bestätigt haben, einen Schlussstrich zu ziehen, sobald sich eine Möglichkeit bietet.
Hoeneß war nicht von Alternativen überzeugt
Doch Hoeneß hatte ein großes Problem: Er war nicht überzeugt von möglichen Nachfolge-Kandidaten oder alternativen Lösungen. Wer soll das Kunststück vollbringen, den Klub in Hoeneß-Manier weiterzuführen und weiterzuentwickeln? Die Fußstapfen sind jedenfalls riesig. Und die Anforderungen des Präsidenten selbst dementsprechend hoch.
Jetzt steht Oliver Kahn womöglich in den Startlöchern. Natürlich wird der ehemalige Torhüter nicht Hoeneß als Präsidenten beerben. Aber mit ihm in höherer Position werden weitere Optionen frei: Rückt Rummenigge langfristig in das Loch, das der Präsident aufreißen wird? Reibungslos wird eine solche Lösung in diesem Jahr nicht mehr ablaufen können.
Die BILD bringt mit Hainer zudem einen weiteren Kandidaten ins Spiel. Der ehemalige Adidas-Boss ist aktuell stellvertretender Aufsichtsratvorsitzender und ein guter Freund des Noch-Präsidenten. So viel steht aber fest: Sollten die Berichte stimmen und hat Hoeneß tatsächlich diese folgenreiche Entscheidung getroffen, dann wird sie gut überlegt sein.
Den Masterplan vom Kopf in die Realität übertragen
Hoeneß spielt dieses Szenario bereits seit Jahren durch und wenn der Zeitpunkt kommt, wird er den Klub nicht unvorbereitet hinterlassen. Es ist vorstellbar, dass der 67-Jährige auch nach seinem Rücktritt weiter im Hintergrund unterstützend wirkt – eine Rolle, wie sie sich viele Bayern-Fans nach der Zeit im Gefängnis für ihn gewünscht hatten. Wichtig ist in jedem Fall, dass Rummenigge dem Klub noch erhalten bleibt. Auch das wurde von Hoeneß ja bereits angekündigt: Ein gleichzeitiges Ende der beiden war nie ein Thema.
Wie auch immer sein Plan jetzt aussieht: Der FC Bayern steht vielleicht vor dem größten Umbruch der letzten Jahrzehnte. So sehr eine mittlerweile stark angestiegene Anzahl an Fans den Rücktritt des Präsidenten auch forderte, die nötige Mehrheit an Stimmen wäre ihm bei der Jahreshauptversammlung wohl dennoch sicher gewesen. Auch deshalb ist die Entscheidung für viele womöglich überraschend.
Doch überraschend wäre es eher, wenn Hoeneß keinen Masterplan hat, der seinem Klub helfen wird. Und zwar dabei, das Loch zu füllen. Das Loch des Machers des modernen FC Bayern. Denn auch wenn er in den letzten Jahren viel von seinem Status einbüßen musste: Dieser Klub wäre nicht das, was er ist, wäre Hoeneß nicht gewesen. Es ist nun seine letzte große Aufgabe, den Masterplan in seinem Kopf auf die Realität zu übertragen. Denn nach der legendären Rede von 2014 könnte es auf der Jahreshauptversammlung fünf Jahre später diesmal heißen: „Das war’s dann jetzt!“ Und es wäre der richtige Schritt.