Spielerbewertung Hinrunde – Teil 1: Tor, Abwehr, Sturm

Christopher Trenner 07.01.2014

Im ersten von zwei Teilen beschäftigen wir uns mit den Torhütern, der Abwehr und unseren Stürmern. Danach könnt ihr in wenigen Tagen die ausführliche Bewertung des eng besetzten Mittelfeldes lesen.

Tor

Manuel Neuer

Note 2 PlusNeuer schaffte es diese Saison, sein offensives Torwartspiel nahezu zu perfektionieren, ohne dabei seine Stärken auf der Linie und im Strafraum zu vernachlässigen. Fehler bei Abschlägen oder beim Rauslaufen, die ihm auch viel Kritik einbrachten, kamen in der Hinrunde nicht mehr vor. Natürlich ist das Potential sich als Torwart auszuzeichnen beim FC Bayern sehr gering (Neuer: 37 Paraden i.d. Hinrunde; Baumann (Freiburg): 85 Paraden)), weshalb man auf Statistiken nicht allzu viel Wert legen sollte. Beeindruckend in jedem Fall: 9 Mal zu Null gespielt, nur 8 Gegentore kassiert – es bahnen sich wiedermal Rekorde an. Die einzigen beiden Fehler, die ihm in der Hinrunde unterliefen, waren für ihn relativ untypisch. Der Flachsschuss von Hazard aus relativ kurzer Distanz im Supercup-Finale und der Fehler beim Abfangen nach einer Ecke gegen Hoffenheim kosteten im Nachhinein jedoch keine Pokale und Punkte, führen allerdings dazu, dass es nicht ganz zu einer Eins reicht. Gereicht hat es in jedem Fall zu einer Nominierung für die FIFA-Weltauswahl, wo er als Favorit gegen die alten Bekannten Casillas, Buffon, Valdes und Cech antritt. Es wäre ihm zu gönnen.

Beachtlich ist auch seine Entwicklung außerhalb des Platzes. Neben Lahm und Schweinsteiger gilt er als dritter Anführer innerhalb der Mannschaft und bringt sich im Umgang mit den Klub-Chefs wie auch während der Spiele immer mehr ein.

Bestes Spiel: Dortmund – Bayern 0:3

Tom Starke

Note 3Wurde geholt als Nummer 2 und füllt diese Rolle nahezu perfekt aus. Öffentlich (und wohl auch intern) gibt es eine klare Hierarchie, die von Starke respektiert und akzeptiert wird. Interviews mit dem Boulevard über seine Rolle sind nicht vorstellbar.

In der Rückrunde bekam Starke von Jupp Heynckes relativ viel Einsatzzeit. So spielte er immerhin 3 von 17 Ligasspielen. Hinzu kommt ein Auftritt im Pokal. Diese Rolle als Neuer-Schoner hat er aktuell unter Pep Guardiola noch nicht. Sein Einsatzheftchen zeigt aktuell null Partien. Lediglich im Supercup gegen den BVB durfte Starke ran – und brachte den BVB durch einen Patzer früh auf die Siegerstraße. Ob er mit diesem Spiel bei Guardiola schon viel Vertrauen verspielt hat, wird die Rückrunde zeigen. Es kommen noch einige Heimspiele die eine Rotation möglich machen (z.B. Hoffenheim, Freiburg oder Bremen).

Lukas Raeder

Note 3Raeder wechselt sich bei den Bayern Amateuren mit Leopold Zingerle im Tor mehr oder weniger ab. Während er 13 Spiele bestritt und die Nummer 1 auf dem Rücken trägt, stand Zingerle 10 mal im Kasten.

Leider erlebt Lukas Raeder häufig ein Wechselbad der Gefühle, denn starke Paraden und vermeidbare Stellungsfehler wechseln sich regelmäßig ab. Laut Statistik musste er 12 Tore hinnehmen und konnte sich bei 5 Paraden auszeichnen. Gefühlt waren es aber definitiv mehr gute Aktionen von ihm. Deswegen ist es nun nicht einfach eine Einschätzung abzugeben, da sich sein Spiel zur Vorsaison nicht grundlegend verändert hat. Weder zum Guten noch zum Schlechten. Er sollte weiterhin an seiner Strafraumbeherrschung bei Ecken oder hohen Flanken arbeiten und die Spieleröffnung verbessern. Die Bayern Amateure suchen ihn in schwierigen Phasen und versuchen »hintenrum« den Spielzug erneut aufzubauen, wodurch sich im häufig die Gelegenheit für einen klugen Pass ins Mittelfeld oder das lange Zuspiel nach vorn bietet.

Abwehr

Dante

Note 3 MinusEs reicht noch zu „internationaler Klasse“ beim Kicker und es reicht zu einem Platz in der Selecao, aber wie lange es noch zu einem Stammplatz in der Innenverteidigung beim FC Bayern reicht, ist fraglich. Dante konnte das hohe Niveau aus der letzten Saison leider nicht halten. Sicherlich war für ihn 2013 ein volles Jahr, die fehlende Pause/Vorbereitung aufgrund des Confed-Cups im Sommer eingerechnet, und doch sollte er sich wieder mehr auf seine Kernaufgaben als Innenverteidiger konzentrieren. Er wirkt leider zu oft fahrig in den Zweikämpfen und unkonzentriert in seinen Klärungsaktionen. Folge ist dann auch mal ein komplett schwarzer Tag wie im Spiel gegen Manchester City.

Trotzdem: All seine Fehler spielen sich auf einem hohen Niveau ab – daher immer noch „befriedigend“ als Schulnote. Im Trainingslager in Doha hat Dante die Chance, sich noch einmal intensiv mit dem auseinander zu setzen, was Guardiola von ihm sehen will. Nutzt er diese, wird auch in den Medien nicht mehr über Verstärkungen wie David Luiz diskutiert werden.

Bestes Spiel: Manchester City – Bayern 1:3

Daniel van Buyten

Note 2Es gibt im Fußball nichts ästhetisch Schöneres als Daniel van Buyten der seinen wuchtigen Körper in den Strafraum des Gegenspielers schiebt und zum Kopfball hochsteigt. Höchstens ein LKW-Crashtest des ADAC kann noch solch eine Wucht entfalten. Dass van Buyten seine Form überhaupt noch halten kann, ist angesichts seines Alters (36) bemerkenswert. Für ihn wurde wohl das Sprichwort „Oldies but Goldies“ erfunden. Schon in der letzten Saison traute man ihm keine 23 Einsätze zu. Aktuell steht er bei 11 Einsätzen. Begann er zunächst unglücklich gegen Pep Guardiola (Eigentor gegen den BVB im Supercup) steigerte sich van Buyten zunehmend. Krönung war sicherlich sein 20. Treffer (!) für den FC Bayern gegen Bremen. Und gerade in den letzten Wochen spielte van Buyten immer – Dante und Boateng saßen abwechselnd draußen. In seiner aktuellen Verfassung kann man nur hoffen, dass er noch lange spielt, vielleicht ist er in 3-4 Jahren ja wirklich der beste Verteidiger der Welt.

Bestes Spiel: Bremen – Bayern 0:7

Jérôme Boateng

Note 22013 war wohl wie ein Traum für den 25-jährigen gebürtigen Berliner. Triple unter Heynckes, einen weiteren Leistungssprung unter Guardiola und während sein Nebenmann Dante Schwächen zeigte, wird Boateng zum Rückhalt im Bayernspiel. Die Entwicklung unter dem neuen Bayerntrainer der Saison 2013/14 deutet sich schon ein wenig im ersten öffentlichen Training an. Pep nimmt Jerome zur Seite, diskutiert mit ihm, zeigt ihm, wie er zum Ball stehen oder in den Raum laufen soll. Sein Spiel wird noch sicherer und abgeklärter, die Fehlerquote sinkt und die Spieleröffnung funktioniert.

Boateng hat in der Hinrunde mehrfach extrem kritische Situationen geklärt bzw. sich beim Spiel im Manchester sogar durch die Notbremse für die Mannschaft „geopfert“. Wenn jetzt kein Leistungseinbruch erfolgt und er von Verletzungen verschont bleibt, ist er nach aktuellem Stand definitiv Innenverteidiger Nummer 1 und stützt seinen formschwankenden Nebenmann Dante.

Bestes Spiel: Manchester City – Bayern 1:3

Holger Badstuber

Wahrscheinlich die schwierigste Hinrunde seiner Karriere. Seit Dezember erst ist Badstuber wieder in München in der Reha – und somit näher bei der Mannschaft, was ihm gut tun wird. Wenn der Heilungsprozess weiterhin positiv verläuft, ist für ihn auch ein Comeback zum Ende der Rückrunde möglich. Es wäre ihm zu wünschen.

Diego Contento

Note 4Contento brachte es unter Pep Guardiola immerhin auf 6 von 28 Spielen. Bei Jupp Heynckes reichte es nur für 8 Spiele in der ganzen Saison 2012/2013. Wobei er die meisten erst in den vergangen Wochen sammelte als man Alaba sichtlich die Strapazen der Jahresendphase anmerkte. Er bekam relativ früh das Vertrauen beim Spiel gegen Freiburg und konnte dort die Erwartungen nicht vollends erfüllen. Sicherlich hat er eine undankbare Aufgabe, denn er kann Alaba weder offensiv noch defensiv ersetzen. Das fällt unter Pep deutlich auf, da er besonders viel von seinen Außenverteidigern erwartet. Sie sollen sich offensiv mit einschalten und eine Anspielstation bieten und defensiv trotzdem sicher stehen. Zuletzt beschränkte sich Contento eher auf dem zweiten Teil. Das war unterm Strich nicht gänzlich fehlerfrei, war aber im Rahmen seiner Möglichkeiten. Offensiv kommt von ihm aber zu wenig und das ist vor allem ein Problem, wenn der Gegner gut gestaffelt steht. So machte er es dem HSV durch seine offensive Abwesenheit deutlich leichter. Contento muss sich wohl steigern, will er dauerhaft einen Platz als Nummer 14-17 im Kader haben. Ansonsten kommt vielleicht in nicht absehbarer Zeit ein Jugendspieler der ihn überholt.

Bestes Spiel: Freiburg – Bayern 1:1

David Alaba

Note 1Man muss lange suchen, um an David Alabas Entwicklung beim FC Bayern etwas Negatives zu finden. Es ist faszinierend, wie locker der erst 21-jährige Österreicher jede brenzlige Situation meistert und gleichzeitig in Perfektion mit Franck Ribery in der Offensive harmoniert. Bis auf einige kleinere Stellungsfehler – die in diesem Alter vollkommen normal sind – ist er bereits jetzt zu den besten Außenverteidigern der Welt zu zählen. In der Hinrunde so gut wie fehlerfrei in der Defensive und offensiv überaus aktiv und als Freistoß- und Elfmeterschütze nicht mehr wegzudenken. Nach seiner Vertragsverlängerung spricht nichts mehr dagegen, dass er auf lange Sicht noch mehr Verantwortung auf dem Platz übernimmt. Und auch wenn man junge Spieler nicht über den grünen Klee loben sollte: Für diese Hinrunde muss man eine 1 vergeben.

Bestes Spiel: Schalke – Bayern 0:4

Rafinha

Note 2Rafinha erlebt beim FC Bayern wohl seinen zweiten oder dritten Frühling. Vor Jahren geholt, um eine langfristige Lösung auf der rechten Außenverteidigerposition zu sein, geriet er nach durchwachsenen Leistungen schnell in Abseits. Was folgte waren fast zwei Jahre, die unter dem Begriff Back-Up fallen. In der letzten Saison 17 Spiele, davon 9 als Einwechselspieler bestätigen diese These. Durch die Ausfälle im Mittelfeld, bekam Rafinha nun seine zweite Chance. Unter Pep Guardiola bringt es der Brasilianer aktuell auf 23 Pfichtspieleinsätze – mit lediglich 3 Einwechslungen.

Mit anderen Worten: Rafinha ist aktuell Stammspieler. Waren seine Einsätze am Anfang der Saison gegen Freiburg und Hannover gerade noch ausreichend, steigerte er sich im Laufe der Hinserie von Spiel zu Spiel. So konnte er gegen Schalke und in Manchester sicherlich seine persönlichen Highlights setzen. Dort wurde er von Pep sehr offensiv eingesetzt – und gerade den Diagonalpass gg. City auf Ribery vor dem 1:0 haben noch viele im Kopf. Leider konnte er seine Schwächen im Stellungsspiel noch nicht vollends abstellen, was dazu führt das er des öfteren zu passiv verteidigt. Offensiv wünscht man sich wohl noch etwas mehr Impulse. Das Zusammenspiel mit Robben ist sicherlich noch ausbaufähig. Gelingt ihm dies, schafft er sicher auch mehr als „nur“ einen Assist in der Bundesliga. Dennoch zeigt der Trend nach oben und es bleibt spannend, ob er sich einen festen Platz in der Bayern-Elf erspielt hat und somit seinen Traum von der WM weiter leben darf.

Bestes Spiel: Schalke – Bayern 0:4

Philipp Lahm

Note 1Neben Ribery der beste Mann beim FC Bayern in der Hinrunde. Dass er der beste Außenverteidiger der Welt ist, wissen wir alle schon seit mehreren Jahren. Dass er im Mittelfeld ebenso zu den Besten zählt, zeigte uns Pep Guardiola. Als hätte er nie etwas anderes gemacht. Er räumt vor der Abwehr ab, verteilt die Bälle auf die Außenstürmer und ordnet das Mittelfeld, wie er will. Als Kapitän hat er im Mittelfeld noch einmal mehr an Einfluss auf die Spielweise gewonnen. Vor allem in den wirklich wichtigen Partien ist er da: Das Duell gegen Dortmund und das Spiel in Manchester wurden im Mittelfeld entschieden, und Lahm war hier der entscheidende Antreiber. Auch beachtlich und wie jedes Jahr vorbildlich: Seine Fairness. Für Guardiola womöglich auch ein Argument für Lahm und gegen Martínez, der deutlich häufiger foult. Wenn es eine Möglichkeit für ihn gibt, sich zu verbessern, dann in der Offensive. Letztes Jahr über die Außenposition bester Flankenschläger in der Liga, konnte er dieses Jahr nur 3 Torvorlagen geben. Und sein letztes Bundesligator liegt nun schon mehr als 3 Jahre zurück.

Nun stellt sich lediglich die Frage, was passiert, wenn im Mittelfeld alle wieder topfit sind. Natürlich will Lahm, auch im Hinblick auf die WM, wissen, auf welcher Position ihn seine Trainer sehen. Im Vergleich zu Rafinha könnte er vor allem das offensive Zusammenspiel zwischen Robben und Außenverteidiger auf der rechten Seite wieder mehr beleben, was sicherlich keine Schwächung wäre.

Bestes Spiel: Dortmund – Bayern 0:3

Sturm

Mario Mandzukic

Note 2Es ist schon beachtlich, mit welchen Fragen Mandzukic sich konfrontiert sieht. Zum einen wurde mit Robert Lewandowski ein Nachfolger(?) für seinen Platz im Sturm präsentiert und zum anderen muss er sich immer wieder die Frage gefallen lassen, ob Pep Guariola überhaupt einen Stürmer braucht. Wobei sich letztere Fragestellung von selbst beantwortet, denn Mandzukic führt mit 10 Toren die Torjägerliste des FC Bayern an und hat nur ein Tor weniger erzielt als sein Fernkonkurrent Lewandowski. Dabei zeigt Mandzukic stets 120% Einsatz. So unermüdlich bekämpft kaum ein Spieler die Abwehr der gegnerischen Mannschaft. Wie auch in der letzten Saison zu sehen, ist dieses Spiel aufwendig – so wechseln sich gute und glücklose Auftritte zu oft ab. So wurde er in der 26. Minute gegen Hertha eingewechselt und drehte als Matchwinner mit zwei Kopfballtoren die Partie. Die zwei nachfolgenden Bundesligapartien waren dann allerdings für den Skat. Es scheint so als leide Mandzukic besonders unter den englischen Wochen, schon Jupp Heynckes lies Mandzukic in der letzten Rückrunde in der Bundesliga ausnahmslos auf der Bank und schonte seinen Stürmer Nummer 1 für die Champions League. Es wird interessant sein, ob er sich auch in diesem Kalenderjahr wieder durchsetzen kann.

Bestes Spiel: Bayern – Hertha 3:2

Claudio Pizarro

Note 3Der Peruaner ist und bleibt ein Phänomen. Oft verletzt, wenig Einsatzzeit, aber immer da und immer torgefährlich, wenn er gebraucht wird. Der mittlerweile 35-jährige konnte vor allem gegen Hannover im Pokal überzeugen, wo er einen sehenswerten Kopfballtreffer erzielen konnte. Er wird in der Rückrunde, wenn er fit bleibt, mehr Einsatzzeiten bekommen – und wer weiß, vielleicht ist es wieder nicht sein letztes Jahr beim Rekordmeister.

Bestes Spiel: Bayern – Hannover 4:1

Patrick Weihrauch

Note 4Patrick Weihrauch hängt fest. So könnte man seine Situation beim FC Bayern wohl beschreiben. In der Saisonvorbereitung hat er noch ganz ansprechende Leistungen gezeigt, bei den Profis kommt er aber nicht zum Zug. Und im Kader der Bayern Amateure? Dort ist er höchstens Einwechselspieler und bei Weitem kein Leistungsträger. Sein Vertrag in München läuft noch bis Ende Juni 2014 und es ist fraglich, ob er danach im Klub bleiben wird. Immer wenn Weihrauch in dieser Saison für die Amateure traf, gewannen sie ihr Spiel. Bei nur 15 Einsätzen und 5 Treffern ist diese Statistik nicht viel wert. Besonders von Saisonbeginn an und bis Ende September stand er regelmäßiger in der Startformation. In den letzten und entscheidenden Partien vor der Winterpause nicht mehr.

Wo liegt das Problem? Eine Weile hätte ich seinen Willen in Frage gestellt, aber wenn er spielte, funktionierte das immer gut. Vermutlich kann er inzwischen nicht mehr mit den Leistungsträgern mithalten oder selbst für Impulse im Spiel sorgen. Er ist ein guter Spieler, aber zeigt nicht das, was man sich 2012 vom Stürmer versprach.