Round-Up: Fußball ist keine Finanz­mathematik

Dennis Trenner 15.02.2018

Wieviel sportlicher Erfolg ist durch die Einnahmen erkaufbar?

Um dies zu beleuchten, werden die Finanzdaten von Deloitte mit unterschiedlichen sportlichen Erfolgskennzahlen verglichen. Einerseits mit dem professionellen ELO-Modell und andererseits mit einer Eigenkreation namens “European Performance”.

Disclaimer: Für die Vereine, für die keine Daten über die Einnahmen in der Deloitte-Logik vorliegen, wurden die Einnahmen knapp unterhalb des 30. der Deloitte Money League als Platzhalter verwendet (155 M€). Das birgt eine gewisse Unschärfe, aber für diesen Artikel tut es seinen Zweck.

Deloitte vs. ELO

ELO ist eine Wertungszahl, mit der die Stärke von Spielern (oder Teams) beschrieben werden kann. Seinen Ursprung hat ELO im Schach. Sehr, sehr vereinfacht erklärt, hat jeder Spieler ELO-Punkte und der Gewinner einer Begegnung bekommt ELO-Punkte des Verlierers gutgeschrieben. Je nach Stärke der beteiligten Spieler und der Höhe des Spielergebnisses werden mehr oder weniger Punkte ausgetauscht.

Für den Vergleich werden die ELO-Werte der Webseite ClubELO genutzt, die für alle europäischen Fußballvereine und Wettbewerbe tagesaktuelle, ligaübergreifende ELO-Werte je Verein veröffentlicht. Da sich die Deloitte-Daten auf die Saison 2016/2017 beziehen, wurden die ELO-Werte vom 5. Juni 2017 verwendet.

Als erstes fällt auf, dass insgesamt sechs der Deloitte-Top-20-Vereine nicht in der ClubELO-Top-20 auftauchen. Bezogen auf die Top-30-Listen fehlen sogar elf Vereine.

Vor allem die Mittelklassevereine aus der schwerreichen Premier League können ihre Einnahmen nur bedingt in sportlichen Erfolg umwandeln. West Ham United (17. bei Deloitte vs. 60. bei ClubELO), Crystal Palace (26. vs. 79.), West Bromwich Albion (27. vs. 78.), Bournemouth (28. vs. 69.) oder Stoke (29. vs. 65.) gehören alle zu den Top 30 Vereinen bei Deloitte, aber nicht mal zu den Top 60 Vereinen laut ClubELO.

Unter Diego Simeone erzielt Atletico Madrid seit Jahren überragende sportliche Dividenden.
(Image: CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Images)

Doch auch die englischen Spitzenvereine erreichen gemessen an ihren Einnahmen nur unterdurchschnittliche ClubELO-Platzierungen. Positiv aus der Reihe fallen dabei nur der FC Chelsea und die Tottenham Hotspurs, die trotz zum Teil erheblicher Mindereinnahmen einen besseren ClubELO-Wert aufweisen als ihre nationalen Konkurrenten aus Manchester oder dem FC Arsenal.

Positiver ClubELO-Ausreißer ist der AS Monaco, der nicht zur Deloitte-Top-30 gehört, aber bei ClubELO auf Platz neun geführt wird. Weitere Beispiele für Vereine, die überproportional viele ClubELO-Punkte aus ihren begrenzten finanziellen Möglichkeiten holen, sind die spanischen Vertreter Sevilla (17.) Villarreal (18.) und Bilbao (20.). Alle drei Vereine sind nicht in der Deloitte-Top-30, aber in der ClubELO-Top-20.

Ein differenziertes Bild geben die ClubELO-Top-5-Vereine ab. Einerseits gehören die drei Vereine mit den höchsten ClubELO-Werten auch zur Deloitte-Top-4 (Real, Barca, Bayern), aber dahinter folgen mit Juve und Atletico zwei Vereine die bei Deloitte erst auf den Plätzen 10 und 13 gelistet werden und somit weit hinter den englischen Spitzenvereinen oder PSG.

In die ClubELO-Berechnung fließen auch die nationalen Wettbewerbe mit ein. Dadurch werden Mannschaften, die in ihrer Liga dominieren “strukturell bevorteilt” (Bayern, Chelsea, Juve und Monaco).

Deloitte vs. European Performance

Doch ELO-Punkte und nationale Wettbewerbe interessiert die Vereine natürlich weniger als Ruhm und Ehre (sprich Preis- und TV-Gelder) in der Champions League. Um einen stärkeren Fokus auf die Erfolge in der Champions League legen zu können, wurden die Clubs nach folgendem Punktesystem für das Erreichen der folgenden Ruhm-und-Ehre-Level in der Champions League in den letzten fünf Saisons belohnt: Titel 5, Finale 4, Halbfinale 3, Viertelfinale 2, Achtelfinale 1. In Summe nennt sich dieses zugegebenermaßen etwas willkürliche Konstrukt “European Performance”.

Auf den ersten Blick ist eine Abhängigkeit zwischen den Einnahmen und dem sportlichen Erfolg erkennbar. Mit Real Madrid steht der erfolgreichste Verein der letzten fünf Jahre (21 Punkte) auch in der Deloitte Money League seit Jahren auf den vordersten Plätzen. Komplettiert wird das CL-Punkte-Siegertreppchen durch die alten ClubELO-Bekannten Münchner Bayern (16) und den FC Barcelona (14), beide ebenfalls unter den Top 4 bei Deloitte. Wenn man aus den Deloitte-Umsätzen und den CL-Punkten eine Quote errechnet, landen alle drei Vereine in einem Bereich zwischen 30 und 50 Millionen Euro pro CL-Punkt.

Interessanter sind aber natürlich die Ausreißer. Positiv fallen wieder die Rojiblancos aus Spanien (13) und die Alte Dame aus Italien (11) auf. Beide gehören zu den fünf erfolgreichsten CL-Punkte-Vereinen, tauchen bei Deloitte aber erst auf den Plätzen Platz 10 bzw. 13 auf. Ihre Quote liegt bei 21 bzw. 37 M€/CL-Punkt. Herausragende Quoten haben auch: Monaco (31 M€/CL-Punkt), der BVB (37) und der FC Porto (39).

Auch die Alte Dame aus Italien weiß wie man das Maximum aus seinen finanziellen Möglichkeiten herausholt.
(Image: ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images)

Demgegenüber gibt es eine Reihe von Vereinen, die in der Champions League aus Ihren Einnahmen im Vergleich eher unterdurchschnittlich performen. Angeführt wird diese Riege vom einnahmenstärksten Verein der Welt, Manchester United, der in fünf Jahren nur 3 CL-Punkte generieren konnte und somit eine Quote von 225 M€ pro CL-Punkt vorweist. Auch die restlichen Vertreter aus der Premier League liegen über dem Durchschnitt und weisen durch die Bank Quoten zwischen 80 und 140 M€ pro CL-Punkt auf.

Der FC Liverpool (9.) und die Tottenham Hotspurs (11.) sind dabei die bestplatzierten Vereine der Deloitte-Liste, die in den letzten fünf Jahren nicht einmal die KO-Runde der Champions League erreichten und somit keinen einzigen CL-Punkt sammelten. Die Qualifikation dieser beiden Vereine für das CL-Achtelfinale in der aktuellen Saison ist also eigentlich keine sportliche Überraschung, sondern vielmehr ein Ausdruck der finanziellen Realität.

Abschließend lässt sich zu den englischen Vereinen konstatieren, dass sich das Einnahmenniveau über alle Vereine hinweg dort auf einem unvergleichbar hohen Level im Vergleich zu den restlichen Ligen bewegt. Dadurch sind überdurchschnittlich hohe Einnahmen notwendig, um sich über die nationalen Wettbewerbe für die Champions League zu qualifizieren. Jedoch verpuffen diese zusätzlichen finanziellen Möglichkeiten als erfolgssteigernder Effekt dann im europäischen Wettbewerb.

Doch auch die Serie A ist im Verhältnis aus Einnahmen und sportlichem Erfolg – bis auf Juve – weit hinter dem Durchschnitt. Die Quoten aus Einnahmen und CL-Punkten liegen dabei sogar zum Teil noch über denen der Premier League: Neapel (201 M€/CL-Punkt), AS Rom (172), AC Milan (96).

Fazit

Die European-Perfomance-Werte bestätigen in weiten Teilen die ClubELO-Aussagen, vor allem bezogen auf die Dominanz der Top-5-Vereine (Real, Barca, Bayern, Atletico, Juve) und die unterdurchschnittliche Performance der Premier-League. Zusätzlich wird verdeutlicht, dass aus der Serie A ausschließlich Juventus Turin in der Champions League konkurrenzfähig ist, trotz zwei weiterer Vereine in den Deloitte-Top-20 mit Inter (15.) und Neapel (19.).

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