Round-Up: Zehn Jahre ein König

Maurice Trenner 07.06.2017

Am Ende der Saison 2006/07 war die Stimmung in München sehr gedrückt. Unter Trainer Felix Magath hatte man in den Vorjahren beide Male das Double gewonnen. Doch als man zur Winterpause aus dem DFB-Pokal ausgeschieden war und auch die Qualifikation zur Champions League zu verpassen drohte, wurde „Quälix“ entlassen und durch seinen Vorgänger Ottmar Hitzfeld ersetzt.

Allerdings scheiterte auch der Trainer des Teams, das 2001 die Champions League gewann, daran, den Rekordmeister auf einen Qualifikationsplatz für die Königsklasse zu führen. Damit verpasste man zum ersten Mal seit der Saison 1994/95 ein Ticket für Europas höchste Klasse.

Abgesang auf den Rekordmeister

In der deutschen Medienlandschaft wurde der FC Bayern damals angezählt und ein vermeintliches Ende der Vorherrschaft der Roten über den nationalen Fußball herbei geschrieben. Zwischen den Zeilen konnte man in einigen Schlagzeilen die Häme herauslesen. Auch als die Münchner einige ihrer vermeintlichen Wunschspieler nicht verpflichten konnten.

„Keiner will zum FC Bayern“ titelte zum Beispiel n-tv, als Wesley Sneijder und ein gewisser Franck Ribéry, die beide „monatelang auf der Wunschliste“ der Bayern standen, dem Rekordmeister absagten.

Entgegen der quasi täglichen Wasserstandsmeldungen der Presse, startete der Rekordmeister dennoch eine für damalige Zeiten ungewöhnliche Transferoffensive. Insgesamt kamen mit Marcell Jansen, José Ernesto Sosa, Jan Schlaudraff, Hamit Altintop, Rückkehrer Zé Roberto, Miroslav Klose, Toni und Ribéry, den die Münchner schließlich doch bekommen sollten, insgesamt acht Spieler für rund 70 Millionen Euro in die bayerische Landeshauptstadt. Doch keiner sollte den Verein so prägen wie der Franzose.

Ein typischer Hoeneß-Transfer

An dem jungen Mittelfeldspieler, der für Olympique Marseille unter Vertrag stand, waren alle europäischen Spitzenvereine interessiert, nachdem dieser unter anderem bei der Weltmeisterschaft 2006 überzeugen konnte.

Bayern hat wieder einen König: Franck Ribéry.
(Foto: Alexander Hassenstein / Bongarts / Getty Images)
Bayern-Manager Uli Hoeneß schaffte es durch engen Kontakt mit Marseille-Präsident Papa Diouf, den Münchnern einen Vorteil in der Verhandlungsposition zu kreieren. Damals erklärte er selbstsicher, dass wenn Marseille Ribéry verkauft, sie „auch mit uns sprechen werden“. Solche kleinen persönlichen Absprachen mit internationalen Vereinsbossen gehörten zum Steckenpferd des heutigen Bayern-Präsidenten.

Als man dann am 7. Juni 2007 den quirligen französischen Außenstürmer mit der Trikotnummer 7, die erst durch das Karriereende von Mehmet Scholl im Mai freigeworden war, präsentieren konnte, war Hoeneß „stolz, […] zwei Weltstars nach München zu holen“. Doch darüber hinaus war es Bayern erstmals gelungen, einen international begehrten jungen Spieler zu verpflichten. Hierbei war auch der als nicht einfach zu beschreibende Charakter von Ribéry sicherlich förderlich.

Ein königlicher Transfer

Ribérys Transfer war gleich aus zwei Gründen der vielleicht wichtigste Transfer in der Bayern-Historie. Zum einen war er auf einem Niveau, das die Bundesliga in den vorherigen Jahren so noch nicht gesehen hatte.

Nach weitläufiger Meinung spielten die von Thomas Schaaf betreuten Bremer um Spielmacher Diego den schönsten Fußball der Liga. Der Brasilianer hatte in der Vorsaison 27 Scorer-Punkte erzielt und somit erheblichen Anteil am dritten Platz von Werder.

Eben jene Bremer waren bereits am zweiten Spieltag Gastgeber für den verstärkten Rekordmeister, der im Sommer auch Deutschlands Fußballer des Jahres 2007 – Miroslav Klose – von der Weser an die Isar gelockt hatte.

Im Ligapokal vor der Saison hatte die Hitzfeld-Elf ihren Konkurrenten bereits mit 4:1 geschlagen. Ein überragender Ribéry erzielte dabei zwei Tore und bereitete ein weiters Tor vor. Dementsprechend wollten die Bremer im heimischen Weserstadion Revanche nehmen, war dieses Mal doch auch Regisseur Diego mit von der Partie. Der Brasilianer hatte im Ligapokal noch verletzungsbedingt gefehlt.

Doch die Werderaner wurden vom Rekordmeister gnadenlos überrollt. Vor allem der Neuzugang aus Marseille hinterließ einen bleibenden Eindruck. Den Eindruck, dass er eine Klasse besser als jeder Spieler der Bundesliga war. In der 31. Minute spielte er Toni links im Strafraum frei, wobei der Italiener von Pasanen zu Fall gebracht wurde. Ribéry trat zum Elfmeter an und verwandelte diesen frech per Panenka in die Mitte, vorbei am in die Ecke hechtenden Tim Wiese.

Franck Ribery düpiert Tim Wiese im Bremer Tor am 2. Spieltag per Panenka-Elfmeter
(Foto Alexander Hassenstein / Bongarts / Getty Images)
Sein Meisterstück sollte jedoch in der Entstehung zum 3:0 folgen. Nach einer Ecke der Bremer kommt der Ball etwa zwanzig Meter vorm eigenen Tor zum Franzosen. Dieser nimmt den Ball mit der Brust an und jongliert ihn anschließend mit dem rechten Fuß am verdutzten Schulz vorbei. Nach kurzem Lauf sieht er Toni, dieser spielt weiter auf Altintop, der das 3:0 erzielt. Nicht unerwähnt soll das schöne 4:0 per Volleyschuss von Andreas Ottl bleiben.
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Glücksfall für Bayerns Offensive

Bereits kurz nach dem Spiel nannte Präsident Franz Beckenbauer Ribéry einen „Glücksfall für den FC Bayern“. Zu dem Zeitpunkt wusste er noch nicht, wie recht er damit haben sollte. In seiner ersten Saison kam der Flügelspieler wettbewerbsübergreifend auf 39 Torbeteiligungen in 46 Spielen.

Damit hob er die Bayern auf ein neues Level. Auch wenn im UEFA-Pokal das Halbfinale gegen Zenit St. Petersburg die Endstation war, so konnte man durch den Gewinn des Doubles am Ende eine sehr erfolgreiche Saison feiern. Der Abgesang auf die Münchner war einmal mehr zu früh gesungen worden.

Die wichtigsten Fähigkeiten, die Ribéry mitbrachte, waren seine Kreativität und die Dribbelstärke. Diese beiden offensiven Merkmale hatten dem Team in den tristen Vorjahren häufig gefehlt. Scholl war in die Jahre gekommen und auch andere waren nicht in der Lage, auf diesem Level zu überzeugen. Der Transfer des Franzosen sollte der Beginn auf einem Weg sein, auf dem die Bayern auch gegen Top-Teams wieder konkurrenzfähiger wurden.

Ein weiterer Effekt war, dass neuer Wirbel um den FC Bayern und München entstand. So hängte zum Beispiel sein persönlicher Ausrüster Nike ein überdimensionales Plakat von Ribéry im Dress von Bayerns König Ludwig II. an der Theatinerkirche am Münchner Odeonsplatz auf. Der Neuzugang war in München angekommen und München freute sich, einen Star von internationalem Format in seinen Reihen zu haben.

Ribéry als Schlüssel zu Robben

Der Transfer von Ribéry stellte sich zudem als eine Art Brückentransfer für weitere Spielerverpflichtungen wie Arjen Robben dar. Ohne die Spielweise und Qualität des Franzosen, der Bayern wieder auf den Radar der internationalen Bühne brachte, wäre der Rekordmeister für europaweit begehrte Spieler wohl nicht interessant gewesen.

Legten den Grundstein für Bayerns erfolgreichste Jahre: Arjen Robben und Franck Ribéry
(Foto: Christof Stache / AFP / Getty Images)
So wie Ribéry half Robben nach München zu holen, so half Robben jedoch auch Ribéry in seiner Entfaltung. Nachdem der Franzose in der ersten Saison die Liga quasi nach Belieben dominierte, konnten sich die gegnerischen Defensivreihen in den folgenden Jahren immer besser auf seine Spielweise einstellen. Bereits in der nächsten Saison sah er sich zwei oder gar drei gegnerischen Bewachern gegenüber.

Durch den Transfer von Robben wurde dieses taktische Konzept hinfällig. Wenn sich der Gegner weiterhin nur auf die Seite von Ribéry konzentrierte, wurde er gnadenlos vom Holländer auf der anderen Seite bestraft. Somit war für beide Spieler mehr Handlungsspielraum gegeben.

Die Top-Klubs lockten den Franzosen

War der Ribéry-Transfer schon enorm wichtig, so war seine Vertragsverlängerung bei Bayern 2010 für fünf weitere Jahre ein Zeichen an die internationale Konkurrenz. Bereits nach seiner ersten überragenden Saison im rot-weißen Dress wurde der Mittelfeldmann von allen europäischen Topklubs gejagt. Er selbst gab in mehreren Interviews zu, dass er sich den Verein aussuchen könne. „2008 oder 2009 wollten mich alle großen Klubs haben, Juventus, Inter, Milan, Barca, Real, Chelsea, Manchester. Natürlich habe ich über einen Wechsel nachgedacht“, sollte Ribéry später zu Protokoll geben.

Doch am Ende blieb er bei Bayern und verfestigte somit deren Stand als Verein, der keinen Spieler mehr verkaufen muss. Dies war gerade nach dem schmerzhaften Abgang von Michael Ballack 2006 ein großer Wendepunkt. Auch war man auf das Geld der großen Vereine nicht weiter angewiesen. Der Status eines Ausbildungsvereins auf hohem Niveau, mit dem zum Beispiel Borussia Dortmund heute noch zu kämpfen hat, war endgültig abgelegt.

Sicherlich kam den Münchnern hierbei auch das enge Verhältnis von Ribéry und Hoeneß zugute. Ein Verhältnis, das auch Krisen, wie Ribérys Affäre mit einer minderjährigen Prostituierten, überlebte. Die Rückendeckung, die der Franzose für seine Eskapaden abseits des Platzes erhielt, spielte hier eine entscheidende Rolle.

Der weitere Verlauf ist uns allen bekannt. Mit Franck Ribéry gewann Bayern insgesamt sieben deutsche Meistertitel, davon fünf seit 2013. Das Jahr 2013 war dabei sicherlich das erfolgreichste. Neben dem Triple mit dem Verein, gewann Ribéry die Auszeichnung Europas Fußballer des Jahres. Der erste individuelle Titel für einen Bayern-Spieler seit Stefan Effenberg 2001, der einen Vorläufer der gleichen Trophäe holte.

Nächstes Jahr geht Ribéry nun in seine elfte Saison für die Münchner und ist somit dienstältester Spieler des Profikaders. Mit dem anstehenden Ende seiner Vertragslaufzeit könnte es auch seine letzte Saison werden.

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