Rekord-Bayern! Bayern schlagen die Spurs 3:1
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Hansi Flick musste eine Gewissensfrage beantworten: Mit dem bereits feststehenden Gruppensieg konnte er im abschließenden Gruppenspiel gegen die nun von José Mourinho trainierten Spurs etwas völlig Neues, vielleicht gar Wildes ausprobieren. Andererseits gab es nach zuletzt zwei verlorenen Bundesligaspielen auch Argumente dafür mit der allerbesten Startelf zu beginnen um mit einem vielleicht krachenden Statement die Wende herbeizuführen.
Es kam eine Mischung aus beidem: Obwohl nur ein Tor entfernt von der Einstellung von Cristiano Ronaldos Rekord der erzielten Tore in der Gruppenphase der Champions League, saß Robert Lewandowski zunächst auf der Bank, sodass Serge Gnabry im Sturmzentrum startete. Auf den Außenbahnen begannen die zuletzt schwächelnden Kingsley Coman und Ivan Perišić. Zudem schickte Flick erstmals ein vollkommen auf das spielerische abzielende Mittelfeld ins Feld mit dem Dreiergespann aus Kimmich, Thiago und Coutinho. Die Abwehr bildeten Boateng, Martínez, Pavard und Davies.
José Mourinho ließ in seinem 4-2-3-1 viele Stammkräfte nicht spielen, übrig blieben von den bekannteren Spielern Eriksen, Lucas Moura, Alderweireld, Dier und Rose.
1. Halbzeit
Das Spiel plätscherte zu Beginn vor sich hin und es fehlte merklich die Wichtigkeit. Nach und nach setzte sich Bayern jedoch in der Hälfte der Spurs fest und erzielte in der 14. Minute mit der zweiten Chance das Führungstor. Serge Gnabry bekam tief den Ball und lief auf die Kette Tottenhams zu, kurz vor dem Strafraum wurde sein für Coutinho gedachter Pass von Moussa Sissoko abgefälscht und landete perfekt vor den Füßen Kingsley Comans. Der Franzose bewahrte vor Gazzaniga einen kühlen Kopf und erzielte die 1:0-Führung.
Der Vorsprung hielt jedoch nur wenige Minuten, denn Tottenham gelang in der 20. Minute der Ausgleich. Bei einem Einwurf tief in der Hälfte Bayerns waren die Münchner zwar mit vielen Spielern hinter dem Ball, es fehlte jedoch etwas der Zugriff. Lo Celso gelang zentral an den Ball und passte tief in den Strafraum Bayerns. Eigentlich hätte dieser sein Ziel verfehlt, doch Boateng fälschte den Ball vor die Füße Sessegnons ab, der Neuer aus spitzem Winkel mit einem sehr festen Schuss überwand.
Der Torschütze Kingsley Coman knickte ohne Einwirkung eines gegnerischen Spielers unglücklich um und verdrehte sich dabei möglicherweise das Knie. Der Schock war dem Trainerteam und den Mitspielern angesichts der Verletzungshistorie des Franzosen anzusehen. Coman betrat das Feld nicht mehr und wurde in der 27. Minute durch Thomas Müller ersetzt.
Das Spiel köchelte mit einigen Halbchancen auf beiden Seiten die nächsten 15 Minuten vor sich hin. Großchancen gab es jedoch bis kurz vor Ende der Halbzeit keine mehr. Kurz vor Ende der regulären Spielzeit flankte Davies ziellos in die Mitte, wo Rose den Ball zu Gnabry köpfte. Gnabry nutzte Thiago für einen Doppelpass und legte quer auf den nach innen sprintenden Davies. Der Kanadier schoss gegen den linken Pfosten, von wo aus die Kugel direkt vor das Tor und dort vor die Füße Müllers abprallte. Müller stand -wie so oft schon- goldrichtig, beförderte den Ball ins Tor und zog mit Didier Drogba in der ewigen Liste der Champions-League-Torschützen gleich (45.).
Kurz darauf erhöhte Coutinho mit einem fast perfekten Weitschuss noch beinahe auf 3:1, doch Gazzaniga konnte den Ball noch leicht an die Querlatte ablenken. So gingen die Teams mit einem 2:1 in die Kabine.
2. Halbzeit
Ohne weitere Wechsel kamen die Mannschaften aus der Kabine. Das aufregende Finish der ersten Halbzeit entpuppte sich als Strohfeuer. Das Spiel ging wieder in den Modus der zweiten Hälfte der ersten Halbzeit über. Bayern war mehr am Spiel und der Offensive interessiert, ohne sich jedoch klare Torchancen herauszuspielen.
Nach einigen guten, aber nicht erfolgreichen Weitschüssen, fand Coutinho in der 64. Minute endlich sein Glück. Halblinks kurz vor dem Strafraum gelang er an den Ball, wo er eine Lücke zwischen den Verteidigern sah und den Ball rechts unten neben dem Pfosten im Tor platzierte. Mourinho erhöhte nun die Anzahl der für deutsche Zuschauer bekannten Spieler indem er unter anderem Son brachte.
Kurz vor Schluss brachte Hansi Flick In der 86. Minute noch Joshua Zirkzee und seltsamerweise auch Leon Goretzka für Ivan Perišić und Javi Martínez. Wieso gerade der deutsche Nationalspieler diese fünf Minuten bekam und nicht Rekordjäger Lewandowski oder ein Talent, erschien rätselhaft. In der Nachspielzeit konnte sich Manuel Neuer noch einmal auszeichnen, Son rannte blitzschnell seinen Verteidigern weg, scheiterte aus halblinker Position aber alleine an Neuers linkem Bein. So endete das Spiel 3:1 und Bayern wurde die erste deutsche Mannschaft, die alle sechs Champions-League-Gruppenspielen gewinnen konnte.
Dinge, die auffielen
1. Nichts gewonnen, aber Coman verloren
Spielerverletzungen sind immer bitter, erst Recht wenn es um die so genannte “Goldene Ananas” geht. Noch ist nicht klar, wie die Diagnose für Kingsley Coman aussieht, doch sah es extrem schlimm aus. Das Saisonaus dürfte keine Überraschung sein. Für ihn und seine weitere Karriere ist das angesichts seiner Verletzungsakte ein Drama, den FC Bayern stellt es vor eine echte Aufgabe.
Zwar spielte der Franzose in den letzten Wochen nicht immer, doch hatte das weniger damit zu tun, dass andere Spieler stärker waren, als mehr mit der durchwachsenen Form Comans. Angedacht war er als absoluter Schlüsselspieler.
Ob Ivan Perišićs Qualitäten wirklich ausreichen, um Woche für Woche Bayern mit zu prägen, dürfte zu bezweifeln sein. Auch Thomas Müller wird demnächst wohl wieder mehr Spiele auf der ungeliebten rechten Außenbahn bestreiten.
2. Thiago & Coutinho machen sich
Nach einer guten und einer weniger guten Halbzeit, machte Thiago gegen Tottenham ein konstant gutes Spiel. Letzte Saison mag so eine Leistung noch selbstverständlich gewesen sein, heute ist sie Teil seiner Rückkehr zu alter Stärke. Er unterstütze den Spielaufbau, rannte defensiv die Löcher zu und half seinen Innenverteidigern gegen Tottenhams flinke Stürmer. Dazu war er auch im letzten Drittel präsent, rückte beim Pressing auf und hielt Bayerns Passspiel am Leben wie beim 2:1.
Etwas weniger rosarot war es trotz seines Tores für Coutinho. Zwar kann er individuell starke Zahlen präsentieren, wie fünf gewonnene Dribblings bei acht Versuchen, ein Tor und noch einigen weiteren aussichtsreichen Abschlüssen, doch wirkt er auf dem Feld auch dreieinhalb Monate nach seiner Leihe noch immer nicht vollends integriert ins Spiel der Bayern. Mehr als beim weniger spielenden Perišić, wirkt es, als wären seine Mitspieler von einigen seiner Aktionen noch immer überrascht. Als verstehen sie ihn nicht völlig. Selbst wenn der FC Bayern nicht plant, die Kaufoption zu ziehen, ist Hansi Flick durch die Verletzung Romans gezwungen, Coutinho mehr denn je in die Mannschaft zu integrieren.
Nichtsdestotrotz war es ein insgesamt gutes Spiel von Coutinho und Zeugnis, dass er dem FC Bayern helfen kann.
3. No Country for Old Men
Javi Martínez und Jérôme Boateng hatten diese Saison schon deutlich schwerere Gänge in die Kabine erledigen müssen. Gerade erst am Samstag verlor Bayern durch einen von Martínez verursachten unnötigen Elfmeter. Heute gab es nicht nur keine groben Fehler der beiden, es war für beide eine Leistung, auf der sie aufbauen können. Und doch kann es sein, dass sie zwar individuell gestärkt aus der Partie gegen Tottenham herausgehen, als Paar jedoch Minuspunkte sammeln mussten.
Immer wieder mussten die flinkeren Davies oder Thiago Räume zu laufen oder mit hohem Tempo Gegenspieler abdecken, weil Martínez und Boateng zwar über exzellentes defensives Raumgefühl und Stellungsspiel verfügen, aber schlicht nicht mehr hinter Lucas Moura oder Son hinterher kamen. Besonders eine Szene aus der 71. Minute blieb im Gedächtnis, als Son halbrechts zu viel Platz hatte und Gefahr lief frei vor Neuer zu kommen, Boateng sich jedoch -richtigerweise!- in die Mitte orientierte, weil er sah wie Davies mit einem Sprint Son zustellen werden würde.
Ein sich auf sein Stellungsspiel verlassender Innenverteidiger ist nicht zwangsläufig schlecht, sondern mitunter auch ein echter Vorteil, doch braucht er die Unterstützung eines schnelleren Innenverteidigerpartners. David Alaba wird auch weiterhin in der Innenverteidigung benötigt und Hansi Flick sollte sich überlegen ob er nicht vielleicht lieber Pavard in die Innenverteidigung zieht, als Boateng und Martínez nochmals gemeinsam verteidigen zu lassen.