Müde Bayern siegen im Jubiläumsspiel

Daniel Trenner 08.03.2020

Falls Ihr es verpasst habt

Die Aufstellung 

Mit neuen Kleidern zum Jubiläum bestückt, kehrte die Stammverteidigung wieder zurück, wodurch sich Joshua Kimmich zurück ins Mittelfeld an die Seite Thiagos gesellen konnte. Jérôme Boateng und Joshua Zirkee rutschten ins Team, Corentin Tolisso und Leon Goretzka beide heraus. Coutinho blieb etwas überraschend in der Mannschaft.

Martin Schmidt schickte seine Augsburger in einem 4-1-4-1 mit, und einem 4-4-2 ohne Ball auf das Feld, in vorderster Reihe spielte der sich in bestechender Form befindliche Florian Niederlechner, Alfreð Finnbogason blieb zunächst nur die Joker-Rolle. Überraschenderweise nahmen die Augsburger auch einen Torwartwechsel vor: Andreas Luthe verdrängte Tomáš Koubek auf die Bank.

1. Halbzeit

Nach der wunderschönen Choreographie zum 120. Jubiläum begann das Spiel zunächst schleppend, dem FC Augsburg gelangen sogar die ersten beiden (obgleich ungefährlichen) Torschüsse. Das Spiel der Bayern wirkte müde, ungenau. 40 Minuten lang waren Bayerns Pässe fahrig, die Intensität nicht hoch genug, erst die letzten fünf Minuten wurden besser, torlos blieb es trotzdem zur Pause, als Steinhaus direkt nach dem ersten wirklich gelungenen Angriff abpfiff.

2. Halbzeit 

Überraschenderweise ging es ohne Wechsel aus der Kabine. Zunächst sah das Spiel ähnlich zäh aus, dann fasste sich Boateng ein Herz und stellte Bayern auf die Siegerstraße. Mit einem punktgenauen Laserchippass hebelte er die komplette Augsburger Defensive aus, der durchsprintende Mülle vollendete direkt (53.).

Es wurde nun etwas besser und zielstrebiger, Zirkzee scheiterte am schon liegenden Luthe (65.) und Schmidt sah Bayerns steigernde Angriffslust und versuchte mit dem offensiven Wechsel Vargas für Max zu kontern. Daraufhin scheiterte mit Coutinho erneut ein Bayernspieler im Strafraum an Luthe und Flick brachte Goretzka für Zirkzee. Gnabry wechselte ins Angriffszentrum und verfehlte in seiner ersten Mittelstürmeraktion direkt das 2:0, als er frei vor Luthe knapp vorbeischoss (71.). Bayerns Angriffe brachen nicht ab und Augsburg unterstrich mit Finnbogason für Löwen noch mehr seine Ambitionen. Beinahe glückte dies auch, doch Neuer parierte aus 6 Metern exzellent gegen Niederlechner (80.). Flick reagierte und brachte Javi Martínez und Lucas Hernández für Coutinho und Thiago. Der Spanier verletzte sich Momente zuvor am Kopf. Hernández ging auf die Position des Linksverteidigers, Davies rückte eine Position nach vorne, Martínez spielte im Mittelfeld Wellenbrecher. Beinahe ging Bayerns Defensivfokus nicht auf, doch Finnbogasons Tor war knapp Abseits (89.), daraufhin entschied Bayern in der Nachspielzeit die Partie. Gnabry und Goretzka spielten im Strafraum einen doppelten Doppelpass, an dessen Ende Goretzka aus scharfem Winkel ins lange Eck einschoss.

Die Bayern konnten somit Leipzigs Stolperer in Wolfsburg nutzen und die Distanz auf die Dosen auf fünf Punkte vergrößern, neuer dichtester Verfolger ist Borussia Dortmund mit vier Punkten Rückstand. Nächsten Samstag wagen sich die Bayern an die Alte Försterei gegen Union und unter die Liveansicht von so manchem Miasanrot-Teammitglied.

Dinge, die auffielen

1. Müde Bayern

Am Ende der englischen Wochen und kräfteraubenden Spiele, genehmigten sich die Bayern über weite Strecken eine Pause gegen Augsburg. Offenbar dachten sie sich, dass irgendwann ein Ball schon noch ins Augsburger Tor fallen würde, anders war die erste Halbzeit kaum zu erklären. Es haperte schon an den Grundlagen des Bayern-Spiels. Die Passgenauigkeit war nicht gut, die Passschärfe selten richtig. Wo in Sinsheim noch wie selbstverständlich 70 Minuten lang jeder Laufweg gemacht wurde um die gegnerische Defensive auseinanderzuziehen, begnügten sich die Spieler gerade in der Offensive nur das absolut nötigste zu tun. Das Nötigste ist jedoch auf Bundesliganiveau nicht ausreichend, führt sogar oftmals zu reichlich sinnfreien Aktionen, wie so manche Flanke auf den 1,72 m großen Koloss Coutinho bewies. So erspielten sich die Bayern erst in der Halbzeitschlusssekunde eine ansprechende Chance und gingen zum ersten Mal in der Saison ohne einen Schuss auf das Tor in die Kabine.

2. Ein gutes Pferd springt eben nicht höher als es muss

Man muss sich nichts vormachen, in zwei Tagen erinnert sich niemand mehr an das Spiel. Es galt Leipzigs Ausrutscher auszunutzen und Dortmund auf Distanz zu halten, eben dies schaffte man auch, viel mehr wird nicht übrig bleiben. Ordentliche 20 Minuten zwischen dem 1:0 und der Einwechslung Finnbogasons reichen unter dem Strich aus. In dieser Phase spielte Bayern zwar nicht so stark wie gegen Hoffenheim oder Chelsea, doch die zuvor vermissten Grundlagen waren da. Es wurde viel zielstrebiger nach vorne gespielt, die Räume besser besetzt, es gab mehr Läufe in die Tiefe und nicht immer wurde direkt ziellos in die Mitte geflankt. Gegen einen abstiegsbedrohten Tabellenvierzehnten reicht dies aus, um sich genug Chancen herauszuspielen, dass man wiederum über die Chancenverwertung sprechen müsste, denn ein 2:0 wäre viel früher möglich gewesen.

Gewiss, unter einem Niko Kovač wurden solche Leistungen viel mehr kritisiert, doch der Unterschied ist der Kontext dieser Spiele. Das Schalke-Spiel schlug zwar ebenfalls in die selbe Kerbe, doch davor brillierte man noch über die volle Spielzeit. Nächste Woche sollte die Leistung mit sechs Tagen Pause wieder besser werden, bevor man sich mit Frankfurt und Dortmund mit anderen Kalibern messen muss. Daheim gegen Augsburg ist es sportlich jedoch auch einfach in Ordnung, die gute Form von Neuer, Boateng und Thiago bestätigt zu sehen und sich darüber hinaus, an das Spiel nur wegen der schönen Trikots und der tollen Choreographie zu erinnern.

3. Zirkzee noch kein Über-Lewandowski

Joshua Zirkzee ist eben noch kein Robert Lewandowski. Das ist natürlich eine recht offensichtliche Schlussfolgerung, immerhin war dies Zirkzees zweiter Bundesligastartelfeinsatz, während Lewandowski derzeit der vielleicht beste Fußballer der Welt ist. Grundsätzlich sind die Probleme zumeist weiter hinten zu verordnen, wenn das eigene Angriffsspiel derartig stockt und auch wenn Zirkzee für die mangelnden Tiefenläufe seiner Kollegen kaum verantwortlich ist, im Vergleich zum Lewandowski dieser Saison fehlt aber etwas. Lewandowski zeichnete sich lange Zeit in der Hinrunde dafür verantwortlich das Angriffsspiel praktisch alleine zu tragen, immer wieder sorgte er im Alleingang für Tore. Von Zirkzee kann man dies natürlich nicht verlangen, in so einem Arbeitsspiel, fällt Lewandowskis Fehlen jedoch mehr auf, als gewöhnlich. Zirkzee wollte viel, versuchte viel, doch es gelang ihm wenig. Mit dem Rücken zum Tor konnte er Bälle abschirmen, in einem brach liegenden Angriffsspiel war jedoch mehr von Nöten. Zwar kam die beste Phase eines Mittelstürmers im Spiel, als Serge Gnabry in der Sturmspitze Zirkzee ablöste, doch war dies mit der Führung im Rücken gegen ein angreifendes Augsburg auch zu erwarten. Höchstwahrscheinlich hätte er davor ähnlich viele Probleme gehabt wie Müller im Sturmzentrum gegen Schalke. Zirkzee beginnen zu lassen, war daher wahrscheinlich die richtige Lösung. Er wird an so einem Kampfspiel wachsen müssen, um dann beim nächsten Mal vielleicht noch nicht unbedingt direkt Lewandowskis Präsenz zu haben, aber um dann wenigstens die eine Chance zu nutzen, die ein Stürmer fast immer bekommt (65.).