Mit Standards gegen den Alu-Fluch – 3:1 gegen Werder

Daniel Trenner 13.03.2021

Falls Ihr es verpasst habt

Die Aufstellung 

Obwohl man unter der Woche die Beine hochlegen konnte, wechselte Hansi Flick nicht nur aus freien Stücken gleich dreimal im Vergleich zum Knüller gegen Dortmund. David Alaba musste mit einer leichten Muskelverletzung passen, sein designierter Nachfolger Lucas Hernández bekam somit (endlich) mal wieder eine Chance in der Startelf. Etwas überraschend blieb Jérôme Boateng in der Mannschaft. Benjamin Pavard kehrte zurück, somit hätte man Boateng nach dessen verletzungsbedingtem Ausscheiden noch ruhigen Gewissens pausieren können. Stattdessen blieb NIklas Sülinho auf der Bank. Sonst blieb alles beim alten, einzig auf den offensiven Außen gab es die gewohnte Rotation: Serge Gnabry rückte diesmal für Leroy Sané in die Mannschaft.

Florian Kohfeldt schickte sein Team in einem defensiven 5-2-3 auf das Feld. Mit dem Verzicht auf die großen, breiten Stoßstürmer Füllkrug und Selke, hatte es ganz den Anschein, man wolle Bayern mit den quirligen Rashica und Sargent überrumpeln.

1. Halbzeit

Keine Minute war das Spiel alt, begann es gleich mit einer Schrecksekunde: Robert Lewandowski wurde am Auge verletzt und musste behandelt werden. Nach fünf Minuten Unterzahl kehrte der Torjäger auf das Feld zurück. Werder Bremen nutze diese Zeit um mit viel Ballbesitz gut ins Spiel zu kommen. Mit Lewandowskis Rückkehr arbeiteten sich die Bayern jedoch sukzessive besser in die Partie hinein.

Werder Bremen hielt trotzdem ansprechend dagegen, den Ruf in den letzten Wochen radikalen Antifußball gespielt zu haben, konnten sie gegen Bayern nicht bestätigen. Da war es aus Bremer Sicht gleich doppelt bitter wie das erste Gegentor fiel. Kimmich brachte eine Ecke scharf in die Mitte, Müller verlängerte mit dem Kopf und am Elfmeterpunkt war Goretzka sträflich frei, 1:0 (22.).

Das Tor tat den Bremern gar nicht gut, die nun immer passiver wurden. Die Bayern konnten das offenbar spüren und erhöhten den Druck, kamen dazu nun immer besser mit dem durchnässten Platz zurecht. Nur logisch, dass so auch das zweite Tor fiel. Nach einem Ballgewinn in der gegnerischen Hälfte konnte Kimmich den Ball hoch auf Thomas Müller lupfen, der den Ball fließend aus der Luft holte und überragend direkt in die Schnittstelle zu Serge Gnabry legte. Gegen seinen früheren Arbeitgeber netzte dieser kompromisslos ein wie eh und je (35). Mit dem Tor überholten die Bayern auch tabellarisch Werder: Nun hatte man weniger Gegentore auf dem Konto. Mehr geschah nicht in der ersten Halbzeit. 

2. Halbzeit 

Ohne Wechsel kamen beide Mannschaften aus der Kabine. Gerade Lewandowski hatte sichtlich noch etwas vor und kam nun öfter zum Abschluss. Gleich drei absolute Superchancen ließ er liegen, traf das Aluminium doppelt (am Ende waren es insgesamt sogar drei Alu-Treffer). Beim vierten war aber auch der zuvor stark spielende Pavlenka machtlos. Nach einer Ecke fiel der Ball von Goretzkas Schulter unfreiwillig vor Lewandowskis Füße, den man frei vor dem Tor nicht bitten musste (67.). Damit ist er nun mit Klaus Fischer gleichgezogen und liegt nur noch acht Treffer hinter Gerd Müllers Allzeitrekord der 40 Tore.

In der 79. Minute wechselte dann auch Hansi Flick erstmals und das gleich vierfach. Roca, Musiala, Sané und Choupo-Moting kamen für Kimmich, Coman, Gnabry und ja, auch Lewandowski. Möglicherweise eine späte Folge der Augenverletzung.

Auch Bouna Sarr bekam noch ein paar Minuten und schaffte es gleich mit seiner ersten Aktion sich weitere Minuspunkte zu verdienen. Der Franzose vermasselte Bayerns Abseitsfalle, Sargent schoss durch, scheiterte im ersten Versuch noch an Neuer, doch den Abpraller verwandelte Füllkrug sicher.

Das war aber auch die letzte Aktion in der Partie. RaBa Leipzig muss nun morgen gegen Eintracht Frankfurt nachlegen. Am Mittwochabend empfängt der amtierende Champions-League-Sieger Lazio Rom.

Dinge, die auffielen

1. Vertauschter Coman und Gnabry

Hansi Flick bot ein überraschendes Schmankerl in der Startformation: Kingsley Coman und Serge Gnabry spielten seit Wochen oder gar Monaten erstmals seitenverkehrt – mit unterschiedlichen Resultaten. Gnabry schlich sich immer wieder in gute Abschlusspositionen und erzielte schließlich auch das 2:0. Coman jedoch zeigte einer seiner biedersten Auftritte in dieser Saison. Er dribbelte sich oft fest, spielte eindimensional. Kurzgesagt war er einfach schwach.

Möglicherweise wollte Flick mit dieser Maßnahme seinem schwächelnden Rechtsverteidiger Benjamin Pavard helfen. Gnabry sucht oft das Zentrum, wodurch Pavard an der Außenbahn festklebt, heute war es umgekehrt. Coman hielt die Linie, sodass Pavard mehr in die Mitte rücken konnte. Das Ergebnis war aber ungenügend. Zwischen Coman und Pavard keifte immer wieder eine elend große Lücke, die Bremen bespielen konnte. Mal rückte Pavard zu stark ein, mal stand er zu hoch, mal arbeitete Coman zu wenig defensiv mit. Gerade im Vergleich zu Leroy Sané eine Woche zuvor, fiel er hier ab.

Gnabrys Torausbeute in der ersten Hälfte bedeutet auf dem Papier zwar, die Maßnahme trug Früchte. Doch zeigte Gnabry auch so schon in den vergangenen Wochen eine aufsteigende Form. Überspitzt ausgedrückt könnte man sagen, dass es unnötig ist, Coman für Gnabrys Tore zu opfern. Möglicherweise sah das auch Hansi Flick so und tauschte die beiden für die zweite Halbzeit zurück.

2. Ein Künstler namens Müller

Thomas Müller wird noch immer nachgesagt, er sei ein limitierter Spieler. Schlimmer, er könne ja gar nicht Fußball spielen. Das war natürlich gerade in dieser Deutlichkeit schon vor zehn Jahren blanker Unsinn, aber im goldenen Herbst Müllers wird diese Absurdität immer und immer falscher. Mit seinen tödlichen Direktpässen muss sich Müller mittlerweile auch vor den ganz großen der Zehnerposition nicht verstecken. Beim 2:0 brillierte er dabei mit einer wunderbar fließenden Two-Touch-Bewegung. Er nimmt die Kugel perfekt mit und sieht noch in der Luft Gnabry, kaum am Boden sitzt dann auch der perfekte Pass. Würden wir über diese Aktion anders sprechen, wenn sie nicht von Müller käme?

Fest steht, dass die ehemalige hängende Spitze Müller sich zu einem recht klaren MIttelfeldspieler von Weltklasseformat entwickelt hat. Auch heute gab er wieder zwei Torvorlagen ab.

3. Standard-Spiel

Das Spiel war auf gleich zweifache Art ein Standard-Spiel. Zum einen lief es wie so oft: Greift der Gegner vorne an, schwimmen die Bayern auch gerne mal. Igelt man sich jedoch ein, wird man über kurz oder lang gefressen. So geschah es nun auch mit Werder Bremen.

In den ersten gut 15 Minuten spielten sie -obgleich teilweise in Überzahl- gut mit, bekamen viel Ballbesitz und schossen auch auf Neuers Tor. Dann verschanzten sie sich jedoch wie so viele andere Gegner immer mehr am eigenen Strafraum und luden die Bayern ein. Diese schlugen dann auch zu, und so war es um Werder geschehen.

Das geschah dann häufig über die zweite Bedeutung von Standard-Spiel: Die wortwörtliche. Der FC Bayern, oft belächelt für seine Standards, schloss heute gleich zwei von ihnen erfolgreich ab. Beide gingen gute und scharf getretene Hereingaben Joshua Kimmichs voraus, beide wurden vor dem Abschluss noch weitergeleitet. Obgleich Goretzkas “Vorlage” zum 3:0 reichlich unfreiwilliger Natur entsprungen zu sein schien.

Es bleibt zu hoffen, dass es nicht Ausnahme bleiben wird. Der FC Bayern bekommt viel zu viele Ecken zugesprochen, als dass man sie so leichtfertig verschwenden sollte, wie es die Bayern für gewöhnlich in dieser Saison handhaben.