Merkwürdiges Schauspiel um Lahm

Steffen Trenner 08.02.2017

Während Philipp Lahm vor Journalisten mitteilte, dass er die Vereinsführung darüber informiert habe seinen Vertrag nicht zu erfüllen und derzeit auch keine administrative Rolle im Verein anzustreben, verwies Präsident Hoeneß diese Nachricht vor laufenden Kameras ins Reich der Spekulation. Es sei genug Zeit die Dinge in Ruhe zu besprechen. Lahm war derweil eindeutig. Gespräche seien geführt worden. Aber jetzt sei nicht der richtige Zeitpunkt, um diesen Wechsel zu vollziehen. Ein merkwürdiges Schauspiel.

Wer genau hinhörte merkte, dass dies von Lahms Seite alles andere als eine grundsätzliche Ablehnung einer herausgehobenen Position beim FC Bayern war. Lahm hatte offenbar klare Vorstellungen für ein Engagement. Es wird in den letzten Wochen um Zeitpläne gegangen sein. Um Strukturen. Vielleicht auch schon um das weitere Personal. Lahm machte deutlich, dass er sich in einer Übergangsphase angemessen vorbereiten wollte auf die neue Führungsrolle. Auch das ist zumindest für die nahe Zukunft vom Tisch. Es muss schon ziemlich gekracht haben hinter den Kulissen. Anders ist dieser Schwenk und die mindestens ungelenke Verkündung nicht zu erklären. Es ist kein Geheimnis, dass die Gespräche zwischen Rummenigge und Lahm weit fortgeschritten waren. Dann kam Hoeneß zurück und brachte früh öffentlich andere Namen für eine Sportvorstand-Rolle ins Spiel. Schon das klang nach Machtkampf. Von allen Seiten.

Der Dienstag-Abend war eine öffentliche Eskalation, die dem FC Bayern schadet. Es geht um weit mehr als die schlechte Außendarstellung. Der öffentlich immer wieder geäußerte Wunsch von Uli Hoeneß nachfolgende Generationen in die Bayern-Führung einzubinden, kann bereits jetzt als gescheitert angesehen werden. Schon mit der Generation Kahn/Effenberg war das nicht gelungen. Lahm war so etwas wie die letzte große Hoffnung. Auch die scheint nun mindestens für die nahe Zukunft verbaut.

Es geht dabei um mehr als Folklore. Es braucht neben der gut aufgestellten wirtschaftlichen Führungsebene innovative, neue Kräfte, die den FC Bayern sportlich und strukturell fit machen für die Zukunft und gleichzeitig die Identität des Vereins verstehen, weitertragen und entwickeln. Unabhängig von Hoeneß und Rummenigge, die den Verein seit Anfang der 90er Jahre lenken. Der FC Bayern wird mit Sicherheit einen guten Sportvorstand finden. Doch der notwendige Umbruch in der Spitze wird damit abermals auf Jahre vertagt. Zudem wird der Erfolg einer ohnehin schon nicht störungsfreien Saison durch diese öffentliche Diskussion, die noch längst nicht am Ende zu sein scheint, weiter gefährdet.

Philipp Lahm ist beim medialen Spiel um Macht und Einfluss gewiss kein unbeschriebenes Blatt. Doch er hat in diesem Fall viele Argumente auf seiner Seite. Er braucht den Verein für seine berufliche Zukunft nicht. Der Verein einen wie ihn schon. Was sich am Dienstag-Abend rund um das Pokalspiel gegen den VfL Wolfsburg abspielte war eines europäischen Spitzenclubs nicht würdig. Dem Karriereende eines der besten Fußballer in der Geschichte des FC Bayern schon gar nicht.

Update

Am Mittwoch hat sich der Verein in Form einer Pressemitteilung und eines Interviews von Uli Hoeneß zum Vorgang geäußert.

Immer deutlicher wird, dass es am Ende um die konkrete Ausgestaltung von Lahms Rolle ging. Warum Vorstand und Aufsichtsrat den Bayern-Kapitän für geeignet halten eine Sportdirektor-Position auszufüllen, aber kein Vorstandsamt ist erklärungsbedürftig. Zumal sich die Aufgabenprofile nicht wirklich unterscheiden und mit Michael Reschke noch immer ein international anerkannter Experte für die Detailarbeit bereit steht.

Hätten die Münchner Verantwortlichen damit argumentiert, dass sie einen erfahrenen, gut vernetzten Sportvorstand installieren wollen, wäre das nachvollziehbar und sogar richtig. Hoeneß Verweis auf den „Berufsanfänger-Status“ passt nicht wirklich, wenn er Lahm gleichzeitig für die inhaltlich nicht weniger wichtige Sportdirektor-Rolle befürwortete. Philipp Lahm ist machtbewusst. Das hat er in seiner gesamten Karriere gezeigt. Dass er ein Vorstandsamt anstrebt, um Dinge auf Augenhöhe zu besprechen und sich anders als Nerlinger nicht von Ergebniskrisen abhängig zu machen ist nachvollziehbar. Dass Rummenigge und Dreesen genau dies sogar befürworten wie Sport1 erfahren hat, ist ebenfalls bemerkenswert.

Am Ende schließt sich eine Tür für Lahm auch wenn Rummenigge und Hoeneß betonen, dass andere Türen weiter offen bleiben. Vorstand und Aufsichtsrat sind nun umso mehr in der Verantwortung einen starken Sportvorstand zu präsentieren, der ihr Anforderungsprofil erfüllt.

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