Die Lehren aus der Niederlage gegen Porto
Drei Lehren aus der Niederlage gegen Porto:
1. Der Substanzverlust ist da
Dem FC Bayern ist es in den Spielen gegen Dortmund, Leverkusen und Frankfurt gut gelungen den enormen Aderlass im Kader zu verstecken. Spätestens das Porto-Spiel hat aber deutlich gezeigt wie groß der Substanzverlust durch die Ausfälle von Ribéry, Robben, Schweinsteiger, Benatia, Alaba und Martínez ist. Ja, der FC Bayern kann an einem guten Tag auch mit dem verbliebenen Aufgebot in Porto gewinnen. Nein, die Ballverluste von Xabi Alonso und Dante in den Anfangsminuten sowie der Patzer von Boateng vor dem 0:3 sind nicht mit den Verletzungen zu erklären. Trotzdem sind die Verletzten definitiv ein Grund warum es den Münchnern nicht gelang diese individuellen Fehler ein Stück weit aufzufangen und zumindest mit einem 2:3, 2:2 oder gar 3:3 nach München zu fahren.
Bayerns Kader wirkt ohne die aktuellen Ausfälle gerade für das Offensivspiel etwas dysfunktional zusammengestellt. Gegen das stark mannorientierte Pressing der Portugiesen wurde das besonders deutlich. Es gibt viele gute Passspieler, gute Abschlussspieler wie Lewandowski, Müller oder Götze, aber kaum einen dribbelstarken Spieler. Es ist schwer physische Mannorientierungen wie die von Porto allein durch Pässe zu umgehen, wie es bei einer Raumdeckung durch Besetzung der Halbräume häufig gelingt. Auch gedoppelt werden musste ohne Robben und Ribéry niemand, was ebenfalls dafür sorgt die Ordnung zu unterbrechen oder aufzulösen. Der einzige dem es gelang durch ein Dribbling oder ein „Auswackeln“ des Gegners Impulse zu setzen, war Thiago. Sechs erfolgreiche Dribblings standen für ihn laut whoscored.com zu Buche. Kein anderer Spieler kam auf mehr als ein erfolgreiches Dribbling. Weder Lewandowski, noch Müller, Götze oder Bernat verzeichneten überhaupt ein erfolgreiches eins gegen eins. Robben und Ribéry kamen in der bisherigen Champions League-Saison auf jeweils fünf erfolgreiche Dribblings pro 90 Minuten, die Bayern gegen Porto fehlten wie lange nicht mehr. Eigentlich immer wenn Thiago an einem Gegner vorbei kam entstand zumindest eine Situation in Strafraumnähe oder Standardsituation, weil die Absicherung im Rücken der Porto-Spieler durch die Mannorientierung fehlte. Als Thiagos Kraft im Verlauf der zweiten Hälfte spürbar nachließ, versandete auch der Großteil der Angriffsbemühungen, die nun wiederum vor allem auf Passstaffetten aufgebaut waren.
Das Spiel gegen Porto zeigte die Absurdität von Thesen wie sie Bernd Schuster vor dem Spiel vertraten. „Ohne Robben sind die Bayern sogar noch stärker“, durfte dieser allen Ernstes in der WELT behaupten. Ohne Robben fehlt dem FC Bayern einer der besten fünf Offensivspieler Europas. Ohne Ribéry und Robben wohl zwei der besten Zehn. Wie das Bayern stärker machen soll, bleibt Schusters Geheimnis.
Auch die mangelnden Wechselmöglichkeiten von der Bank machten sich durch den frühen Rückstand durch die Fehler in Porto besonders bemerkbar. Offensiv gab es bis auf den angeschlagenen Pizarro niemanden, den Guardiola hätte hineinwerfen können. 17 Torschüsse erspielten sich die Münchner in dieser Champions League-Saison pro Spiel. Gegen Porto waren es fünf. Viel zu wenig, um die individuellen Fehler in der Defensive zu kompensieren. Schon in den Spielen gegen Leverkusen (8:18 Torschüsse) und Dortmund (7:15 Torschüsse) war zu sehen, dass die Münchner durch ihre veränderte Spielweise Probleme hatten, viele Torschüsse zu kreieren. Dort fanden die Münchner Wege trotz des Substanzverlusts die Spiele zu gewinnen. Gegen Porto fand die Mannschaft diesen Weg nicht. Für das Rückspiel bleibt die Hoffnung auf eine zumindest Teil-Rückkehr von Ribéry und Schweinsteiger und darauf, dass die Mannschaft trotz des nicht mehr zu leugnenden Substanzverlusts einen Weg findet Porto mit 2:0 oder höher zu schlagen. Immerhin sind im Hinspiel keine Sperren hinzugekommen.
2. Götze wird gebraucht wie noch nie
Gerade im Anbetracht der vielen Ausfälle kommt Mario Götze in dieser Saisonphase eine Schlüsselrolle zu. Er hat potenziell genau die Qualitäten mit kurzen Antritten und Bewegungen im letzten Drittel, die Bayern gegen Porto gefehlt haben. 0 Torschüsse. Eine Torschuss-Vorlage. 0 erfolgreiche Dribblings. 80 Prozent Passquote und 30 Prozent Zweikampfquote waren das Zeugnis eines sehr schwachen Abends des Nationalspielers. Fast die Hälfte seiner 40 Pässe waren Rückpässe. Kein einziger Pass ging in den Strafraum. Nach einem Kurzauftritt gegen Dortmund, einer wechselhaften Leistung gegen Leverkusen, einer guten gegen Frankfurt also erneut ein Leistungsdämpfer für den hochveranlagten Offensivspieler, der auch in seinem zweiten Jahr trotz vieler guter Momente insgesamt einen Tick mehr Fragezeichen als Ausrufezeichen produziert. Die Kombination aus herausragenden Laufwegen, die Götze schon immer auszeichneten und vielen Fehlentscheidungen mit dem Ball war gegen Porto frappierend. Mehrfach erarbeitete sich Götze durch gute Bewegungen vielversprechende Angriffspositionen (wie die erhaltenen Pässe oben schön illustrieren), kam aber entweder nicht am Gegner vorbei oder spielte zu häufig den ungenauen Pass. Wann er den Schlag aufs Knie erlitten hat, der Guardiola in der 55. Minute zum Wechsel zwang, wurde nicht ganz klar. Eventuell muss auch die Verletzung zur Bewertung seiner Leistung am Mittwoch mit heran gezogen werden.
Fraglos wird allzu oft vergessen, dass Götze immer noch erst 22 Jahre alt ist. Drei Jahre jünger als Marco Reus. Ein Jahr jünger als Kevin de Bruyne. Franck Ribérys hatte in diesem Alter noch kein Champions League- oder Länderspiel absolviert. Gewisse Probleme mit der Konstanz sind in diesem Alter wahrscheinlich einfach normal. Trotzdem braucht Bayern ihn in dieser Phase vielleicht so sehr wie noch nie. Gegen Frankfurt waren die Ansätze im Zusammenspiel mit Thiago sehr, sehr vielversprechend. Es wird Zeit für ein Ausrufezeichen der Nummer 19 am kommenden Dienstag im Rückspiel. Es bleibt zu hoffen, dass er spielen kann.
3. Defense wins Championships
Jeweils kein Gegentor in den Spielen gegen Dortmund, Leverkusen und Frankfurt waren die Grundlage dafür, dass der FC Bayern in diesen Partien als Sieger vom Platz ging. Die Probleme im Offensivspiel wurden oben bereits ausführlich beschrieben. Umso mehr wird es auch im Rückspiel darauf ankommen, dass die Münchner die Null halten. 3,25 Tore erzielten die Münchener in dieser Champions League-Saison im Schnitt zu Hause. Bereits zwei Tore könnten am Dienstag reichen, wenn der FCB gleichzeitig die Konter der Portugiesen kontrolliert und vor allem defensiv weniger Fehler macht. Mut macht, dass es Porto jenseits der beiden haarsträubenden Ballverluste in der Anfangsphase kaum gelang Torchancen aus dem Spiel heraus zu kreieren. Eine einzige zählte die FourFourTwo-Statszone am Mittwoch. Die führte zum 3:1.
Zwar unterschlägt FourFourTwo hier die Glanzparade von Neuer in der 57. Minute, weil der „Schuss“ letztendlich von Boateng kam – trotzdem zeigt es, dass Porto jenseits der Patzer der Münchner eher wenig Torgefahr ausstrahlte. Das kann durchaus Mut machen für das Rückspiel.
Rätselhaft bleibt die Verletzung von Holger Badstuber. Der 26-Jährige scheint nach seiner Entzündung im Hüftbeuger aktuell eine Minuten-Restriktion zu haben. Zwei Minuten gegen Leverkusen, sieben Minuten gegen Frankfurt und 16 gegen Porto sprechen nicht unbedingt dafür, dass er aktuell eine Option von Beginn an sein kann. Guardiola sollte sich gut überlegen, ob nicht doch die zuletzt in unterschiedlichster Zusammensetzung gespielte Dreierkette eine gute Möglichkeit sein kann, um Porto im Rückspiel zu begegnen. Das Pressing kann so auseinandergezogen werden und Portos Konter mit Stoßstürmer Martínez können so auch mindestens so gut kontrolliert werden wie im Hinspiel. Auch die Sperren von Portos Flügelspielern Danilo und Alex Sandro könnten sich durchaus positiv für Bayern auswirken.
Es muss sehr viel zusammenpassen, damit es im Rückspiel doch noch für den Einzug ins Halbfinale reicht. Kein Gegentor in München wäre dafür mit Sicherheit eine sehr gute Grundlage.