Ex-Bayern-Spielerin Verena Schweers: „Ich bin mir sicher, dass es im Frauenfußball bald richtig losgeht“
Verena Schweers hat in ihrer Karriere viele große Spiele gespielt und gewonnen. Die ehemalige Verteidigerin ist mit dem VfL Wolfsburg zweimal Deutsche Meisterin (2013, 2014), dreimal DFB-Pokalsiegerin (2013, 2014, 2016) und zweimal Champions-League-Siegerin (2013, 2014) geworden. 2014 erzielte sie im Finale der Königsklasse an ihrem Geburtstag das wichtige 3:3 auf dem Weg zum 4:3-Erfolg über Tyresö FF.
Für die Nationalmannschaft kam Schweers auf 47 Länderspiele, in denen sie drei Tore erzielte. Sowohl für den DFB als auch bei ihren Vereinsmannschaften war die jetzt 31-Jährige stets als meinungsstarke Führungsspielerin bekannt. 2016 wechselte sie zum FC Bayern München, wo in diesem Jahr überraschend Schluss sein sollte. Im Interview mit uns erzählt sie unter anderem, warum es aus ihrer Sicht keine Verlängerung gab, wie es für sie weitergeht, was dem Frauenfußball in Deutschland aktuell fehlt und worauf es im kommenden Top-Spiel zwischen ihren Ex-Klubs in der Bundesliga ankommen wird.
Miasanrot.de: Servus, Verena! Wie geht es dir in dieser für dich immer noch neuen Phase deines Lebens?
Verena Schweers: „Mir geht es gut. Ich fühle mich auch ohne den Fußball sehr wohl und freue mich auf die anstehenden Herausforderungen.“
MSR: Du hast im Interview mit der Münchner tz gesagt, dass dich die Entscheidung des FC Bayern sehr überrascht hat, nicht mit dir zu verlängern, weil es eigentlich positive Signale gab. Das klingt nicht unbedingt nach einem harmonischen Abschied. Kannst du dir erklären, was da falsch lief?
Schweers: „Die Gespräche mit dem Klub und den Verantwortlichen liefen insgesamt sehr schleppend. Mir wurde im Januar/Februar gesagt, dass ich eine wichtige Spielerin bin, natürlich älter werde, aber grundsätzlich nichts dagegen spricht, weiterhin miteinander zu arbeiten. Dann wurden die Gespräche komisch, es wurde aus meiner Sicht widersprüchlich in der Argumentation, es hieß immer mal wieder, ‚wir überlegen noch‘, ‚es ist noch nicht final‘ etc. Schlussendlich wurde mir dann eine Woche nach Saisonende mitgeteilt, dass ich keinen Vertrag mehr bekomme. Das muss man dann irgendwann auch so hinnehmen, aber mir zeigt es auch immer wieder, wie schwierig und oberflächlich das Geschäft ist.“
MSR: Inwiefern oberflächlich?
Schweers: „Ein Beispiel: Bisher haben sich weder die Nationaltrainerin noch jemand anderes vom DFB nach der Bekanntgabe meines Karriereendes bei mir gemeldet. Ich habe fast 50 Länderspiele gemacht, da könnte man mehr erwarten. Aber wahrscheinlich ist es so wie überall, man ist für eine temporäre Zeit Teil von etwas und danach sind andere dann Teil dessen. Es gibt viel mehr Spielerinnen, die dich ersetzen können. Es geht mir da auch überhaupt nicht um mich persönlich. Ich finde einen guten Austausch auf Augenhöhe und mit Respekt wichtig. Das, was Menschen von mir erwarten können, wünsche ich mir natürlich auch von anderen. Respektvoller Umgang miteinander gehört für mich dazu, da geht es für mich ums menschliche Miteinander.“
„Es ist besser, wenn du die gleichen Meinungen mit den Verantwortlichen teilst“
MSR: Nochmal zurück zum FC Bayern: Woran könnte es gelegen haben, dass es am Ende nicht so lief, wie du Anfang des Jahres dachtest?
Schweers: „Wenn alles super läuft und man sich gut versteht, dann gibt es keine Probleme. Aber sobald man dann versucht, mal eine andere Meinung mit einzubringen, beispielsweise unterschiedliche Aspekte zu Themen wie Wertschätzung, Akzeptanz oder generell zum Respekt, dann kann es auch mal schwierig werden. Mir war es immer wichtig, dass wir uns aus der Frauenabteilung für den Frauenfußball im Gesamtklub einsetzen und kämpfen. Eigentlich haben alle das gleiche Gefühl und wollen den Frauenfußball und die Mannschaft voranbringen. Am Ende stehen aber oft die Einzelinteressen vor dem Gesamterfolg. Ich war immer Stammspielerin und Führungsspielerin beim FC Bayern, habe die Mannschaft in den wichtigen Spielen gegen Barcelona vor anderthalb Jahren als Ersatzkapitänin aufs Feld geführt. Warum so etwas und die ganze Arbeit dann auf einmal nicht mehr zählen sollten und woran es jetzt im Nachhinein gescheitert ist, das ist mir nicht klar. Nur jetzt ist es vorbei und das ist auch gut so. Ich bin nämlich viel glücklicher über das, was ich erreichen konnte, als unglücklich über das zu sein, was mal nicht geklappt hat.“
MSR: Da sprichst du einen Punkt an, den du in der tz ebenfalls schon erwähnt hattest: Sobald du deine Meinung geäußert hast, wurde es schwierig. Kannst du uns da konkrete Beispiele nennen?
Schweers: „Schlussendlich ist es sicherlich besser, wenn du eher die gleichen Meinungen mit den Verantwortlichen teilst. Aber man versucht ja auch, etwas positiv für den Frauenfußball zu entwickeln und sich dafür einzusetzen, dass Dinge besser werden. Ich finde – und damit fahre ich im Leben auch sehr gut – nur wenn man mal eine andere Meinung hat und nicht immer nur nachspricht, auch mal deutlicher wird, nur dann kann sich etwas auch wirklich verbessern und ändern.“
MSR: Du hast gesagt, dass es auch andere Angebote gab, was bei einer Spielerin mit deiner Karriere wenig verwundert. Aber hast du diese dann kategorisch ausgeschlossen, oder gab es schon auch noch Bedingungen, unter denen du deine Karriere woanders fortgeführt hättest?
Schweers: „Ich habe mich auf jeden Fall damit auseinandergesetzt, hätte aber gern noch mindestens ein Jahr beim FC Bayern gespielt. Aber ich sage auch, dass sich in den letzten Jahren meine Gedanken schon ein bisschen verlagert und verändert haben, hin zu einem normalen Leben mit ein bisschen mehr Freizeit. Ich habe auch gemerkt, dass der Körper einfach mehr Phasen zur Regeneration braucht, ich viel mehr investieren muss als noch zuvor. Es gibt natürlich viel mehr Spielerinnen auf diesem bestimmten, benötigt hohen Niveau, wodurch du leichter zu ersetzen bist. Aber ich hätte auch gerne geholfen, junge Spielerinnen aufzubauen, ich habe gerne am Ende meiner Karriere vor allem mit den jungen Mädels gearbeitet und sie unterstützt, war Patin der U-17. Grundsätzlich muss aber am Ende der Karriere das Gesamtpaket passen: Ich bin glücklich verheiratet, mein Mann arbeitet hier in einem guten Job, wir fühlen uns in München pudelwohl und wollen uns hier eine Zukunft aufbauen. Dann kam auch noch Corona. Und ich hätte alleine nach Spanien oder England gehen sollen, bei dieser Unklarheit. Das war mir dann nicht mehr wichtig genug. Ich habe einige Mädels erlebt, die vom Fußball nicht loskommen und Vertrag für Vertrag ihren Träumen hinterherlaufen. Darauf hatte ich keine Lust.“
MSR: Wie geht es jetzt bei dir weiter?
Schweers: „Bei mir soll jetzt der nächste Step ins Berufleben kommen und das war mir wichtig, da jetzt einzusteigen und das zu machen, worin ich für mich eine Zukunft sehe. Ich wollte in einer Branche starten, die zu mir passt und im Bestfall mir genauso viel Spaß macht und mich erfüllt wie der Fußball. Das habe ich als Kindergärtnerin – wenigstens für den ersten Einstieg – schon mal geschafft. Das macht mich aktuell wirklich glücklich. Dass der Fußball der einfachere, der bequemere Weg ist, ist mir schon klar. Man hat ein vernünftiges Einkommen, man hat Zeit, gute Mädels mit dem gleichen Antrieb um sich herum, und kann auch ab und zu mal vor einer ganzen Menge Menschen seine Leidenschaft teilen. Das war toll und jetzt gibt es einen neuen Abschnitt, der ist anders, aber genauso toll.“
(Photo by Michael Regan/Getty Images)
„Bin mir sicher, dass FC Bayern Frauenfußball stark auf der Agenda hat“
MSR: Dadurch, dass der Frauenfußball längst nicht so professionalisiert ist wie der Männerfußball, ist es wahrscheinlich nochmal wichtiger, sich ein zweites Standbein aufzubauen, oder?
Schweers: „Auf jeden Fall und das wissen auch die meisten Spielerinnen, da sind alle hinterher, weil es ohne ein zweites Standbein nicht geht. Der Fußball ist ein geiler Lebensabschnitt, aber halt auch ein anderes Leben, das endlich ist. Bei uns im Frauenfußball, oder auch in anderen Sportarten, da sind die meisten Sportlerinnen und Sportler reflektiert genug um zu wissen, dass es schnell vorbei sein kann. Da hast du dann im Fußball als Profispielerin nicht diese finanzielle Absicherung wie beispielsweise ein Profispieler. Sehr viele Sportler müssen nach der Karriere ‚normal‘ arbeiten und die meisten, die ich kenne, finden das auch gut so. Bei mir hat sich das immer so die Waage gehalten: Ich habe in meiner Karriere immer versucht, nebenher noch zu arbeiten, zu studieren und mich auf später vorzubereiten. Mal mehr, mal weniger, aber es war mir immer sehr wichtig.“
MSR: Es macht aber schon den Anschein, dass gerade der FC Bayern sehr viel macht, um den Frauenfußball nachhaltig voran zu bringen und seine Spielerinnen dahingehend zu unterstützen. Du warst selbst vier Jahre Teil des Klubs, wie ist dein Eindruck dahingehend?
Schweers: „Da muss man differenzieren, finde ich. Man hat schon übergeordnet das Gefühl, dass da ein bisschen was ins Rollen kommt. Aber da ist noch eine ganze Menge mehr möglich. Eine größere Hürde ist, dass die Frauenabteilung in einem der größten Klubs der Welt eingegliedert ist. Hier geht es nun mal vordergründig um die Männer und auch die Jugendbereiche. Das ist ja natürlich erstmal klar und verständlich. Ich denke aber, dass der Frauenfußball dem Männerfußball nichts wegnehmen will, auch gar nicht kann. Der Frauenfußball kann den Klub aber im Generellen noch weiter vergrößern, neue Facetten einbringen. Geschichten, Gesichter und neue, andere Ziele. Da steckt aus meiner Sicht das große Potential. Dazu braucht es vor allem auch Leute, die das sehen und angehen möchten.
Man sieht halt, dass sich der Frauenfußball – speziell in anderen Ländern – weiterentwickelt hat, sowohl auf als auch vor allem neben dem Platz. Im Vergleich dazu merkt man schon, dass es dem FC Bayern aktuell noch schwerfällt, da mitzuziehen. Unsere Mädels sind aktuell Tabellenerster, sie sind ungeschlagen und noch ohne Gegentor. Konnte man das schon mal irgendwo ganz groß lesen? Ich finde, gerade der FC Bayern ist doch in der Vorreiterrolle immer sehr stark. In meiner aktiven Zeit haben wir versucht, diese Wertschätzung und Akzeptanz vom Gesamtverein zu bekommen. Dass man uns mehr sieht und wahrnimmt, uns mehr mit einbaut bei Sponsorenterminen, Merchandising, Fanartikelkatalogen – da ist noch viel mehr Potential. Abschließend aber noch ein positiver Satz dazu: Ich bin mir sicher, dass es im Frauenfußball generell bald richtig losgeht. Und ich hoffe, dass der FC Bayern seine Chance erkennt und wahrnimmt. Momentan ist es sicher auch ein bisschen der Corona-Situation geschuldet, dass es gerade andere Themen gibt, aber ich bin mir sicher, dass der Klub den Frauenfußball stark auf der Agenda hat.“
MSR: Die Konkurrenz im Ausland hast du ja schon angesprochen. Insbesondere im Vergleich zu England verliert der Frauenfußball in Deutschland zunehmend an Boden. Hat das deiner Meinung nach ausschließlich monetäre Gründe, oder gibt es da noch andere Faktoren?
Schweers: „Schlussendlich kommen wir immer auf die Punkte Wertschätzung und Akzeptanz zurück. Es geht den Spielerinnen gar nicht so sehr darum, jetzt viel mehr Geld zu verdienen. Es geht vielmehr darum, in eine Liga zu gehen, wo du das Gefühl hast, da passiert was: Da stehen der Klub und die Liga dahinter, da wird investiert, in Spielerinnen, in die Umgebung und die Entwicklung. Dann, und darum geht es am Ende, steigt auch das Niveau auf dem Platz. Da ist dann einfach guter Fußball angesagt – egal, ob Männer oder Frauen spielen. Ich glaube, genau das finden die meisten Spielerinnen super wichtig, weshalb sich viele auch für den Schritt ins Ausland entscheiden. Der nächste Punkt ist, dass für uns Spielerinnen eine Karriere eher schneller vorbei ist als bei einem Mann, weil man sich für Familie entscheidet und man vielleicht vorher noch ein bisschen was sehen oder erleben will. Wenn in England dann so viel investiert wird in allen Bereichen, dann klar, warum nicht? Und wenn der DFB da nicht hinterherkommt, ist es klar, dass es immer mehr Spielerinnen ins Ausland zieht. Da geht England voran, weil da mittlerweile zum Beispiel alle Spiele übertragen werden, aber es sind ja auch Real Madrid, Barça oder Juventus Turin – da ziehen alle mit und in Deutschland tut sich hoffentlich auch bald was.“
MSR: Ist der Abstand zwischen den Top-Mannschaften der Liga – hier Wolfsburg und die Bayern – und dem Rest ein Problem, das in diese Thematik mit reinspielt?
Schweers: „Das macht schon was aus. Spielerinnen wie Lucy Bronze zum Beispiel, die bei Lyon gespielt hat, wieder zu Manchester City zurückgewechselt ist. Ich kenne sie nicht persönlich, aber ich könnte mir vorstellen, dass ihr die Liga womöglich nicht attraktiv genug war in Frankreich. Immer nur Lyon und Paris. Auch hier in Deutschland sieht man das gerade in dieser Saison wieder mit Wolfsburg und Bayern. Teams wie Hoffenheim, Potsdam und Frankfurt, allen wird vor der Saison Potential zugesprochen, keine der drei Mannschaften konnte bisher Wolfsburg oder Bayern auch nur annährend gefährden und Spannung in der Liga erzeugen. Das ist für die Ausgeglichenheit einer Liga kein gutes Zeichen.“
MSR: Am Wochenende treffen Wolfsburg und die Bayern aufeinander. Die Ausgangsposition ist für die Münchnerinnen exzellent. Was läuft aus deiner Sicht in dieser Saison bisher besser für die Bayern als in der letzten?
Schweers: „Sie haben sich mit Sicherheit nochmal gut verstärkt, wobei ich nicht glaube, dass die Mannschaft letztes Jahr schlechter war als die jetzige. Ich glaube eher, dass man sich besser kennt, vielleicht auch das Richtige hinsichtlich Teambuilding gemacht wurde. Dass man sich viel mehr austauscht und kommuniziert, was in den letzten Jahren oft auch das Problem war. Es sind immer acht oder neun Spielerinnen vor einer Saison gegangen und das kann eine Mannschaft nur schwer stemmen. Man merkt, dass das Team untereinander intakt ist und dass es läuft. Wenn man sich untereinander gut versteht, dann macht es sich auch positiv auf dem Platz bemerkbar. Das war letzte Saison von meinem Gefühl her nicht immer so.“
MSR: Da stand auch Trainer Jens Scheuer zu Teilen sehr in der Kritik. Auch wir hatten bei Miasanrot festgestellt, dass die Mannschaft im Spiel nach vorn trotz ihrer Qualität zu limitiert agierte. Wie hast du ihn als Teil der Mannschaft erlebt?
Schweers: „Nach Tom Wörle [Thomas Wörle, Anm. d. Red.] ist mit Jens Scheuer ein neuer Trainer gekommen. Ich finde, wir haben lange Zeit nicht den Fußball gezeigt, den man sich mit dem Trainerwechsel erhofft hat und den wir auch hätten spielen können. Neben dem angesprochenen Teamgeist fehlte uns vor allem eine Struktur auf dem Platz. Mit Ausnahme vielleicht von der Zeit nach dem Lockdown, wo es gut für uns lief. Vielleicht brauchte der Trainer auch eine gewisse Zeit, um sich bei einem großen Klub wie dem FC Bayern zurechtzufinden. Dieses Jahr bin ich jedenfalls Fan der Mannschaft, ich schau es mir gerne an, sehe viele gute Spiele und guten Fußball.“
„Jetzt muss Wolfsburg auch mal ein bisschen kommen“
MSR: In dieser Saison sieht das offensiv, vor allem auch defensiv sehr gut aus. Sydney Lohmann macht da aktuell einen riesigen Unterschied. Wie erlebst du sie?
Schweers: „Syd ist eine super Spielerin mit enormem Potential. Dazu schätze ich sie als Freundin und Mensch. Ich habe schon als Mitspielerin viel in ihr gesehen und habe versucht, sie von Anfang an zu unterstützen. Es freut mich total für sie, dass sie sich in den letzten Jahren durchsetzen konnte und jetzt Stammspielerin ist. Fachlich betrachtet, ist sie defensiv super stark, sie ist robust, sie hat eine gute Technik und ist mittlerweile auch noch torgefährlich. Sie ist ein Spielertyp, den die Mannschaft unbedingt braucht. Ich finde es übrigens ein super Zeichen, dass sie längerfristig in München bleibt, sich identifiziert und man so um sie und weitere Spielerinnen ein Gerüst aufbauen kann.“
MSR: Du hast zahlreiche Spiele auf höchstem Niveau bestritten: Worauf kommt es denn jetzt am Wochenende konkret an?
Schweers: „Dass sie jetzt einfach bei sich bleiben, die Euphorie mitnehmen. Wahrscheinlich sind sie als Heimmannschaft jetzt sogar ein bisschen in der Favoritenrolle. Das an sich ist schon mal ein Verdienst der bisherigen Arbeit. Es ist jetzt nicht so, dass man Wolfsburg schlagen muss, um dran zu bleiben. Die Mädels können einen ganz wichtigen Schritt machen, müssen sich dafür auf ihr Spiel konzentrieren und sich treu bleiben. Jetzt muss Wolfsburg auch mal ein bisschen kommen und ihre Leistung in ungewohnter Situation zeigen. Die Bayern sind jetzt die Gejagten, sonst war es immer Wolfsburg. Ich habe das Gefühl, dass die Mädels in dieser Saison endlich die Chance haben. Mehr denn je.“
MSR: Warum mehr denn je?
Schweers: „Weil Wolfsburg ganz, ganz wichtige Spielerinnen verloren hat. Mit Harder, Gunnarsdottir, die gewechselt sind, Pajor, die verletzt ist, Rolfö nach ihrer Verletzung noch nicht bei 100% ist und Popp ist ja ohnehin weiterhin fraglich. Sie haben sich zwar nochmal relativ gut verstärkt mit van de Sanden und Saevik, aber es ist nicht mehr das, was sie zuvor mal waren. Generell merkt man, dass die Mannschaft im Umbruch ist. Sie sind schon gut, also nicht falsch verstehen, aber wenn du sie schlagen kannst, dann in dieser Saison.“
MSR: Dann abschließend die Frage: Gelingt den Bayern Frauen das in diesem Spiel und in dieser Saison?
Schweers: „Ich wünsche es mir auf jeden Fall. Für ‚meine‘ Mädels würde es mich freuen. Und insgesamt wünsche ich mir natürlich ein spannendes Spiel und wieder gute Werbung für unseren Fußball. Die beiden Teams können den Frauenfußball auf das nächste Level heben. Das ist insgesamt auch wichtig, aber vor allem wünsche ich mir, dass die Mädels es dieses Jahr einfach wuppen.“
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Verena Schweers für das Gespräch.
Hier geht es zu ihrem Instagram-Profil, ihrem Twitter- und ihrem Facebook-Account.
Ganz unabhängig von ihren fußballspezifischen Aussagen finde ich Verena Schweers sehr natürlich und nett. Wenn ich ein kleiner Bub wäre, würde ich mir genau so eine Kindergärtnerin wünschen – unter der Voraussetzung, dass sie nicht zu streng ist.
Inhaltlich kann ich vieles sehr gut nachvollziehen, frage mich allerdings, ob die einzelnen Themen wirklich schon bis zum Ende durchgedacht sind.
Sie wünscht sich mehr Menschlichkeit und Ehrlichkeit im Umgang miteinander, fordert aber gleichzeitig die weitere Professionalisierung der Branche.
Diese Professionalisierung wird aber andererseits den Umstand, dass auch bei den Frauen das Leistungsgefälle bereits viel zu groß ist, erfahrungsgemäß nicht verbessern.
So könnte man die Sophisterei wahrscheinlich noch fortsetzen, aber was wirklich bleibt, ist der Eindruck, dass ich sie sehr nett finde – und ich bin nicht einmal Frauen-Fußball-Fan…
Professionalisierung in eine andere Richtung gedacht.
Der Championsligasieger Wolfsburg hat einen Schnitt von schlappen 1700 Zuschauern, der FCB von knapp 700.
Da gäbe es noch einiges zu tun.
Bei Athletico gegen Barca – Frauen wohlgemerkt – kanen über 60.000.
Beim Länderspiel England-Deutschland waren 60.000 in Wembley.
Da sind wir aber noch Lichtjahre entfernt.
Bei uns ist immer noch der Frauenfußball der Ableger von den richtigen Fußballern!
Nicht Umsonst hat sich der Traditionsverein 1.FFC Frankfurt jetzt unter die Fittiche von Eintracht Frankfurt begeben.
Sehr sehr gutes, spannendes Interview. Danke Verena, das wir dieses Gespräch mit dir führen durften & du so viele Einblicke gibst!
Hallo zusammen, ich hatte ja gestern auf Twitter schon kurz auf das Interview reagiert, wollte es aber nochmal lesen und ein wenig darüber nachdenken. Es sind doch sehr viele Dinge angesprochen worden, die das Nachdenken lohnen.
Zu Beginn geht es mir wie den anderen Kommentatoren hier, Verena kommt unglaublich sympathisch und offen rüber. Ich finde klasse, wie sie sich für den Frauenfußball einsetzt, auf mögliche Fehler und Entwicklungspotential hinweist und nicht „brav danke sagt“ zu dem, was bisher erreicht wurde.
Vielleicht ist es aber auch diese Offenheit, die zu dem einen oder anderen Problem geführt hat, welches sie angesprochen hat. Witzigerweise ist das im Frauenfußball nicht anders wie im Männerfußball. Alle schwafeln rum, sie wollen mündige Spieler/innen, die mitdenken, sich äußern, Charakter haben und keine Duckmäuser. Kaum aber tritt eine Person so auf, gibt es Druck.
Vermutlich kann nicht jeder Trainer gut mit jemandem umgehen, der nicht immer „Ja“ sagt, widerspricht und womöglich den Trainer kritisiert. Vermutlich auch Jens Scheuer nicht. Die fehlende Struktur im Spiel, die Verena hier anspricht, wird sie sicherlich auch intern kritisiert haben und ob man sich damit nur Freunde macht, das weiß ich nicht. Was ich hier gut von Verena finde ist die Aussage, dass Scheuer vielleicht auch eine gewisse Eingewöhnungszeit brauchte, aktuell sieht es ja wirklich (meistens) recht gut aus, was die Mannschaft spielt. Sie könnte hier auch auch anders reagieren und nicht wenige Spieler/innen haben dies auch nach ihrem Karriereende/Abschied aus einer Mannschaft auch gemacht. Das Anerkennen, dass sich etwas geändert, verbessert hat bekommt nicht jeder hin.
Wobei ich persönlich immer noch nicht von Jens Scheuer als Trainer der FCB Frauen restlos überzeugt bin. Dafür habe ich in der letzten Saison zu oft aus Verzweiflung in die Tischkante gebissen (Zitat meiner Frau: „Du regst dich bei den Frauen mehr auf, als bei den Männern!“) und auch in dieser Saison ist es immer noch manchmal zum Haare raufen, wie solche extrem guten Fußballerinnen kein Konzept nach vorne finden (nicht bekommen haben?).
Zurück zum Interview. Ich bin da ganz bei Verena, dass die FCB als Verein die Frauen mehr ins „Schaufenster“ stellen könnte. Neben echt klasse Aktionen, wie die Frauen nach gewonnener Meisterschaft zusammen mit den Männern auf dem Rathausbalkon zu präsentieren, ist es nach wie vor auch häufig so, dass man Infos zu den Frauen suchen muss. Die Hierarchie ist klar, 1. Männer, 2. Männer, dann kommt „Campus“ und dabei dann auch die Frauen. Erst langsam werden die Spielerinnen auf der Webseite, in der APP und auch bei FCB-TV präsenter. Wobei inzwischen jedes Spiel der Frauen bei FCB-TV (ja, ist kostenpflichtig) zu sehen ist, Interviews mit Spielerinnen zu sehen sind und auch in den täglichen News werden die FCB Frauen inzwischen regelmäßiger erwähnt.
Ewig gab es z.B. keine Trikots der Frauenmannschaft im Shop, überhaupt kamen die Frauen im Katalog nicht/kaum vor.
Verena hat da absolut recht, da geht viel mehr (ohne besonderen Aufwand für den FCB nebenbei) und in England geschieht dies auch. Die Traditionsvereine dort pushen ihre Frauenmannschaften extrem und das Ergebnis spricht für sich.
Professionalität die sie fordert, bedeutet m.E. auch nicht weniger Menschlichkeit und Respekt füreinander. Auch jüngere Männer (Josh Kimmich z.B.) sind da durchaus auf dem gleichen Weg und fordern bei extremer Professionalität im Männerfußball eben die dort fehlenden Tugenden ein.
Gut an dem Interview finde ich auch, dass Verena Probleme benennt, aber dabei immer fair bleibt. In ihren Formulierungen wird ihr Standpunkt deutlich und gleichzeitig auch das Hinterfragen desselben. Sie äußert keine absoluten Wahrheiten, sondern macht immer klar, es ist ihre Meinung und sie könne sich auch täuschen. Sie tritt auch nicht nach, wenn sie z.B. darauf hinweist, dass es intern in der Mannschaft Probleme gab. Jedem der genauer hingesehen hat, war das eh klar und auch hier versucht sie eher die Ursache zu verstehen, als es einfach zu kritisieren.
Zu dem DFB sage ich nix, was Verena sagt passt aber zu dem, was andere Ex-Nationalspielerinnen nach ihrer Karriere berichtet haben.
Unterm Strich ein klasse Interview, bei dem ein guter Fragensteller auf eine offene, reflektierte Person traf. Hat Spaß gemacht zu lesen, hat mich zum Nachdenken angeregt (und einige andere offensichtlich auch :-) und einige Dinge, die man nur vermutet hatte, wurden bestätigt oder auch widerlegt.
Gerne mehr in dem Stil, von den Frauen wie auch von den Männern.
Ich würde gerne zwei Anmerkungen machen, die wohl vordergründig zynisch und weltfremd wirken, aber eigentlich gar nicht so gemeint sind.
Zum einen verstehe ich nicht, warum man den Frauenfußball überhaupt pushen muss.
Die Qualität ist im Moment unzweifelhaft (noch) nicht so hoch, dass das eine breite (weltweite) mediale Präsenz rechtfertigen würde. Aber warum wäre das denn so wichtig? Als Geschäftsmodell wäre es ohne Frage für alle Beteiligten lohnender, aber der Fußball an sich funktioniert doch auch auf einem etwas bescheideneren Niveau sehr gut.
Damit hängt meine zweiter Gedanke unmittelbar zusammen: Wenn dieses bescheidenere Niveau Menschen wie Verena Schweers hervorbringt oder besser gesagt ihre ursprüngliche Persönlichkeit und Natürlichkeit nicht verdirbt, dann würde ich mich als Außenstehender ganz klar dafür aussprechen. Denn sie repräsentiert genau die Art Mensch, mit der ich gerne in unserer Gesellschaft zusammenlebe. Ohne sie persönlich zu kennen gibt sie einem das Gefühl, dass es da draußen aufgeweckte, interessierte, mitfühlende, bodenständige und verantwortungsvolle Menschen gibt – und allein schon diese Gewissheit bereichert mein Leben.
Das Gleiche kann ich von den Lewandowskis, Alabas und Götzes nicht behaupten; das soll kein Argument gegen diese Menschen sein, aber ich bezweifle sehr stark, dass die meisten erfolgreichen Männer im Profifußball sich eine ähnliche Offenheit, Natürlichkeit und Bodenständigkeit erhalten können.
Wer durch ein solches Stahlbad an Wettbewerbsdruck, öffentlicher Aufmerksamkeit, totaler Vereinnahmung und Entfremdung geht, muss sich normalerweise gegen diese Art von Offenheit, Kritikfähigkeit und Empfindsamkeit, wie Verena sie demonstriert, immunisieren; ob er sie dann nach einer (den Charakter so stark prägenden) Karriere wieder reaktivieren kann und will, halte ich für fragwürdig.
@Alain Sutter:
„aber der Fußball an sich funktioniert doch auch auf einem etwas bescheideneren Niveau sehr gut.“
Darüber ließe sich diskutieren. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Spielerinnen wie Verena Schweers das befürworten. Wer einmal so weit oben stand wie sie, wird kaum den Schritt zurück zum Amateurfußball des späten20. Jahrhunderts gehen wollen; immerhin erzielte sie in einem spektakulären CL-Finale 2014 zwischen Wolfsburg und dem schwedischen Tyresö FF (mit der mehrmaligen Weltfußballerin Marta) den zwischenzeitlichen Ausgleich zum 3:3; am Ende stand ein 4:3 für Verena Faißt und ihr Team.
Viele CL-Siege für deutsche Teams, zwei WM- und diverse EM-Titel fürs DFB-Team: daraus erwachsen Ansprüche, die sich nicht einfach abtun lassen. Die frühere Vormachtstellung in Europa und, gemeinsam mit den USA, auch weltweit, ist seit ein paar Jahren dahin, weil andere aufgeholt haben und vielleicht sogar heute einen Vorsprung haben. Das ist an sich nicht dramatisch, denn es macht die Sportart interessanter als es fortgesetzte Dauererfolge täten. Aber es liegt nahe sich anzustrengen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Die Menschlichkeit muss dabei nicht verloren gehen; sie ist auch im Amateurbereich nicht garantiert.
@Cuesco
Sportlich stimmt das natürlich alles. Aber mich fasziniert ihre persönliche Geschichte neben und nach dem Sport.
Die Möglichkeit als Semi-Profi ein duales System zu leben und sich neben dem Sport eine bürgerliche Existenz aufzubauen, insgesamt auch während der Sportkarriere in der alltäglichen Lebenswert verankert zu bleiben, seine Wertvorstellungen und Überzeugungen weiterhin im Dialog mit den Menschen, mit denen man auch aufgewachsen ist, zu entwickeln und nicht fernab in einer hermetischen Blase, die komplett auf die merkwürdigen Bedürfnisse von Profisportlern zugeschnitten ist, zu leben, all das finde ich so lobens- und erstrebenswert, eben weil ich mich in erster Linie immer für die Menschen und ihr persönliches Schicksal interessiere.
Ein breit fundiertes und ausbalanciertes Leben führt dann dazu, dass eine erfolgreiche 30-jährige Sportlerin eigentlich auf dem Zenit ihrer Schaffenskraft leichten Herzens sagt, dass wenn die Bedingungen für eine Fortsetzung ihrer Profikarriere nicht optimal und die Konstellation an sich nicht verlockend genug ist, sie lieber ihre Karriere beendet und dafür eine für sie in dieser Situation beglückende und erfüllende Anstellung als Kindergärtnerin annimmt. Das finde ich so großartig, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Verena zeigt mit diesem Entschluss ein Selbstbewusstsein und eine persönliche Stärke, vor denen ich die allergrößte Achtung habe.
Sie ist als Involvierte in der Lage, dem Fußball, den sie ja ohne Zweifel liebt und mit Leidenschaft praktiziert hat, den ihm angemessenen Platz in ihrem Leben zuzuteilen. Eine Fähigkeit, über die uns weite Teile des öffentlichen Diskurses (und ein wenig auch dein Kommentar) weismachen wollen, dass sie so weder existiert noch erwünscht ist.
PS. Man sollte sich zudem vor Augen führen, dass dieser Umstand, der in der Fußball-Branche so außerordentlich und ungewöhnlich ist, in den meisten anderen Sportarten Normalität darstellt: Im Volleyball, Hockey, Schwimmen, der Leichtathletik und eigentlich allen anderen Disziplinen ist es an der Tagesordnung, dass die Sportler zweigleisig fahren und sich bis zum Karriereende nicht nur sportlich, sondern auch menschlich so organisch und natürlich entwickeln, dass der Übergang ins bürgerliche Leben meist ziemlich problemlos verläuft, weil sie ihre Laufbahn als komplette Menschen beenden und nicht gezwungen sind, sich im Anschluss eine ’neue‘ Existenz aufzubauen – was man von exponierten Profi-Fußballern ja nicht unbedingt behaupten kann.
@Alain Sutter:
Ich gebe Dir recht, menschlich reif und ausgesprochen sympathisch ist es auf jeden Fall.
Und ja, in so vielen anderen Sportarten ist diese Kompetenz bei vielen Topathlet*innen anzutreffen. Und im Frauenfußball natürlich auch. Die Enden der Karrieren großer Spielerinnen wie Birgit Prinz oder Nadine Kessler verliefen ähnlich.
Hallo Alain,
ich versteh deine Argumente gut, trotzdem der Versuch einer Gegenrede.
In Ländern in denen der Frauenfußball „gepusht“ wurde, hat dieser eine ganz andere Stellung, wobei es vielerorts schon reichte, dass man den Frauenfußball anders als der DFB nicht verboten hat.
In den USA z.B. würde man Dich komisch ansehen wenn Du eine Aussage machst, wie: „Die Qualität ist im Moment unzweifelhaft (noch) nicht so hoch, dass das eine breite (weltweite) mediale Präsenz rechtfertigen würde.“ Dort hat der Frauenfußball ein ganz anderes Standing. Zurecht in meinen Augen und ich verstehe nicht, wieso dies in Deutschland nicht auch möglich sein soll.
Von 1992 – 2006, eigentlich eher 2010, bekam man beim Ansehen des Männerfußball ein furchtbares Gebolze zu sehn. In der Zeit wurde die Frauenmannschaft des DFB zweimal Weltmeister, x mal Europameister. Und wenn man den Frauen zusah, sah man technisch sehr guten, taktisch intelligenten Fußball. Das hat mir und vielen anderen, deutlich besser gefallen als „vorne trifft vielleicht irgendwer und hinten hilft Gott oder Ollie Kahn“ – siehe WM 2002. Das hatte mit Fußball, wie wir in heute sehen nicht viel zu tun.
Länder wie England, in denen Frauenfußball tatsächlich gepusht wird, haben auch bei den Frauen gut gefüllte Stadien. Da entwickelt sich gerade etwas, eine große Fanszene, Vereine stellen sich auf und es ist völlig normal, dass bei Arsenal oder Chelsea die Frauen die gleichen Trainingsmöglichkeiten, die gleichen Ärzte und Physio-Möglichkeiten haben wie die Männer. Mit den daraus resultierenden Ergebnissen. Deutschland hängt sich da gerade ab, vielleicht auch, weil man Deine Fragen stellt. Dieses, wofür soll das gut sein? Nicht falsch verstehen, ich verstehe Dich ja. Ich habe einfach einen völlig anderen Hintergrund als die meisten hier. Wörrstadt, wo der der erste offizielle deutsche Fußballmeister der Frauen herkam, liegt bei mir um die Ecke. dadurch war auch schon 1974 Frauenfußball bei uns in der Gegend ein Thema und man konnte mit dem Fahrrad zu Spielen düsen. Der Treffer von Bärbel Wohlleben im Endspiel 1974 um die Deutsche Meisterschaft wurde zum Tor des Monats in der Sportschau gewählt …
Auch der Männerfußball funktionierte auf bescheidenerem Niveau recht gut. Fritz Walter und Co wurden trotz fehlender Bundesliga sogar Weltmeister, das schwachsinnige Berufsspielerverbot bzw. die Krücke „Lizenzspieler“ verhinderte die WM 1966 und 1970 nicht, sorgte aber auch für den Bundesligaskandal.
Der DFB und die Vereine der Frauenbundesliga haben aktuell letztlich zwei Möglichkeiten. Weiter so, oder sich an Spanien/England/USA orientieren und das große Fass aufmachen. Wolfsburg, der FCB, womöglich Frankfurt scheinen das erkannt zu haben und beginnen die Frauen mehr zu fördern. Man kann ja nichts fördern, nichts erreichen, wenn es kein Interesse gibt, sich niemand langfristig interessiert. Vielleicht fällt es alles in 10 oder 20 Jahren auf das aktuelle Niveau herab und vielleicht hätte man dann auf Dich hören sollen, anstatt Geld zu verbrennen.
Ich höre aktuell den Podcast „11 Leben“, wo das Leben von Uli Hoeness super spannend aufgearbeitet wird. Da erfährt man dann z.B. auch, wie die Zuschauerzahlen in der Bundesliga in den 80ern aussahen. Das hat damals „kaum noch einen interessiert“, Zuschauerschnitt unter 20.000 in der Bundesliga. Wenn man sich an die WM 1982 und 1986 erinnert, weiß man warum .-)
Man hat damals die richtigen Schlüsse gezogen und wenn man damals einem Manager oder Spieler erzählt hätte, was heute in der Bundesliga normal ist, wäre man vermutlich in einer Zwangsjacke abgeführt worden.
Also, warum den Frauen nicht die gleiche Chance geben. Wir haben Marktwirtschaft und das Produkt zieht ,oder auch nicht … lass es uns probieren. Vielleicht bin ich zu sehr von den USA geprägt. In Deutschland würde man vermutlich heute noch diskutieren, ob jemand ein iPhone braucht … Steve Jobs hat beschlossen man braucht das und hat es geliefert.
Was das menschliche angeht, auch da kann ich dich gut verstehen. Hier fällt mir Widerspruch auch schwer :-)
Wobei ich tatsächlich denke, dass jemand wie Verena, die ja nun im Frauenfußball immer in einer Top-Mannschaft mit entsprechendem Druck spielte, auch bei noch mehr Druck sich als Mensch kaum verändert hätte. Auch im Männerfußball gibt es solche Typen, ich habe oben schon Josh Kimmich genannt. Der ist wie er ist und sehr reflektiert und vernünftig UND sehr menschlich.
Trotzdem bin ich da bei dir, es würde sich etwas verändern. Klar, je bekannter man wird, desto mehr muss man sich schützen.
PeWi, du hast vollkommen recht. Es beginnt in den Köpfen.
So wie du Wörrstadt kennst, kenne ich Bergisch Gladbach, was ja im Frauenfußball durchaus einen Namen hatte.
Nun kennt man das ja aus eigenen Erlebnissen. In Bergisch Gladbach wurde jedes Jahr die Meisterschaft der Grundschulen ausgespielt. Und bei der Schule, wo der Sohnemann mit in der Auswahl stand, leitete eine Frau das Training – was, eine Frau? Die Jungs , alle 9 oder 10 spielten natürlich alle im Verein und wussten selbstverständlich nicht nur alles , sondern auch alles besser – eine Frau!
Und dann kritisierte sie doch glatt bei einem der „Topstars“ seine Ballannahme und den Abschluß. Oha!
„Spiel mich mal an!“ Der „Topstar“ tat das sichtbar lustlos – dann gab es eine perfekte Ballannahme und die „Frau“ knallte den Ball volley aus 15 m in den Winkel! Dann war erstmal Totenstille. Die „Frau“ mittlerweile Mutter hatte schon 1984 mit Bergisch Gladbach das Turnier für Frauenmannschaften(Vorläufer der WM) gewonnen. Die wusste wovon sie redete und war fortan akzeptiert.
Bei diversen hochqualifizierte Verbänden funktioniert das bis heute noch nicht richtig.
Wer auf die kranke Idee kommt, den Frauen für den ersten WM-Titel als Prämie ein Kaffeeservice zu geben, zeigt doch, was er von dem Engagement der Frauen hält.
@PeWi:
Deinem Vergleich mit den Männern kann ich zustimmen für die Zeit bis etwa 2006. Danach habe ich anderes beobachtet.
Übrigens ist es auch ein für den hiesigen Frauenfußball nicht so optimistisch stimmendes Phänomen, dass es die beiden Portale nicht mehr gibt, auf denen vor Jahren noch intensiv diskutiert wurde. Um 2013 herum gab es da einen interessanten Trend: das deutsche Team, gerade zum wiederholten Male Europameister geworden, und die sportliche Leitung (sprich: Silvia Neid) wurden deutlich für mangelnde spielerische Qualität kritisiert. Dass sie im Halbfinale die starken Schwedinnen (die
auch vom heimischen Publikum kräftig
unterstützt wurden) besiegt hatten, wurde als eher unberechtigt gesehen – und als symptomatisch für eine Spielweise, die deutlich zu ergebnisorientiert sei. Das war zu diesem Zeitpunkt ein diametraler Gegensatz zu den Debatten um Löws Team. Dessen Problem war seit Jahren, dass eine über weite Strecken äußerst ansehnliche Spielweise nicht zu den erwünschten Erfolgen, sprich: Titeln führte.
Das, was man gerade nicht hat, ist eben immer das Schönste und auf jeden Fall erstrebenswert.
@Anton: Jepp, so ist es. Bergisch Gladbach, wo ja z.B. eine Silvia Neid oder Anne Trabant spielten, war auch eine große Nummer im Frauenfußball und ja, es beginnt in den Köpfen.
Ich habe im Verein nie Fußball, sondern Volleyball gespielt. Da war es völlig normal, dass es eine Männer- und eine Frauenmannschaft gab UND eine Mixedmannschaft. Und man hat da auch als Mann gelernt, was Du so schön von der Trainerin beschreibst, dass Frauen einem vielleicht körperlich unterlegen waren, dies aber durchaus durch gute Technik und Spielverständnis locker wettmachen konnten.
Das mit dem Kaffeeservice war auch so eine echte DFB Nummer … Silvia Neid musste ja auch den Männern erst beweisen, dass auch eine Frau die Bundestrainerin der Frauen sein kann. Im Ergebnis ein WM-Titel, mehrere Europameisterschaften, ein Olympiasieg und ein dritter Platz bei Olympia.
@Cuesco:
Ja, die EM 2013 war „seltsam“, vielleicht auch als Folge der vermurksten WM 2011. Trotz einer Nadine Kessler im Mittelfeld passte da einiges nicht, letztlich gewannen sie aufgrund der Leistungen von Natze Angerer und der guten Abwehr, stimmt schon! Andererseits, und das war für mich positiv, damals starteten Spielerinnen wie Leupolz, Däbritz, Lotzen (durch Verletzungen leider nicht die erwartete Karriere), in der NM, Maroszan startete durch, sprich es gab Hoffnung :-) Berechtigt, siehe Olympia 2016.
Aber ich geb zu, ich habe es ein wenig sehr positiv bzw. die Männer ein wenig sehr negativ dargestellt.
@Pe Wi
Vielen Dank für deine Rückmeldung. Ich verstehe deine Einwände sehr wohl und bringe sie in der Regel auch selbst gegen mich vor: irgendetwas mit meinen ‚animal spirits‘ scheint nicht zu stimmen – zu wenig Abenteuerlust, zu viel Pantoffel-Pfeifchen-Brombeerwein-am-Kachelofen-im-Ohrensessel-Mentalität.
Anhand deiner aktiven Volleyball-Erfahrungen kannst du aber wahrscheinlich gut nachvollziehen, worüber ich spreche.
Natürlich gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen Amateur- und Profisport; aber wenn die spezifische Logik des Fußball-Marktes sich zuerst den ganzen Profisport untertan macht und anschließend auch die Funktionsweise des Amateursports ideologisch in Frage stellt, weil dieser ganz ohne „push“ marktwirtschaftlich nur ineffektiv vor sich hinvegetiert mit erschütternd niedriger ‚Allokationseffizienz‘ und schließlich auch der gemeine Sportfan zum Christian Seiffert-Fanboy wird und sich nicht einmal mehr in seinen kühnsten Träumen vorstellen kann, dass überhaupt noch ein anderes Sportmodell existieren könnte, dann färbt das auch kontinuierlich auf andere Lebensbereiche ab, in denen zunehmend Effizienzsteigerung um jeden Preis traditionelle Konzepte, die auf Ausgleich und Mitmenschlichkeit basieren, den Rang ablaufen.
Ich schreibe das deshalb, weil mir Verena Schweers anhand des Interviews viel mehr wie eine Sportkameradin aus deinem Volleyballverein vorkommt als eine Berühmtheit aus der Fußballbranche. Das ist sehr schön, aber eher eine Ausnahme (zumindest im Männerbereich), zumal wenn die Reformation so erfolgreich weitergeht wie bisher.
Wir sollten nicht vergessen, dass der traditionelle Amateursport in sich stabil und in allerlei Aspekten den Menschen bekömmlich ist. Der Profisport, zumal das Modell Fußball, strotzt nur so vor strukturellen, wettbewerbstechnischen und sozialen Problemen unter dem Primat der Leistungs- und Nutzoptimierung.
Aber ich weiß schon: Who does he think he is, King Canute?
@Alain Sutter:
Deine idealistischen Anmerkungen erinnern mich an ein Experiment, das wir vor langer Zeit in meinem damaligen Freundeskreis machten: Basketball mit allen Freunden und Freundinnen, ohne Punkte zu zählen und irgendwelche komplexen Regeln. Ziel: schöne Spielzüge, alle mit einbeziehen, keine Fouls. Hat allen riesigen Spaß gemacht, nur einem nicht: der spielte richtig Basketball im Verein. Irgendwann ging dem die brotlose Kunst total auf die Nerven, er schnappte sich den Ball, dribbelte übers ganze Feld und versenkte den Ball humorlos im Korb. Was bei allen anderen nur Kopfschütteln auslöste: wollten wir nicht zusammen spielen? Zwei Welten, die eben nur schwer zueinander finden.
Als Freizeitkicker habe ich einen ähnlichen Ansatz nie erlebt, da war der Ehrgeiz zumindest bei einigen doch immer enorm, und man musste auch darauf achten, dass die Knochen heil blieben. Eine gewisse Skepsis gegenüber der heilen Welt des Amateur- und Freizeitsports kann ich infolgedessen nicht verleugnen.
@Alain:
Ich verstehe gut was Du meinst. Wobei ich denke, dass Verena eh die absolute Ausnahme ist.
@Alain und @Cuesco:
Die heile Welt des Amateursports bezweifle ich auch ein wenig. Ich ging mit einem späteren Fußballprofi (Bundesliga) zur Schule und der hat uns im Sportunterricht Knoten in die Beine gespielt. Sein Ehrgeiz (und seine Fähigkeiten) waren ziemlich ohne Grenzen und ich denke nur so wird man auch wirklich erfolgreich. Ich bezweifle auch, dass Verena da anders tickt.
Bei Volleyballturnieren (Mixed) hatte ich auch gelegentlich das Vergnügen, gegen Spieler/innen bis hoch zur zweiten BL zu spielen. Gegen uns Amateure waren die immer solange „nett“, solange sie deutlich führten. Gewannen wir ein paar Punkte, war da schnell aus mit lustig und die zogen voll durch. War natürlich ein geiles Gefühl auch da mal noch einen Ball zu blocken/vom Boden zu kratzen, aber letztendlich waren das verschiedene Welten und verschiedene Motivationen. Wir wollten gewinnen UND Spaß, die wollten gewinnen und hatten nur dann Spaß …
Meine Erfahrung ist da ähnlich der von Cuesco
@ Cuesco
Du hast recht, so langsam nervt’s wirklich. Ich werde mich umgehend in die Fachliteratur einarbeiten, ein wenig Ayn Rand studieren, Biographien von Iacocca, Jobs und Musk auf der Toilette auslegen, meinen Libertarismus und Transhumanismus auf Vordermann bringen und diesen Kindergarten-Idealismus mit Stumpf und Stiel in die Tonne kippen – wenn ich dann ein bisschen vernünftiger geworden bin, melde ich mich wieder.
@Cuesco und @ Pe Wi
Ich spreche nicht davon, dass man die Sportler in ihrem Ehrgeiz zurückhalten soll – das wäre das Letzte, was ich will. Der Beste soll gewinnen und der Beste kann nie gut genug sein.
Ich wende mich ausschließlich gegen den allzu kommerzialisierten Rahmen, in dem der Sport inszeniert wird. Die Handlungshoheit geht in diesem immer stärker von äußeren Interessen gesteuerten Komplex zunehmend von den Sportler, Betreuern und Veranstaltern zu den ‚Geschäftspartnern‘ über. Denen und ihren Absichten traue ich allerdings nicht über den Weg, auch wenn sie das Produkt perfekt zu Markte tragen und so die Futtertröge, in die zunehmend mehr Interessierte ihre Schnauze stecken – Stichwort Doppelpass – kontinuierlich vergrößern.
Mein Cousin war ebenfalls Fußballprofi, der allerdings auch mit uns Nichtskönnern seinen Spaß hatte. Bei ihm war es eher das neue soziale Umfeld, das ihm allzu gut gefiel und uns aufs Gemüt schlug. Ein Anti-Verena; leider.
@Pe Wi
Meine Schwester hat einige Jahre in Undenheim gewohnt; Funfact.
@Alain Sutter:
;-))) Natürlich nervt Dein Idealismus überhaupt nicht, aber Du hast es wunderbar (selbst-)ironisch überzeichnet. Nur weniges ist trauriger, als wenn Erwachsenen nichts mehr von ihren frühen Idealen – sofern ein wohlgesonnenes Umfeld ihnen es denn erlaubte, solche zu entwickeln – übrig bleibt und diese einem sich realistisch gebenden Materialismus (im Sinne von: der Materie verhaftet sein) vollständig das Feld überlassen haben. Dass die Ideale sich im Laufe eines Lebens schon durch die Erfahrungen verwandeln, die notwendigerweise macht, wer sie zu realisieren versucht, versteht sich von selbst.
An dieser Stelle breche ich ab, denn über die Schlussfolgerungen, die sich aus dieser Bemerkung ergeben, könnte man ganze Bücher schreiben – wenn es sie nicht schon aus anderer, berufenerer Feder gäbe.
Der Amateursport in allen Bereichen hat ein riesiges Problem.
Wenn man einmal in die „Niederungen“ des Fußballs, Handballs, Basketballs, Eishockeys geht, dann stellt man immer wieder das gleiche Phänomen fest – ohne die Ehrenamtlichen geht nichts und die Kosten werden bei sinkenden Mitgliederzahlen immer höher.
Bei den sogenannten Randsportarten ist es teilweise auch aufgrund des benötigten Equipments noch schlimmer.
Das führt dann dazu, dass die Zahl der Vereine kontinuierlich abnimmt, von der damit verbundenen Nachwuchsarbeit ganz zu schweigen.
Bleiben wir bei den Mannschaftssportarten – selbst in der untersten Spielklasse kann man je nicht so einfach spielen.
Da will der Verband sein Geld, da will der Schiedsrichter sein Geld, da will die Kommune ihr Geld für Hallen und Plätze. Da braucht es Equipment, das der Verein bezahlen soll.
Der geneigte Interessent kan sich ja mal schlau machen, welche Summen so für einen Turnverein da aufgerufen werden für die Geräte, oder was eine komplette Judo-Matte so kostet.
Trikotsätze bis hin zur Ausstattung für das jeweilige Kampfgericht.
Kleines Beispiel aus der Randsportart American Football, wo schon die Ausrüstung der Spieler horrende Summen kostet, die diese selber tragen müssen.
Da schafft es eine Mannschaft in die Bundesliga aufzusteigen – Forderungen des Verbands: 1. Eine Spielstätte, die mindestens 10.000 Zuschauer fasst. Klar gibt es die, aber was die Stadt dafür an Nutzungsgebür verlangte, sprengte das Budget. 2. Eine elektronische Anzeigentafel! Und wer soll die zahlen? Und schon wurde auf den Aufstieg dankend verzichtet.
Der DFB hat vor Jahren festgelegt, dass die Vereine für Trikotwerbung einen Beitrag zahlen müssen.
Dagegen haben sich diverse Landesverbände lange gewehrt, bis ihnen mit Strafen gedroht wurde.
Diese Regelung galt für alle Mannschaften bis runter zu den Bambinis.
Die Eltern und Betreuer gingen dann bei den örtlichen Firmen Klinken putzen, um Sponsorengelder für einen Trikotsatz zu bekommen. Kein Problem, die Fa zahlt den Trikotsatz und bekommt dafür einen Werbeaufdruck.
Und der Verein zahlt dafür dann an den DFB.
In einer 100.000-Einwohner-Stadt, ist der Sportplatz auf dem sämtliche Jugendmannschaften trainieren, nach Jahrzehnten so marode, dass er dringend saniert werden müsste. Betroffen waren immerhin 15 Jugendmannschaften.
Entscheidung der Stadt: Es ist kein Geld da, der Platz wird geschlossen!
Gottseidank gab es in der Stadt einen Großindustriellen, der früher selbst in dem Verein gespielt hatte.
Dieser schaltete sich ein, kaufte der Stadt das Gelände ab und ließ dort einen Kunstrasenplatz und die entsprechenden Funktionsgebäude bauen.
Das sind aber die Ausnahmen. Vielen Vereinen gerade im Amateurbereich geht mittlerweile einfach die Luft aus.
Und dafür braucht es nicht einmal Konkurrenz von größeren Vereinen.
Danke @Anton für deinen kenntnisreichen Bericht; so wird dann aus einem abstrakten Gedanken eine realistische Momentaufnahme.
Genau aus den von dir genannten Gründen schreibe ich hier auch (manchmal gegen eine Wand des Schweigens und Unverständnisses) an; denn auch wenn ich keine Ahnung vom American Football habe, sprichst du sehr grundlegende Probleme an – und die sind zum guten Teil politisch, denn Länder, Gemeinden und Verbände machen ihre Gesetze, Verordnungen und Weisungen ja durchaus bewusst und interessenorientiert. Und wenn man dann sieht, wie ungleich manchmal Ressourcen verteilt und Privilegien gewährt werden, dann fragt man sich wirklich, für (im doppelten Sinn) wen Politik gemacht wird.
Aber es gehört ebenfalls zum Gesamtbild, dass ich persönlich viel bessere Erfahrungen gemacht habe und noch immer mache: die Gemeinde ist zuvorkommend und stellt eine wirklich günstige und brauchbare Infrastruktur zur Verfügung, Kleinsponsoren sind oft bereit auszuhelfen, Ehrenamtliche erledigen ihren Job in der Regel ohne zu murren und vor allem die Sportler selbst erwarten nicht, dass ihnen alles perfekt frei Haus geliefert wird, sondern arbeiten selbst daran mit, dass der Laden läuft. Und die Verbände muss man ab und zu auch mal Verbände sein lassen (ebenfalls im doppelten Sinn.)
Allerdings werden die Mitglieder grundsätzlich immer weniger, die Kosten höher und die Unterstützung spärlicher; das ist keine sympathische Entwicklung, vor allem wenn man sieht, wie viel Energie, Wohlwollen und auch materielle Unterstützung teilweise in den öffentlich gut sichtbaren professionellen Bereich gesteckt wird. Ein Armutszeugnis beziehungsweise eine Frage der Prioritäten.
@Alain Sutter:
„keine sympathische Entwicklung, vor allem wenn man sieht, wie viel Energie, Wohlwollen und auch materielle Unterstützung teilweise in den öffentlich gut sichtbaren professionellen Bereich gesteckt wird. Ein Armutszeugnis beziehungsweise eine Frage der Prioritäten.“
In der Tat, hier gibt es eine Schieflage. Im Fußball kann man da auch noch den Grundlagenvertrag zwischen DFL und DFB hinzurechnen.
@Alain Suter
Mal ein kleines Beispiel aus dem Profisport – nein nicht Fußball.
Seit Jahren gastiert der Biathlon-Weltcup bei uns in Ruhpolding. Und seit Jahren beschert er der Gemeinde ein sechsstelliges Minus. Die Organisation mit bis zu 1.500 Ehenamtlichen – da sind auch „Verrückte“ aus anderen Bundesländern dabei, die dafür ihren gesamten Urlaub opfern – stemmt die Gemeinde.
Ja, aber da kommen doch an den Tagen bis zu 100.000 Zuschauer, da wird doch Geld eingenommen!
Ruhpolding hat 3.500 Gästebetten – von den 10.000 Zuschauern schlafen also schon mal 6.500 auswärts und fahren mit den Shuttlebussen, die natürlich der Veranstalter Ruhpolding zahlt, in ihre Unterkünfte. Die lassen schon mal keinen Cent hier im Ort.
Die Gastronomie am Chiemgau-Center ist an eine große regionale Brauerei aus dem benachbarten Landkreis vergeben.
Die Einnahmen aus dem Ticketverkauf und den Übertragungsrechte kassieren IBU und DSB.
Die Aufwandentschädigung für die Gemeinde ist seit 2003 gleich geblieben.
Und dieses Jahr fällt der WC in Ruhpolding aus. auf die Buchungen im Wintersportort hat das keinerlei Auswirkungen. Aber der Gemeinde bleiben 300.000 € Miese erspart.
Die Chiemgauarena firmiert unter Bundesleistungszentrum Biathlon, Nordische Kombination, Langlauf und Skispringen.
Die Schanzen im Bundesleistungszentrum müssten seit Jahren eigentlich renoviert werden.
Aussage des DSV „Wenn der Ski-Club Ruhpolding mit 50.000 € in Vorleistung tritt, werden wir das mal prüfen.
Stattdessen müssen dann Skispringer wie Wellinger oder Eisenbichler statt zuhaus zu trainieren bis ins 250 km entfernte Oberstdorf fahren.
Mittlerweile mehren sich im Ort und auch im Gemeinderat die Stimmen, die sagen, wenn DSV und IBU nicht bereit sind, die Unkosten zu decken, dann sollen sie ihren Weltcub woanders machen.
Und dieses Verbandsdenken gibt es nicht nur beim Fußball.
Letztes Jahr hat der DSV mit der FIS einfach mal beschlossen, dass die Preisgelder für die Alpinrennen in Garmisch erhöht werden. Wer zahlt – na Garmisch, wer denn sonst.
Die Gemeinde hat mitgeteilt, dass sie das finanziell überfordert – hat aber weder FIS noch DSV interessiert.
Beschluß ist Beschluß!
Na gut, sagte die Gemeinde, dann werden wir als Veranstalter eben nur noch 50% der geplanten Rennen durch führen. Dann mag sich der Verband Gedanken machen, welche er denn am liebsten gestrichen hätte. Und siehe da, plötzlich war Beschluß doch nicht mehr Beschluß und wurde zurückgenommen.
Solange den diversen hohen Funktionären immer noch der eigene Geldbeutel das Wichtigste ist, wird sich nicht ändern.
Legendär waren doch die Forderungen des IOC an den Olympiakandidaten Oslo, beste Unterbringung, eigen Fahrspur zu den Sportstätten, etc. Und on Top natürlich eine Audienz beim König.
„Bei unserem König lädt man sich nicht ein! Machen sie ihre Olympiade aber nicht bei uns!“
In Inzell steht das Bundesleistungszentrum Eisschnellauf, in dem auch Weltcup und WM ausgetragen werden.
Als Inzell mit im Gespräch war für eine Olympiade in Deutschland und später eine in Österreich hat das IOC allen Ernstes gefordert, eine neue Eissporthalle zu bauen. Die alte könnte man ja als Pressezentrum nutzen.
Damit waren dann auch diese beiden Bewerbungen durch.
Wo man hinsieht, überzogene Forderungen bei möglicht großem eigenen Gewinn für die Verbände.
Danke @Anton, das ist eine Menge Information aus einer Welt, die mir so nicht bekannt war – bei uns heißen 700m hohe Hügel ‚Berge‘. Das muss ich erst mal verdauen…
@Alain alter Knabe
Nicht das Du eine Verstimmung bekommst! Wenn der Dir erstmal die Infos zu TestKapazitäten etc geigt…….
@918
Keine Sorge, ich zieh mir die Maske meistens bis über die Augen und kriege so von dem Thema kaum was mit…
@Alain:
Ich weiß, total oT … Undenheim … beliebt in Rheinhessen Ortsfremde die nach Udenheim wollen nach Undenheim zu schicken und umgekehrt ….
@ all:
Danke für die spannenden Berichte und den tollen Austausch, hab viel gelernt und viele neue Denkanstöße bekommen!
@Pe Wi:
Stimmt, das war eine spannende Diskussion; danke auch für Deine informativen Beiträge!
Ich persönlich finde Frauenfußball interessant und häufig auch ansehnlich. Wer’s nicht mag: auch okay. Fraglich nur, ob das für die anderen eine wichtige Nachricht ist. Man sollte bedenken: Männerfußball hat nun mal ca. 100 Jahre Vorsprung. Dennoch reißt einen auch da nicht jedes Spiel vom Hocker – und so manche Angewohnheiten von Spielern und Fans ebenfalls nicht unbedingt.
Gutes Interview.
Es ist natürlich immer schwer von außen zu beurteilen wie die Situation im Club ist ohne von beiden Seiten zum Thema zu hören. Aber es ist grundsätzlich schade wenn erfahrene selbstkritische Persönlichkeiten die Dinge zum Wohle des Clubs hinterfragen, das Gefühl haben abserviert zu werden.
Warum wird so jemand nicht eingebunden?
Wenn ich das richtig erinnere ist die Damenabteilung Teil der AG und untersteht dem Sportvorstand?
Irgendwie passen die persönlichen Erfahrungen irgendwie zu den letzten Vorgängen im Herrenbereich.
Nachdem Hainer ein klares Bekenntnis zum Damenfußball abgegeben hat wundere ich mich das man nicht mehr Gas gibt, sondern auch noch die Club Kapitaenin an Chelsea verliert.
Die englischen Clubs haben das Potential im Damenbereich erkannt.
In 2-3 Jahren ist diese Liga Weltmaßstab auch für die Amerikannerinnen.
Sehr gutes Interview. Perfekt. Great. Genau wie der Schwenk zum Sportdirektor. Mit dem gewinnt Bayern keinen Blumentopf. Weder die Frauen noch die Männer.
„Schlussendlich ist es sicherlich besser, wenn du eher die gleichen Meinungen mit den Verantwortlichen teilst.“
Wie viel hat Lahm damals für sein Interview gezahlt? 50 TEUR? War es dumm, was er mitzuteilen hatte?
Sowas wird nie gern gesehen. Da ist weit über den Fußball hinaus die gängige Lehre: dafür wirst du nicht bezahlt. Wer sich mal erfolgreich gegen falsche Entscheidungen von Vorgesetzten gestemmt hat, weiß, dass das eine große Ausnahme bildet und dass da vieles zusammenkommen muss. Selbstbewusstsein und gute Nerven sind notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung.
Was sie sich auf die Fahnen schreiben kann: offenbar hat sie einen Nerv getroffen, sonst hätte man sie vermutlich gewähren lassen und ihren Vertrag verlängert.
Lahm konnte man damals eben nicht so einfach wegschicken … ich stelle mir das gerade vor :-)
Wie ich schon oben schrieb, wer Widerworte gibt, der hat es schwer. Wenn dann noch ein neuer und ggf. überforderter Trainer eine Mannschaft übernimmt, wird es noch schwieriger.
Welcher Trainer hört schon gerne, dass eine Mannschaft ihr Potential nicht abruft, ihr die Struktur auf dem Platz fehlt. Also das wofür er zu 100% verantwortlich ist nicht funktioniert. Ich kann mir gut vorstellen wie „begeistert“ Scheuer über diese, nebenbei völlig zutreffende, Analyse war. Zudem war Caro Simon, die absolute Wunschspielerin von Scheuer, blöderweise für die gleiche Position in der Mannschaft wie Verena eingeplant. Ich hatte schon in der Saison befürchtet, dass dies genau so ausgeht.
Ach ja, das soll kein Scheuer-Bashing sein/werden, er hat in der aktuellen Saison einiges geändert, da passt viel mehr zueinander. Hat ja auch Verena gut analysiert. Die letzte Saison war einfach Murks. Punkt.
Betrachtet man sich einmal den gesamten Profisport, dann gibt es mittlerweile Bereiche, wo Damen und Herren auch in ihrer Entlohnung gleichgestellt sind.
Und genauso gibt es immer noch Bereiche, wo das eben nicht der Fall ist.
Und genau das führt dann dazu, dass eben viele weibliche Profis gezwungen sind, frühzeitig für das zweite Standbein zu sorgen, was ihre männlichen Kollegen eben nicht brauchen, wenn die Karriere einigermaßen verläuft.
Da gibt es auch abseits des Fußballs sehr schöne Beispiele – Paradebeispiel war lange das Skispringen.
Da springen dann Männlein wie Weiblein zum Teil von der gleichen Schanze im Weltcup.
Männer: Sieger erhält 10.000 Schweizer Franken. nach hinten dann entsprechend gestaffelt weniger bis Platz 30.
Frauen : Siegerin 2.500 SF, da reicht es dann bei der 25 gerade noch für das Abendessen.
Nicht umsonst wechseln ja gerade in Deutschland immer mehr Spielerinnen von den deutschen Topvereinen ins Ausland. Dann darf man sich aber auf lange Sicht nicht beschweren.
Wenn ich aber von Sportlerinnen verlange, dass sie die gleichen professionellen Leistungen wie die Mänder bringen, muss ich das auch gleich behandeln.
Wenn ich das Ganze nur semiprofessionell aufziehe oder aufziehen will, dann kann ich weniger investieren – aber dann auch nicht das Pofessionelle einfordern.
Und genau da liegt das Problem.
Ein deutsche Frauen-Nationalmannschaft, die Weltmeister wird, bekommt eine Erfolgsprämie, für die die Herren noch nicht mal die Trainingsjacke anziehen würden.
Wie gesagt Sportarten wie Tennis, Biathlon, Alpinski und andere zeigen dass es geht.
Und der Frauenfußball in anderen Ländern zeigt es eben auch.
[…] die Chance haben. Mehr denn je”, sagte Verena Schweers, die für beide Klubs gespielt hat, im Interview mit uns. Mit “die Mädels” meint sie die Bayern Frauen. Ihren jüngsten Ex-Klub. Im Gespräch […]
Frauenfussball…………..
Dinge,die die Welt nicht braucht :)
Deinen Kommentar braucht hier auch keiner.
Und diese Antwort auch nicht :-(
[…] die der Mannschaft auch international noch einiges zutraut – unter bestimmten Bedingungen. Schon im November hatten wir uns ausführlich mit der mehrmaligen Champions-League-Siegerin unterhal…, die aktuell regelmäßig für den Kicker über den Frauenfußball und die Bundesliga […]