Im Schnee verweht. Bayern verliert unglücklich 2:3 gegen Paris.
Falls Ihr es verpasst habt
Vor über sieben Monaten schoss Coman die Bayern zum Triumph in Lissabon. Nach einem Finale in Istanbul sieht es nach dem Hinspiel nicht aus.
Mit 2:3 verlieren die Bayern in einem kuriosen Spiel unglücklich gegen Paris. Das Halbfinale, wo Manchester City oder Borussia Dortmund warten würden, rückt damit in einige Ferne. Doch noch bleibt das Rückspiel in Paris.
Aufstellungen
Im Vergleich zum Bundesligaspiel vom Wochenende musste Hansi Flick kurzfristig auf den verletzten Marc Roca und den positiv auf Corona getesteten Serge Gnabry verzichten. Dafür waren die gegen Leipzig gesperrten Boateng und Davies zurück im Kader, mussten aber auf der Bank Platz nehmen. Flick schenkte der Startelf von Leipzig sein Vertrauen.
Auch Flicks gegenüber Mauricio Pochettino musste Verletzungs- und Corona-Ausfälle kompensieren, darunter der Ex-Münchner Juan Bernat. In der Offensive setzte Pochettino auf seine Stars Neymar, Mbappé und Di Maria, sowie Draxler.
Auf beiden Seiten standen je sechs Spieler aus der Lissabon-Final-Startelf auf dem Platz.
1. Halbzeit
Nachdem Choupo-Moting bereits in der 2. Minute auf die Latte geköpft hatte, traf Mbappé in der dritten Minute für die Gäste. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld war die Viererkette unsortiert. Süle orientierte sich an Mbappé, statt Druck auf Neymar auszuüben, so dass dieser unbedrängt einen Pass auf den kreuzenden Mbappé spielen konnte. Dessen Schuss aus kurzer Entfernung ging durch Neuers Hände und Beine ins Tor. Neymars erster Assist.
Die Bayern agierten gewohnt offensiv und erarbeiteten sich viele Chancen, teils aus dem Spiel heraus, teils nach Standards. Insgesamt schossen oder köpften neun verschiedene Spieler auf das Tor von Keylor Navas.
Doch es waren die Gäste, die in der 28. Minute erneut trafen. Nach einem Freistoß rückten die Münchner nicht konsequent heraus. Neymar chippte den Ball über die Münchner Abwehrkette und Marquinhos fand sich frei vor Neuer, wo er den Ball in Ruhe kontrollieren und verwandeln konnte. Neymars zweiter Assist.
Flick ersetze die angeschlagenen Goretzka und Süle durch Davies und Boateng. Alaba rückte für Goretzka ins Mittelfeld und Davies komplettierte die Abwehrreihe, so dass Hernandez in die Zentrale wechselte. Bayerns Viererkette damit auf insgesamt drei Positionen im Vergleich zum Spielbeginn verändert.
Der 14. Versuch der Bayern führte endlich zum Erfolg, als Choupo-Moting Pavards Halbfeldflanke mit dem Kopf zum Anschlusstreffer verwandelte.
15:2 Schüsse und laut “infogol” 2,8 zu 0,7 expected Goals für die Bayern. Viel machten die Titelverteidiger nicht falsch, und dennoch gingen sie mit einem 1:2-Rückstand in die Pause.
2. Halbzeit
Beide Teams machten dort weiter, wo sie in der ersten Halbzeit aufhörten. Die Hausherren machten Druck, und die Gäste lauerten auf Konterchancen. Nach einigen vergebenen Chancen war es die personifizierte Mentalität Thomas Müller, die nach Kimmich-Freistoß per Kopf zum 2:2 traf (60. Minute). Es war Müllers 24. Tor in einem Champions-League-KO-Spiel, nur Ronaldo, Messi und Lewandowski haben mehr geschossen.
Die Bayern drückten weiter. Als ihre Führung nur noch eine Frage der Zeit schien, spielte Paris erneut einen starken Konter. In der 68. Minute schickte Neymar Mbappé steil, den Boateng zu zögerlich stellte. Bei Mbappés platziertem Abschluss durch Boatengs Beine ins kurze Eck hatte Neuer keine Chance. Neymars dritter Assist.
Der FC Bayern gab nicht auf. Angeführt von Thomas Müller rannten sie weiter auf das Tor von Navas an. Müller selbst und vorher Alaba vergaben kurz vor Schluss gute Chancen.
Allein der Ausgleich wollte nicht mehr fallen. Am Ende halfen den Bayern 31:6 Schüsse und 4,3 zu 1,6 xG nicht. Das Spiel endete 3:2 für die Gäste aus Paris, die damit zum ersten Mal seit 1994 in München gewannen. Damals siegten sie dank eines Tores von George Weah mit 1:0 bei Trapattonis Bayern.
Bereits nächsten Dienstag haben die Bayern in Paris die Chance, die Niederlage wettzumachen. Vorher steht für die Münchner am Samstag noch ein Heimspiel gegen den FC Union Berlin auf dem Programm.
Dinge, die auffielen
1. Der Champions-League-Lauf endet
Nach seinem Amtsantritt hatte Bayern-Cheftrainer Hansi Flick die Champions League im Sturm erobert. 15 Siege und ein Unentschieden – in der Gruppenphase gegen Atletico – sind eine herausragende Bilanz. Heute fand dieser Lauf sein Ende, und Flick verlor sein erstes Champions-League-Spiel überhaupt.
Die Serie des FC Bayern ging sogar noch länger. Zuletzt unterlag man mit Trainer Niko Kovač im Achtelfinale 2018/19 gegen den FC Liverpool mit 1:3 und blieb danach 19-mal in Folge ungeschlagen.
2. Football, bloody hell
So ist Fußball. Es ist ein schwacher Trost für den FC Bayern, aber Ergebnisse, die den Spielverlauf auf den Kopf stellen, sind im Fußball nicht ungewöhnlich. Zu abhängig sind die Ergebnisse von einzelnen Ereignissen und diese wiederum von Glück, Pech und Zufall. Hier rettet die Latte, da fehlt ein Zentimeter zum Abseits, dort fehlt eine Fußspitze zum Tor.
Dass Paris mit Neymar, Mbappé und Co. zu Chancen kommt, ist kaum zu verhindern. Dass diese Superstars aus sechs Schüssen drei Tore erzielen, ist nicht die Regel, aber auch keine Sensation. Dass der FC Bayern aus 31 Schüssen nur zweimal trifft, ist ebenfalls zwar nicht normal, aber innerhalb der érwartbaren Ergebnissen. Dass beides ausgerechnet im so wichtigen Champions-Leauge-Spiel zusammenfällt, ist Pech. C’est la vie.
3. Manko der kleinen Bank
Flick begann die Partie mit sieben Spielern auf der Ersatzbank, von denen sechs inklusive Torhüter Nübel Defensivspieler sind. Einzig Musiala und Teilzeitwinger Davies waren offensive Alternativen für Flick. Nachdem Davies als Linksverteidiger eingewechselt wurde, blieb nur noch Musiala als potentieller Offensivwechsel. Flick hatte somit kaum Möglichkeiten, um taktisch oder auf Verletzungen zu reagieren. Durch die zwei verletzungsbedingten Wechsel in der ersten Halbzeit, stand Flick in der zweiten Halbzeit auch nur noch ein Wechselfenster zur Verfügung.
Der FC Bayern entschied sich letztes Jahr bewusst für einen kleinen Kader. Nicht zuletzt der funktionierende Teamgeist dürfte eine Folge hiervon sein. Bleibt das Gros des Teams fit, geht diese Wette auf. So geschehen im Sommer 2020, als der FC Bayern in Europa dominierte. Doch sobald sich einige Leistungsträger verletzten, wird die Kehrseite der Strategie sichtbar.
4. “Hol’ den Ball raus!” und gewinn’ das Rückspiel
Die Niederlage schmerzt, doch die Bayern begeisterten phasenweise und haben sich definitiv noch nicht aufgegeben. Bezeichnend für die Moral einmal mehr Lautsprecher Thomas Müller, als er Choupo-Moting nach dessen Anschlusstreffer zurief, sofort den Ball aus dem Tor zu nehmen und auf den Ausgleich zu drängen.
Doch Müller motiviert nicht nur, er dirigiert auch. Er macht präzise Ansagen und versucht, das Spiel verbal zu ordnen. “Strukturierter angreifen! Mehr über die Sechser”, so sein Kommando an die eigene Hintermannschaft in der zweiten Halbzeit.
Mit dieser Einstellung kann das Wunder von Paris klappen.