Bayern Munich's midfielder Joshua Kimmich celebrates scoring during the German first division Bundesliga football match between Hamburg SV and FC Bayern Munich in Hamburg, northern Germany, on September 24, 2016. Photo: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images)

Hamburger SV – FC Bayern München 0:1 (0:0)

Christopher Trenner 24.09.2016

Für den FC Bayern ist die Partie in Hamburg das erste Auswärtsspiel seit 15 Tagen. Der Gegner vor mehr als zwei Wochen war Schalke 04. In der Zwischenzeit gab es drei Heimspiele, die aber angesichts der Qualität des Rasens in der heimischen Allianz Arena nur bedingt ein Vorteil gewesen sind.

Falls Ihr es verpasst habt:

Carlo Ancelotti hält Wort. Bereits am Freitag auf der abschließenden Pressekonferenz kündigt der Italiener eine moderate Rotation an.

Hamburger SV gegen Bayern München, AufstellungHamburger SV vs. Bayern München, 24.09.2016, Grundformationen.

Die Folge ist ein verändertes Mittelfeld. Alonso, Vidal und Ribery sitzen zunächst auf der Bank. Hinzu gesellt sich Boateng, der erwartungsgemäß behutsam herangetastet wird. In der Startelf stehen die Neuzugänge Hummels und Sanches, sowie Kimmich und Coman. Demzufolge sitzen Boateng, Robben, Ribery, Alonso und Vidal zunächst draußen. Der Fokus liegt klar auf dem Champions-League-Spiel unter der Woche bei Atletico. Taktisch behält Ancelotti wenig überraschend das 4-3-3 System der letzten Wochen bei.

Bruno Labbadia steht vor der Partie gehörig unter Druck. Wie bereits in unserer Vorschau analysiert hat sich der Trainer der Hamburger wohl mit den Verantwortlichen überworfen. Hinzu kommt ein durchwachsener Saisonstart mit zuletzt drei verlorenen Spielen in Folge. Zu wenig für die gestiegenen Erwartungen der Hanseaten. Im Vergleich zur 0:1 Niederlage gegen den SC Freiburg verändert Labbadia aber nur auf zwei Positionen. Holtby und Bahoui beginnen anstelle von Waldschmidt und Hunt. Der ‘Stareinkauf’ vom FC Barcelona Halilovic sitzt aufgrund schlechter Trainingsleistungen nur auf der Tribüne. Die Hamburger Bank ist ebenfalls durchaus prominent besetzt mit Kostic, Lasogga, Gregoritsch und Hunt.

Das Dreier-Mittelfeld des FC Bayern staffelt sich in einer 1-2-Stellung. Thiago auf der alleinigen Sechs, Kimmich und Sanches auf der Acht. Der HSV setzt in den Anfangsminuten auf ein hohes Pressing. Da der FC Bayern ebenfalls früh und hoch anläuft, ergibt sich eine sehr hektische Anfangsphase in den ersten 15 Minuten mit vielen schnellen Ballverlusten auf beiden Seiten. Bahoui und Alaba haben je eine Torchance, wobei die Aktion des FC Bayern wegen Stürmerfouls abgepfiffen wird.

Durch das hohe Pressing der Hamburger und das fehlende Abkippen von Thiago in einigen Szenen ist der FC Bayern zu vielen langen Bällen gezwungen. Das ändert sich erst ab der 15. Minute. Der HSV steht nun tiefer und der FC Bayern kann ruhiger aufbauen. Das macht sich beinahe bezahlt. Nach einer Flanke von Coman kommt Lewandowski zum Kopfball, doch der Ball streicht nur das Tornetz von oben (18.).

Carlo Ancelotti zeigt sich durchaus kreativ in den Nuancen seiner taktischen Ausrichtung. Coman beackert phasenweise die linke bzw. rechte Außenbahn. Müller schiebt nach der Rochade bewusst Richtung Zentrum um Lücken zu reißen. Kimmich und Sanches indes können nicht genügend aus der oftmals leicht überspielten ersten Pressingreihe der Hamburger machen. Meist fehlt es an den Optionen zur Weiterleitung im offensiven Drittel.

So geht es mit nur drei Kopfballchancen für den FC Bayern in die Kabine. Die Hamburger verteidigt geschickt, wobei dem FC Bayern vor allem die Kreativität im letzten Drittel fehlt. Das Zusammenspiel zwischen Coman und Alaba ist bei weitem nicht so harmonisch, wie man es von Alaba und Ribery gewohnt ist. Allgemein leidet das gesamte Kombinationsspiel der Münchner, die auf nur 85% Passquote in der ersten Halbzeit kommen. Namentlich fallen vor allem Alaba, Müller und Lahm ab, die auf nur je 70% Passgenauigkeit kommen. Zugegebenermaßen fehlen diesen Außenspielern aber auch häufig die Passempfänger.

Der FC Bayern geht unverändert in die zweite Halbzeit, muss aber nach fünf Minuten bereits wechseln. Hummels hat kurz vor der Halbzeit einen Pferdekuss von Wood direkt aufs Knie bekommen. Er wird positionsgetreu von Boateng ersetzt.

Der FC Bayern beginnt mit einer verstärkten Asymmetrie den zweiten Durchgang. Coman nun fest auf der rechten Seite, wo er von Müller unterstützt wird. Dadurch wird gezielt die rechte Angriffsseite überladen und es ergeben sich mehr Kombinationsmöglichkeiten. Lahm und Kimmich sind viel besser in das Kombinationsspiel eingebunden. Gleichzeitig erhält Alaba viel Raum auf der ballfernen Seite.

Nach einem Eckball kommt der FC Bayern fast zur Führung, aber Adler pariert auf der Linie gegen Lewandowski. Sekunden später schickt Boateng Lewandowski steil im Strafraum, aber dieser von Spahic am Abschluss gehindert. Eine knifflige Szene im Strafraum, aber Zwayer verweigert dem Bayernstürmer den Strafstoß (60.).

Ancelotti nutzt im Anschluss daran früh seine beiden letzten Wechseloptionen. Für Sanches kommt Vidal. Für Coman Ribery (61.). Ribery steht nach wenigen Minuten bereits im Mittelpunkt, als er Nicolai Müller ins Gesicht kneift. Abermals mit Glück kommt er mit einer gelben Karte davon. Bedingt durch die Wechsel verlagern sich die Angriffe der Münchner auf die linke Seite. Alaba und Ribery spielen Chance um Chance heraus, doch die Münchner scheitern im Minutentakt an René Adler.

In einer hektischen Schlussphase mit vielen ungenauen Zuspielen und frühen Flanken in Richtung Hamburger Abwehrzentrum scheint es, als würden die Münchner den Siegtreffer verpassen. Doch schließlich spielt Thiago einen Volley-Traumpass in den Lauf von Ribery. Dieser flankt scharf nach Innen. Lewandowski und Müller verpassen, doch Kimmich steht am langen Pfosten und verwandelt zum 1:0 Siegtreffer (88.).

Ribery jubelt. (Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images)
Ribery bringt die Wende.
(Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images)

Der FC Bayern gewinnt am Ende durch den späten Treffer glücklich, aber nicht unverdient mit 1:0 in Hamburg. Mit 14 Schüssen in der zweiten Halbzeit und einer deutlichen Leistungssteigerung bleiben die Münchner auch im fünften Spiel der Saison schadlos. Der FC Bayern profitiert dabei von einer starken Bank. Boateng hat nach seiner Einwechselung mit langen diagonalen Bällen immer wieder Räume kreiert. Neun von elf Versuchen brachte er an den Mitspieler. Hinzu kam ein beherzter Auftritt von Ribery. Beides zusammen machte den Unterschied.

3 Dinge, die auffielen

1. Renato Sanches

Der erste Ballkontakt war unglücklich. Ein Rückpass gerät zu kurz und und Hamburg kommt zu einer Zwei-gegen-Zwei Situation. Namentlich Bahoui scheitert aber an Neuer. Nach dieser Schrecksekunde steigert sich Sanches und fällt durch seine Genauigkeit im Passspiel auffällig. 92% sind eine deutliche Steigerung zu den ersten Auftritten. Zudem lag sein Wert über 7% höher als der Rest der Mannschaft, wobei seine Positionierung im Raum noch immer nicht optimal ist. Das Gefühl für die Dreiecksbildung geht ihm noch phasenweise ab. Hinzu kommt, dass Sanches stellenweise noch zu lange den Ball hält. Dennoch zeigt er sich stabiler als in seinen ersten Auftritten. Er wird weiterhin seine Einsatzzeiten bekommen, doch muss sein Spiel noch schneller gestalten. Defensiv fällt Sanches zudem nicht ab. 67% seiner Zweikämpfe konnte der junge Portugiese gewinnen. Ein guter Wert für einen zentralen Mittelfeldspieler. Wobei seine Laufleistung mit 7km in 60 Minuten noch durchaus ausbaufähig ist. Kimmich hatte zu dieser Zeit schon fast 1,5km mehr auf der Uhr.

2. Abhängig von Ribery

Der FC Bayern ist weiterhin abhängig von seinen Einzelspielern. War es gegen Hertha BSC noch Ribery und Robben, die den FC Bayern auf die Siegerstraße gebracht haben, war es gegen den HSV Franck Ribery alleine. In den 30 Minuten mit Ribery erspielten sich die Münchner zehn Torschüsse. Hinzu kamen noch einige brenzlige Situationen, bei dem es beinahne zu Torabschlüssen kam.

Mit Ribery war das Spiel der Münchner risikoreicher, aber eben doch effektiver. Ribery gewann zwei Dribblings, ebenso viele wie Coman. Auch bei den einfachen Ballverlusten lagen beide bei je drei. Doch strahlt Ribery gegenwärtig mehr Gefahr aus, wie nicht zuletzt der entscheidende Assist zum 1:0 Siegtreffer zeigte. Einerseits ist es gut zu sehen, dass Robben und Ribery noch immer gut funktionieren, allerdings sind die Münchner noch zu sehr von ihnen abhängig. Erst recht, wenn es dem FC Bayern nicht gelingt ein flüssiges Kombinationsspiel aufzuziehen. Auffällig gegen Hamburg war der schwach besetzte 10er Raum. Müllers Rolle als Rechtsaußen, der nur hin und wieder in die Mitte zieht, bringt seine Stärken nicht voll zur Geltung. Hier muss Ancelotti mittelfristig eine besser Lösung finden, will er nicht zu sehr abhängig sein von seinen Flügelstars.

3. Punkte mitnehmen

Es war über weite Strecken kein gutes Spiel vom FC Bayern. Dies ist natürlich verschmerzbar, solange sie die Spiele gewinnen. Das Spiel war über weite Teilen zu statisch angelegt. Ein kleiner Rückfall nach der besseren Raumaufteilung gegen Hertha. Die Hamburger zogen die Münchner auf ihr Niveau herunter. Dennoch kann Carlo Ancelotti viel positives mitnehmen aus dieser Partie. Auch der zweite Anzug, wenn man Kimmich, Sanches und Coman so bezeichnen will, sitzt. Bis auf die Chance in der ersten Spielminute hatten die Münchner die Partie gut im Griff und ließen die Hamburger nicht zu Abschlüssen kommen. Auch wenn die Anzahl an eigenen Chancen zunächst gering waren. Positiver Nebenaspekt: Es war die vierte Partie ohne Gegentor für Manuel Neuer.

Zugleich lag der Fokus personell stark auf der Champions League Partie gegen Atletico Madrid. Hier wird es wohl am kommenden Mittwoch bereits um die Vorentscheidung in der Gruppenphase gehen. Anschließend steht ein Heimspiel an, bevor die vielen englischen Wochen enden, indem es in die nächste Länderspielpause geht. In dieser Phase, die den September, Oktober und November charakteristisch machen, geht es darum, so viele Spiele wie möglich zu gewinnen. Dies scheint Carlo Ancelotti zu gelingen, auch wenn Anpassungsprobleme in fast jedem Spiel sichtbar bleiben.

Hamburger SV – FC Bayern München 0:1 (0:0)
Hamburger SV Adler – Sakai, Djourou, Spahic, Santos – Ekdal (90. Lasogga), Jung – Müller, Holtby, Bahoui (67. Kostic – Wood (84. Gregoritsch)
Bank Mathenia, Hunt, Cleber, Ostrzolek
FC Bayern München Neuer – Lahm, Hummels (51. Boateng), Martínez, Alaba – Thiago – Renato Sanches (61. Vidal), Kimmich – Müller, Lewandowski, Coman (61. Ribery)
Bank Ulreich, Rafinha, Alonso, Robben
Tore 0:1 Kimmich (88.)
Karten Santos, Gregoritsch / Martinez, Ribery, Kimmich
Schiedsrichter Zwayer
Zuschauer 57.000 (ausverkauft)