Bayern schlägt Freiburg mit 4:1 in zähem Spiel

Daniel Trenner 02.04.2022

Falls Ihr es verpasst habt

Die Aufstellung 

Julian Nagelsmann überraschte mit Leon Goretzka in der Anfangsformation. Es war Goretzkas erster Startelfeinsatz seit dem 4. Dezember. Für ihn saß Musiala auf der Bank, auf der sich auch dessen Nationalmannschaftskollegen Gnabry und Süle sich befanden. Nach seinem guten Spiel vor der Länderspielpause durfte der junge Tanguy Nianzou sich erneut in der startenden Viererkette beweisen, die darüber hinaus exklusiv französisch war. Pavard, Upamecano und Hernández ergänzten die Kette.
Christian Streich schickte seine Mannschaft in einem defensiven 5-4-1 auf das Feld.

1. Halbzeit

Nach gut zehn recht zähen Minuten, setzte sich der FC Bayern mehr und mehr in Freiburgs Hälfte fest und wurde durch Weitschüsse und Standards gefährlich. Das war aber nur ein kleines Aufflammen, denn so schnell die Bayern so etwas wie Dominanz herzustellen vermochten, so schnell verloren sie es auch wieder. Fast den gesamten Rest der Halbzeit überzeugten die Münchener mit Statik und Ideenlosigkeit. Dementsprechend gering waren dann auch die Torchancen, ein Anbieter zählte am Ende 0,41 expected goals was eher noch übertrieben wirkte.

2. Halbzeit 

Trotzdem ging es ohne Wechsel erstmal weiter. Auch in der Formation und Spielqualität blieb man sich treu. Dass das erlösende Tor dann aus einem Standard mitsamt Torwartfehler fiel – nur logisch. Kimmich schlug einen Freistoß messerscharf ins Zentrum, Flekken stürmte heraus, doch Michael Ballack Leon Goretzka war mit dem Kopf schneller (58.).

Nagelsmann reagierte indem er den Torschützen und verblüffenderweise auch Robert Lewandowski vom Platz nahm, Tolisso und Musiala kamen. Ein Move, der sich sogleich rächen sollte, denn auch Streich griff zum Joker und der stach unmittelbar. Nach einem langen Ball ließ sich Upamecano herausziehen, Hernández und Nianzou tauschten die Position und gingen beide zu zaghaft hin und Musiala und Tolisso vermieden von vornherein den Zweikampf. All das führte dazu, dass das Phantom Nils Petersen -wer sonst?- frei im Sechszehner auftauchte und eiskalt blieb (63.).

Bayern reagierte verärgert, es fehlte in Ermangelung Lewandowskis und Choupo-Motings (Coronainfektion) eines Zielspielers. Nagelsmann änderte dies in der 73. Minute mit durchschlagendem Erfolg. Hernández bekam nach eigenem Einwurf den Ball sogleich zum Flanken zurück, im Zentrum behauptete Joker Gnabry technisch anspruchsvoll den Ball, dribbelte Schlotterbeck aus und traf eiskalt per Linksschuss. In einer durchwachsenen Saison war es Gnabrys beste Aktion seit Wochen.

In der 82. Minute fiel dann die Entscheidung. Dayot Upamecano boatengte den Ball in hohem Bogen präzise zum weit außenstehendem Coman, der Gulde mühelos abschüttelt und fest ins kurze Eck flach abschließt. Flekken war noch dran, konnte die Kugel aber nicht rausfischen.

Es folgte eine weitere Wechselorgie und mehrminütige Unterbrechung, weil offenbar irgendwo irgendetwas schief gelaufen war. Offensichtlich wurde Niklas Süle eingewechselt ohne dass Kingsley Coman das Spielfeld verließ. Scheinbar hatte der vierte Offzielle Comans alte Rückennummer angezeigt.
Schlussendlich erlaubte Christian Dingert die Partie fortzusetzen. Die Möglichkeit besteht jedoch, dass am grünen Tisch dieser Sieg mit drei Toren Vorsprung, zu einer Niederlage mit eben so vielen Treffern Rückstand verwandelt wird. Drei Tore Vorsprung, weil der leidgeplagte Marcel Sabitzer noch seinen Premierentreffer erzielen durfte. Erst scheiterte Gnabry im Eins-gegen-Eins am starken Flekken, doch Bayern blieb im Ballbesitz und im anschließenden Kuddelmuddel, bediente erneut Gnabry von der Grundlinie den freistehenden Österreicher, der nur noch einschieben musste (96.).

Ein strahlender Edel-Joker.
(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Bayern gewinnt somit (vorerst) und kann sich nun entspannt anschauen was der BVB am Abend gegen Leipzig fabriziert. Unter der Woche fliegen die Bayern zum Auswärtsspiel nach Villarreal.

Dinge, die auffielen

1. Statik unter der Viererkette

Was passiert wenn der spielmachende Sechser ständig abkippt und die Außenverteidiger sich partout weigern am Offensivspiel mitzumachen? So etwas ähnliches wie diese erste Halbzeit. Unter Nagelsmann kristallisiert sich immer mehr die Formation des 3-4-3s heraus und dieses Viererkettenexperiment dürfte des Trainers Affinität zur Dreierkette nur bestärken. Gerade das Außenverteidigerproblem gibt es in der Formation nicht, bekleiden doch oftmals Angreifer wie Coman und Gnabry diese Position.

2. Kimmich als Standard-Waffe

Heimlich still und leise hat sich der FC Bayern mit Joshua Kimmich zu einer echten Macht bei ruhenden Bällen entwickelt. Was haben nicht jahrelang wir in der Redaktion und andere Fans gekeucht wann immer sich Joshua Kimmich den Ball zu einer Ecke hinlegte. So unheimlich gut seine Flanken aus dem laufenden Spiel auch waren, kaum hatte der Schiedsrichter die Partie unterbrochen, schien Kimmich seine Fähigkeit zum Flanken zu verlieren. Doch in dieser Saison ist es anders, gerade in den letzten Wochen gab es kaum ein Spiel, wo die Bayern kein Standardtor erzielten. Gegen Hoffenheim, Leverkusen und Union klingelte es nach ruhendem Ball und auch heute versenkte Leon Goretzka eine messerscharfe Hereingabe Joshua Kimmichs.

Die Vorzüge dieser neuen Gefahr sind natürlich offenkundig. Freie Tore nimmt man gerne mit und Bayerns Offensivfokus verursacht überdurchschnittlich viele Standards. Dazu hat man auch schlicht zu viele kopfballstarke Spieler und Instinktstürmer (Müller und Gnabry) um nicht auch bei Standards gefährlich zu sein.

Vielleicht hilft der neue Coach für Standardsituationen beim DFB Kimmich, vielleicht hat aber auch er selbst dieses Manko in seinem Spiel erkannt und womöglich haben gar die vielen -nennen wir es leidenschaftlichen Rufe auf Twitter ihren Teil dazu beigetragen… wobei, nein, daran lag es sicher nicht.

Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass es immer zwei Variablen bei dieser Gleichung braucht, einen Kroos und einen Ramos. Bayerns Ramos wechselt sich immer wieder ab, zuletzt waren es mit Nianzou und Goretzka sogar zwei völlig frische Kräfte.

Übrigens kann man auch das zweite Tor dieses Tages getrost als Standardtor klassifizieren, entsteht es doch unmittelbar aus einem Einwurf.

3. Gnabry tastet sich wieder heran

Viel wurde in den letzten Wochen über Serge Gnabry geschrieben. Meist im Kontext von Vertragsgesprächen, doch auch seine Leistungsschwankungen wurden registriert. Es stimmt, der ehemals konstante Scorermotor stottert aktuell gewaltig. Das fällt umso mehr auf, weil parallel Leroy Sané und Kingsley Coman (auch heute wieder sehr gut) brillieren. Seinen Stammplatz scheint er aktuell verloren zu haben, mit Nagelsmanns Wingback-System fremdelt er. Da ist es gut, dass er sich heute wieder heranrobben konnte. Das zweite Tor macht er mit einer Einzelaktion selbst, beim vierten ist er entscheidend beteiligt. Es waren nur gut 20 Minuten Spielzeit, doch war er hier aktiver als teilweise sonst über ganze 90 Minuten. Gnabry ist ein Spieler, der wenn es mal nicht läuft gerne komplett abtaucht und vor Ballkontakten fast schon flüchtet, heute war das Gegenteil der Fall. Diese Leistung muss er natürlich noch bestätigen, aber pünktlich vor dem Champions-League-Viertelfinale meldet sich Serge Gnabry zurück – womöglich am Mittwoch sogar wieder aus der Startelf.