FC Bayern München – TSG 1899 Hoffenheim 5:2 (2:2)
Wenn man nicht richtig aufpasst, entsteht aus solchen Situationen gerne mal eine gewisse Fahrlässigkeit, aus der durchaus noch größere Probleme entstehen können.
Am Samstag-Nachmittag passte der FC Bayern auf. Aber erst nach einem Weckruf.
Falls ihr es verpasst habt:
Auf Seiten der Münchner fehlten neben dem länger verletzten Thiago, Hummels und Martínez krankheitsbedingt. Süle begann deshalb in der Innenverteidigung neben Boateng. Rudy, Tolisso und Vidal im zentralen Mittelfeld. Außen startete Coman. Ribéry zunächst nur auf der Bank.
Auf Hoffenheimer Seite reichte es bei dem nach Oberschenkelproblemen zurückkehrenden Demirbay noch nicht für einen Kaderplatz. Im Vergleich zum 1:4 gegen Leverkusen gab es nur eine Veränderung. Uth stand für Szalai in der Startelf. Damit begann auch Bayern-Leihgabe Gnabry, der kurz nach dem Anpfiff direkt im Mittelpunkt stand.
In der zweiten Minute wurde der deutsche Nationalspieler nämlich im Strafraum von Kimmich von den Beinen geholt. Den folgerichtigen Strafstoß von Gnabry parierte Ulreich zwar, hatte aber gegen den Nachschuss von Uth keine Chance.
In der Anfangsviertelstunde gelang den Münchnern gegen mutig pressende Hoffenheimer nicht viel. Gnabry dafür umso mehr. In der 12. Minute bekamen Boateng und Rudy den Ball nicht weg und ermöglichten ihrem zukünftigen Teamkollegen so einen freien Fernschuss aus etwa 25 Metern. 2:0.
Im Anschluss beschlossen die Münchner selbst auch am Spiel teilzunehmen. Das Spielgeschehen verlagerte sich zusehends in die Hälfte der Gäste. In der 20. Minute tanzte Coman Kaderabek auf dem Flügel aus, bediente dann Tolisso, der den Ball auf den nachrückenden Kimmich ablegte. Kimmichs Schuss wurde von Lewandowski ins Netz abgelenkt. 1:2.
In der Folge weiter die Bayern am Hebel mit mehreren ordentlichen Durchbrüchen auf dem Flügel. Erfolg brachte jedoch erst eine Ecke von Robben, die von Boateng aus kürzester Distanz über die Linie gedrückt wurde. 0:2 nach 12 Minuten. 2:2 nach 25. Minuten. Kann man so machen.
Danach wurde es ruhiger.
Erst in der 38. Minute meldeten sich die Münchner mit einem Alaba-Fernschuss zu Wort, der nur knapp am linken Pfosten vorbeisegelte. Von Hoffenheim kam bis zur Pause gar nichts mehr.
Nach dem Seitenwechsel hatte die Partie ein ordentliches Niveau, allerdings lange ohne große Torszenen. Die Hoffenheimer bemühten sich den Druck der Anfangsviertelstunde wieder zu finden. Mit zunehmender Spielzeit liefen sie jedoch immer häufiger hinterher.
Bayern nutzte die erste echte Chance der zweiten Hälfte zum 3:2. Coman stand am Ende einer tollen Kombination vom rechten Flügel in die linke Strafraumhälfte (Tolisso->Rudy->Lewandowski->Coman). Coman behielt die Ruhe und schob den Ball aus 8 Metern sicher ins lange Eck (63.).
Kurz danach sogar die direkte Vorentscheidung. Vidal köpfte eine Robben-Ecke mit einem sehenswerten Kopfballheber gegen die Laufrichtung zum 4:2 über die Linie. Es war der zweite Treffer nach einer Ecke. Mindestens beim zweiten Treffer wirkte TSG-Schlussmann Baumann dabei zu passiv.
Kurz vor Schluss durfte (ausgerechnet) Sandro Wagner noch den Deckel drauf machen als er eine Rafinha-Hereingabe aus kurzer Distanz mit dem Oberschenkel ins Netz hievte (88.). 5:2.
Am Ende war es ein verdienter Sieg. Die Münchner dominierten alle statistischen Kategorien. Vor allem die 23:5 Torschüsse sprechen eine deutliche Sprache, die aber ein insgesamt enges Spiel etwas verzerren.
Es ist erstaunlich, wie ungefährdet die Münchner trotz Rückständen und nicht gerade überragenden Leistungen seit Monaten durch die Liga cruisen.
3 Dinge, die auffielen:
1. Was passierte ab der 15. Minute?
Es sind die kleinen Rätsel des Fußballs, die wahrscheinlich nur von denen aufzulösen sind, die selbst auf dem Platz stehen. Warum wurde Hoffenheim ab der 15. Minute diesen einen Tick passiver, der es den Münchnern ermöglichte einen Weg zurück ins Spiel zu finden? Bis dahin hatte Hoffenheim im Prinzip so gespielt, wie man gegen die Heynckes-Bayern spielen muss. Mit einem Fokus auf gefährliche Gegenpressingmomente und durch ein exzellent aufeinander abgestimmtes Anlaufbollwerk, das den Spielaufbau der Münchner extrem erschwerte.
Die Folge war genau das was Hoffenheim wollte. Lange Bälle der Münchner, viele Umschaltchancen und Münchner Kombinationen in tote Räume auf den Außen. Was passierte also nach dem 2:0? Die bewusste Entscheidung in der Folge etwas tiefer zu stehen und das Risiko etwas zu minimieren? Oder fanden die Münchner durch kleine, kaum sichtbare Anpassungen den Schlüssel, um sich häufiger freizuspielen und das Spielgeschehen zu verlagern. Möglicherweise spielte auch das etwas intensivere Gegenpressing der Münchner eine Rolle. Vielleicht auch die etwas defensivere Ausrichtung von Vidal in dieser Phase. Richtig aufzulösen ist das nicht.
Auffällig war bis zum Schluss: Die klassische Pressingumspielung durch die ballnahen Halbräume – also vor allem durch die 8er-Räume – klappte quasi nie. Was sicher auch an der personellen Besetzung durch die eher grobschlächtigen Vidal und Tolisso zu begründen ist. Wenn dann ging es durch Verlagerungen oder Zweier-Isolationen mit Außenverteidiger und Flügelstürmer auf den Außen. Hoffenheim versuchte es, fand aber nicht mehr in die richtigen Abstände zurück.
Was auch immer es war, was da nach der 15. Minute passierte. Es ermöglichte den Münchnern die Rückkehr ins Spiel.
2. Starke linke Seite
Es ist schön David Alaba in einer solchen Frühform zu sehen. Er und Kingsley Coman hatten großen Anteil an den guten Momenten dieses Spiels. Alaba gefiel vor allem mit seinen sehr motivierten und konstruktiven Vertikalläufen. Immer, wenn er ein paar Meter Rasen vor sich sah, marschierte der Linksverteidiger los und baute so immer wieder richtig Druck auf die Hoffenheimer Hintermannschaft auf.
Kingsley Coman, der sehr gut eingespielt mit Alaba wirkte, nahm derweil immer wieder den bemitleidenswerten Pavel Kaderabek auseinander, der überhaupt keine Möglichkeit hatte den Franzosen im eins gegen eins zu stoppen. Hoffenheim versuchte es mehrfach durch Doppeln. Viel Erfolg hatte das nicht.
Coman war an 8 Torschüssen beteiligt, hatte fünf erfolgreiche Dribblings (wobei er häufig ohne Dribbling einfach am Gegner vorbeirannte) und mit Abstand die meisten Sprints aller Feldspieler (39, Alaba 29).
Die linke Seite war gegen Hoffenheim deutlich stärker als die rechte mit Robben und Kimmich.
3. Wie passt Gnabry rein?
Diese Frage musste man sich bei diesem Spiel unweigerlich stellen. Gnabry ist als Spieler manchmal schwer zu greifen. Er ist wahnsinnig torgefährlich. Hat einen guten Schuss. Ein ordentliches Dribbling. Aber eben immer wieder auch Phasen in denen man vergisst, dass er mitspielt.
Gnabry schoss ein Tor selbst, bereitet das zweite durch den Foulelfmeter vor. Auffällig war seine große Passicherheit (über 90%), die aber auch darin begründet ist, dass er in den späteren Phasen des Spiels wenige hohe Ballkontakte hatte, sondern eher als sichernde Anspielstation im Spielaufbau aushalf.
Hat Gnabry die Wucht und individuelle Klasse, um auf dem Flügel gegen tiefstehende Gegner immer wieder für Durchbrüche zu sorgen, wie es Coman gegen Hoffenheim vormachte? Grundsätzlich könnte man sich Gnabry auch mit Anlauf aus dem Halbraum vorstellen. Oder als ausweichende zweite Spitze, wobei es diese Position bisher nicht wirklich gibt.
Der Eindruck, der trotz seiner zwei Torbeteiligungen bleibt: Der Wechsel nach München im kommenden Sommer ist für Gnabry ein gewaltiger Schritt. Um einen Platz in der Münchner Rotation zu finden muss er sein Spiel verfeinern und in vielem was außerhalb des Strafraums stattfindet effektiver werden.
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FC Bayern München – TSG 1899 Hoffenheim | |
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Bayern | Ulreich – Kimmich (85. Wagner), Boateng, Süle, Alaba – Rudy – Robben (77. Rafinha), Tolisso (64. Müller), Vidal, Coman – Lewandowski |
Bank | Starke – Bernat, James, Ribery |
Hoffenheim | Baumann – Bicakcic (46. Akpoguma), Vogt, Hübner (67. Kramaric) – Kaderabek, Grilitsch, Geiger, Rupp (59. Amiri), Zuber – Uth, Gnabry |
Bank | Stolz – Schulz, Zulj, Szalai |
Tore | 0:1 Uth (3.), 0:2 Gnabry (12.), 1:2 Lewandowski (21.), 2:2 Boateng (25.), 3:2 Coman (63.), 4:2 Vidal (66.), 5:2 Wagner (90.) |
Karten | Gelb: – / Bicakcic, Hübner |
Schiedsrichter | Manuel Gräfe (Berlin) |
Zuschauer | 75.000 (ausverkauft) |