Klares 3:0 – FC Bayern dreht Achtelfinale gegen Lazio Rom
Thomas Tuchel ging in das womöglich letzte Champions-League-Spiel seiner kurzen Bayern-Ära ohne jegliche Überraschungen auf dem Aufstellungsbogen. Für die wiedergenesenen Davies und Gnabry reichte es erwartungsgemäß nicht für die Startelf, zudem erhielten De Ligt und Dier nach der guten Leipzig-Partie weiterhin das Vertrauen als erste Optionen vor Kim Min-Jae.
Kimmich musste weiterhin als Rechtsverteidiger beginnen, wodurch das zentrale Mittelfeld sich selbst austellte. Die einzige minimale Überraschung war Tuchels sofortiges Vertrauen in den wiedergenesenen Leroy Sané. Mathys Tel blieb trotz guter Leistungen abermals die Joker-Rolle.
- Roundtable: FC Bayern vorm Showdown mit Lazio Rom
- „Air“ Musiala reicht nur für ein 2:2 des FC Bayern in Freiburg
- MSR324: Endlich Kleberl für das Mia san Mia
FC Bayern München gegen Lazio Rom: Der Spielverlauf
Lazio begann die Partie sehr italienisch. Man empfing die Hausherren in der eigenen Hälfte, an ein Pressing der Verteidiger und Pavlović hatten die Römer gar kein Interesse. Die Bayern erspielten sich derweil sofort einige gute Chancen, doch es blieb beim 0:0.
Die richtig gute Anfangsphase der ersten 25 Minuten wich schwächeren 10, bis sich die Geschehnisse in den letzten acht Minuten förmlich überschlugen.
Zunächst kam Lazio förmlich aus dem nichts zur größten Chance der Partie, nachdem de Ligt ohne Not einen Ball gefährlich auf Immobile verlängerte. Bevor die Bayern hier allerdings ins Grübeln kommen konnten, klingelte es auf der Gegenseite. Pavlović kanalisierte seine beste Kimmich-Imitation und brachte einen schnittigen Lob in die Box. Müller legte überragend ab, die letzten beiden Akteure des Tores fielen dann ab, denn weder Raphael Guerreiros, noch Harry Kanes Abschluss waren wirklich druckvoll, doch manchmal reicht es zuvor für genug Chaos zu sorgen. Der Ball trudelte in den Kasten.
Als sich alle auf eine 1:0-Pausenführung einstellten, packte de Ligt eine brachiale Fackel aus. Lazios Eckballklärung kam als Bumerang zurück, denn der Niederländer nahm von der rechten Strafraumecke den Ball zur Überraschung aller fast nach hinten fallend volley. Müller packte noch den Kopf hin und zum ersten Mal ging der FC Bayern in diesen Achtelfinalspielen in Führung.
Zur Pause wechselte niemand und Lazio schien noch nicht gebrochen. Bayern hielt die gute Leistung zunächst und kam zu zwei guten Distanzmöglichkeiten, doch dann schlief man ein wenig ein, ließ Lazio ohne Not kommen. Eine bessere Mannschaft hätte dies womöglich bestraft, Lazio tat dies jedoch nicht am heutigen Abend, stattdessen gelang auf der Gegenseite der Entscheidungsschlag. Pavlović überspielte abermals drei Spieler mit einem steilen Ball auf Sané. Der ließ sich nicht zweimal bitten und schlenzte den Ball nach einem kurzen Wackler auf den langen Pfosten. Provedel konnte nur zur Seite abwehren, wo Kane schon lauerte (66).
Lazio brauchte nun zwei Tore um bloß in die Verlängerung zu kommen. Gebrochen waren sie nicht, doch zu keinem Zeitpunkt der verbliebendenden knapp 25 Minuten ließen sie erahnen, hier noch zurückkommen zu können. Beide Seiten wechselten ihre Spieler durch und am Ende trudelte die Partie mit einem stattlichen 3:0-Erfolg aus.
Drei Dinge, die auffielen
1. Saubere Positionierungen, sauberes Spiel
Die letzten Wochen der enttäuschenden Krisen-Bayern waren geprägt voller unverständlicher Positierungen und einem noch verständnisloserem Trainer. Zu fast jedem Spiel gingen in den sozialen Medien Clips viral, indem sich der Trainer fassungslos über verweigerte Laufwege zeigte.
Wie viel das Einhalten dieser Basics bringt, zeigte dieses Spiel heute. Die Bayern zeigten taktisch nichts außergewöhnliches, nicht einmal individuell war es bis auf Thomas Müller unbedingt herausragend, doch allein durch ein sauber durchgezogenes 4-2-3-1, mit einer sauber gestaffeltenen Doppelsechs und Außenspielern, kamen sie zu Möglichkeiten.
Gerade die breiten, offensiven Außenverteidiger waren womöglich der gewinnbringendste Unterschied im Vergleich zu den schwachen Partien der letzten Wochen. Guerreiro und Kimmich beteiligten sich vollends am Offensivspiel, konnten so ihre Offensivstärken ausspielen. Solange der Außenstürmer nicht selbst an der Linie war, hielten sie die Breite und die Bayern somit alle Angriffszonen.
2. Erspieltes Glück
„Glück ist ein scheues Reh.„ Überlieferte Fußballweisheit, frei nach Franz Beckenbauer
Natürlich kann man heute alles ein Stück weit mit Glück erklären.
Natürlich ist viel Glück dabei, als Immobile freistehend beim Stande von 0:0 keine Führung köpft.
Natürlich ist viel Glück dabei, als Guerreiros Abschluss bei Kane landet und dessen seichter Kopfball ins Tor trudelt.
Natürlich ist noch viel mehr Glück dabei, dass ausgerechnet Matthijs de Ligt (!) einen Volley (!!) so saftig trifft, dass Thomas Müller ihn nur noch mit dem Kopf ablenken muss.
Natürlich hat es ebenfalls viel mit Glück zu tun, dass Lazio aus den schwächeren Minuten vor dem 3:0 kein Kapital schlagen kann und natürlich ist es umso glücklicher, als im Gegenzug der Torwart die Kugel direkt zu Kane abwehrt.
Doch genauso wenig wie der späte Ausgleich vom SC Freiburg am Freitag bloß Pech war, war das heute kein Glücksspiel und erst Recht kein Glückssieg. Immer Glück ist nicht unbedingt Können, aber man kann sich im Fußball Glück ein Stück weit erarbeiten.
Bayern schoss heute nicht bloß dreimal auf das Tor, sondern strahlte über weite Strecken der 90 Minuten Gefahr aus, suchte immer wieder den Abschluss. Eine riesige Abschlusslawine kam dabei nicht heraus – insgesamt waren es “nur” sieben Torschüsse – doch das war etwas ganz anderes, als noch im Hinspiel gegen Rom und erst Recht im Vergleich mit den anderen Niederlagen der letzten Wochen.
Heute erspielten sich die Bayern einen Expected-Goals-Wert von über 3,5. Mehr noch, der Wert wurde diesmal nicht davon aufgeblasen, dass die wenigen Torchancen alle direkt aufeinander folgten, und somit de facto nur eine einzige Offensivsequenz wiedergaben.
Findet man nur oft genug den Abschluss, fallen die Tore meistens von ganz alleine.
3. Der Altmeister und sein Schüler
Thomas Müller ist mittlerweile fast 35 Jahre, oft genug nicht mehr erste Wahl und zeigt im größten Champions-League-Spiel der Saison dann noch einmal eine ganz große Leistung. Von der ersten Minute coachte er lautstark seine ihm diesmal folgendenden Mitspieler wie gewohnt in Position, war immer wieder höchst beeindruckend mit One-Touch-Spiel am flüssigen Angriffsspiel beteiligt und war in letzter Konsequenz der Unterschiedsspieler. Das 2:0 macht er selbst, beim ersten war er mit einer überragenden Kopfballablage der wahre Vorlagengeber.
Am 1:0 war allerdings auch sein indirekter Nachfolger entscheidend beteiligt. Fünf Tage vor der Oscar-Vergabe mimte der gebürtige Münchener Aleksandar Pavlović seinen allerbesten Kimmich mit einem butterweichen Lupfer auf die Personifikation Bayern Münchens selbst – Thomas Müller. Spätestens beim 3:0 erinnerte Pavlović an die längst vergessene Statistik des Packings, als er abermals mit einem entscheidenden Pass gleich mehrere Römer “einpackte”, sprich überspielte.
Pavlović hat sich in diese Mannschaft beeindruckend festgespielt und ist auf dem besten Wege Thomas Müllers Nachfolger als Münchener Bayern-Profi anzutreten. Wahrscheinlich gibt es dieses Jahr keine Titel für den FC Bayern, doch alleine diese Entwicklung, macht es zu keiner verlorenen Saison.