Hat Joshua Kimmich eine Zukunft beim FC Bayern?

Jonas Trenner 22.07.2024

Die EM ist zwar erst seit Kurzem vorbei, doch Max Eberl und Christoph Freund sind in den letzten Wochen alles andere als untätig gewesen. Der angekündigte Umbruch befindet sich mit den Verpflichtungen von Hiroki Itō, Michael Olise und João Palhinha bereits in vollem Gange.

Weitere Transferziele werden offenkundig bereits in Angriff genommen. Die Verantwortlichen scheinen aus dem chaotischen Transfersommer im letzten Jahr gelernt zu haben und ihre Hausaufgaben so früh wie möglich erledigen zu wollen.

KEINEN ARTIKEL MEHR VERPASSEN – JETZT UNSEREN WHATSAPP-KANAL ABONNIEREN!

Jedoch bringt ein solcher Umbruch oftmals unpopuläre Entscheidungen mit sich. Fanliebling Matthijs de Ligt scheint beispielsweise in den Planungen von Cheftrainer Kompany tatsächlich keine Rolle zu spielen. Und mit Joshua Kimmich steht die Zukunft eines weiteren Leistungsträgers zur Debatte.

Wie geht es für ihn weiter? Was macht für die Spieler-, aber auch die Vereinsseite Sinn? Welche Position würde Kimmich überhaupt in der kommenden Spielzeit einnehmen?

Joshua Kimmich: Die aktuelle Situation beim FC Bayern

Joshua Kimmich steht wohl vor der wichtigsten Entscheidung seiner restlichen Karriere. Sein Vertrag läuft nur noch bis zum 30. Juni 2025. Entweder entscheidet er sich für den Schritt ins Ausland oder er verbringt auch seinen verbleibenden Karrierezenit beim Rekordmeister und verlängert seinen Vertrag.

Und das wohl zu geringeren Bezügen als derzeit, wenn man den aktuellen Medienberichten Glauben schenken mag. Zwar ist vieles davon mit hoher Wahrscheinlichkeit Spekulation. Dass Eberl und Co. das zuletzt aus allen Nähten platzende Gehaltsgefüge reduzieren wollen, ist jedoch ebenso wenig ein Geheimnis wie Kimmichs fürstliches Gehalt.

Die Option eines ablösefreien Wechsels, die ebenfalls durch die Sportmedien geistert, darf aufgrund seines Marktwertes von circa 50 Millionen Euro (laut Transfermarkt.de) keine Option für den Rekordmeister sein. Dementsprechend befindet sich der Nationalspieler in einer verzwickten Situation. Sieht er seine Zukunft beim FC Bayern oder endet seine Zeit beim Club nach neun Jahren?

Was für eine Zukunft beim FC Bayern spricht

Zuerst sollte man sich als Verantwortlicher des FC Bayern noch einmal vor Augen führen, um wen es sich bei Joshua Kimmich handelt. Der 29-Jährige ist seit Jahren Stammspieler, Leistungsträger und Identifikationsfigur beim Verein. Zudem ist er nahezu nie verletzt, absolvierte in jeder Spielzeit zwischen 40 und 50 Pflichtspiele für den Verein. Damit hat er sich seinen derzeitigen Vertrag auch verdient.

Zudem zählt er als dritter Kapitän zu den Führungsspielern des Clubs und kann in dieser Rolle den Umbruch begleiten sowie die Neuzugänge anleiten. Seine vergangene Saison war zwar nicht konstant genug und wird zu Recht kritisiert, trotzdem war er immer noch einer der besten Bayernspieler. Sein durchschnittliches Rating von 7.42/10 auf der Plattform Sofascore ist beispielsweise ein Indiz, mit dem er sich auf Platz vier im mannschaftsinternen Ranking einreiht.

Bei Kompany könnte Kimmich obendrein wieder aufblühen. Der Nationalspieler ist vielseitig und flexibel einsetzbar, gut in allen Bereichen des modernen Spiels. Sowohl als einrückender Außenverteidiger als auch im zentralen Mittelfeld könnte der Nationalspieler seine Stärken optimal im ballbesitzorientierten Stil des Belgiers einbringen.

Mit Palhinha wurde zudem (mit einem Jahr Verspätung) endlich ein Bodyguard verpflichtet, der ihm als „Holding Six“ den Rücken freihalten kann. Die unpassende Kombination mit Leon Goretzka wäre Geschichte, der 29-Jährige könnte ohne lästige defensive Pflichten als Mittelfeldstratege den Spielaufbau sowie das Offensivspiel des Rekordmeisters leiten.

Joshua Kimmich als Mentor für Aleksandar Pavlović?

Aleksandar Pavlović wurde hier natürlich nicht vergessen. Als Shootingstar aus dem eigenen Nachwuchs hat sich der Deutsch-Serbe sofort in die Herzen der Bayernfans gespielt. Der 20-Jährige besitzt nachgewiesenermaßen das Potenzial und die Ruhe am Ball, um sich auf der Sechserposition beim Rekordmeister zu etablieren.

Doch das traditionell schwierige zweite Jahr steht ihm eben noch bevor. Wäre es nicht zu risikoreich, mit ihm als einzigen Mittelfeldstrategen zu planen? Wäre die Bürde nicht zu groß für Pavlović? Eine Staffelübergabe, wie sie in Madrid seit Jahren stattfindet, wäre möglicherweise die bessere Option. Und Kimmich müsste ja nicht zwangsläufig die Entwicklung des Deutsch-Serben behindern.

Wie er bei der EM und in der Rückrunde 2024 bewiesen hat, kann er die Position des Rechtsverteidigers ebenso mindestens auf einem gehobenen internationalen Niveau ausführen. Zwar ist der FCB auf der Position quantitativ gut besetzt, qualitativ stehen jedoch sehr viele Fragezeichen hinter allen Kandidaten.

Noussair Mazraoui ist ein möglicher Wechselkandidat. Josip Stanišić muss sich zumindest beim FC Bayern noch beweisen. Und Sacha Boey muss erst einmal verletzungsfrei bleiben. Kimmich würde somit auf zwei Positionen ein großes Stück Sicherheit bringen. Natürlich nur, wenn er diese Rolle auch annimmt.

Beim gebürtigen Rottweiler wird außerdem der private Bereich eine Rolle bei der Entscheidung spielen. Erst vor einem Jahr hat er im Münchner Vorort Grünwald ein Haus gebaut und ist dort mit seiner Frau und seinen vier Kindern eingezogen. Bei einem Wechsel ins Ausland müsste er sowohl dies als auch die Nähe zu seiner Heimat in Baden-Württemberg – zumindest eine Zeit lang – aufgeben.

Was gegen eine Zukunft beim FC Bayern spricht

Dass Kimmich diese schwierige Entscheidung überhaupt treffen muss, liegt wohl zu einem großen Teil an den Verantwortlichen des Rekordmeisters. Von der angestrebten Anpassung des Gehaltsgefüges wäre wohl auch der 29-Jährige betroffen. Unter anderem die tz berichtet von einer Gehaltskürzung, die der Nationalspieler bei einer Vertragsverlängerung hinnehmen müsste.

Gehalt ist für Spieler oftmals auch ein Ausdruck von Wertschätzung. Etwas, das Kimmich bereits seit mehreren Jahren beim FCB vermisst. In einer kürzlich erschienenen Dokumentation des ZDF, die den Nationalspieler mehrere Jahre begleitete, wird außerdem nochmal ersichtlich, wie sehr ihn die fehlende Rückendeckung des Vereins während der Impfdebatte um seine Person getroffen hat.

Zwar hat sich die Führungsetage seitdem verändert, doch auch die aktuelle scheint einem Kimmich-Verkauf offensichtlich nicht abgeneigt zu sein. Eberl, Freund und Co. wollen ihre Einkaufstour natürlich durch Verkäufe zu einem gewissen Teil refinanzieren. Und der 29-Jährige hat im Gegensatz zu anderen Verkaufskandidaten auf jeden Fall einen Markt. Bei Manchester City, Barcelona und Co. würde er genügend wertgeschätzt werden.

Gleichzeitig wäre ein Abgang Kimmichs der ultimative Vertrauensbeweis und die große Chance für die potenziellen Identifikationsfiguren Stanišić und Pavlović. Auf der Rechtsverteidigerposition könnte der 24-jährige Spätentwickler allen beweisen, dass er sich nicht nur beim amtierenden Meister, sondern auch beim Rekordmeister durchsetzen kann. Und wie bereits erwähnt besitzt der FC Bayern zumindest quantitativ genügend Spieler auf der Position.

Im Mittelfeld würde Kimmichs Abgang zudem Raum schaffen für eine komplett neue Konstellation auf der Doppelsechs. Pavlovićs und Palhinhas Stärken scheinen sich dabei optimal zu ergänzen. Kimmich könnte diesen Neuaufbau im zentralen Mittelfeld möglicherweise bremsen. Um den Druck für den Deutsch-Serben zu verringern, sollte der Rekordmeister dennoch einen zweiten spielstarken Sechser im Kader haben. Doch das müsste nicht zwangsläufig der 29-Jährige sein.

Sollte der FC Bayern Joshua Kimmich diesen Sommer abgeben?

Ob der FC Bayern Joshua Kimmich im Sommer wirklich verkaufen sollte, kann im Rahmen dieses Artikels selbstverständlich nicht endgültig beantwortet werden. Es hängt von zu vielen Faktoren ab, wie dem Plan von Trainer Kompany, den geplanten Transferaktivitäten des Rekordmeisters oder Verletzungen. Der Sommer hat ja auch erst begonnen. Es kann immer noch viel passieren.

Joshua Kimmich steht jedenfalls an einem maßgebenden Punkt seiner Karriere, und die Entscheidungen, die in den nächsten Wochen getroffen werden, werden nicht nur seine Zukunft, sondern auch die des FC Bayern München wesentlich prägen.

Unter gewissen Umständen könnte ein Abgang sogar Sinn für beide Seiten machen, wäre jedoch mit einem hohen Risiko verbunden und sollte gut durchdacht werden. Eine (finanziell faire) Vertragsverlängerung für einen verdienten Spieler wäre wohl trotzdem die sicherere und wahrscheinlich auch bessere Lösung für den Klub.



Hier weiterlesen

♥ Artikel teilen

Jetzt teilen!

Jetzt teilen!