FC Bayern München – Atlético Madrid 1:0 (1:0)
Die Gruppenphase der diesjährigen Champions League endete mit einem vermeintlichen Kracher. So empfing der FC Bayern mit Atlético Madrid ein absolutes Spitzenteam. Nicht zuletzt wegen der unnötigen Niederlage in Rostov ging es für die Münchner hier aber nur um das Prestige: Atlético stand bereits vor der Partie als Gruppensieger fest.
Falls Ihr es verpasst habt:
Dementsprechend gab es auch so einiges an Rotation zu bestaunen. So entschied sich Carlo Ancelotti für ein unerwartetes Innenverteidigerpärchen aus Mats Hummels und David Alaba, unterstützt von den Backups für Außen, Rafinha und Bernat.
Im Mittelfeld setzte der Italiener auf physische Präsenz in Form von Arturo Vidal und Renato Sanches, welche dem Spielmacher Thiago etwas Entlastung geben sollten. Hier agierte der Chilene in der tiefen Rolle im Zentrum. Der Dreiersturm bestand aus Douglas Costa, Arjen Robben und Robert Lewandowski. Bei Atlético rückten unter anderem Saul Níguez und Stefan Savic in die Startelf, welche im letztjährigen Halbfinale auf sich aufmerksam gemacht hatten. Routinier Juanfran hingegen durfte sich ausruhen.
Der FCB holte bereits nach 30 Sekunden die erste Ecke heraus, welche jedoch in einem harmlosen Fernschuss von Douglas Costa endete. Der Brasilianer sollte in dieser Partie hauptsächlich über die linke Seite kommen. In den ersten Minuten hatten die Roten gefühlt 80% Ballbesitz, fanden jedoch kaum Lücken im Atlético-442-Bollwerk.
Die erste gute Torchance der Partie gehörte den Gästen: nach 9 Minuten scheiterte Carrasco an Neuer, nachdem David Alaba den Belgier aufgrund suboptimalen Stellungsspiels ziehen lassen musste. Nach einer Hereingabe von Lucas scheiterte Carrasco fünf MInuten später erneut an Neuer. Bayern hatte zu dieser Zeit noch keine eigene Torchance, da es den Spaniern gut gelang, die einzelnen Mannschaftsteile der Münchner voneinander zu trennen. Zu keinem Zeitpunkt konnte Bayern eine numerische Überlegenheit kreieren.
Chaos im Strafraum der Gäste gab es endlich in Minute 19. Douglas Costa scheiterte aus spitzem Winkel an Oblak, das folgende Durcheinander führte leider nicht zu einem weiteren Schuss aufs Tor. Nach knapp einer halben Stunde die nächste Gelegenheit der Münchner: ein Foul an Bernat führte zu einem Freistoß aus gefährlicher Position, Robert Lewandowski nahm Maß und versenkte den Ball im Winkel. Der Führungstreffer für die Bayern, die aktivere Mannschaft wurde belohnt.
Am grundsätzlichen Spielverlauf änderte sich durch das erste Tor nicht viel. Atlético kam etwas regelmäßiger zu Ballbesitzphasen, das altbekannte Umschaltspiel hingegen konnten sie kaum umsetzen. Bayern versuchte weiterhin, mit kreativen Vertikal- und Diagonalkurzpässen die Abwehrlinien zu durchbrechen. Hin und wieder gab es kurze Phasen der Dominanz, welche an die Ära Guardiola erinnerten.
Zur zweiten Halbzeit gab es keine Änderungen. In den ersten zehn Minuten ging das Spiel ohne nennenswerte Aktionen hin und her, dann nahm das Spiel plötzlich wieder Fahrt auf. Erst konnte Robben eine gute Konterchance nicht abschließen, die darauf folgende Ecke mündete in einem Schuss von Costa, den Torhüter Oblak jedoch auf der Torlinie festhalten konnte. Auch ein Schuss von Juan Bernat war leichte Beute für den Hintermann.
Diego Simeone reagierte auf die Druckphase prompt mit einem Doppelwechsel: Gameiro und Correa kamen für Carrasco und Gaitán. Daraufhin beruhigte sich das Spiel wieder, wobei die Gäste weiter geringe Spielanteile besaßen. Das 2:0 schien wahrscheinlicher als ein Ausgleichstreffer. Eine ordentliche Chance hierzu vergab Robert Lewandowski in der 73. Minute, als er nach schönem Robben-Dribbling einen komplizierten Kopfball über das Tor setzte.
In der 77. Minute vergab Thiago dann eine Hundertprozentige. Er verlor vor dem Torschuss leicht die Balance, so dass er aus fünf Metern freistehend über das Tor schoss. Ein Ärgernis, da es nicht nur die Vorentscheidung in diesem Spiel gewesen wäre, sondern für Thiago selbst auch eine Belohnung für die erneut gute Leistung.
Kurz darauf nahm Ancelotti den Torschützen vom Platz und Thomas Müller ersetzte ihn in der Sturmspitze. Auch Arjen Robben durfte etwas früher vom Platz, für ihn wurde Joshua Kimmich eingewechselt – überraschenderweise übernahm dieser auch Robbens Position.
Während sich Atletico allmählich an einer Schlussoffensive versuchte, wechselte Ancelotti zum dritten Mal: Javi Martínez kam für Douglas Costa, nun wollte man die Führung über die Zeit retten – was auch gelang. Atletico kam zu keiner ernstzunehmenden Torchance mehr, nach vier Minuten Nachspielzeit endete das Spiel mit einem verdienten 1:0 für den FC Bayern. Auf die Tabellensituation hat dies keinen Einfluss, doch dem gekränkten Selbstvertrauen der Münchner tat dieser Sieg sicherlich gut.
3 Dinge, die auffielen:
1. Flexibles Uhrwerk
Er ist der mit Abstand konstanteste und verlässlichste Bayernspieler der aktuellen Saison: Thiago Alcántara. Was dabei jedoch leicht untergeht, ist die unfassbare Flexibilität des spanischen Mittelfeldmannes. So spielte und überzeugte Thiago bereits in nahezu sämtlichen Rollen, die das zentrale Mittelfeld zu bieten hat. Ob in der Alonso-Rolle als alleiniger Sechser, als Vertikalspieler a la Arturo Vidal oder als ballverteilender Achter in Kroos-Manier – Thiago hat mit den wöchentlichen Umstellungen keinerlei Probleme.
Gegen Atlético hatte er sämtliche Freiheiten, konnte sowohl in der Höhe als auch in der Breite das gesamte Spielfeld nutzen. Er pendelte stets zwischen Mittelfeld und Sturm, zwischen Zentrum und Flügel. Waren die Münchner im Angriff, Thiago war nie weit.
Der Dreh- und Angelpunkt der Münchner Ballzirkulation festigt seinen Platz in der Weltklasse.
2. Links lebt
Der traditionsreiche linke Flügel des FCB – David Alaba und Franck Ribéry – überzeugte zuletzt nicht wirklich. Insbesondere der Österreicher rennt auf links seiner Form hinterher. Nicht nur er zeigte sich in dieser Partie als Innenverteidiger leicht verbessert, auch der linke Flügel offenbarte einige Lebenszeichen.
Bei Douglas Costa ist weiterhin nicht alles Gold, was glänzt. Doch im stark individualistischen Spiel der Bayern ist seine Art als explosive Brechstange ein belebendes Element im Angriff. Costa gelingt es häufig, die gegnerischen Strukturen aufzubrechen, auch wenn die folgenden Aktionen nicht immer sauber oder sinnvoll sind.
Doch es ist nicht nur Costa, der den linken Flügel erstarken lässt. Juan Bernat zeigte erneut eine gute Leistung als Linksverteidiger. Defensiv solide, war der Spanier im Spiel mit dem Ball ein positiver Einfluss. Bernat beteiligte sich am Kombinationsspiel und brach einige Male auch selbst mit einem Dribbling durch.
Keiner der beiden Spieler ist frei von Schwächen. In Bestform erreichen David Alaba und Franck Ribéry fraglos ganz andere Sphären. Doch in der aktuellen Situation könnte ein Bernat-Costa-Flügel auch für die wichtigeren Spiele eine ernsthafte Alternative sein.
3. Goldene Ananas
Das Spiel des FC Bayern zeigte sich an diesem Abend verbessert; der Ball lief schneller und harmonischer als in vergangenen Wochen, teilweise durfte man sich an die Dominanz der letzten Jahre erinnert fühlen.
Dennoch muss man dieses Spiel mit Vorsicht genießen. Zwar war die Aufstellung der Gäste durchaus gut bestückt, doch man wurde nie das Gefühl los, dass den Mannen aus Madrid das entscheidende Stück Intensität fehlte. Das Pressing war oft halbgar, das Umschaltspiel verpuffte zumeist.
So gemütlich und handzahm wird man Atlético Madrid in der Allianz Arena nicht mehr erleben. Nichtsdestotrotz, nach der zweiten ordentlichen Leistung in Folge keimt im Bayernlager wieder leichter Optimismus auf.
FC Bayern – Atlético 1:0 (1:0) | |
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FC Bayern München | Neuer – Rafinha, Hummels, Alaba, Bernat – Sanches, Thiago, Vidal – Robben (83. Kimmich), Lewandowski (80. Müller), Costa (87. Martínez) |
Bank | Ulreich, Lahm, Badstuber, Ribéry |
Atlético Madrid | Oblak – Vrsaljko, Godin, Savic, Lucas – Saúl Ñíguez, Gabi, Koke (68. Partey), Gaitan (60. Gameiro) – Griezmann, Carrasco (60. Correa) |
Bank | Moya, Torres, Juanfran, Giménez |
Tore | 1:0 Lewandowski (28.) |
Karten | Gelb: – / Gabi |
Schiedsrichter | Clément Turpin (Frankreich) |
Zuschauer | 70.000 (ausverkauft) |