Der leise Tod der Amateurmannschaften – Quo vadis FC Bayern Amateure

Christopher Trenner 02.05.2014

Dabei ist die Argumentationslogik von Bayern 04 Leverkusen auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar: Talente werden sofort in die Profiabteilung integiert und/oder gegebenfalls an Konkurrenten der 1. und 2. Bundesliga verliehen. Aktuell hat Leverkusen sechs Profis auf Leihbasis bei anderen Vereinen. Einige davon sind sogar Stammspieler – zum Beispiel Christoph Kramer im defensiven Mittelfeld von Borussia Mönchengladbach oder Danny da Costa beim FC Ingolstadt. Im Kader der zweiten Mannschaft von Leverkusen sucht man die “Top-Talente” vergebens.

Leverkusen folgt somit einem Trend, junge Spieler immer früher einzusetzen und ihnen auf allerhöchste Ebene Spielpraxis zu verschaffen. Wer sich nicht auf Anhieb in der 1. Mannschaft etablieren kann, wird schnellstmöglich verliehen oder ganz verkauft. Vereine wie Augsburg, Nürnberg und etliche Zweitlistigen sind dankbare Abnehmer. Gut 10 Jahre nach der WM 2006 trägt der Erfolg der Jugendausbildung immer bessere Früchte. Junge Spieler werden bereits mit 7-8 Jahren geschult und Stück für Stück an das Profigeschäft herangeführt. Bundesligadebütanten mit 17 waren vor 10-15 Jahren unvorstellbar – heute ist es beinahe zur Regel geworden, schaut man sich die Højbjergs, Weisers, Greens aber auch die Arnoldts und Brandts dieser Liga an. Die Jugendspieler von heute sind so gut ausgebildet, dass sie sich eine »Ochsentour II. Mannschaft« nicht mehr antuen müssen bzw. das keinen Lerneffekt für sie darstellt. Durch die DFL/DFB-Regelung, dass jeder Proficlub ein Jugend-Leistungszentrum benötigt (vorausgesetzt dort wird gut gearbeitet) steigt auch die Qualität der jeweiligen A- und B-Jugendbundesliga. Die neu geschaffene Youth League ist ein weiteres Produkt dieser Entwicklung. Und natürlich führen die Transferpreise der letzten Jahre zur Erkenntnis, dass Ausbildung wirtschaftlicher ist als Ablöseschlachten mit Oligarchen. Der FC Schalke 04 zeigt zur Zeit sehr Eindrucksvoll wie sich ein Verein durch junge Talente (Draxler, Mayer, Avdijaj) gesund sanieren kann.

Zugegeben die II. Mannschaften sind nicht die Lieblinge der Traditionsmannschaften in den deutschen Unterhäusern, schließlich sind sie eine ernste sportliche Konkurrenz und einige verfügen über einen durchaus annehmbaren finanziellen Spielraum, um sich mit gestanden Profis als “Ausbilder” zu verstärken. Darüber hinaus sind II. Mannschaften nicht gerade ein Publikumsmagnet. So kamen in der Dritten Liga zum VFB Stuttgart II im Schnitt nur ~1.000 Zuschauer.

Dennoch tut der FC Bayern gut daran an seiner Amateurabteilung festzuhalten. Schließlich schafft man jungen Menschen eine Perspektive. Realistisch betrachtet, schafft es vielleicht ein Spieler pro Jahrgang in die Profiabteilung, aber eine Jugendmannschaft besteht aus 18 bis 20 Jungs. Durch die Amateurmannschaft gibt man ihnen zumindest eine Perspektive sich durch Einsatzzeit für einen anderen Verein zu empfehlen bzw. sich beruflich anderweitig zu orientieren, sollte das Talent doch nicht so groß sein wie erhofft. Durch das Label FC Bayern München schafft es der Verein eine gewisse Aufmerksamkeit für diese Spieler zu erzielen.

Würde der Klub auf die II. Mannschaft verzichten, dann überhöhrt er überdies auch die Entwicklung im Fußball. Wie bereits erwähnt werden junge Spieler immer jünger. Aber durch eine Abmeldung der Amateure würde man Gefahr laufen, Spielern die eine längere Entwicklungszeit benötigen diesen Weg der Ochsentour zu verbauen. Selbst die “Vorzeigetalente” des FC Bayern – Thomas Müller und Holger Badstuber – waren bereits 20 bzw. 21 Jahre als sie den Sprung zu den Profis geschafft haben. Somit zu alt für die U19 – das Übergangsjahr in der noch damals dritten Liga, hat ihnen sicherlich nicht geschadet. Ob sie bei einer Leihe, die immer ein Risiko ist, diesen Durchbruch geschafft hätten, ist fraglich.

Der FC Bayern ist in der letzten Jahre immer mehr zu einer Marke geworden. Heimspiele in der Allianz Arena sind durchorganisierte Events. Von der Eckfahne bis hin zum Parkhaus sind alle Waren und Dienstleistungen vermarktet. Nicht jeder Bayernfan findet sich hier mittlerweile wieder. Für sie sind die Bayern Amateure mittlerweile eine Anlaufstelle geworden. Fanfreundliche Anstoßzeiten und eine angenehme Anreise zur Hermann-Gerland-Kampfbahn inklusive. Sie umweht der Mythos der großen Schlachten der Vergangenheit. Hier bin ich Fan, hier darf ichs sein.

Es bleibt abzuwarten wie der Verein auf die Entwicklung der Ligakonkurrenz reagiert. Sollte der Aufstieg in die 3. Liga nicht bald gelingen, pflanzt sich vielleicht auch in der Vereinsetage des FC Bayern München der Gedanke ein, dass die Amateure nicht mehr gebraucht werden bzw. das der sportliche Anreiz zu gering ausfällt. Weiterhin müssen sich auch die FC Bayern Amateure “refinanzieren” (die goldene Regel im Club), ist dies nicht der Fall, ergeht es ihnen vielleicht bald wie der Abteilung “Turner”. Diese wurde Anfang des Jahres geschlossen.