AMSTERDAM, NETHERLANDS - DECEMBER 12: Leon Goretzka and Robert Lewandowski of Bayern Munich celebrate after Robert Lewandowski scores his sides second goal during the UEFA Champions League Group E match between Ajax and FC Bayern Muenchen at Johan Cruyff Arena on December 12, 2018 in Amsterdam, Netherlands. (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Deligtantisches Abwehrverhalten beschert Bayern den Gruppensieg

Christopher Trenner 12.12.2018

Es war ein Finalspiel um den Gruppensieg. Ajax Amsterdam brauchte einen Sieg, um die Münchner noch von der Spitze der Tabelle zu stoßen und ein vermeintlich leichteres Los in der Runde der letzten 16 zu bekommen.

Falls Ihr es verpasst habt

Zum dritten Mal in Folge ging Niko Kovač mit der gleichen Aufstellung ins Rennen. Zuletzt war dies 2013 der Fall. Seitdem war die Rotation ein Münchner Naturgesetz. Das hat sich nun geändert.

Bei Ajax wechselte Coach Erik ten Hag nach dem 4:1-Erfolg in Zwolle am Wochenende auf zwei Positionen: Statt der Routiniers Schöne und Huntelaar, die beide auf der Bank Platz nahmen, begannen der österreichische Defensivspieler Wöber und Ziyech in der Offensive. Die beiden vom FC Bayern beobachteten Talente de Ligt und de Jong standen erwartungsgemäß in der Startelf. Taktisch ergab sich bei den Niederländern ein 4-3-3, wobei de Jong und van de Beek eher auf der Acht zu Hause waren. Die Ausrichtung war somit nominell offensiver, als die der Münchner, die mit Goretzka und Kimmich mit einer Doppelsechs antraten.

Ajax presste am Anfang mit bis zu sechs Spielern und liefen die Münchner im eigenen Strafraum an. An einen geordneten Spielaufbau war beim Team von Niko Kovač nicht zu denken. Es spielte nur die Mannschaft von Erik ten Hag. Die Münchner versuchten aus einem 4-4-2 heraus stabil zu stehen und auf Fehler zu lauern. Das klappte in Ansätzen gut, auch wenn die Konter über Gnabry zum Teil überhastet ausgespielt wurden. Zwei Möglichkeiten verpufften so. Die nächste Aktion des jungen deutschen Nationalspielers war dafür dann aber überragend. Nach einer zu kurz geratenen Ecke gelangte der Ball auf die rechte Seite, von dort schickte Gnabry Lewandowski steil. Der Pole blieb vor dem Tor eiskalt und brachte die Bayern in Führung (13.). Das Zuspiel von Gnabry nahm neun Ajax-Feldspieler aus der Partie. Überragend.

Die Phase nach dem Tor gehörte dann klar den Holländern. Das Bayern-Spiel war geprägt von großer Passivität und schlechtem Pressing. Allerdings hatten die Gäste weiterhin die größeren Chancen. Nach einem Konter über Müller und Gnabry kam Lewandowski zum Abschluss. Der Pole war fast zu nah dran an Onana und schoss den Ajax Keeper eher an, als wirklich einen platzierten Schuss abzugeben (27.).

Mit der Führung im Rücken ging es für die Bayern in die Kabine. Die zweite Halbzeit startete, wie die erste endete: Ajax hatte viel Ballbesitz und kontrollierte die Partie. Die Bayern bekamen keinen Zugriff mehr. Die Folge war der Ausgleich in der 61. Minute durch Tadic, nach einer Kombination über mehrere Stationen. Das Bayern-Mittelfeld hatte keine Chance einen Zweikampf zu führen.

Niko Kovač reagierte und brachte Thiago für Gnabry. Die Idee war wohl mehr Mittelfeldkontrolle zu bekommen. Es entwickelte sich ein wilder Schlagabtausch. Nach einer Ribery-Flanke scheiterte Lewandowski per Kopfball an Onana.

Wenig später senste Wöber Goretzka völlig übermotiviert an der Mittellinie um. Der französische Schiedsrichter Turpin, entschied auf eine glatte Rote Karte (67.). Die Überzahl hielt aber nur für acht Minuten. Ebenfalls im Mittelfeld ging Müller mit viel zu hohem Bein ins Duell mit Tagliafico und erwischt den Argentinier mit der Sohle am Kopf. Tagliafico musste noch auf dem Platz getackert werden. Turpin blieb keine andere Wahl als die Rote Karte.

In der 81. Minute ging Boateng gegen den eingewechselten Dolberg viel zu ungestüm in den Zweikampf. Die Folge war ein berechtigter Elfmeter, den Tadic verwandelte.

Es sollte an diesem Abend wohl alles im Gleichschritt verlaufen. Thiago setzte nur fünf Minuten später zum Solo im Mittelfeld an und dribbelte sich in den Strafraum. Tagliafico tat dem Spanier schließlich den gefallen und foulte ihn. Lewandowski verwandelte den fälligen Strafraum souverän (87.). So reichte es wieder für den Gruppensieg.

Nur zwei Minuten später versenkte Coman zum 3:2. Frankie de Jong spielte nur Sekunden nach dem Wiederanpfiff einen katastrophalen Fehlpass. Über Lewandowski landete der Ball bei Coman, der den Ball ins lange untere Eck legte.

Es sollte aber nicht für den Sieg reichen. Süle versuchte nach einem geblockten Schuss noch die Hereingabe von Huntelaar zu klären, war aber machtlos. Hinter seinem Rücken lauerte Tagliafico. Neuer war zu diesem Zeitpunkt schon geschlagen. Es war das 3:3 (90 + 5.). Es war ein wilder Ritt.

Ajax Amsterdam verdient sich für einen couragierten Auftritt einen Punkt. Drei Bayern-Tore und zwei Führungen reichten (mal wieder) nicht, um einen Sieg nach Hause zu bringen. Zu viele individuelle Fehler holten Ajax zurück in die Partie. Da die Niederländer aber selbst nicht fehlerfrei spielten, musste die Partie zwangsläufig unentschieden enden.

Die Partie zeigte zugleich das aktuelle Leistungsvermögen der Münchner schonungslos auf. Es fehlt an einem taktischen Konzept, um eine Partie über Positionsspiel zu kontrollieren. Niko Kovač wählte einen defensiven, auf Umschaltspiel ausgerichteten Fußball, der geprägt ist von den Einzelleistungen der Offensivreihe. Er wäre fast dafür belohnt worden, allerdings war das Defensivkonzept der Münchner zu passiv (siehe 1:1) bzw. geprägt von zu vielen individuellen Fehlern (Boateng vor dem 1:2).

Dinge, die auffielen:

Keine Rotation ist auch keine Lösung

Ja, die Winterpause ist nahe, dennoch wird die Belastung mit zwei englischen Wochen kurz vor der Weihnachtspause nochmal hochgefahren. Niko Kovač reagierte nach dem Unentschieden gegen Düsseldorf und setzt nun konsequent auf eine Startelf. Anstelle einer moderaten Rotation, um alle Spieler glücklich zu halten und ihnen Spielrhythmus zu geben, setzt der Bayern-Trainer jetzt auf Eingespieltheit. Das mag in seiner persönlichen Situation nachvollziehbar sein, aber greift mittelfristig denkbar kurz. Thiago oder Coman, die von Verletzungen zurückkehren, bekommen nur bedingt Einsatzzeit. Gestandene Profis wie Hummels oder Martínez sind scheinbar außen vor. Der Jungprofi Sanches, der noch am wenigsten für die sportliche Talfahrt im Herbst konnte, spielt nun keine Rolle mehr.

Ein gesunder Mittelweg, der Rhythmus, Erholung und Motivation aller Akteure berücksichtigt wäre wohl zielführender. Niko Kovač scheint die Kritik von Uli Hoeneß kurz vor der Jahreshauptversammelung sehr stark zu beherzigen.

Probleme mit der Spielweise von Ajax

Die Akteure der Münchner hatten sichtlich Probleme mit der sehr offenen und aktiven Spielweise der Niederländer. Zuletzt profitieren die Bayern von der sehr passiven Spielweise der Gegner. Benfica, Werder und Nürnberg versuchten es eher mit einem Pressing erst im letzten Drittel. Die Bayern konnten so in Ruhe aufbauen und von den individuellen Fehlern der Gegenseite profitieren.

Das Spiel an diesem Abend war anders. Ajax spielte mutig und offensiv. Presste hoch. Dadurch ergaben sich über 64% Ballbesitz in der Anfangsphase für Ajax. Die Niederländer spielten allerdings nicht fehlerfrei, dadurch gab es viel Raum im Umschaltspiel der Bayern. Diese Entlastungsmomente waren aber zu selten. Zum Teil verteidigten die Münchner auf Höhe des eigenen Strafraums, weil die bayerische Doppelsechs und die Außenverteidiger im Pressing nicht aggressiv genug nachgeschoben haben. So hatte Ajax viel Kontrolle im Mittelfelddrittel. Die Münchner wurden immer passiver und ließen sich mit zunehmendem Spielverlauf hinten rein drücken. Ajax kontrollierte so spätestens ab der 30. Minute die Partie.

Gnabry als Unterschiedsspieler

Serge Gnabry ist ein Lichtblick in den letzten Wochen. Schon gegen Bremen und Nürnberg war der Flügelstürmer einer der besten Spieler auf dem Rasen. Auch gegen Ajax war er ein belebendes Element. Durch seine Schnelligkeit konnte er immer wieder durch vertikale Läufe in Räume stoßen und war nur schwer zu verteidigen. In der Defensive überzeugte seine Antizipationsgabe. Gerade in der Anfangsphase eroberte er zwei Bälle und leitete Gegenangriffe ein. Allerdings spielte Gnabry es leider nicht immer so schön aus, wie beim 1:0. Häufig landete der Ball auch beim Gegner. Nach 45 Minuten hatte er eine Passquote von 55%. Was natürlich auch am starken Pressing der Heimmannschaft lag. Mit dem Ausgleich von Ajax war sein Auftritt allerdings beendet.

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