Starke Leistung, knapper Sieg
Nach dem Befreiungsschlag gegen Lissabon unter der Woche hatte Niko Kovač verkündet, nun sein personelles Gerüst gefunden zu haben. Gegen Bremen rückte allerdings der wiedergenesene Gnabry für den kurzfristig verletzten Robben in die Startelf. Zudem rückten Thiago und Coman nach langer Verletzung wieder in den Kader.
Bei den Bremern setzte Trainer Kohfeldt auf Osako statt Harnik. Ansonsten starteten die Hanseaten mit der Elf, die in der Vorwoche gegen Freiburg unentschieden gespielt hatte.
Falls ihr es verpasst habt:
Trotz einer sieglosen Strähne von vier Spielen, hatte sich Werder für das Duell gegen den kriselnden Rekordmeister Chancen ausgerechnet. In den ersten Minuten zeigten die Münchner jedoch eine engagierte Leistung und griffen Bremen früh in der eigenen Hälfte an.
Nach einem Konter über Müller und Lewandowski kam der Pole in der siebten Minute zum ersten gefährlichen Abschluss, den Pavlenka jedoch entschärfen konnte. In der Folge kontrollierte Bayern die Partie, kam durch Kimmich jedoch nur zu einem weiteren gefährlichen Abschluss (14.).
In der zwanzigsten Minute gelang dem amtierenden Meister die Führung. Kimmich, heute wieder in der Rolle des Sechsers, überlupfte die gesamte Werder-Defensive und fand Gnabry. Während der Nationalspieler im ersten Versuch noch seinen Meister in Pavlenka fand, verwandelte er den Nachschuss souverän.
Kurz nach der Führung kam Gebre Selassie zum ersten Abschluss auf das Bayern-Tor. Den von Boateng noch abgefälschten Ball parierte Neuer jedoch sicher (22.).
Die Bayern blieben in der Folgephase am Drücker und kamen immer wieder gefährlich in den Strafraum der Bremer. Müller und Lewandowski vergaben beste Möglichkeiten. Doch auch das Heimteam kam zu Gelegenheiten. Einen Distanzschuss von Sahin lenkte Neuer an den Pfosten.
In einer Phase in der die Bayern Bremen mehr und mehr den Ball überließen, fiel dann der Ausgleich. Kruse kam unbedrängt zur Flanke aus dem linken Halbfeld. Im Strafraum gewann Osako das Kopfballduell gegen Boateng, der den Ball am heraus stürmenden Neuer vorbei köpfte.
Nach nicht einmal vierzig Minuten musste Ribéry mit einem Pferdekuss angeschlagen den Platz verlassen. Für ihn kam Coman in die Partie und durfte somit sein erstes Spiel seit August machen. Von nun an spielte der Franzose als Rechtsaußen, Gnabry rückte nach Links.
Bis zur Halbzeit kamen die Roten noch zu mehreren gefährlichen Aktionen für deren Entstehung immer wieder Kimmich und Gnabry verantwortlich waren. Dennoch wurde beim Stand von 1:1 die Seiten gewechselt.
Aus der Pause kamen die Bayern sichtlich motiviert. Nach einer Kombination von Alaba und Coman kam Müller aus dem Rückraum zum Abschluss (46.). Kurze Zeit später köpfe Süle eine Ecke am Tor vorbei.
In diese Drangphase fiel auch der überfällige Führungstreffer. Müller setzte sich auf dem rechten Flügel souverän durch. Seine Hereingabe fand erneut Gnabry, der an alter Wirkungsstätte zur erneuten Führung einschob.
Im Anschluss dominierte Bayern die Begegnung ohne jedoch weitere zwingende Chancen herauszuspielen. Das Spiel wurde nun durchaus ruppiger und Bremen griff immer wieder zu Fouls im Mittelfeld.
In der 76. Minute durfte Fan-Liebling und langjährige Bayern-Legende Pizarro unter großem Jubel der Zuschauer den Platz betreten. Quasi direkt kam Bremen zum ersten richtig gefährlichen Abschluss. Pizarro steckte auf Kruse durch, dessen Schuss knapp am Pfosten vorbeiging.
Zur 80. Minute stärkte Kovač die Defensive und brachte Thiago für den Doppel-Torschützen Gnabry. Somit durfte der Spanier ebenfalls seine Rückkehr feiern.
Bis zum Abpfiff verflachte die Partie zusehends, wobei Bayern die Elf von der Weser vom eigenen Tor fern halten konnte. In der Schlussphase kam Martínez noch zu einem Kurzeinsatz. Außerdem wurde Moisander noch mit Gelb-Rot des Feldes verwiesen.
Nach dem deutlichen Erfolg gegen Lissabon gewinnt Bayern nun überzeugend gegen Bremen. Trainer Kovač scheint sein Ende vorerst erfolgreich abgewendet zu haben. Bis zum Derby gegen Nürnberg hat der Kroate nun eine Woche Zeit, um sein neues System weiter zu verfeinern.
Dinge, die auffielen
1. Individuelle Abwehrfehler
Bereits nach nicht einmal zehn Minuten hatten die bayrischen Verteidiger drei halbwegs gefährliche Situationen für die Bremer Offensive durch individuelle Fehler ermöglicht. Zuerst spielte Boateng ohne Grund den Ball einem angreifenden Stürmer in den Fuß, anschließend forderte Rafinha Neuer durch einen kurzen Rückpass zu einem schnellen Befreiungsschlag und zuletzt war es Süle, der den Ball leichtfertig vertändelte.
Seit Monaten ziehen sich diese individuellen Aussetzer wie ein roter Faden durch das Spiel der Münchner.
Niko Kovač hatte im Anschluss an das Spiel in Düsseldorf bereits moniert, dass “kein Trainer der Welt diese Fehler verhindern” könne. Während diese Aussage nicht von der Souveränität des Trainers gegenüber der Öffentlichkeit zeugt, so trifft der Kroate dennoch einen wunden Punkt. Das Abstellen der Fehler wird über den weiteren Saisonverlauf der Münchner maßgeblich sein.
2. Kimmich wie ein Großer
In der ersten Hälfte wehte ein Hauch vom Kaiser durch das Bayern-Mittelfeld im Weserstadion. Mit dem kleinen feinen Unterschied, dass auf dem roten Trikot nicht die Nummer 5, sondern 32 stand. In seiner neuen Rolle auf der Doppel-Sechs neben seinem Nationalmannschaftskollegen Goretzka, zeigte sich Kimmich von seiner besten Seite.
Nach 45 Minuten standen 96% Passquote, ein Key Pass und 60 Ballkontakte in der Statistik. Was hier jedoch nicht auftaucht, ist die Übersicht mit der Kimmich defensiv frühzeitig Lücken in der Defensive stopfte und offensiv starke Lob-Bälle über die Bremer Defensivreihe spielte. Neun von zehn langen Bällen fanden einen Abnehmer.
Ähnlich wie Löw in der Nationalelf scheint auch Kovač seine Formationsänderung massiv um den immer noch 23-Jährigen aufzubauen. Bisher haben sowohl der Weltmeister-Trainer als auch der Kroate mit dieser Umstellung ein goldenes Händchen bewiesen. Kimmich blüht regelrecht in dieser Rolle auf und kann alle seine Stärken vollumfänglich umsetzen.
Es wird spannend zu sehen sein, wie Kovač den nun Wiedergenesenen Thiago und später dann auch Weltmeister Tolisso in dieses System integrieren wird. Eine Doppel-Sechs aus Thiago und Kimmich könnte hier ein bisher nicht vorhandenes Kreativzentrum im Bayern-Spiel schaffen. Mit Tolisso hätte man eine Variante, die der mit Goretzka stark ähneln würde.
3. Neue Vertikalität
Immer wieder kamen die Münchner zu gefährlichen Situationen, weil ein Pass steil statt quer gespielt wurde. Gerade Kimmich, aber auch Goretzka und Boateng suchten immer wieder diese Pässe, um die Bremer Hintermannschaft zu zerschneiden.
Hier zeigt sich zum einen der große Vorteil der neuen Staffelung im Mittelfeld, die Müller deutlich mehr Freiräume im offensiven Mittelfeld einräumt. Das Münchner Urgestein kann hier im gefürchteten Zusammenspiel mit Lewandowski häufig Zonen öffnen und schaffen in die der Pole vorstoßen kann.
Zum anderen zeigen sich mit dem vertikalen Spiel die Qualitäten der schnellen Außenstürmer Gnabry und Coman, die ihrem direkten Bewacher oft entwischen und davon laufen konnten.
Die Stärken einzusetzen und auszunutzen wird eine wichtige Aufgabe für Kovač sein. Bei der Eintracht schaffte es der Kroate im vergangen Jahr häufig diese überfallartigen Angriffe zu provozieren. Hierzu bedarf es einstudierten Bewegungsmustern mit Kreuzen und Hinterlaufen der schnellen Spieler.
4. Bon retour, Kingsley
Durch die Verletzungen von Robben und Ribéry kam der junge Außenstürmer früher als geplant zu seinem Comeback. Während dem Franzosen noch etwas die rostigen Knochen anzumerken waren, so sah man dennoch direkt wieder alle Ansätze, die Coman so auszeichnen und im Bayern-Spiel einzigartig machen. Den Tag beendete der Jungnationalspieler mit fünf gewonnenen Dribblings, einem mehr als sein Partner Gnabry.
Wir freuen uns auf eine hoffentlich verletzungsfreie und starke zweite Saisonhälfte mit dem dynamischen Flügel-Duo Gnabry und Coman.