Belastungsvergleich: Wie groß ist der Vorteil der Konkurrenz?

Justin Trenner 17.12.2020

Wenn über die Belastung der Bayern gesprochen wird, vergisst man häufig, dass RaBa Leipzig ebenfalls ein hartes Programm hatte. Aktuell stehen beide Teams punktgleich in der Tabelle auf Platz 2 und 3. Auf dem ersten Platz: Leverkusen.

Wir haben uns die Belastung der 15 meisteingesetzten Spieler der jeweiligen Kader angesehen. Warum diese Beschränkung? Weil das in etwa der Kern an Spielern ist, der bei jedem Klub unter hoher Belastung steht. Alles, was darunter ist, spielt in Sachen Müdigkeit wohl weniger eine Rolle – eher noch, wenn es um die Frage geht, welche Ergänzungsspieler am meisten Rhythmus vorweisen können.

Bayern mit größter Belastung, Leverkusen ausgeruhter

Dass die Bayern-Spieler die meisten Minuten haben, dürfte keine Überraschung sein. Die beiden Supercup-Spiele, mehr für die jeweiligen Teams wichtige Nationalspieler und ein Tick weniger Rotation dürften den Ausschlag geben. Zusammen kommen die 15 meisteingesetzten Spieler auf 21.031 Minuten für Klub und Land. Auf Platz 2 liegt Dortmund mit 20.749 Minuten. Es folgen Leipzig (20.095) und Leverkusen (18.463).

Rechnet man das pro Kopf, sind das bei Bayern 1402, bei Dortmund 1383, bei Leipzig 1339 und bei Leverkusen 1230 Minuten. Die Bayern und Dortmund haben auch bei den abgestellten Nationalspielern in dieser Gruppe von 15 Spielern einen kleinen Nachteil. Nur drei Spieler sind bei ihnen ohne Länderspieleinsatz, während es bei RaBa vier und bei Leverkusen sogar fünf sind.

Gibt es nun eine direkte Verbindung zwischen diesen Zahlen und der Tabellensituation? Man könnte es reininterpretieren. Immerhin ist Leverkusen aktuell sehr gut unterwegs, zeigt keinerlei Ermüdungserscheinungen und steht an der Tabellenspitze. Sie sind auch der einzige Klub in diesem Vergleich, der deutlich weniger Belastung hatte.

Wie aussagekräftig sind die Werte?

Dass Dortmund und Bayern aktuell als „Belastungstabellenführer“ schwächeln, spricht ebenfalls dafür. Leipzig steht irgendwo dazwischen. Was diese Zahlen allerdings nicht sagen: Wie viele Kilometer sind die Spieler insbesondere bei ihren Länderspielpausen gereist? Außerdem ist beim FC Bayern Joshua Kimmich in der Liste, der zuletzt viele Spiele verpasste. Bei den Dortmundern trifft das auf Erling Haaland zu.

Eine gewisse Aussagekraft haben diese Werte dennoch. Sie zeigen, dass die Belastung durchaus einer von vielen Gründen ist, weshalb der FC Bayern (und auch der BVB) so große Probleme haben. Viele weitere auf den FCB bezogen lest ihr hier.

Leipzig hat den Vorteil, dass der Kader über Jahre hinweg so sinnvoll verstärkt wurde, dass man nicht so abhängig von den Neuverpflichtungen des Sommers ist. Die Basis war trotz des Abgangs von Werner gegeben. Interessant ist auch, dass nur sechs der 15 Spieler mit den meisten Einsätzen über 300 Länderspielminuten kommen – bei den Bayern sind es acht. Leistungsträger wie Dayot Upamecano (225 Länderspielminuten), Angeliño (0), Christopher Nkunku (0) oder Kevin Kampl (0) haben eine geringe oder gar keine Belastung.

Leverkusen und Dortmund mit Vorbereitungsvorteil

Andererseits reißen andere Spieler wie Willi Orban (484), Dani Olmo (428), Péter Gulácsi (450) oder Yussuf Poulsen (530) den Durchschnitt nach oben. Bei den Bayern liegt der höchste Wert bei 377 Minuten (Niklas Süle), dafür haben mehrere Spieler einen Wert von 360 Minuten.

Ein schwer mit Daten zu belegender Faktor dürfte das Durchschnittsalter sein. Leipzigs „Top 15“ sind im Schnitt 25 Jahre alt, Bayerns Spieler 27,4 Jahre. Jüngere Spieler dürften sich in den vielen englischen Wochen mit all den Reisestrapazen schneller regenerieren.

Außerdem sei darauf hingewiesen, dass Leverkusen und Dortmund im Gegensatz zu Bayern und Leipzig eine bessere Vorbereitung hatten. Bei Bayern wiegt das vielleicht nochmal etwas mehr als bei RaBa, weil sie stärker darauf angewiesen sind, dass die Neuzugänge funktionieren. Außerdem hatten sie mit Süle und Leroy Sané gleich zwei Spieler, die aus schweren Verletzungen kamen. Alphonso Davies und Joshua Kimmich verpassten im Saisonverlauf verletzungsbedingt ebenfalls viele Spiele. Bei Leipzig begrenzen sich die Ausfälle von sehr wichtigen Spielern auf Lukas Klostermann und Benjamin Henrichs. Erwähnenswert sind sonst nur noch Konaté und Sabitzer (beide 3 Spiele) sowie der an Corona erkrankte Hwang. Der Kern des Teams blieb aber fit.

Durchmarsch in der Rückrunde? Unwahrscheinlich

Wie bereits angedeutet, hat Leipzig zudem schon länger einen breiten Kader, der nur noch sukzessive verstärkt werden musste. Die Bayern hatten eine Art kleineren Umbruch auf der Bank, was es angesichts der fehlenden Pausen und Trainingseinheiten schwerer macht, die Neuen zu integrieren. Kritik wäre hier vor allem an der Kaderpolitik der Vorjahre angebracht.

Letztendlich stehen Leipzig und Bayern aktuell punktgleich da. Während bei Leverkusen fast schon damit gerechnet werden kann, dass sie bei steigender Belastung auch mehr Punkte liegen lassen, bleibt es dahinter womöglich spannender. Nuancen könnten den Titelkampf in diesem Jahr entscheiden.

Dass die Bayern nochmal in der Rückrunde so durchmarschieren, ist zumindest nicht sehr wahrscheinlich. Der Terminkalender bleibt eng getaktet und viel Zeit zur Integration der Neuzugänge hat Flick auch im neuen Jahr nicht. Vielleicht wird es deshalb noch mehr als bei der Konkurrenz darauf ankommen, dass die Schlüsselspieler trotz hoher Belastung fit bleiben.



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