Being Manuel Neuer
Es gibt als Schlussmann des FC Bayern wenig Möglichkeiten Rhythmus aufzunehmen. Sich mit ein oder zwei frühen Paraden die notwendige Sicherheit zu holen. Am Samstag gegen Köln war das zwischenzeitliche 1:2 von Ujah in der Nachspielzeit der ersten Hälfte der erste Ball in Richtung Bayerntor. Neuers Gegenüber Timo Horn hatte zu diesem Zeitpunkt schon vier Schüsse abgewehrt und zwei Tore kassiert. Als das Spiel nach der Pause auf der Kippe stand, schlug Neuers Stunde. Glänzend kratzte der Nationalkeeper eine Direktabnahme von Ujah von der Linie (58.). Nur eine Minute später war er auch gegen Risse zur Stelle und verhinderte erneut den 2:2-Ausgleich. Zwei Momente in 90 Minuten, die gleichzeitig entscheidend für den Spielverlauf waren. Guardiola wusste nach dem Spiel am Freitagabend, bei wem er sich bedanken musste.
Nur zwei Paraden pro Partie
Neuer spielt eine sehr solide Saison, aber Momente in der er sich auszeichnen kann, sind rar gesät. Das 0:0 gegen Mönchengladbach in der Hinrunde kommt einem in den Sinn, bei dem er mit mehreren Klasseparaden in der zweiten Hälfte den Punkt festhielt. Ansonsten? Wenig.
Neuer wehrt im Schnitt zwei Torschüsse pro Spiel ab. Kein Torwart in der Bundesliga muss seltener eingreifen. Bürki (4,5 Paraden), Fährmann (4,2), Trapp (4,1) und Sommer (4) sind laut Whoscored die Spitzenreiter. Alle 42 Minuten hält Neuer in der Bundesliga einen Ball. Spitzenreiter Bürki zum Vergleich alle 20 Minuten. Nur alle 109 Minuten fängt Neuer eine Flanke ab. Mit knapp 33 Pässen pro Partie belegt er immerhin Rang 7 unter den Bundesliga-Torhütern. Hinzu kommen einige Szenen, in denen er als Ausputzer weit vor dem eigenen Tor durchgebrochene Spieler stoppt oder Pässe erläuft und abfängt. Dass Neuer deutlich mehr ins Kombinationsspiel eingebunden ist als zum Beispiel Oliver Kahn, wird ihm dabei entgegenkommen, auch mental im Spiel zu bleiben.
Neuer hatte in seiner Anfangszeit durchaus in der ein oder anderen Szene mit Konzentrationsproblemen zu kämpfen. Immer mal wieder warf oder spielte er sich während eines Spiels einen Ball mit den Ersatzspielern oder Balljungen zu, damit er warm bleibt und das Gefühl für den Ball nicht verliert. Ein paar Patzer gab es trotzdem – meist jedoch ohne größere Folgen, weil viele Spiele bereits früh entschieden waren. Seit der Winterpause der Saison 2012/2013 gab es kaum nennenswerte Fehler. Neuer hat sich an den veränderten Spannungsbogen gewöhnt. Es ist ein Spagat. Im Alltag wird es bei sporadischen Momenten bleiben, in denen er in kritischen Situationen gefordert ist. So wie am Freitagabend gegen Köln. Aber er wird auch wissen, dass gerade am Ende einer Saison die Spiele kommen könnten, bei denen es dann sehr entscheidend auf ihn ankommt. So wie im Champions-League-Finale 2013. Oder im Pokalendspiel gegen Stuttgart wenige Tage später – die er beide entscheidend prägte. Vielfach wurde beschrieben, wie sehr Manuel Neuer mit seiner Spielweise das Torwartspiel mindestens modernisiert wenn nicht gar revolutioniert hat. Doch letztlich ist es nicht zuletzt der beschriebene Spagat, der den Torhüter Manuel Neuer heuer auszeichnet.
In der Zeit von Kahn hatte die Mannschaft nicht so Dominat gespielt wie heute meiner Meinung nach. Oli hatte schon mehr zu tun gehabt.
Es gibt nur sehr wenige Spiele wo Manuel Neuer seine Klasse zeigen kann aber es waren eben die entscheidenden Spiele gewesen. Die erste Halbzeit im CL Finale 2013 ist glaub ich einer diese Spiele gewesen wofür er letztlich auch Welttorhüter geworden ist.
Woran ich mich gerne zurück erinnere ist aber das Spiel gegen Algerien, seitdem trägt er auch International den Namen Sweeper Keeper.
In der Bundesliga war er aber schon öfters an der Mittelinie gewesen oder hat den Ball außerhalb der 16ners geklärt. Meine Lieblings-Aktion hat er im Spiel gegen Leverkusen (2:1 verloren) gebracht, als er 2 Spieler von Leverkusen umdribbelt hat in deren hälfte.
https://www.youtube.com/watch?v=1pa5qM3jGNo
“ Immer mal wieder warf oder spielte er sich während eines Spiels einen Ball mit den Ersatzspielern oder Balljungen zu, damit er warm bleibt und das Gefühl für den Ball nicht verliert.“
Das macht er mE. immer noch, zumindest aber während längerer Unterbrechungen.
Am Freitag musste ich zwischendurch mal schmunzeln, als es einen Rückpass in die eigene Hälfte gab und den dann Neuer annahm und weiterleitete – im Mittelkreis. ;-)
Was mir, ganz unabhängig von seiner Spielweise, an Neuer wahnsinnig gut gefällt, ist, dass er vor allem in den entscheidenden Spielen praktisch keine Fehler macht (ok, bei der Aktion gegen Higuain im WM-Finale hatte er etwas Glück, dass nicht auf Foul entschieden wurde). Eine besondere Qualität, die übrigens auch Jerome Boateng auszeichnet. Das gibt einem als Fan schon ein gutes Gefühl mit solchen Spielern hinten drin und da kann ich es auch leicht wegstecken, wenn in irgendeinem BL- oder CL-Vorrundenspiel mal ein Schnitzer drin ist.
Ich warte ja immer noch auf den Tag, dass der Neuer mal ein Dribbling a la Maradona oder Messi aus der eigenen Hälfte macht, alle Gegner inklusive Torwart ausspielt, und dann das Tor macht :D
Gibt es eigentlich einen Torwart, der physisch mit Neuer mithalten kann? Der Typ ist ja einfach nur ein Schrank.
Warum muss ich, als Hoffenheim Fan, bei der Frage mit Schrecken an die Zeit mit Babbel und Tim Wiese denken?
@Hans: Physisch finde ich Neuer nicht auffälliger als andere. Früher waren viele Torhüter noch deutlich muskulöser, aber die meisten Spitzenleute übertreiben es nicht mehr im Kraftraum zugunsten größerer Beweglichkeit (die „Lauterer Torwartschule“ vielleicht mal ausgenommen).
Nachtrag zu Neuers „Besonderheiten“: er bekommt fast keine Tore durch Fernschüsse. Bis zur Winterpause hatte er in der Bundesliga in den 3,5 Jahren bei Bayern weniger als 10 Tore durch Schüsse von außerhalb des Strafraums kassiert (im Spiel gegen Wolfsburg waren dann leider gleich mehrere dabei, wenn ich mich recht erinnere).
@Gunnar: Die wenigen Gegentore durch Fernschüsse liegen meiner Meinung nach schlicht an der Spielweise des FCB:
– generell wenige Gegentore
– bei den Gegentoren Häufungen bei Standards und Kontern, beides Situationen für Tore aus der Nähe.
Man kann hieraus also nicht ableiten, dass Neuer herausragend im Parieren von Fernschüssen wäre. (Ich weiß, dass hast du so auch nicht gesagt.) Hierfür müsste man sich seine Quote bei Fernschüssen anschauen.
Nichts gegen die Schikeria, aber ich schäme mich immernoch für das ‚Koan Neuer‘, was ja sogar weit bis in seine erste Bayern Saison rein ging. Ich erinnere mich gerne als Schalke 2011 gegen United gespielt hat und Neuer wie ein Irrer [fast] alles weggefischt hat und an den anschließenden Ritterschlag von Fergusson, den so nur ganz wenige bekommen.
Mittlerweile muss es eigentlich jedem Menschen schwer fallen Neuer nicht zu mögen, selbst der Anti-Bayern Fraktion. Immer geerdet aber bestimmt, emotional ohne kitschig zu werden und die Qualität als Torhüter wie kein zweiter.
Für mich eigentlich 1. Wahl als Kapitän wenn Lahm / Schweinsteiger mal nicht mehr sein sollten, leider aber nicht mehr ganz so gängig bei den Trainern.
Afaik ist er Kapitän in der Abwesenheit von Lahm und Schweinsteiger gewesen, zumindest bekam er immer die Binde wenn die beiden gefehlt hatten bzw SChweinsteiger ausgewechselt wurde… wer hat sie denn wenn beide nicht da sind gerade?