Bayern-Jena: Kantersieg trotz Gegenwehr
Die mit nun zwischenzeitlich 13 und 15 Punkten Abstand ärgsten Verfolger in der Meisterschaft, Frankfurt und Wolfsburg, spielen am Folgetag direkt gegeneinander und machen unter sich vermutlich nur noch den zweiten Champions-League-Platz aus. Auch wenn es für beide (Stand: vor dem Duell) noch 21 Punkte zu holen gibt.
Drei Wochen diverser Turniere mit den Nationalmannschaften
Nach drei Wochen Länderspielpause ging es in der Frauenfußball-Bundesliga wieder los. In der Zwischenzeit gewannen Viktoria Schnaderbeck, Manuela Zinsberger, Laura Feiersinger und Carina Wenninger den Cyprus Cup mit Österreich und groovten sich so für die EM-Quali ein. Die deutschen Nationalspielerinnen rund um Leonie Maier, Melanie Behringer und Sara Däbritz — bereits für Rio qualifiziert — mussten sich beim Freundschaftsturnier in den USA im Finale den Gastgeberinnen geschlagen geben. Die Bayern-Spielerinnen mit Restchancen auf Rio erlitten jeweils eine herbe Enttäuschung. Japan scheint den Generationenwechsel verpasst zu haben, womit Mana Iwabuchi nicht in Brasilien dabei sein wird. Auch Nora Holstad (Norwegen), Vanessa Bürki und Caro Abbé (Schweiz) sowie Vivianne Miedema (Niederlande) werden Olympia verpassen. Das einzige Team in der letzten europäischen Qualifikationsrunde ohne eine Bayern-Spielerin, nämlich Schweden, löste das letzte Ticket. Mit Olivia Schough stand immerhin eine ehemalige Rote im Kader des Turniersiegers. Eine ausgezeichnete und gewohnt launige Übersicht über die Turniere liefert Ballverliebt.
Falls Ihr es verpasst habt: Zurück zu Bayern gegen Jena
Die lange Unterbrechung so kurz nach der Winterpause ließ große Zweifel aufkommen, wie gut die Teams in den Spielrhythmus würden finden können. Doch Bayern fackelte nicht lange und lag schon nach gut 20 Minuten 3:0 in Führung. Kurz nach Anpfiff nahm Nicole Rolser Gina Lewandowski im Strafraum mit, die legte sich den Ball per Kopf zur Grundlinie vor, brachte die Pille am kurzen Pfosten zu Vivianne Miedema. Piffpaff. Drehschuss. 1:0 (2.). Wenig später wurde Sara Däbritz im Strafraum zu Fall gebracht: Schiedsrichterin Mirka Derlin zeigte auf den Elfmeterpunkt. Zwar hatte sich Stenia Michel im Tor des USV für die richtige Ecke entschieden, doch den Flachschuss ins rechte untere Eck setzte Bayern-Kapitänin Melanie Behringer zu platziert ab: 2:0 (10.). Das 3:0 besorgte erneut Miedema, die eine scharfe, äußerst flache Ecke Behringers direkt per Kopf im Tor unterbrachte (22.).
Jena hatte die Anfangsphase komplett verschlafen. Das Spiel schien schon früh entschieden, als Bayern ebenfalls die Übersicht bei der Verteidigung einer Ecke verlor — es sollte nicht das einzige Mal in diesem Spiel bleiben. Zentral vorm Tor konnte Rachel Melhado den Ball unbedrängt annehmen und den Anschlusstreffer markieren (24.). Behringer brachte eine weitere flache Ecke vors Tor, Lewandowski probierte es aus der Distanz, doch am Punktestand änderte sich vor dem Seitenwechsel nichts mehr.
🇩🇪 @VivianneMiedema hat-trick today. 👀 #AFBL pic.twitter.com/mPpPazL1Z1
— Womens Football Comp (@Jigsawwill) 19. März 2016
Obwohl Jena laut Anzeigetafel klar unterlegen war, machten die Gäste eigentlich ein ansehnliches Spiel und kamen auch zu der ein oder anderen Torchance. Zum Beispiel durch Lucie Voňková, die aus der Distanz auf den Kasten von Tinja-Riikka Korpela feuerte (53.). Die Hoffnungen darauf, es nochmal eng zu machen für den amtierenden Deutschen Meister, zerschlugen sich jedoch schon wenig später. Melhado missglückte ein Rückpass, bei dem sie Rolser übersehen zu haben schien. Die Bayern-Stürmerin legte den Ball an Verteidigerin und Torhüterin vorbei und konnte dann aufs leere Tor zielen. Das gelang ihr zwar auch, doch geizte sie beim Schuss derartig mit Schmackes, dass man nicht sicher sein konnte, ob nicht noch sieben Male die Sonne unter- und wieder aufgehen sowie eine Verteidigerin den Ball klären würde, bevor die Kugel endlich im Netz zappelte. Dem war nicht so: 4:1 (57.).
Anschließend verbuchte die Partie ein kleines Zwischentief. Viele hohe Bälle, Einwürfe und Ballverluste im zweiten Drittel statt Kombinationsfußball. Die Trainer versuchten, mit ihren Wechseln nochmal für neuen Schwung zu sorgen, was gelang. Schnaderbeck rückte teilweise bis in den Sechzehner mit vor und zog im Zusammenspiel mit Iwabuchi und Claire Falknor ein, zwei gute Angriffe auf. Eunice Beckmann versuchte einen Konter über die rechte Außenbahn per Weitschuss aus vollem Lauf zu veredeln und verzog. Leonie Maier verbuchte einen Schuss außerhalb des Strafraums und Holstad kam bei der anschließenden Ecke zu einer Kopfballchance. Doch es verblieb Miedema, sich erneut in die Torschützenliste einzutragen. Wieder legte ihr Behringer den Treffer per Ecke auf. Diesmal nutzte die Stürmerin jedoch den Fuß zum 5:1-Endstand (69.).
every chuck norris joke has to be rewritten. miedema be the name. i’m not sure she takes a singel breath p halftime https://t.co/02MYDvYiNm
— Jolle (@jollinski) 19. März 2016
3 Dinge, die auffielen
1. Jena presst hoch und verschiebt aggressiv zum Ball
Mit vier Toren Differenz fiel der Sieg etwas zu deutlich aus, denn Jena war mit einem klaren Matchplan nach München gereist.
Vielleicht war der Plan aber auch der falsche. Bei Bayern-Ballbesitz gingen die Gäste aggressiv und hoch ins Mittelfeldpressing. Die Bayern greifen ungern zum langen Ball und versuchen sich stattdessen in der Regel gepflegt hinten rauszukombinieren. Genau hier wollte Jena ansetzen, die Passoptionen nach dem ersten Ball zustellen, die Münchnerinnen zu Fehlern zwingen und so vielleicht direkt einen Ballgewinn im Angriffsdrittel im Tor unterbringen.
Aus der defensiven 4-4-2-Grundformation schob Arnold bzw. die ballnahe offensive Mittelfeldspielerin bei Abstößen Bayerns aus der zweiten Linie vor zu Voňková und Amber Hearn, um Teile der Abwehrkette Bayerns auf einer Seite zu isolieren. Die komplette Formation Jenas verschob ähnlich wie Roger Schmidts Leverkusen geschlossen auf die Ballseite und versuchte so einerseits, das Aufrücken der vorderen Spielerinnen im Mittelfeld auszubalancieren und andererseits Überzahlen am Ball zu schaffen. In gemäßigteren Defensivphasen wechselten sich Hearn und Voňková an der Spitze eines 4-4-1-1 ab, um Bayern nach außen zu leiten und hinten kompakt zu stehen.
Auch bei Einwürfen der Bayern verschob Jena aggressiv zum Ball, so dass der FCB sichtliche Schwierigkeiten hatte, den Ball ins Spiel zu bringen. Die ballfernen Anspielstationen konnte Bayern nur selten direkt nutzen. Dennoch fand der FCB Lösungen dagegen. Einerseits konnte das Team von Tom Wörle auf die eigene Ballsicherheit bauen. Im Kurzpassspiel gehört es sicher zu den besten Europas. Schnaderbeck und Holstad konnten sich mehrfach spielerisch aus Engen befreien. Ist der Ball erstmal bei Behringer, wird es mit dem Pressing ohnehin fast aussichtslos. Andererseits streute Korpela einige lange Bälle ein, um die Pressinglinie zu überspielen.
2. Im 3-3-4 ging Jena auch offensiv drauf
Gegen den Ball gliedern sich die Wingbacks Lewandowski und Maier für gewöhnlich in die Abwehrreihe ein. Aus der Dreierkette aus den drei Innenverteidigerinnen Schnaderbeck, Holstad und Abbé wird meist eine Viererkette mit einer zusätzlichen fünften Spielerin, die zum Ball rausschieben kann. Mit dieser Taktik gelang es den Bayern, die beste Defensive der Liga zu stellen. Erst sechs Gegentore mussten sie hinnehmen — und da ist der Treffer Melhados bereits eingerechnet. Die nächstbeste Abwehr kommt aus Wolfsburg und hat mit zwölf bereits doppelt so viele Tore kassiert.
Jena ging offensiv nun gleich mit vier Spielerinnen in der vordersten Linie auf die Bayern los. Jenas Viererkette wurde mit Ball aufgelöst, indem sich Linksverteidigerin Jana Sedláčková ins Mittelfeld zur Doppelsechs Silva-Landeka einreihte. Ex-FCB-Nachwuchsspielerin Ivana Rudelić auf dem linken und Julia Arnold auf dem rechten Flügel schoben in die Angriffslinie mit vor und banden so die Bayern-Abwehr. Holstad und Schnaderbeck mussten sich so beispielsweise gegnerorientiert um Voňková und Hearn kümmern, Abbé war durch Rudelić okkupiert und die herausgerückte Lewandowski konnte mit einem Ball auf die rechts durchstartende Arnold überspielt werden.
Allerdings gelang es Jena nicht, die Räume, die sie so öffneten, zu bespielen. Jeweils einen Moment zu lange waren die Gäste mit der Ballverarbeitung und Orientierung befasst, um die Bayern auf dem falschen Fuß zu erwischen. Ein zweites Problem Jenas war die flache Staffelung im Angriff gepaart mit der Ballsicherheit der Bayern. Die Roten mögen in der Abwehr unter Druck geraten sein, doch wenn im Mittelfeld zweikampfstarke Passmonster wie Behringer und Boquete bereitstehen, muss schon alles sitzen, um eine Seitenverlagerung auf den Rasen zu bringen. Statt hintenrum zu verlagern, wären Pässe in die Tiefe die bessere Option gewesen. Schließlich lauerten gleich drei bis vier USV-Spielerinnen an der Grenze zum Abseits auf Möglichkeiten.
Nach dem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer versuchte Hearn vermehrt, auf den rechten Flügel rauszukippen und Schnaderbeck aus der Position zu ziehen, während Arnold ins Zentrum rochierte. So gelang es Jena, mehr Bewegung in die Angriffe zu bringen, mehr Durchschlagskraft entwickelten die Gäste so jedoch nicht.
3. Veränderte Staffelung in Bayerns zentralem Mittelfeld
Für gewöhnlich übernimmt Melanie Leupolz den offensiveren Part der Doppelsechs an der Seite von Behringer. Leupolz stand zwar im Kader, nahm nach ihrer Sprunggelenksverletzung, die sie sich im Ligaspiel gegen Wolfsburg zugezogen hatte und wegen derer sie nicht mit dem Nationalteam in die USA gereist war, allerdings auf der Bank Platz. Für sie stellte Wörle Vero Boquete auf. Die Spanierin — sonst eher eine spielmachende Zehn — agierte überraschenderweise aber wesentlich tiefer als Leupolz, die sonst auf der Acht im Zehnerraum die Verbindungen in die Offensive herstellt. Gut möglich, dass Jenas hohe Positionen Boquete etwas zurückdrängten. Vielleicht war es aber auch beabsichtigt, denn die Angriffsreihe wies ebenfalls einige interessante Staffelungen auf.
Häufig spielt Bayern mit Miedema in der Sturmspitze unterstützt von zwei Achterinnen, die situativ die Flügel besetzen. Mit zwei Achterinnen geben die Wingbacks Lewandowski und Maier dann die Breite und übernehmen Vorstöße auf den Flanken bis zur Grundlinie. Spielt Lisa Evans, dann besetzt meist die Schottin konsequenter den Flügel, Maier kann dann beispielsweise von rechts ins Zentrum kippen und vorderlaufen. Diesmal spielten die Bayern mit Miedema und Rolser vermehrt mit einem Doppelsturm im 3-4-1-2, während sich Däbritz im rechten Halbraum häufig auf einer vertikalen Linie mit Rolser wiederfand.
Ob es dem Gegner, dem Personal oder der mangelnden Eingespieltheit geschuldet war, bleibt Spekulation. Allerdings lief der Ball in der Offensive nicht so flüssig wie sonst. Gina Lewandowski wurde nicht so stark eingebunden wie üblich, wodurch es auch weniger Angriffe über ihre Seite zu sehen gab. Wörle korrigierte dies in der zweiten Halbzeit, indem er Däbritz zentraler spielen ließ und sie nun auch häufiger im linken Halbraum zu finden war. Boquete und Däbritz spielten nun konsequent als Doppelacht, wodurch sich mit Sechserin Behringer eine 1-2-Staffelung ergab. Mit dem Wechsel von Claire Falknor für Boquete und Iwabuchi für Rolser verstärkten sich Linksfokus und Kombinationen nochmal.
Jena kam mit einigen guten Ideen nach München, ließ aus dem Spiel heraus wenig zu, schenkte die Tore dann aber zu leicht her. Zwei Tore nach Ecken, ein Elfmeter, ein katastrophaler Rückpass und dazu ein Tor gleich zu Beginn, als Jena scheinbar gedanklich noch in der Kabine war. So ist beim Deutschen Meister natürlich kein Punkt zu holen, obwohl man ihn spielerisch tatsächlich forderte. Die Bayern — und an erster Stelle natürlich Dreifachtorschützin Vivianne Miedema — nutzten ihre Chancen eiskalt und blieben im 39. Ligaspiel seit der Niederlage gegen Hoffenheim im Juni 2014 ungeschlagen.
FC Bayern München Frauen – FF USV Jena | |
---|---|
Bayern | Korpela – Lewandowski, Schnaderbeck, Holstad, Abbé, Maier – Behringer, Boquete (64. Falknor)- Däbritz – Miedema (73. Beckmann), Rolser (77. Iwabuchi) |
Bank | Zinsberger, Leupolz, Evans, Wenninger |
Jena | Michel – Sedláčková (60. van den Heiligenberg), Breitenbach, Melhado, Percival – Rudelić (70. Weiß), Silva, Landeka, Arnold – Voňková, Hearn |
Bank | Fischer, Martin, Krafczyk |
Tore | 1:0 Miedema (2.), 2:0 Behringer (10., Elfmeter), 3:0 Miedema (22.), 3:1 Melhado(24.), 4:1 Rolser (57.), 5:1 Miedema (69.) |
Karten | Gelb: – / Melhado (9.) |
Schiedsrichterinnen | Mirka Derlin (Bad Schwartau), Franziska Wildfeuer (Ruhmannsfelden), Anke Hölscher (Ihlow) |
Zuschauer | 520 |