Bayerische Achillesferse – die Ribery Verletzung
Die Verletzungshistorie der Saison 2014/15
Die Verletzung des Sprunggelenks behindert Franck Ribery mittlerweile seit dem 11. März, dem Champions League Achtelfinalrückspiel gegen Schachtar Donezk. Ribery schoss noch das 3:0 in der 49. Minute und bereite wenig später das 4:0 vor, als er kurz nach einem Tackling ‚leicht angeschlagen‘ das Feld verlassen hatte. Damals wurde zunächst eine leichte Sprunggelenkblessur diagnostiziert. Eine Fehleinschätzung, wie sich erst Wochen später herausstellte. Knapp vier Wochen gingen die Münchner noch immer nur von einer Stauchung aus. Was dazu führte, dass Ribery immer mal wieder auf dem Platz trainierte und zumindest öffentlich vermittelte, immer kurz vor dem Wiedereinstieg ins Mannschaftstraining zu stehen. Die eigentliche Verletzung konnte aber nie völlig abklingen. Folglich kamen noch Folgeverletzungen hinzu, wie eine Kapselentzündung im Sprunggelenk. Negativer Höhepunkt der Fehleinschätzung waren Medienberichte, wonach es sich bei Franck Riberys Fußverletzung sogar um einen Riss im Sprunggelenk gehandelt haben könnte. Demzufolge eine schwerwiegende Verletzung, die absolute Ruhigstellung benötigt hätte, wie sie jetzt durch die Knochenhautentzündung im Sprunggelenk ohnehin nötig geworden ist.
Schließlich ist das Sprunggelenk ein sehr bedeutsames Körperteil. Es ist das Verbindungsgelenk zwischen Unterschenkel und Fuß. Für einen Fußballspieler also von enormer Bedeutung, da es auch im Vergleich zu anderen Sportarten höheren Belastungen ausgesetzt ist. Durch die verschiedenen Formen der Beanspruchung beim Fußball und die unterschiedliche Ausbildung von Bandverbindungen ergeben sich mannigfaltige Verletzungsmöglichkeiten, besonders „Verstauchungen“ und das „Umknicken“ des Gelenks kommen oft vor.
Der Verein machte indes keine gute Figur, als während der Behandlungsphase von Ribery der langjährige Chefarzt Müller-Wohlfahrt den Verein verließ. Hinzu kam die sportlich angespannte Situation nach Niederlagen in der Champions League (Porto), in der Bundesliga (u.a. Gladbach) und dem Ausscheiden im DFB-Pokal. Diese wiederum lassen sich zum Teil durch die Vielzahl an Ausfällen erklären. Kein Wunder, dass der Verein und die sportliche Leitung an einem schnellen Comeback seiner besten Spieler interessiert war und ist. Das ‚fit bekommen‘ von Ribery (und Robben) stand dabei immer Mittelpunkt. Daher ist es durchaus verständlich, dass gerade in der Schlussphase der Saison möglichst kurzfristig gedacht wurde. Ebenjenes Handeln entwickelt sich aber zum Bumerang, da Ribery jetzt auf unbestimmte Zeit ausfällt.
Verletzung | Ausfallzeit | Verpasste Spiele |
---|---|---|
Rückenprobleme | 39 Tage | WM für Frankreich |
Patellasehnenprobleme | 22 Tage | 4 |
Patellasehnenprobleme | 31 Tage | 6 |
Muskelverletzung | 12 Tage | 3 |
Sprunggelenksverletzung(en) | 141 Tage (+) | 16 |
Quelle: Transfermarkt.de |
Sportlich indes war es für den 32-jährigen Ribery ein verlorenes Jahr. Er spielte nur in 23 Partien, wobei er immerhin 9 Tore und 10 Vorlagen lieferte. Allerdings fehlte er auch in 29 Spielen und konnte in der Bundesliga nur 9 Spiele von Beginn an bestreiten. Obwohl er sich im Sommer entschied die WM für Frankreich aufgrund von Rückenproblemen nicht zu spielen und sich komplett aus der französischen Nationalmannschaft zu verabschieden. Seinen Körper zu schonen war ihm wichtiger als das große Turnier in Brasilien. Allerdings gab es schon damals einen Streit zwischen dem französischen Nationalmannschaftsarzt und dem damaligen Arzt der Münchner Müller-Wohlfahrt. Im Kern ging es um den Einsatz von Actovegin beim Franzosen. Zwar konnte Ribery die Rückenprobleme über den Sommer auskurieren, doch fehlte er zum Saisonstart aufgrund von einer Reizung der Patellasehne, auch bekannt als Kniescheibenband. Dieses hat zur Aufgabe die Kniescheibe am Scheinbein zu fixieren. Häufig entstehen Reizungsverletzung aufgrund von Überbelastungen. Wohl auch bei Ribery im Spätsommer 2014. Ab dem 8. Bundesligasspieltag war auch diese Verletzung des Franzosen auskuriert und er spielte bis zum Ende der Hinserie durch. Dies war zugleich die sportlich erfolgreichste Zeit der Bayern in der abgelaufenen Saison. Sie erspielten sich in der Bundesliga einen großen Vorsprung und qualifizierten sich souverän fürs Champions League Achtelfinale.
Den Start der Rückrunde verpasste Ribery. Es folgten nur vier Punkte aus drei Spielen. Anschließend fanden die Münchner auch Dank Ribery wieder in die Spur – zum Teil mit hohen Siegen gegen den Hamburger SV, Köln und in Paderborn. Bis schließlich zum bereits erwähnten Spiel gegen Donezk. Der Rest ist Geschichte. Der FC Bayern erreichte noch mit Mühe das Champions League Halbfinale und rettete den Vorsprung in der Meisterschaft, aber der ganz große internationale Triumph blieb den Münchnern verwehrt. Der FC Bayern gewann von den 23 Spielen mit Ribery Beteiligung 20 Spiele, spielte 2 Unentschieden (in Gladbach und in Donezk) und verlor lediglich das sportlich bedeutungslose letzte Gruppenspiel in der Champions League in Manchester. Dies zeigt noch immer den enormen Stellenwert, den der Franzose im Spiel der Münchner einnimmt.
Der sportliche Ausblick 2015/2016
Der FC Bayern hat gezeigt, dass er trotz aller Probleme in der abgelaufenen Saison sportlich eine sehr gute Rolle spielen kann. National wie auch international. Eine souveräne Meisterschaft und zwei Halbfinalteilnahmen in den Pokalwettbewerben sind ein sehr achtbares Ergebnis. Die Verantwortlichen und viele Fans können die Saison gedanklich abschließen, indem sie sich an den Gedanken klammern, was möglich gewesen wäre, wenn alle Spieler fit geblieben wären. Doch Fußball wird nicht im Konjunktiv betrieben. Keine Frage: Die Anlagen sind mehr als gut – auch in der kommenden Saison. Indes bleibt aber den Fußballgrößen Schweinsteiger, Lahm, Robben und Ribery wohl nur noch ein maximal zwei Jahre für den erneut großen Wurf, der sich wohl mit einer erneuten Finalteilnahme in der Champions League quantifizieren lässt. Spätestens ab 2016 bzw. 2017 wird dann dem FC Bayern ein größerer Umbruch ins Haus stehen. Nicht nur von der spielerischen Qualität, sondern auch von der gesamten Hierarchie innerhalb der Mannschaft.
Franck Ribery könnte der erste Dominostein innerhalb dieses Umbruches sein. Ribery fehlte in den letzten 365 Tagen insgesamt aufgrund von verschiedener Verletzungen für insgesamt 231 Tage, also knapp zwei Drittel des gesamten letzten Jahres. Dies kann freilich nicht als Sargnagel für Riberys sportliche Karriere genutzt werden, doch ist der FC Bayern in einer Zwickmühle. Er kann gegenwärtig den Ausfall seiner Flügelspieler nur unzureichend kompensieren. Auf anderen Positionen gelingt ihm das besser – siehe die lange Leidenszeit von Holger Badstuber oder Thiago. Der erneute Rückschlag bei Ribery und der wohl verpasste Saisonstart verschärfen die Thematik erneut.
Dass ein Flügelspieler verpflichtet werden soll, scheint wohl weitestgehend beschlossene Sache zu sein. Alleine die Möglichkeiten lassen viele Handlungsspielräume zu. Ein Spieler wie Felipe Anderson könnte im Rücken bzw. neben Ribery durchaus in Ruhe 1-2 Jahre reifen. Allerdings schlug der Versuch mit Xherdan Shaqiri unlängst fehl, eine Lösung hinter Ribery und Robben selbst aufzubauen. Anderseits könnte ein international renommierter Spieler wie Di Maria ein gehöriges Ungleichgewicht im Kader schaffen. Erst vor Kurzem äußerte sich der Franzose über seinen Landsmann Antoine Griezmann, der ebenfalls von Bayern München umworben sein soll, sehr kritisch. Er verwies auf viele Namen, die bei großen Klubs wie Bayern, Barcelona oder Madrid gescheitert sind, weil sie mit der Konkurrenzsituation nicht klar kamen. Von diesen Spielern hat man ‚danach nie wieder was gehört‚. Ribery indes gilt als sehr sensibler Akteuer, der viel Aufmerksamkeit von Trainer, sportlicher Führung und den Fans beansprucht, um seine Leistung bringen zu können. Dies lässt sich auch indirekt an den Aussagen über Griezmann herauslesen. Es darf zumindest angezweifelt werden, ob sich Ribery in einer 1b-Rolle mit Griezmann oder Di Maria fügen würde. Zu groß erscheint dafür sein Ego (noch) zu sein. Ein relativ geräuschloser Abgang, wie ihn unlängst Gerrard in Liverpool oder Xavi in Barcelona feierten, ist mit dem Franzosen aktuell kaum denkbar.
An dieser Stelle ist es an der sportlichen Leitung um Matthias Sammer eine Entscheidung zu treffen. Es gilt eine Abwägung zu treffen, die all die genannten Aspekte berücksichtigen muss. Allen voran die Einschätzung um den Gesundheitszustand von Franck Ribery. In den letzten drei Spielzeiten litt der Franzose an 17 mal mehr oder weniger großen Verletzungen. Darunter einigen chronischen Problemen am Knie und im Rücken. Daher muss der Verein beurteilen, wie viele Spiele Franck Ribery noch im Tank hat. Das er eine Saison nochmals nahezu verletzungsfrei bestreiten kann, dürfte ausgeschlossen sein. Demgegenüber stehen aber die sehr guten Zahlen des Franzosen, wenn er wirklich spielfähig war. Egal wie die Abwägung ausfällt, eine harte Entscheidung ist es allemal. Es könnte die Achillesferse der Saison 2015/16 werden.