Bayer Leverkusen – FC Bayern München 3:5 n.E. (0:0)
Falls ihr es verpasst habt:
Bereits vor dem Spiel war klar, dass der FC Bayern auf Co-Kapitän Schweinsteiger verzichten musste. Für ihn rückte wie erwartet Götze in die Startelf. So entstand im Vergleich zum 3-5-2 am Wochenende gegen Dortmund ein klares 3-4-1-2 mit einem etwas versetzten Götze hinter den beiden Angreifern Müller und Lewandowski. Bei Leverkusen begann erneut Castro auf der zentralen offensiven Mittelfeldposition. Neben ihm sollten, wie zuletzt beim 4:0-Erfolg gegen den HSV, Bellarabi und Brandt für Wirbel sorgen. Calhanoglu blieb dafür auf der Bank.
Zu Beginn entwickelte sich das erwartete Spiel. Leverkusen setzte auf ein konsequentes Mittelfeldpressing mit situativen Gegenpressing-Elementen und lauerte auf Umschaltsituationen, die vor allem über die Flügel vorgetragen wurden. Die Münchner versuchten sich spielerisch durchzusetzen und bauten auf Grund des im Vergleich zum Dortmund-Spiel etwas geringeren Drucks im Spielaufbau auf längere Ballzirkulationen. Leverkusen wirkte zu Beginn gefährlicher. Lahm hatte ein wenig Glück, dass ein Zweikampf mit viel Kontakt gegen Castro von Schiedsrichter Zwayer nicht als elfmeterwürdiges Foul gewertet (12.) wurde.
Das Spiel war zwar durchaus intensiv, blieb aber lange ohne jegliche Torszenen. Nach 33 Minuten musste zu allem Überfluss auch noch Benatia verletzt runter. Guardiola brachte Rode, der ins Mittelfeld rückte und stellte in der Folge auf eine Viererkette um. Die erste Riesenchance vergab Thomas Müller, der nach einer Bernat-Flanke sechs Meter vor dem Tor frei zum Schuss kam, aber an Leno scheiterte.
Nach der Pause wurde Bayern insgesamt sicherer im Ballvortrag und übernahm ab der 50. Minute stärker das Kommando. Auch die Chancen mehrten sich nun. Götze vergab eine gute Kopfballgelegenheit (52.). Lewandowski schaltete nach einer Bernat-Hereingabe zu langsam (54.) und in der 59. Minute pfiff Schiedsrichter Zwayer einen Kopfballtreffer des Polen zurück, weil dieser Toprak leicht berührt hatte. Eine harte Entscheidung.
Auch Leverkusen setzte Nadelstiche. Neuer vereitelte jedoch unter anderem eine glänzend herausgespielte Schusschance von Bellarabi (64.). Im direkten Gegenzug regierte Leno herausragend gegen einen Flachschuss von Lewandowski. Spätestens jetzt war es zwar kein hochklassiger, aber doch ein ziemlich packender Pokalfight. Erneut war es in der 77. Minute Neuer, der einen Schrägschuss von Bellarabi abwehrte. Der eingewechselte Thiago hatte zuvor den Ball verloren. Kurz vor Schluss vereitelte Rafinha mit einer Grätsche den späten Siegtreffer von Brandt. (90+1). Kurz vor dem Beginn der Verlängerung hätte sich Thiago über einen Platzverweis nicht beschweren können, als er Kießling mit hohem Bein am Brustkorb traf. Zwayer legte hier offenbar zugunsten von Thiago aus, dass er Kießling beim Versuch der Ballannahme in der Luft im Rücken nicht gesehen hatte und so keine Absicht unterstellte.
In der Verlängerung vergab Götze in der 97. Minute eine hundertprozentige Chance, als er eine Flanke von Rafinha aus drei Metern volley am realativ leeren Tor vorbeischoss. In der Verlängerung war das Spiel im Prinzip ein offener Schlagabtausch. Bernat scheiterte in der 111. Minute an Leno. Brandt in der 118. an den Nerven, als er frei auf Neuer zu lief.
Am Ende ging es ins Elfmeterschießen. Neuer hielt gleich den ersten Schuss vom Leverkusener Drmic und die fünf Bayern (Müller, Lewandowski, Alonso, Götze und Thiago) gaben sich keine Blöße. Der Schlusspunkt unter einen spannungsgeladenen Fußball-Abend. Im Halbfinale Ende April wartet nun Borussia Dortmund.
Drei Dinge, die auffielen:
1. Hut ab
Dieser Halbfinal-Einzug ist keine Selbstverständlichkeit und er sagt viel über den Charakter dieser Bayern-Mannschaft aus. Kein Schweinsteiger, kein Ribéry, kein Robben, kein Martínez, kein Alaba. Noch längst nicht wieder komplett spiel-fitte Rückkehrer wie Lahm, Thiago oder Badstuber. Ein verletzter Benatia nach nicht einmal 40 Minuten. Ein angeschlagener Boateng, der fast eine Stunde lang mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Platz blieb – und trotzdem kam dieses Team nach 120 kampfbetonten Minuten irgendwie durch. Natürlich erlebt der FC Bayern spielerisch nicht die beste Phase dieser Saison – eher im Gegenteil. Vor Guardiola liegt noch viel Arbeit wenn er die hochgesteckten Ziele in dieser Saison erreichen will.
Trotzdem muss der Mannschaft für die 120 Minuten und das fehlerfreie Elfmeterschießen am Mittwoch-Abend ein großes Kompliment gemacht werden. Die physische und mentale Müdigkeit ist den verbliebenen Spielern anzumerken. Viele von Ihnen haben zudem sicher in den vergangenen 2-3 Jahren weitaus wichtigere und emotionalere Spiele erlebt als dieses DFB-Pokalviertelfinale. Trotzdem gaben die Münchner gegen einen starken Gegner keinen Zentimeter Preis, nahmen das körperliche Auftreten der Leverkusener an und hatten – was Großchancen angeht – in den 120 Minuten vielleicht sogar ein leichtes Plus.
Wie souverän und sicher Müller, Lewandowski, Alonso, Götze (mit Einschränkungen) und Thiago ihre Elfmeter zum Schluss verwandelten, war ebenfalls bemerkenswert. Bei aller Kritik im Detail, die hier jetzt und in den kommenden Wochen sicher nicht zu kurz kommen wird, bleibt nach diesem Spiel auch einfach mal folgendes zu sagen: Hut ab.
2. Alonso steigert sich
Xabi Alonso zeigte nach einigen schwachen Auftritten zuletzt gerade nach der Verletzung von Benatia und der damit einhergehenden Systemumstellung sein wohl stärkstes Spiel in der Rückrunde. Alonso gelang es zuletzt immer seltener, seine Defizite in Sachen Schnelligkeit, direkte Zweikampfführung und Entscheidungssicherheit unter Druck zu verstecken. Auch gegen Leverkusen begann die Partie zunächst eine Spur zu hektisch und schnell für Alonso. Erst nachdem Guardiola nach Benatias Verletzung auf eine Viererkette umstellte, bekam Alonso mehr Raum und auch mehr Zeit, um aus einer tieferen Position seine Stärken zur Geltung zu bringen.
Die Erklärung: Mit einer Dreierkette im Rücken spielt der Spanier weiter vorgezogen. Viele Pässe bekommt er bereits mit Blick auf seine Hintermannschaft und dem Rücken zum gegnerischen Tor. Er muss sich drehen, vielleicht sogar mal einen Gegner aussteigen lassen, um das Spiel vor sich zu haben. Mit der Viererkette im Rücken und zwei weit aufgerückten Flügelspielern kippte Alonso hingegen immer wieder zwischen die nun deutlich breiter stehenden zwei verbliebenen Innenverteidiger ab. So konnte er das Spiel mit dem Ball am Fuß und viel Raum vor sich von hinten heraus ordnen und anleiten. Auch im Defensivspiel agierte er nun viel zurückgezogener, rückte immer wieder in die Abwehrkette ein und rückte von dort aus bei Bedarf vor. Dies lag ihm deutlich mehr als die intensiven Zweikämpfe im Mittelfeldzentrum oder das punktgenaue Vorrücken im Gegenpressing häufig weit in der gegnerischen Hälfte. Auch Alonsos sehr passables Kopfballspiel kam in der tieferen Position viel mehr zur Geltung. Rode mit seinem sehr physischen und zweikampfintensiven Spiel entpuppte sich hier als passende Ergänzung. Dass es Leverkusen unterließ Bayerns Nummer 3 früh zu pressen und so seine Handlungsschnelligkeit immer wieder herauszufordern tat sein Übriges.
Alonso hatte mit Abstand die meisten Ballkontakte (154), die meisten erfolgreichen Pässe (104), gewann die meisten Zweikämpfe (20/29), die meisten Kopfballduelle (9), blockte drei Schüsse, fing vier Bälle ab und klärte fünf Mal den Ball. Dazu kamen drei Torschuss-Vorlagen und der verwandelte Elfmeter. Trotz insgesamt zu vieler Fehlpässe und der ein oder anderen Unsicherheit ein gutes Allround-Game des Routiniers.
So wie am Mittwoch-Abend kann Alonso durchaus eine wichtige Stütze in den anstehenden Spielen gegen Porto und darüber hinaus sein. Momentan muss er das auf Grund der Verletzung von Schweinsteiger und dem Fitnesszustand von Thiago und Lahm ohnehin.
3. Wenig Automatismen im Konter
Es wurde im Spiel gegen Leverkusen sehr auffällig, wie wenig eingespielt und einstudiert Bayerns Konterspiel mit dieser Spielerkonstellation ist. Mehrfach boten sich den Münchnern gute Möglichkeiten, wenn ein riskantes Gegenpressing der Hausherren ins Leere lief. Vor allem wenn Linksverteidiger Wendell weit aufgerückt war boten sich Räume. Was fehlte, war ein Plan, um diese Optionen zu nutzen. Bayerns Konter wirkten konfus. Mehrfach liefen Götze oder Müller weiten Bällen hinterher, die im Seitenaus landeten. Noch in der Verlängerung ergaben sich mehrere gute Möglichkeiten im Gegenstoß, die an falschen Laufwegen oder ungenauen Pässen scheiterten.
Auch wenn der logische Weg in Richtung Lewandowski gesucht wurde, der glänzend darin ist Bälle zu verarbeiten und weiterzuleiten, klappte es häufig nicht. Exemplarisch sei eine Szene in der 42. Minute zu nennen. Bayern eroberte den Ball, Alonso sollte den Konter einleiten, weil vorne eine 3:3-Situation entstand. Er drosch den Ball aber so scharf und halbhoch in Richtung des Angreifers, dass dieser nicht in der Lage war den schwierigen Ball kontrolliert zu verarbeiten. Chance dahin. Die Sicherheit und die Automatismen in den Abläufen nach Ballgewinn fehlten.
Die Frage ist ohnehin, ob die Münchner ohne Robben und Ribéry das passende Spielermaterial für eine solche Spielweise haben. Nur im Auswärtsspiel gegen sehr offene Bremer gelangen mehrere klassische Kontertore. Müller, Götze und Lewandowski sind sicher nicht langsam, aber eben auch keine Sprinter wie die zuvor genannten Kollegen oder Leverkusens Bellarabi. Trotzdem sollte Guardiola in den kommenden Wochen viel Wert darauf legen den ein oder anderen Spielzug einzustudieren. Es spricht viel dafür, dass der Rekordmeister auch in den kommenden Wochen auf Grund der vielen Verletzungen weniger dominant auftreten wird als zum Beispiel in der Hinrunde. Die ein oder andere Konterchance könnte hier eine wichtige Variante werden. Vor allem bei im Idealfall nun beginnenden fünf englischen Wochen in Folge.
Bayer Leverkusen – FC Bayern München 3:5 n.E. (0:0) | |
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Leverkusen | Leno – Hilbert, Toprak, Spahic (90. Papadopoulos), Wendell – Rolfes (99. Calhanoglu), Bender – Bellarabi, Castro, Brandt – Kießling (90+4 Drmic) |
Bank | Kresic – Donati, Jedvaj, Reinartz |
FC Bayern | Neuer – Benatia (34. Rode), Boateng (118. Badstuber), Dante – Rafinha, Alonso, Lahm (68. Thiago), Bernat – Götze, Müller, Lewandowski |
Bank | Reina – Weiser, Gaudino, Pizarro |
Tore | Elfmeterschießen: 0:1 Müller, Neuer hält gegen Drmic, 0:2 Lewandowski, 1:2 Bender, 1:3 Xabi Alonso, 2:3 Castro, 2:4 Götze, 3:4 Calhanoglu, 3:5 Thiago. |
Karten | Gelb: Bender, Jedvaj, Toprak, Papadopoulos / Dante, Müller, Thiago |
Zuschauer | 30.210 |
Schiedsrichter | Felix Zwayer (Berlin) |