FC Bayern München 5:0 SC Freiburg (2:0)

Tobi Trenner 14.10.2017

Falls ihr es verpasst habt:

Jupp Heynckes wechselte im Vergleich zur einzigen Startelf der Ära Sagnol nur zweimal: So ersetzte Thiago Alcantara im Mittelfeld Corentin Tolisso, während auf dem linken Flügel der verletzte Franck Ribery von Kingsley Coman vertreten wurde.

FC Bayern - Freiburg, GrundformationenFC Bayern München – SC Freiburg, Grundformationen

Auch Christian Streich, Trainer der Gäste, änderte seine Aufstellung kaum. Im Vergleich zum 3:2-Sieg über Hoffenheim rotierte lediglich Ryan Kent für Marco Terrazzino in die erste Elf, die erneut mit einer Dreierkette auftrat.

Die Bayern begannen druckvoll. Sie gingen früh und hoch ins Gegenpressing und kamen so nach nur zwei Minuten erstmals in des Gegners Strafraum, jedoch ohne einen Schuss abgeben zu können.

Es waren aber die Freiburger, die in der 6. Minute aus dem Nichts eine riesige Torchance hatten. Nach einem Ballverlust von Kimmich war Ryan Kent frei vor Ulreich, der Torhüter parierte den Schuss mit dem linken Fuß. Sekunden später fand Arjen Robben keine Lösung im Strafraum.

Die actionreiche Anfangsphase nahm ihren Lauf. Bayern gewann den Ball durch aggressives Pressing in Strafraumnähe, auf dem linken Flügel erhielt der überlaufende Alaba den Ball von Coman. Die darauf folgende Hereingabe auf Müller wurde letztendlich von Julian Schuster ins eigene Netz befördert – eine frühe Führung der engagiert auftretenden Bayern (8.).

Auch wenn es sich die Freiburger sicherlich gewünscht hätten, der Druck nahm nach dem Treffer nicht ab. Thiago aus der Distanz und Martinez nach einer Ecke konnten ihre Halbchancen nicht verwerten. Die Gäste waren mit dem intensiven Pressing völlig überfordert, der FCB schnürte sie in ihre eigene Hälfte ein – ohne nennenswerte Chancen zu erspielen.

Nach einer einseitigen halben Stunde verweigerte Alaba in einer Umschaltsituation den Schuss von der Strafraumkante. Er wollte den Ball stattdessen zurück zu Lewandowski schieben, was misslang. Kurz danach begannen die Freiburger mutiger aufzutreten. Plötzlich tauchten sie immer wieder im Münchner Strafraum auf, insbesondere Ryan Kent brachte Unruhe ins Spiel. Die größte Möglichkeit dieser Phase vergab jedoch Mike Frantz per Kopf.

Nun wurde deutlich: zwar wollen die Bayern, aber sie können noch nicht alles. Unter Druck gab es immer wieder unnötige Fehlpässe, meist von Joshua Kimmich. Man verlor zusehends die Souveränität, es bedarf regelmäßiger Rettungsaktionen der Zweieinhalb-Kette Boateng, Hummels und dem vorgezogenen Martinez.

Wie es an guten Tagen aber läuft, befreite sich der FCB aus der Druckphase mit einem Tor. Robbens Schuss nach altbekanntem Schema wurde von Schwolow noch abgeblockt, den Abpraller verwertete jedoch Kingsley Coman mit einem technisch sauberen Kopfball (43.). Eine beruhigende Führung?

Thomas Müller freut sich über das Führungstor.
(Foto: Adam Pretty / Bongarts / Getty Images)

Beide Trainer verzichteten in der Halbzeitpause auf personelle Änderungen. Die zweite Hälfte begann mit simplen Fehlpässen und Ballverlusten beider Teams. Der FC Bayern musste sich zurück in die Intensität der ersten 20 Minuten arbeiten – kein leichtes Unterfangen.

Gütige Mithilfe gab es dann fast in der 59+1. Minute, als der Schiedsrichter ein Handspiel von Söyüncü ahndete und auf den Elfmeterpunkt zeigte. Nach Analyse der bewegten Bilder änderte er diese Meinung jedoch. Zwar berührte der Freiburger Verteidiger den Ball mit der Faust, elfmeterwürdig war dies aber nicht wirklich.

Keine zwei Minuten später musste Schwolow dann doch hinter sich greifen. Thiago Alcantara drückte den Ball unwiderstehlich aus der Distanz ins untere Eck (63.). Das 3:0 für den FCB und damit die vorzeitige Entscheidung. Leider musste Javi Martinez im Anschluss das Spielfeld aufgrund einer Schulterverletzung verlassen. Für ihn kam Rudy, während bei Freiburg nun Nils Petersen den Sturm besetzte.

Das Spiel drohte nun völlig einzuschlafen, bis Robert Lewandowski als Wecker diente. Thomas Müller eroberte den Ball von Söyüncü und brachte das Rund umgehend zum Polen, der zum 4:0 einschob (76.). Kurz darauf gab es von den Tribünen tosenden Applaus für Müller, als dieser für Tolisso Platz machte. Falls es einen Konflikt zwischen Müller und Ancelotti gegeben haben sollte, der Sieger der Herzen scheint klar.

In der Schlussphase wurden einige Möglichkeiten zum 5:0 vergeben: erst Julian Schuster, der fast einen Eigentor-Doppelpack erzielt hätte, dann Tolisso, schließlich Robben. Praktisch mit dem Schlusspfiff war es dann soweit, Joshua Kimmich vollendete aus der Drehung mit dem Absatz (90.). So wurde es bei der Rückkehr des Trainerfuchses ein klares 5:0, welches die Münchner Seelen beruhigen dürfte, zugleich aber auch zeigte, dass noch eine Menge Arbeit auf das “neue” Trainergespann wartet.

Drei Dinge, die auffielen:

1. Party like it’s 2013?

Die Münchner Grundstruktur war der 2013er-Formation sehr ähnlich. Die Außenverteidiger rückten häufig vertikal auf, Thiago und Martinez bildeten eine glasklare Doppelsechs mit eindeutig verteilten Rollen, Thomas Müller war der Pendelverkehr zwischen Arjen Robben und Robert Lewandowski.

Ganz besonders profitierten Kingsley Coman und David Alaba von der taktischen Änderung, das geradlinige Zusammenspiel der beiden funktionierte hervorragend. Dennoch waren die Grundprobleme der letzten Wochen und Monate nicht gänzlich verschwunden. Mit dem Ball fehlte es der Mannschaft noch an Kreativität und Automatismen, man kombinierte sich nur selten zu Chancen.

Das aggressive, hohe Pressing im Spiel gegen den Ball wirkte überraschend einfach gegen verunsicherte Freiburger. Die Bayern waren aber unter Druck nicht wesentlich sicherer, es gelang den Gästen einfach nur wesentlich seltener, den Gegner in echte Drucksituationen zu bringen – was aber auch daran lag, dass die Bayern ihr Passspiel etwas konstanter aufzogen als zuletzt.

Insofern war die Rückkehr von Heynckes keine taktische Revolution. Nicht zuletzt aufgrund der minimalen Vorbereitungszeit deutete sich hier an, dass die Weiterentwicklung der Mannschaft häppchenweise erfolgen wird. Es ist schlicht unmöglich vorauszusagen, wie lange dieser Prozess dauern wird. Eine Sache von wenigen Wochen wird es aber nicht werden, wenngleich erste Ansätze zu erkennen waren.

2. Ala-back?

Es waren nur 90 Minuten. Doch was der Österreicher auf der linken Seite zeigte, machte Mut. Taktisch tat ihm die Rolle als Vertikalmonster sichtlich gut, die körperlichen Abläufe sahen eingeübt und sicher aus, was in den letzten 18 Monaten nicht immer der Fall war. Er harmonierte mit Coman, man stand sich nicht gegenseitig auf den Füßen und blieb dank der variablen Laufrouten des Linksverteidigers unberechenbar.

David Alaba zeigte sich stark verbessert.
(Foto: Adam Pretty / Bongarts / Getty Images)

Ebenso offensichtlich war die mentale Befreiung. Alaba agierte befreit und selbstbewusst, was sich offensiv wie defensiv bemerkbar machte. Den Vergleich zum Gegenüber, Joshua Kimmich, gewann er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder. Der Weg des David Alaba zurück zur Weltklasse ist noch ein langer, aber ein unmöglicher ist er mit einem Förderer als Trainer keineswegs.

3. Wieder auf Anfang

Wir haben vor einigen Wochen davon gesprochen, dass der FC Bayern Schritt für Schritt zurück zu alter Stärke kommen muss. Zwischenzeitlich sah es danach aus, dass die Münchner Fortschritte erzielen, doch spätestens nach den letzten Wochen war klar: unter Ancelotti wird das nichts mehr.

Nun ist Jupp Heynckes da und wir reden wieder über erste Schritte. In Ansätzen zeigten die Bayern gegen den SC Freiburg eine ansprechende Leistung. Die Einstellung stimmte erstmals seit längerer Zeit wieder und auch taktisch gab es kleine Verbesserungen. Die Einbindung der Flügelspieler, Kombinationen durch die Halbräume und nicht zuletzt das aggressive Pressing zählen dazu.

Euphorie sollte es dennoch nicht zu schnell geben. In den nächsten Wochen wird das Trainerteam Automatismen installieren und trainieren müssen. Gerade im letzten Drittel müssen die Lösungen noch kreativer werden. Es waren wieder 29 Flanken gegen den SC Freiburg und immer noch zu wenig zwingende Chancen aus dem Spiel heraus. Allerdings ist das natürlich meckern auf hohem Niveau, wenn der neue Trainer erst eine Trainingswoche hatte. Umso spannender werden die nächsten Wochen, in denen nach dem ersten Schritt nun auch weitere folgen sollen.

3.1: Willkommen zurück, Jupp Heynckes und Peter Hermann!

FC Bayern – SC Freiburg 5:0 (2:9)
FC Bayern Ulreich – Kimmich, Boateng (82. Süle), Hummels, Alaba – Martínez (70. Rudy), Thiago – Robben, Müller (78. Tolisso), Coman – Lewandowski
Bank Starke – Rafinha, James, Wriedt
SC Freiburg Schwolow – Lienhart, Schuster, Söyüncü – Frantz (71. Ravet), Stenzel, Günter, Höfler – Niederlechner (76. Terrazzino), Kent (66. Petersen) – Haberer
Bank Koch, Gikiewicz, Kübler, Kath
Tore 1:0 Schuster (8., ET); 2:0 Coman (42.); 3:0 Thiago (63.); 4:0 Lewandowski (75.); 5:0 Kimmich (90.+3)
Karten
Schiedsrichter Frank Willenborg (Osnabrück)
Zuschauer 75.000 (ausverkauft)

♥ Artikel teilen

Jetzt teilen!

Jetzt teilen!