Adventskalender: Unsere Wunschtransfers – Türchen 2
Situation beim Spieler
In einer Zeit lange vor DAZN schaute ich nachmittags nach der Schule immer Eurogoals, die Highlightshow der besten Spiele auf dem Kontinent am vergangenen Wochenende. Ein Spieler stach dabei für mich heraus wie kein Zweiter: Ein langhaariger Hüne im roten Trikot, der es wie kein Zweiter zu dieser Zeit schaffte die Finesse eines Raul mit der Physis und dem Durchsetzungsvermögen eines Christian Vieri zu vereinen. Seine Tore zeichneten eine bemerkenswerte Kombination aus Leichtigkeit und Robustheit aus. Gegen die beinharten englischen Verteidiger musste er in der einen Sekunde standhaft wie Nikolai Walujew sein, um dann butterzart und blitzschnell wie Muhammed Ali zuzuschlagen. Dazu kam sein beidfüßiger Abschluss und ein starkes Kopfballspiel, die ihn nahezu unstoppbar machten.
Rutgerus Johannes Martinus – oder kurz Ruud – van Nistelrooy wechselte 2001 mit der Empfehlung von 75 Toren und 24 Vorlagen in nur 98 Spielen in der Eredivisie von Eindhoven ins Theatre of Dreams. Dort reifte er an der Seite von David Beckham, Ryan Giggs und Paul Scholes zum Stürmer von Weltformat. In der Premier League erzielte er 95 Tore in 150 Spielen und lieferte sich mit Thierry eine Dauerfehde um den Titel des gefürchtetsten Angreifers der Insel.
Heute steht van Nistelrooy in der ewigen Torschützenliste der Champions League mit 56 Toren auf Rang Sechs, wobei er nach Lionel Messi die zweitbeste Torquote überhaupt aufweist (0,77 Tore/Spiel).
Situation bei Bayern
Rückblickend ist es fast überraschend, dass der FC Bayern so knapp vor einer Verpflichtung des Holländers stand. Zwar waren die Münchner unter Felix Magath zwei Mal in Folge Double-Sieger geworden, doch international kann die Mitte der 2000er nur als Saure-Gurken-Zeit in die Vereinsannalen eingehen. Gegen Real Madrid, Chelsea und den “verdammten” AC Mailand war man in drei Jahren spätestens im Viertelfinale unterlegen. In der Saison 2005/06 sogar im Achtelfinale nach einer 1:4-Machtdemonstration des vielleicht besten AC-Teams.
Zudem verlor das Team nach der Weltmeisterschaft im eigenen Land den Capitano. Der unumschränkte Star des Teams Michael Ballack war nach einer langen Posse um seine Vertragsverlängerung zum FC Chelsea gewechselt. Die Mannschaft ging auf dem Zahnfleisch.
Situation im hypothetischen Team
Nach dem Abgang von Ballack hätte der damals 30-jährige van Nistelrooy direkt die Rolle des Weltstars im Team annehmen können. Weitere Transfers im Sommer nach der WM waren Podolski, van Buyten und van Bommel. Die eine durchaus starke Ergänzung des Kaders darstellten. Im Team hätte sich van Nistelrooy mit Makaay, Pizarro und dem jungen Poldi um die Plätze im Sturm streiten müssen. Hier hätte Magath in seinem 4-4-2-System wohl die beiden Holländern als Doppelspitze agieren lassen, wobei Pizarro als Joker und Podolski als Flügelspieler in Frage gekommen wären.
Die Startelf in solch einer Saison hätte so aussehen können: Kahn – Lahm, Lucio, van Buyten, Sagnol – Hargreaves, van Bommel, Schweinsteiger, Podolski – van Nistelrooy, Makaay. Mit Demichelis, Salihamidzic, Scholl und Pizarro hätte Magath sogar noch einige Optionen auf der Bank gehabt.
Was wäre wenn Ausblick
Es fällt schwer zu glauben, dass die Saison 2006/07 mit dem Holländer den gleichen bitteren Verlauf genommen hätte: In der Liga nur Vierter, dazu das Pokal-Aus gegen Aachen vor Weihnachten und in Europa erneut Endstation Mailand. Einer der Gründe dafür war auch der Sturm, denn hier erzielten Makaay und Pizarro zusammen nur 30 Treffer in allen Wettbewerben. Bei fünf Spielen in der Liga blieb der FC Bayern sogar ganz ohne eigenes Tor.
Mit seiner ganzen Klasse hätte van the Man hier für Abhilfe gesorgt und den Münchnern die zehn fehlenden Punkte alleine aufs Konto schießen können. In der Primera Division wurde er 2006/07 in seiner ersten Saison für Real Madrid, das Team dessen Angebot er nach eigener Aussage nicht ablehnen konnte, mit 25 Treffern Torschützenkönig. Ein Stürmer von dieser Qualität gab es zu diesem Zeitpunkt in der Bundesliga schlichtweg nicht. Ob es in der Champions League gegen ein Mailänder Team mit Oberwasser gereicht hätte, steht natürlich in den Sternen.
Interessanter sind jedoch die Auswirkungen auf den Sommer danach. Noch während der enttäuschenden Saison musst Magath seinen Stuhl räumen und es übernahm wieder Ottmar Hitzfeld. Für die neue Saison wurden fast 100 Millionen Euro investiert und mit Franck Ribéry der Grundpfeiler für den Erfolg der 10er-Jahre gekauft, während man sich gleichzeitig von vielen altverdienten Spielern trennte. Fraglich, ob der Club nach einem potentiell dritten Double in Folge diesen radikalen Schirtt gegangen wäre. Die notwendige Verjüngungskur mit frischem Wind auf vielen Positionen wäre dadurch ausgeblieben oder aufgeschoben worden. Ein einziger Lichtblick: Vielleicht wäre uns Fans dann ein dreiviertel Jahr Jürgen Klinsmann erspart geblieben.
Hinweis für Türchen 3: Unser Autor hatte die gleiche Ära im Kopf als er diesen Bayern-Schreck nach München holen wollte.