Verena Schweers spielte vier Jahre lang für den FC Bayern
Bild: Maja Hitij/Getty Images

Ex-Profi Verena Schweers im Interview: Profi und Mutter schließt sich nicht aus!

Florian Trenner 02.07.2025



Verena Schweers (geb. Faißt) ist eine der erfolgreichsten Fußballerinnen des Landes. Die 36-jährige Verteidigerin gewann mit dem VfL Wolfsburg fünf nationale Titel und zwei Mal die Champions League, für die Nationalmannschaft war die Badenerin 47-mal am Ball und war Teil des WM-Kaders 2019, der den Einzug ins Halbfinale nur knapp verpasste.

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Im Gespräch mit Miasanrot blickt Schweers auf ihre Zeit beim FC Bayern (2016 bis 2020) zurück, wirft einen Blick voraus auf die Europameisterschaft in der Schweiz und spricht über die Schwierigkeiten als Mutter im Profifußball. Die heutige TV-Expertin (Sky und Kicker) nimmt dabei kein Blatt vor dem Mund und antwortet offen und ehrlich.

Vor EM 2025: Wück muss „alle Spielerinnen ins Boot holen“

Miasanrot: Frau Schweers, die Europameisterschaft in der Schweiz steht vor der Tür: Sie haben selbst das ein oder andere Turnier mit der DFB-Elf bestritten. Wie wichtig ist der Teamgeist vor einem solchen sportlichen Highlight?

Verena Schweers: Essenziell. Ich glaube, dass die Zusammenstellung des Teams einer der wichtigsten Punkte für das Trainerteam war. Bei der Überraschung von Wolfgang Petry hat man auch gemerkt: die Stimmung ist gut! Und auch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man am besten Leistung auf den Platz bringen kann, wenn man sich mit den Mitspielerinnen gut versteht und sich gut fühlt.

Die Nationalspielerinnen werden nicht müde zu betonen, dass die Stimmung im Team gut sei. Und dennoch gab es in den letzten Wochen einige kritische Töne im Hinblick auf die Kommunikation des Bundestrainers Wück. Wie passt das zusammen?

Es ist ja immer so, dass Spielerinnen, die zum Einsatz kommen, sehr zufrieden sind. Und umgekehrt Spielerinnen, die nicht so viel spielen, etwas negativer und hinterfragend. Für Wück wird es besonders wichtig, alle Spielerinnen mit ins Boot zu holen, sie mitzunehmen und ihnen eine Rolle zu geben, die partizipativ ist. Denn am Ende werden immer alle Mädels aus dem Kader gebraucht. Auch und vor allem im Frauenfußball ist eine gute und vertrauensvolle Kommunikation ein wichtiger Grundstein für den Erfolg.

Mit Franziska Kett und Carlotta Wamser hat Wück zwei Offensivspielerinnen nominiert und plant diese als Außenverteidigerinnen ein. Was denken Sie über die Nominierung der beiden Talente?

Christian Wück scheint vermehrt auf jüngere Spielerinnen zu setzen. Hinten links in der Viererkette war schon immer eine Position, die in der DFB-Elf schwierig zu besetzen war. Wück hat sich mit Franziska Kett für Athletik entschieden, anstatt Felicitas Rauch mitzunehmen, die die Position schon immer spielt und einen starken linken Fuß hat. Das kann ich verstehen, weil du mit Knaak und Minge zwei zweikampfstarke, aber nicht unbedingt die schnellsten Spielerinnen im Defensivzentrum hast. Deutschland braucht schnelle Spielerinnen auf den Außenpositionen um mit anderen Top-Nationen mitzuhalten. Die Nominierung von Carlotta Wamser hat mich am ehesten überrascht. Sie zeigte zuletzt bei der Eintracht, nachdem sie als Offensivspielerin nach hinten rechts gestellt wurde, dass sie die Position mit viel Power begleiten kann.

Und welche Rolle trauen Sie dem DFB-Team zu bei der EM?

Bei der Kader-Nominierung hat Nia Künzer schon gesagt, dass sie den Titel gewinnen wollen. Mit dem Anspruch müssen sie auch in das Turnier gehen. Die Europameisterschaft in England hat gezeigt, was ein Turnier alles loslösen kann, wenn es mal läuft und welche Euphorie im Land entfacht werden kann. Daher glaube ich schon, dass einiges möglich ist. Klar ist aber auch, dass sich die Mannschaft in der Gruppenphase schnell finden muss, weil im Viertelfinale gleich England oder Frankreich wartet.

Wie wichtig wäre denn ein aus deutscher Sicht erfolgreiches Turnier für den Frauenfußball hierzulande?

In den letzten Jahren hat sich echt schon viel getan. Es ist schön zu beobachten, dass sich die Dinge natürlich und schnell entwickeln. Daher bin ich mir gar nicht sicher, ob es den größtmöglichen sportlichen Erfolg unbedingt braucht, um die nächsten Schritte zu gehen, oder ob das nicht eh schon angestoßen ist. Sicherlich wird es aber wichtig sein, sich auch bei diesem Turnier gut zu verkaufen, um wichtige Themen im Frauenfußball in Deutschland voranzubringen.

Für den FC Bayern bestritt Schweers in vier Jahren 74 Pflichtspiele
(Foto: by Alex Pantling/Getty Images)

2020 haben Sie Miasanrot bereits einmal ein Interview gegeben. Damals haben Sie gesagt, dass Sie das Gefühl hatten, dass es dem FC Bayern schwerfällt, bei der Entwicklung des Frauenfußballs mitzugehen. Wie beurteilen Sie die Lage fünf Jahre später?

Ganz anders ehrlich gesagt. Ich wäre gerne noch etwas jünger und mittendrin (lacht). Ich finde, in den letzten fünf Jahren hat sich der Frauenfußball enorm entwickelt. Das merkt man auch am Kader des FC Bayern: Wenn du Geld zur Verfügung hast, wenn du etwas bieten kannst und wenn du ambitionierte Ziele hast, dann kommen auch Spielerinnen wie Stanway, Harder, Oberdorf und Co.

Schweers über FC Bayern Frauen: „Unter dem Radar geblieben“

Hatten Sie das Gefühl, dass der FC Bayern zu Ihrer Zeit in München nicht so viel in den Frauenfußball investiert hat wie nötig gewesen wäre?

Damals war der Frauenfußball noch nicht so anerkannt. Bei den Bayern hat man intern schon immer von „Mia san mia“ gesprochen. Ich persönlich habe das nie so richtig gefühlt. Ja, wir waren Teil des FC Bayern, aber wir sind unter dem Radar geblieben.

Ich glaube, durch die Entwicklung im Frauenfußball international wie national, durch Vereine wie Real, den FC Barcelona oder Lyon, durch die Veränderungen in England, musste und wollte der FC Bayern handeln.

Aber es ist nicht so, dass ich dem Ganzen nachtrauere. Alles hat seine Zeit. Ich habe es geliebt, für den FC Bayern zu spielen, der damals noch nicht so erfolgreich war. Wir waren die, die einiges angestoßen haben und den Grundstein gelegt haben für die aktuellen Spielerinnen. Ich bin total dankbar für meine Zeit. Es war ein absolutes Privileg, mein Hobby zum Beruf zu machen.

Der FC Bayern hat sich zur neuen Saison mit Barbara Dunst und Vanessa Gilles bereits prominent verstärkt. Lena Oberdorf wird auch ihr Debüt feiern können. Wird die Bundesliga jetzt zum großen Langweiler?

Es könnte der Eindruck entstehen, ja. Allerdings muss der FCB auch erst einmal seine Hausaufgaben machen. Mit dem Trainerwechsel und einigen Neuzugängen mehr, muss sich das Team erst wieder finden. Der VfL Wolfsburg befindet sich im Umbruch. Nach vielen Abgängen konnte der VfL sich gut verstärken. Die Eintracht musste einige Leistungsträgerinnen an die Konkurrenz aus München und Wolfsburg ziehen lassen. Die größten Ambitionen hat aber klar der FCB – da brauchen wir nicht drumherum reden.

Sie haben in Ihrer Karriere eigentlich alles gewonnen, was es auf Vereinsebene zu gewinnen gab: Champions-League-Sieger, DFB-Pokal, Meisterschaften. Was fehlt dem FC Bayern zum großen europäischen Wurf?

Sie haben in der letzten Saison den nächsten Schritt gemacht, aber müssen international auf jeden Fall konstanter werden. Es ist eigentlich alles präpariert für den nächsten Step. Gegen Lyon konnte man sportlich schon einige Unterschiede erkennen – die Qualität einzelner Spielerinnen der Französinnen, die eine andere Athletik mitbringen, eine andere Schnelligkeit, eine andere Dynamik und viel körperlicher agieren.

Der FC Bayern kann aber mit einer super Teamleistung gegen die großen Clubs mithalten. Was sie verpasst haben, ist ein Tor zu schießen. Das müssen sie sich ankreiden lassen. Es war nicht so, dass sie die schlechtere Mannschaft waren. Aber die Möglichkeiten, die sie hatten, müssen sie effizienter nutzen. Dennoch muss man weiterhin festhalten, dass der FC Bayern noch kein europäisches Schwergewicht in einem K.-o.-Spiel ausschalten konnte.

Verena Schweers bei der WM 2019 im Trikot der deutschen Nationalmannschaft
(Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Wenn man sich Ihre Karriere anschaut fällt auf, dass Sie in der Nationalmannschaft ohne Titel geblieben sind. Warum hat es denn in Schwarz-Rot-Gold für Sie persönlich nicht ganz nach oben gereicht?

Ich würde sagen, dass meine Nationalmannschaftskarriere etwas unglücklich war, ja. Als die letzten großen Erfolge (EM-Sieg 2013 und Olympia Gold 2016, Anm. d. Red) gefeiert wurden, hatte ich gute Phasen, war allerdings zu dem blödesten Zeitpunkt verletzt. So war es immer ein bisschen wie eine On-Off-Beziehung.

Es war die ganze Zeit ein Auf und Ab. Ich habe immerhin 47 Spiele gemacht, aber die Trainerinnen haben nie so richtig auf mich gesetzt und alles aus mir rausgeholt. Ich hätte gerne noch ein paar Länderspiele mehr gemacht und ich hätte auch gerne Trainerinnen gehabt, die früher hinter mir gestanden wären.

Es ist immer einfacher, wenn du Trainerinnen hast, die etwas in dir sehen, die dich auch pushen, die dich fördern. Die hatte ich zu der Zeit nicht. Weder unter Silvia Neid, die damals noch nicht so auf junge Spielerinnen gesetzt hat, als auch unter Martina Voss-Tecklenburg.

Da wusste ich nie genau, wo ich dran bin ich hatte keine klare Rolle. Ich war immer eine Spielerin, die gerne wusste, woran sie ist. Ich konnte nichts damit anfangen, wenn jemand sagt „du hast super trainiert, aber du spielst nicht“, das habe ich gehasst. Lieber offen und ehrlich, so wie ich es immer war.

Das leidige Thema Kommunikation. Sie sind eine Spielerin, die sehr direkt ist. Wurde Ihnen diese Eigenschaft in der Karriere zum Verhängnis?

Nein, auf keinen Fall. Das ein oder andere hätte ich vielleicht etwas diplomatischer ansprechen können, aber ich trage das Herz auf der Zunge und bin mir immer treu geblieben, darauf bin ich stolz. Wenn du Dinge voranbringen und anstoßen willst, dann musst du dranbleiben und Themen immer wieder ansprechen.

Schweers über Comeback-Versuch nach Geburt: „Kind hat mich beflügelt“

Sie sind mittlerweile seit fünf Jahren in Fußball-Rente. Nach Geburt Ihres Kindes haben Sie einen Comeback-Versuch gestartet. Schlussendlich kam es nicht zu einem neuen Vertrag. Wie hart war diese Erkenntnis?

Zu dem Zeitpunkt war es sehr deprimierend, dass es zu keinem Vertragsangebot von Ajax Amsterdam gekommen ist. Man muss dazu sagen, ich habe meine Karriere 2020 beendet und bin anschließend in meinen Job eingestiegen: 40 Stunden, ganz normal gearbeitet.

Nach eineinhalb Jahren Alltag, wurde unser Sohn geboren. Nach einer gewissen Zeit hatte ich das Gefühl nochmal angreifen zu müssen. Wenn du aber nicht im Verein angestellt bist, dann ist ein Comeback nicht so leicht. Ich habe versucht, alles mit den Leuten hinzubekommen, die ich während meiner Karriere getroffen habe. Und das alles auf eigene Kosten und während ich das Kind beim Training dabeihatte.

Ich habe mit Jungs trainiert und es hat wirklich gut geklappt. Ich war wieder topfit und total stolz auf mich und meinen Körper. Der Kleine hat mich eher beflügelt. Doch dann gab es leider eine blöde Bewegung im letzten Training, die mein Probetraining verhindert hat. Anstatt Comeback hieß es dann drei Monate Reha. Und obwohl ich kurz nach meiner Verletzung eine zweite Chance bekommen habe, war mein Körper und auch mein Geist noch nicht bereit dafür.

Trotzdem bin ich froh, dass ich es mir zugetraut habe nochmal durchzustarten und eins ist mir bewusst geworden:Wenn du ein Kind bekommst, kannst du nochmal spielen. Der Körper ist es gewohnt und weiß, was er leisten kann. Du musst es einfach machen!

Hätten Sie sich als Mann mit Ihrer Vita leichter getan einen neuen Verein zu finden?

Das weiß ich nicht. Christoph Kramer hätte auch gerne noch einmal gespielt. Das Fußballgeschäft ist so schnelllebig, es ist nicht immer leicht etwas Neues zu finden, wenn man einmal raus ist.

Fußball-Profi und Mutter – das eine schließt das andere nicht aus!

Wenn man heute in die Bundesliga schaut, sieht man, dass es Spielerinnen und Trainerinnen gibt, die ein Kind bekommen haben und ihren Beruf weiter ausüben können. Ist diese Entwicklung der größte Sieg für den Frauenfußball?

Ja! Wenn du ein gewisses Alter hast und einen Partner an deiner Seite, dann wird das Thema Kind dich auf jeden Fall begleiten. Und ich finde nicht, dass das eine das andere ausschließen sollte. Warum denn nicht als Profi-Fußballerin wieder mit Kind zurück auf den Platz? Es ist genauso ein Beruf wie jeder andere.

Wenn du dir ein Kind wünschst, dann muss es die gleichen Bedingungen geben wie in anderen Berufen auch. Das ist im Sport mit den befristeten Arbeitsverträgen natürlich nicht ganz so einfach, aber es geht. Die TSG Hoffenheim hat jetzt einen wichtigen Schritt vollzogen, indem sie die Verträge von schwangeren Spielerinnen automatisch um ein Jahr verlängern.

Und ich glaube auch, dass die Spielerinnen mittlerweile stärker für sich und ihre Rechte einstehen. Sie fordern mehr ein und das ist eine gute Entwicklung.

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