On this day – 27.01.2009: Das kurze Gastspiel des Landon Donovan beim FC Bayern
Ende vergangenen Jahres erreichte die Netflix-Dokuserie über David Beckham Rekord-Zuschauerzahlen. Die vierteilige Serie beleuchtete auch Beckhams damals mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommenen Transfer zu LA Galaxy in Amerikas Major League Soccer. Einen neuen Mitspieler störte der Medienrummel um die Beckhams ganz besonders: Landon Donovan, der Beckhams Engagement und Einsatzwillen für den amerikanischen Verein öffentlich in Frage stellte und ihn stark kritisierte (Spoiler Alert: Die beiden Spieler sprachen sich aus und harmonierten fortan auf dem Platz).
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Beim Namen Landon Donovan klingelte es auch bei vielen Fans des FC Bayern – oder etwa doch nicht? Landon Donovan, immerhin mit 57 Toren in 157 Länderspielen der Rekordtorschütze der amerikanischen Nationalmannschaft, stand tatsächlich einmal in Diensten des deutschen Rekordmeisters. Seine Zeit in München war allerdings so dermaßen kurz, dass man sie vielleicht einfach unter „ferner liefen“ verbucht oder gar gänzlich aus dem Gedächtnis verloren hat.
Im Sommer 2008 hatten Trainer Jürgen Klinsmann und kleine Buddha-Figuren Einzug an der Säbener Straße gehalten. Der FC Bayern wurde im Dezember zwar Herbstmeister, aber die anfängliche Euphorie um Klinsmanns angekündigten One-Touch-Fußball und eine geballte Offensive war zu dem Zeitpunkt bereits verflogen. Auf der Suche nach etwas Ruhe, Abstand und wärmeren Temperaturen flogen Team und Trainerstab zur Vorbereitung auf die Rückrunde nach Dubai ins Trainingslager.
Landon Donovan: Nicht gut genug für die Amateure?
Dort stieß Landon Donovan zu ihnen. Der amerikanische Stürmer, dessen Verein LA Galaxy in der MLS bereits ausgeschieden war, wollte beim FC Bayern in Form bleiben. Auf Wunsch von Klinsmann, Wahlamerikaner und ausgewiesener Kenner des dortigen Fußballs, wurde Donovan bis zum 15. März auf Leihbasis verpflichtet.
Donovan war kein Bundesliga-Neuling. Bereits im Februar 1999 unterzeichnete Donovan, damals gerade mal 16 Jahre alt, einen Sechs-Jahres-Vertrag bei Bayer 04 Leverkusen. Donovan spielte fortan in Leverkusens Jugendmannschaft, konnte im Profiteam allerdings nicht Fuß fassen und wurde an die San José Earthquakes in Kalifornien ausgeliehen. Aufgrund seiner guten Leistungen holte Leverkusen ihn 2005 zurück in die Bundesliga, doch auch Donovans zweiter Anlauf sollte nicht klappen. Nach nur sieben Einsätzen verabschiedete er sich wieder Richtung Heimat.
In Amerika war Donovan ein großer Star, und als er 2008 einen weiteren Vorstoß in Deutschland wagte, hatte er in Klinsmann einen großen Fürsprecher. Doch seine Ankunft bei den Bayern stieß von Anfang an auf Skepsis – auch intern. Wie Uli Hoeneß später, nachdem Klinsmann entlassen wurde, im Interview behauptete, hätte Hermann Gerland über Donovan gesagt, „der würde bei ihm nicht mal in der zweiten Mannschaft spielen.“
Und obwohl der FC Bayern zu jenem Zeitpunkt im Sturm mit Luca Toni, Miroslav Klose und Lukas Podolski bereits drei Top-Spieler in seinen Reihen hatte, hinterließ der damals 26-jährige Donovan mit vier Toren in fünf Testspielen einen glänzenden Eindruck. Diesen konnte er bei seinen Einsätzen im DFB-Pokal und in der Bundesliga allerdings nicht bestätigen.
Landon Donovan: Kurz, aber schmerzlos
Das erste Mal für die Münchner stand Donovan am 27. Januar im Pokal-Achtelfinale gegen den VfB Stuttgart auf dem Platz. Drei Tage später gab er sein Bundesliga-Debüt bei der 0:1-Niederlage im Auswärtsspiel gegen den Hamburger SV, als er in der 77. Spielminute für Bastian Schweinsteiger eingewechselt wurde. An den darauffolgenden fünf Spieltagen kam er durch Einwechslungen zu insgesamt sechs Kurzeinsätzen. Donovan verließ die Bayern, die eine Verlängerung der Leihe ablehnten, schon zum 8. März wieder Richtung Heimat.
Seinem Legendenstatus in Amerika hat das kurze, wenig erfolgreiche Intermezzo bei den Bayern keinen Abbruch getan. Im Gegenteil: Als Donovan in den Fußball-Ruhestand trat, konnte er auf eine erkleckliche Anzahl von Titeln und persönlichen Erfolgen zurückblicken. Unter anderem wurde er mit der Nationalmannschaft mehrfacher kontinentaler Gold-Cup-Sieger und nahm an drei Weltmeisterschaften teil (bestes Ergebnis: Viertelfinalist bei der WM 2002).
Übrigens: Ausgerechnet sein alter Befürworter Jürgen Klinsmann, der von 2011 bis 2016 die amerikanische Nationalmannschaft trainierte, strich Donovan zur WM 2014 überraschend aus dem Kader, weil er lieber auf jüngere Spieler setzen wollte. Ob seiner Verdienste erhielt Donovan jedoch im Oktober des gleichen Jahres noch einmal die Chance, für die USA aufzulaufen und gebührend verabschiedet zu werden. Mittlerweile ist Donovan Mit-Gründer, Eigentümer und Technischer Direktor des Zweitligisten San Diego Loyal.
Auf seine Zeit beim FC Bayern blickt Donovan übrigens mit gemischten Gefühlen zurück, wie er kürzlich in einem Interview mit Sport1 preisgab. Auf die Frage, ob er noch Kontakt zu ehemaligen Mitspielern habe, antwortete er kurz und knapp: „Nein, überhaupt nicht mehr.“ Und trotzdem: „Ich liebe München nach wie vor. Es ist eine wunderbare Stadt. Die Zeit dort war nicht einfach für mich, aber sie war sehr lehrreich.“
No hard feelings.