Gerüchteküche: Sergi Roberto, Thilo Kehrer und Antony – passen sie zum FC Bayern?
In einem normalen Transfersommer würden die Bayern wohl längst mit mehreren Spielern in Verbindung gebracht werden. Normal ist auch an der Säbener Straße aber schon länger nichts mehr. Die Coronakrise hat viele Klubs hart getroffen und so braucht es „kreative Lösungen“, wie es der Rekordmeister immer wieder nennt.
Der FC Bayern gibt sich dabei gewohnt konservativ. Folgt man den Zitaten des Klubs, ist es unwahrscheinlich, dass überhaupt noch irgendetwas passiert, solange keine Spieler verkauft werden. Andererseits analysierte Miasanrot kürzlich: „Mit Blick auf die wirtschaftliche Lage insgesamt [wird] der FC Bayern aus der Corona-Krise zwar nicht gestärkt, aber wohl weniger geschwächt als die meisten anderen Vereine in Europa hervorgehen.“
Dennoch: Konkrete Gerüchte gibt es aktuell kaum. Die Aussagen führen dazu, dass selbst Journalist:innen nur wenig über mögliche Zugänge berichten. Meist wird grob über die Situation anderer Klubs – beispielsweise dem FC Barcelona – berichtet und der Zusammenhang zum FC Bayern nebenbei hergestellt. Den Artikeln ist aber deutlich anzumerken, dass sie wenig Substanz haben und sich eher im spekulativen Bereich bewegen. Trotzdem: Ein paar Namen sind im Umlauf und sich die mal genauer anzuschauen, ist trotz aller Spekulation durchaus interessant.
Sergi Roberto – FC Barcelona
Spox und Goal hatten vor einigen Tagen berichtet, dass der FC Bayern sich beim FC Barcelona wegen eines Rechtsverteidigers erkundigt habe. Die Katalanen müssen wegen einer Regelung in Spanien dringend Spieler abgeben, um auf ihrer Gehaltsliste Platz für eine mögliche Messi-Verlängerung zu machen. Dieser Zwang könnte letztendlich dazu führen, dass der eine oder andere Spieler auch für die Bayern interessant wird.
Sergi Roberto ist im Kader des spanischen FCB eine realistische Option, wenn man auf Vertragslaufzeit (2022), vorherige Spielzeit und die finanziellen Rahmenbedingungen schaut. Mit 29 Jahren ist er ein mittlerweile erfahrener Spieler, der auf solidem Niveau konstant seine Leistung bringt. Außerdem dürfte es für die Münchner interessant sein, dass Roberto sowohl rechts hinten als auch im Mittelfeldzentrum agieren kann.
Allerdings ist er nicht mehr wirklich entwicklungsfähig. Schaut man sich seine Leistungen bei Barça genauer an, wird man schnell feststellen, dass es für das Top-Level nicht reicht. Er wäre somit auf der rechten Seite zwar ein Upgrade zu Bouna Sarr, aber keinesfalls ein Herausforderer für Benjamin Pavard. Zumal Roberto ähnlich defensiv ausgerichtet ist wie der Franzose. Für Nagelsmann gäbe es also keine offensivere Option, sondern eher einen soliden Backup für Pavard.
Stärken / Pros
- Erfahrung
- Solides Grundniveau
- Konstanz
- Passspiel
- Pressingresistenz auf ordentlichem Niveau
- Verständnis für den Raum / gutes Freilaufverhalten
- Preislich wohl eine machbare Übergangslösung – Barça muss Spieler verkaufen oder verleihen
Schwächen / Cons
- Tempo
- Kann zwar vieles gut, aber wenig sehr gut
- Kaum Offensivdrang
- Zweikampfverhalten schwankt zwischen gut und durchschnittlich
- Kein wirklicher Herausforderer für Pavard
- Nicht mehr als eine ordentliche Übergangslösung
Einschätzung: Abgesehen davon, dass die Medienberichte sehr unterschiedlich sind und der Berater von Sergi Roberto noch nichts von einem Bayern-Interesse gehört haben will, sollten die Münchner bei diesem Spieler ohnehin warten. Sollte man bis zum Ende der Transferperiode noch Bedarf rechts hinten und im Mittelfeld sehen, könnte Roberto ein guter Spieler für die Kaderpositionen 15 bis 18 und somit eine ordentliche Übergangslösung sein – mehr allerdings nicht.
Thilo Kehrer (Paris Saint-Germain)
Jetzt wird es noch einen Tick unkonkreter: Thilo Kehrer soll bei Paris auf der Transferliste stehen. Nach den vielen Neuzugängen ist man auch beim französischen Branchenprimus darum bemüht, ein paar Spieler loszuwerden. Allerdings mit weniger Druck als ihn der FC Barcelona hat. Die L’Equipe berichtete vor einigen Tagen, dass Paris durchaus bereit wäre, Kehrer abzugeben.
Gerüchte zum FC Bayern gab es bisher kaum. Auch hier bewegen sich Zusammenhänge also im spekulativen Bereich. Kehrer bewegte sich im Kader der Pariser meist irgendwo zwischen Stamm- und Rotationsspieler, wurde jedoch auch zweimal durch Verletzungen zurückgeworfen. Einmal verpasste er 20 Spiele wegen einer Fußverletzung (2019), ein weiteres Mal waren es sieben Partien wegen Adduktorenbeschwerden (2020). Auch er bringt einiges an Erfahrung mit, spielte in der Champions League sogar schon ein Finale – Bayern-Fans werden sich an seine Probleme gegen Kingsley Coman (Torschütze zum entscheidenden 1:0) erinnern.
Doch abseits dieser eher negativ behafteten Erinnerung konnte er in der Champions League bereits das eine oder andere gute Spiel auf hohem Niveau zeigen – beispielsweise im November 2018 gegen Liverpool. Bei einem Marktwert von rund 25 Millionen Euro wäre er allerdings ein ziemlich teurer Transfer für die Bayern – zumal unklar ist, ob er mit nun 24 Jahren endlich Konstanz in seine Leistungen bringen kann.
Stärken / Pros
- Tempo
- Ruhe am Ball
- Flexibilität: Kann auch Innenverteidiger spielen, spielte für Schalke sogar mal Sechser
- Passspiel; kaum Fehlpässe, einige linienbrechende Bälle und nicht nur Sicherheitspässe
- Lässt sich in Zweikämpfen nicht so leicht umhauen und macht einen robusten Eindruck
- Übersicht
- Vororientierung
- Scheut keine Zweikämpfe und positioniert sich meist clever
Schwächen / Cons
- Inkonstanz
- Auf hohem Niveau häufiger mal überfordert mit Tempospielern (siehe Coman im CL-Finale)
- Zieht zu viele Fouls
- Offensiv stärker als Pavard und Roberto, aber auch nicht signifikant
- Preis könnte sehr teuer sein, wenn Paris nicht zu einer Leihe bereit ist
Einschätzung: Rein sportlich wäre Thilo Kehrer eine bessere und passendere Option als Sergi Roberto. Er bräuchte als deutscher (Ex-)Nationalspieler wohl wenig Anlaufzeit in München und passt mit seinem Skillset auch gut zu Nagelsmann, wenngleich er keine offensive Variante zu Pavard wäre. Dennoch wäre er wohl ein größerer Herausforderer für den Franzosen als beispielsweise Roberto. Für den vermeintlichen Marktwert von 25 Millionen Euro (Transfermarkt.de) würden die Bayern aber wohl auch bessere Spieler finden. Eine Leihe mit einer ausgehandelten Kaufoption, die unter dem kolportierten Marktwert liegt, wäre womöglich aber eine gute Lösung – erade weil Kehrer auf mehreren Positionen spielen kann und noch entwicklungsfähig ist. Auch er wäre aber sicher jemand für die hinteren Kaderpositionen. Wenn sich die Bayern also zwischen Roberto und Kehrer entscheiden müssten, wäre es vielleicht sogar sinnvoller, Chris Richards einfach die Chance zu geben.
Antony (Ajax)
Das konkreteste Gerücht ist im Moment jenes um Ajax-Angreifer Antony. Der 21-Jährige hat aktuell aber einen Vertrag bis 2025 beim niederländischen Rekordmeister – und auch sein Marktwert ist mit geschätzten 25 Millionen Euro nicht gerade gering. Bei Sky, die das Gerücht ins Leben gerufen haben, geht man sogar von einer Ablösesumme zwischen 30 und 35 Millionen Euro aus. Aktuell ist der Brasilianer bei den olympischen Spielen aktiv, was eine mögliche Vorbereitung beim FC Bayern zudem sehr erschweren würde.
Ganz vom Tisch sollte er damit aber nicht sein. Die Bayern haben aktuell eine komplizierte Verhandlungssituation mit Kingsley Coman. Den Franzosen scheint es Medienberichten zu Folge nach England zu ziehen. Seit Wochen gibt es keine großen Neuigkeiten mehr, was nicht gerade für einen Fortschritt spricht. Sein Vertrag läuft noch bis 2023, was zumindest die Möglichkeit eröffnet, ihn auch noch 2022 zu verkaufen, sollte er sich nicht für eine Verlängerung entscheiden.
Junge und talentierte Flügelspieler gibt es auf dem Markt aber einige. Antony ist nur ein Beispiel. Letzten Sommer wechselte er aus Brasilien nach Amsterdam und entwickelte sich sofort zum Stammspieler für Ajax. In 1774 Pflichtspielminuten gelangen ihm 17 Torbeteiligungen – also eine alle 104 Minuten. Für einen 20- beziehungsweise jetzt 21-Jährigen ein guter Wert. Verkaufen die Bayern Coman noch in diesem Sommer, winkt ihnen bei gut geführten Verhandlungen vielleicht eine Ablösesumme zwischen 60 und 80 Millionen Euro. Antony – und andere Alternativen – wären dann locker finanzierbar.
Stärken / Pros
- Tempo
- Beweglichkeit
- Direktheit zum Tor
- Am Flügel und im Halbraum stark
- Guter Abschluss
- Technisch stark im Dribbling und im Passspiel
- Mutiger und kreativer Spieler, der oft sehr eigene Lösungen entwickelt
- Unterhaltsamer Spielertyp
- Sehr entwicklungsfähig
Schwächen / Cons
- Taktisch manchmal undiszipliniert
- Gegen den Ball nicht reaktionsschnell genug
- Schaltet manchmal zu schnell ab
- Teuer
- Braucht noch Zeit, um sein Potential voll zu entfalten
- Wäre bei Coman-Abgang deshalb eher eine mittelfristige als eine kurzfristige Lösung
Einschätzung: Antony ist ein großes Talent und hat durchaus das Potential, irgendwann genauso gut wie Coman zu werden. Allerdings wird er dafür noch Zeit brauchen und als vierter Flügelspieler hinter Sané, Gnabry und Coman könnte er sich einerseits nicht so gut entwickeln und andererseits wäre er ohne eine Coman-Ablöse wohl kaum zu finanzieren. Je nachdem wie die Verhandlungen mit dem Franzosen laufen, sollten sich die Bayern aber damit beschäftigen, proaktiv zu werden und nicht erst dann zu reagieren, wenn es zu spät ist. Antony wäre für rund 30 Millionen Euro zwar ein Risiko, aber durchaus eines, das sich relativ schnell bezahlt machen kann. Und man hätte bei einem Coman-Verkauf womöglich noch einen Überschuss, den man anderer Stelle sinnvoll investieren könnte, um den Kader in der Breite zu verstärken.