Hinspiel egalisiert: Aus 1:4 wird ein 4:1
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Eine ungewohnte Woche hat der FC Bayern hinter sich. Zwischen dem vergangenen Sonntag und dem Spiel gegen Hoffenheim, lagen fünf spielfreie Tage. Eine halbe Winterpause also.
Gegen die TSG aus Hoffenheim konnte Hansi Flick dementsprechend auf Rotation weitgehend verzichten. Umbauen musste er trotzdem. Leon Goretzka und Javi Martínez hatten sich unter der Woche mit COVID-19 infiziert, für den deutschen Nationalspieler bekam somit tatsächlich Marc Roca wieder einmal relevante Spielzeit von Anbeginn einer Partie.
Davon ab, blieb die Startelf frei von weiteren Überraschungen. Der zuletzt sehr schwache Benjamin Pavard erhielt eine weitere Bewährungschance auf den Außen, Dampflok Niklas Süle musste diesmal im Bahnhof bleiben. Auch der Rest der Abwehr bestand aus den Triple-Helden des Sommers mit Boateng, Alaba und Davies. Lucas Hernández wurden unter der Woche die Weisheitszähne gezogen und verpasste so einige Trainingseinheiten. Weiter vorne gab es wie fast jede Woche, die kleine Rotation der Außenstürmer, diesmal hieß das Paar Coman und Gnabry.
Bemerkenswert war da noch die Gemengelage auf der Bank: Obwohl die Mittelfeldspieler wegbrachen, fand sich dort Tiago Dantas nicht wieder. Bei ihm reicht es derzeit offenbar weder für die Amateure, noch für die Profis.
Drittligameister Sebastian Hoeneß schickte seine Mannschaft in einem passiven 5-3-2 auf das Feld. Gerade das spielstarke Mittelfeld aus Baumgartner, dem früheren Münchener Rudy und dem besten Spieler des Hinrundenduells, Samassékou, sollte dem Pressing der Bayern begegnen und den Ball schnell zum flinken Bebou und brandgefährlichen Kramarić befördern.
1. Halbzeit
Das Spiel begann flott mit Chancen auf beiden Seiten. Noch innerhalb der ersten Viertelstunde rettete Neuer einmal im Eins-gegen-Eins gegen Bebou und Müller beförderte einen herrlich cleveren Lupfer ans Kreuzeck. Spätestens in der 26. Minute jedoch musste man von Glück reden, dass man nicht zurücklag. Erneut Bebou verpasste es gut drei Meter frei vor dem Tor einzuköpfen.
Es kam, wie es kommen musste. Will der Gegner nicht, schnappt der FC Bayern zu. Nach einer Ecke Kimmichs stieg Jérôme Boateng in die Luft und beförderte den Ball mit einem überragenden Kopfball ins Kreuzeck.
Mit einem Doppelschlag ging es am Ende in die Pause. Erst erhöhte kurzzeitig Thomas Müller mit einem präzisen, verdeckten Linksschschuss aus gut 17 Metern nach einem verzögerten Doppelpass mit Lewandowski. Dann verkürzte die TSG doch noch auf 2:1. Bebou sprintete in den Rücken von Davies, flankte präzise in die Mitte, wo Kramarić sich zwischen die Verteidiger geschlichen hatte und den Volley ins Netz setzte.
2. Halbzeit
Ohne Wechsel kam es aus der Pause und Hoffenheim legte gleich gut los. Direkt zwei Topchancen erspielten sie sich in den ersten drei Minuten.
Auch danach blieb es flott, doch das nächste Tor erzielten trotzdem die Bayern. Coman wurde geschickt, flankte in die Mitte, wo Posch und Baumann die Situation eigentlich schon entschärft glaubten. In gemeinsamer Anstrengung, brachten sie den Ball jedoch noch zu Lewandowski, der sich das Geschenk nicht entgehen ließ und routiniert einschob (58.).
Sechs Minuten später egalisierten die Bayern das Ergebnis aus dem Hinspiel. Müller presste erfolgreich hoch zu Coman, der den perfekten Schnittpass zu Gnabry brachte. Endlich konnte der Nationalspieler seine Torflaute in der Bundesliga mit seinem ersten Tor seit dem 6. Spieltag überwinden.
Wenig später kamen Musiala und Sané für Roca und Gnabry, sowie Costa und Choupo-Moting für Coman und Müller. Beinahe gelang Sané auch der perfekte Einstand, doch er befand sich bei seinem Assist zu Pavard im Abseits.
Für die letzten vier Minuten brachte Flick noch Süle für Boateng, mehr passierte nicht mehr. Am Freitag geht es für den FC Bayern erneut in den hohen Norden ins vermutlich eiskalte Berlin.
Dinge, die auffielen
1. Roc ‘n’ Kimm
In Ermangelung von Leon Goretzka und Corentin Tolisso, sprang Hansi Flick endlich über seinen Schatten und brachte Marc Roca neben Joshua Kimmich im Mittelfeld. Betrachtet man die 70 absolvierten Minuten Rocas, mag man geneigt zu fragen, wieso das nicht schon früher passiert war.
Roca zeigte seine wohl defensiv beste Partie im Trikot des FC Bayern, stellte klug die Räume zu und war aufmerksam im Zweikampf. Bislang war gerade Rocas Spiel gegen den Ball sein Schwachpunkt und vermutlich der Hauptgrund, wieso ihn Flick so oft gewollt übersah.
Natürlich war nicht alles Gold was glänzt, hin und wieder war er trotz seiner Leistungssteigerung zu passiv, zu behäbig in den Duellen. Erneut stand er nicht unweit des Platzverweises ehe Flick ihn vor dem roten Karton retten musste.
Dennoch, gerade im Zusammenspiel mit Joshua Kimmich betrieb er Werbung für sich. Mit einem weiteren Ruhepol und präzisen Passgeber, konnte Bayern sich einige Male erfolgreich durch die Mitte kombinieren und das obwohl es mutmaßlich zu Sebastian Hoeneß’ Matchplan gehörte, den Bayern mit Rudy und Samassékou gerade dort Paroli zu bieten.
Es gibt noch Luft nach oben, doch bevor es Anfang des des letzten Jahres mit der Kombination aus Thiago und Kimmich so gut klappte, hieß es ja auch lange, die beiden wären gemeinsam zu ähnlich für das Mittelfeld. Die Präzedenz ist also da.
2. Viel Passivität ohne Ball
Die Zeiten des 90-minütigen Totalpressings scheinen anhand der Gegentorflut begraben zu sein. Soweit, so logisch, doch auch ohne dem ständigen, ultrahohen Pressing, muss man nicht derart passiv den Gegner begleiten, wie es der FC Bayern an diesem Nachmittag tat. Ging man nicht auf den Mann drauf, begleitete man nur und ließ Hoffenheim spielen. Kaum eine Flanke konnte so im Ansatz unterbunden werden, immer und immer wieder segelte die Kugel gefährlich in den Münchener Strafraum. Nur logisch, dass man wie beim Gegentor zum 1:2 nicht jede Flanke klären kann.
Gerade von den Außenspielern muss da mehr kommen, den defensiven, wie den offensiven. Davies und Pavard stellen ihre Gegenspieler nicht gut genug zu, Coman und Gnabry halfen hinten zu wenig aus. Letztere werden im Nachgang mit Recht gute Noten für ihre Offensivleistung erhalten, doch defensiv war es ziemlich dürftig.
3. Schau hin, Jogi!
Die Storyline des Spiels war bereits in den ersten Hälfte klar, kaum ist Bundestrainer Joachim Löw im Stadion, treffen seine geschassten Weltmeister.
Boatengs überzeugte neben dem großartigen Kopfball gerade in der Defensive, wo er in der Endverteidigung ein ums andere Mal in letzter Instanz klären musste. Sei es für die defensiven Patzer seiner Außenspieler, oder den liberohaften Vorstößen seines Innenverteidigerpartners. Dass er den Ball beim Gegentor nicht erfolgreich wegköpfen konnte, sollte man ihm nicht all zu sehr anhängen.
Thomas Müller wiederum zeigte erneut das ganze Repertoire seines Könnens. Ob mit einem nicht einfachen Abschluss, brillanten Steckpässen oder dem Organisieren des Pressings, der Kapitän ohne Binde überzeugte auf allen Ebenen. Gerade wie er das 4:1 im Anlaufen erzwingt, zeigt seine Wichtigkeit auf den zweiten Blick.
Nachdem Müller stark in die Saison startete, ging auch ihm im Spätherbst und Winter ein wenig die Puste aus, nun ist er wieder vollkommen da. Die starke Form des FC Bayerns nach dem Pokalaus in Kiel, ist auch eng mit der Personalie Thomas Müller verbunden.
4. #MiaSanBunt
Das fußballerische Gedenken zu den Opfern des Nationalsozialismus erstrahlt dieses Jahr ganz in Regenbogenfarben. Auch tausende von LGBTQI+ wurden in der Zeit der Nazis ermordet. Zu diesem Zweck lief auch Kapitän Manuel Neuer in den Farben der Pride-Bewegung auf, auch die Eckfahnen waren bunt.
In weiten Teilen der westlichen Industrienationen, ist dieses Zeichen mittlerweile gang und gäbe, ob ein buntes Apple- oder Adidas-Emblem, alles hat es bereits gegeben. Mittlerweile werden diese Zeichen oft mit Augenrollen begegnet, weil diese Großkonzerne eine Inklusivität vortäuschen, die sie am Arbeitsplatz gar nicht so anbieten, doch noch sind wir im Fußball nicht so weit.
Noch wüten unter Diversitätspostings mit der Regenbogenflagge wütende Mobs, gerade aus dem fremdsprachigen Raum. Der Fußball kann hier tatsächlich vielleicht seine von ihm so sehr herbeigesehnte Rolle der universellen Sprache wahrnehmen, und für bunte, tolerante Werte einstehen. Demnächst dann am besten noch ohne Qatar-Airways-Badge.