„Ein bisschen was von Toni Kroos“
Für Adrian Fein ist es nicht die erste Leihe. Bereits letzte Saison bestritt er 21 Spiele für Jahn Regensburg und wurde von Trainer Beierlorzer, der mittlerweile Mainz 05 leitet, schwer gelobt. Beim HSV ist Fein aus der Startelf nicht wegzudenken und war als Sechser in 25 Spielen an fünf Toren beteiligt (1 Tor, 4 Vorlagen).
Im Interview sprechen wir mit Lasse, der mit drei weiteren HSVern den Podcast Volksparkgeflüster produziert. Dort bespricht er seit dem Abstieg 2018 wöchentlich alle Themen rund um die Rothosen. Passend zum 8. Mai legt er euch zudem das Projekt Netzwerk Erinnerungsarbeit und den Hashtag #LoveHamburgHateRacism ans Herz.
Hallo, Lasse! Vielen Dank erstmal, dass du dich bereit erklärt hast, heute mit uns über die Bayern-Leihgabe an den Hamburger SV Adrian Fein zu sprechen. Was waren deine ersten Gedanken, als im Juli letzten Jahres die Ausleihe verkündet wurde?
Vielen lieben Dank für die Anfrage und Moin aus dem hohen Norden. Tatsächlich muss ich zugeben, trotz seiner Saison in Regenburg vorher nichts vom Spieler Adrian Fein gehört zu haben. Zu meiner Verteidigung lag dies eventuell auch daran, dass er in Regenburg in der IV spielen musste und so sein volles Potenzial nicht entfalten konnte und entsprechend nicht „sichtbar“ war. Nachdem die Leihe dann fix war, informiert man sich natürlich, wer da zu uns an die Elbe kommt. Die allgemeinen Berichte über ihn waren vielversprechend. Ein großes Talent der Bayern mit viel Spielübersicht und guter Technik, welches sogar schon für die deutschen U-Nationalmannschaften gespielt hat. Mein Interesse und die Vorfreude ihn spielen zu sehen war definitiv geweckt.
Zum Einstieg: Mit welchen Worten würdest du Adrian Fein beschreiben? Welchem etablierten Spieler oder auch Ex-HSVer ähnelt er?
Tatsächlich gab es in den letzten Jahren wenige Spieler beim HSV, mit denen Adrian Fein vergleichbar ist. Mir würden da spontan nur Orel Mangala und Milan Badelj einfallen, diese füllten aber meist eine etwas andere Rolle als Adrian Fein aus, oder sahen sich selbst in einer etwas offensiveren Position. Bei unseren Podcastaufnahmen mit dem „Volksparkgeflüster“ sind wir uns oft einig, dass Adrian Fein uns – so verrückt und größenwahnsinnig es klingen mag – stark an Toni Kroos erinnert. Unser Mitpodcaster Birger gerät dann oft ins Schwärmen, da Toni Kroos sein fußballerischer Mancrush ist. Wenn man die beiden Spieler jedoch vergleicht, gibt es viele Parallelen in ihrer Spielweise. Stark am Ball, gute Technik und eine super Spielübersicht. Beide können das Spiel lesen und von hinten mit hervorragenden Pässen aufbauen. Außerdem arbeiten beide gut nach hinten und fangen viele Bälle ab.
Tobias Escher nannte Fein in einer Kolumne für Spiegel Online: “Der Spieler, der dem HSV jahrelang gefehlt hat.” Eine Aussage, die du nach einer Saison unterschreiben kannst? Welche Rolle nimmt er
im Team ein?
Absolut! Durch die erwähnte Spielübersicht und die Fähigkeit das Spiel aus dem hinteren Mittelfeld heraus zu lesen und zu lenken, hat sich Adrian Fein momentan quasi unentbehrlich für Trainer Dieter Hecking gemacht. Ist er verletzt oder hat er einen schlechten Tag, ist dies dem Spiel des HSV direkt
anzusehen. Er spielt konstant gut bis sehr gut, teilweise überragend. Gerade im Zusammenspiel mit Jeremy Dudziak, der meist als typischer „Box-to-Box-Spieler“ agiert, harmoniert dies wunderbar. Das ist natürlich alles im Kontext der zweiten Liga zu betrachten.
Wo siehst du aktuell noch Schwächen im Spiel des U21-Nationalspielers? Denkst du, dass er es schaffen wird diese mittelfristig abzustellen?
Man kann deutlich sehen, dass er noch Probleme damit hat, wenn er im Spielaufbau hart von Gegenspielern angegangen und unter Druck gesetzt wird. Da der HSV in der 2.Bundesliga meist als Favorit auftritt, ziehen sich die Gegner oft weit zurück und versuchen den Spielaufbau des HSV zu
stören indem Sie Fein durch hartes und teilweise auch unfaires Tackling sowie Pressing aus dem Spiel nehmen. Da Fein am Anfang der Saison eher überraschend Stammspieler wurde, waren die Gegner anfangs oft von seiner Spielstärke überrascht. Mittlerweile haben viele Mannschaften die Spielweise des HSV jedoch entschlüsselt und nehmen Fein systematisch aus dem Spiel. Sich diesem Tackling zu entziehen, ist für jeden Spieler schwierig.
Als Antwort hierauf lässt Dieter Hecking die Mannschaft seit der Rückrunde etwas abwartender agieren, um wenn möglich, dem Gegner den
Spielaufbau zu überlassen und bei dessen Ballverlust mit schnellem Umschaltspiel über Ballverteiler Fein ins gegnerische Angriffsdrittel zu kommen. Durch Trainer und Mitspieler des „Kalibers FC Bayern“, sollte er aufgrund seines Talents aber in der Lage sein, sich in Sachen Ballbehauptung weiter verbessern zu können.
Aufgrund einer Verletzung verpasste Fein das Derby gegen St. Pauli. Der 21-Jährige sagte dazu: “Wäre es nach mir gegangen, hätte ich wahrscheinlich bereits zwei Wochen vorher gespielt, ich wollte mir das Derby gegen St. Pauli nicht entgehen lassen.” Sind das Aussagen die man als Fan gerne von einem Leihspieler hört? Was sagt das über seine Einstellung zur “Zwischenstation” Hamburg aus?
Ich würde dieser Aussage ehrlicherweise nicht zu viel Wert beimessen, natürlich ist es der Ansporn von Adrian Fein immer zu spielen. Außerdem möchte sich das Stadtderby, glaube ich, kein Spieler entgehen lassen, der die Chance hat, bei diesem Klassiker auf dem Rasen zu stehen. Wie man den Medien im Zuge seiner Vertragsverlängerung beim FC Bayern entnehmen konnte, scheinen Adrian Fein und sein Berater einen ziemlich genauen Karriereplan für ihn ausgetüftelt zu haben. Inwiefern sich dieser dann realisieren lässt, steht natürlich auf einem anderen Blatt Papier.
Abschließende Frage: Denkst du, dass Fein bereit für den Schritt zum FC Bayern ist oder würdest du ihn auch gerne nächste Saison noch in roten Hosen an der Elbe sehen?
Ich denke schon, dass Adrian Fein bereit wäre zum Kader des FC Bayern dazu zustoßen. Wie man hört, möchte der FC Bayern seine Mannschaft ja verjüngen. Die Forderung eines Stammplatzes wäre hier aber natürlich übertrieben und unrealistisch. Trotzdem hat er hat ein
riesiges Entwicklungspotenzial und könnte dieses durch noch bessere Trainer und Mitspieler wahrscheinlich noch gezielter abrufen. Logischerweise besteht durch diese hohe Menge an Qualität im Team aber auch die Gefahr, dass er ein Dasein auf der Bank oder sogar Tribüne fristet, man schaue nur auf Fiete Arp. Daher wäre es am klügsten, ihn bei einem Aufstieg des HSV ein weiteres Jahr in den Volkspark auszuleihen und ihn so Erstligaluft schnuppern zu lassen. Sollten wir den Aufstieg verpassen, wäre eine Leihe zu einer Erstliga-Mannschaft, die ihm Einsätze garantiert, ein
kluger nächster Zwischenschritt für ihn.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Lasse für das aufschlussreiche Gespräch und blicken im Sommer umso gespannter auf die Personalie Adrian Fein.