30 gute Minuten – Bayern besiegt Hertha 4:0!
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
In Ermangelung an Alternativen fiel Hansi Flicks erste Startaufstellung der Rückrunde wenig überraschend aus. Ohne die verletzten Martínez und Hernández startete Jérôme Boateng in der Innenverteidigung, Pavard rechts. Thiago begann auf der Ankersechs und wurde von Leon Goretzka und Philippe Coutinho begleitet. Ivan Perišić spielte zunächst auf dem linken Flügel, sein Pendant Thomas Mülle musste auf die ungeliebte rechte Flügelposition. “Neuzugang” (O-Ton Flick) Lewandowski wurde rechtzeitig fit und begann in der Sturmmitte. Der zeitgleich “verpflichtete” Gnabry füllte mit Tolisso die ansonsten mit Jugendspielern befüllte Bayern-Bank auf.
Herthas Trainer-Team Klinsmann/Nouri schickte ihre Mannschaft im 4-1-4-1 in die Partie und verteidigte im 4-4-2. Neuzugang Ascacíbar begann im defensiven Mittelfeld, Lukébakio auf dem rechten offensiven Flügel, in der Mitte stürmte Davie Selke. Neben dem in der Hinrunde stark spielenden Dedryck Boyata ersetzte Torunarigha den erkälteten Nationalspieler Niklas Stark.
1. Halbzeit
Hertha saß von Beginn an tief und ließ die Bayern kommen. Mit viel Ballbesitz und wenig Ertrag spielten die Münchner nach vorne, ohne sich jedoch echte Chancen zu erspielen. Erst in der 25. Minute blitzte Torgefahr auf, als Lewandowski nach Doppelpass mit Perišić den Ball gefühlvoll nur hauchzart am Tor vorbei legte. Dies war jedoch die einzige wirklich nennenswerte Offensivaktion in der gesamten ersten Hälfte. Egal ob Vertikalpässe, Flanken oder Standards, nichts brachte ansatzweise Gefahr. Als der Schiedsrichter die Halbzeit pünktlich abpfiff und den Bayern eine weitere zweifelsfrei harmlose Ecke verwehrte, musste man Tobias Stieler fast schon dankbar sein.
2. Halbzeit
Ohne Wechsel, aber wenigstens mit mehr Schwung, ging es aus der Kabine. Das Tor traf man zwar nicht, doch mit gleich drei Möglichkeiten setzte Ivan Perišić Hertha immer wieder unter Druck, bis Bayern in der 60. Minute endlich die Führung erzielen konnte. Leon Goretzka löffelte mit viel Gefühl von der Grundlinie rechts den Ball an den langen Pfosten, wo der in dieser Phase stark spielende Perišić das Kopfballduell gewann und zu Müller ablegte. Mit einer nur für ihn typischen Körperhaltung, schoss Thomas Müller den Ball durch die Beine Jarsteins ins Tor.
Drei Minuten später gelang das vermeintliche 2:0, doch Lewandowskis Kopfball wurde wegen Foulspiels an Jarstein zurückgepfiffen, eine diskutable Entscheidung. In der 73. Minuten fiel nach Elfmeter trotzdem das 2:0. Bei einer Ecke hielt und zog Lukas Klünter Leon Goretzka so lange, bis Tobias Stieler auf den Punkt zeigte, Lewandowski verwandelte sicher wie immer.
Erneut drei Minuten erzielte Thiago die endgültige Entscheidung. Goretzka schickte den in den Strafraum drängenden Thiago, der von halbrechts perfekt in den linken Winkel traf. Daraufhin bekam Leon Dajaku noch Bundesliga-Minuten, er wurde für Alphonso Davies eingewechselt und spielte Linksverteidiger. Auch Mickaël Cuisance durfte sich zeigen und kam in Minute 83 für Coutinho. Sekunden später krönte Ivan Perišić seine wirklich gute zweite Hälfte mit einem Tor. Thomas Müller flankte von rechts, in der Mitte übersprang der Kroate Rechtsverteidiger Klünter beim Kopfball, Jarstein konnte den Ball nicht entscheidend abwehren. Aus dem Nichts konnte sich auch Manuel Neuer noch zeigen. Herthas Konter erwischte Bayern auf kaltem Fuß, doch Köpkes Schuss aus dem Fünfmeterraum, blocke Neuer ab. Als letzte Wechseloption feierte Serge Gnabry ein kurzes Comeback, indem er für Thomas Müller kam (87.). Mehr passierte nicht und so konnte Bayern mit einem 4:0 mit Dortmund und Leipzigs Siegen mitziehen. Vorbei an Mönchengladbach stehen die Bayern nun auf dem zweiten Tabellenplatz. Am Samstagabend geht es im Spitzenspiel gegen Schalke.
Dinge, die auffielen
1. Schlechte Positionierungen und Pressing
Leon Goretzka und Philippe Coutinho spielten die gesamte erste Hälfte ohne jegliche Anbindung an das Spiel. Mal standen sie zu tief, mal zu hoch und bekamen sie den Ball, trafen sie völlig falsche Entscheidungen. Ivan Perišić und Thomas Müller waren nur marginal besser. Immer wieder schlugen sie zu feste, zu wenig präzise Flanken ins Nirgendwo. Auch gegen den Ball war es eine schwache Partie. Als Hansi Flick übernahm, war die größte Umstellung das Pressing, heute wurde völlig konzeptfrei nachgeschoben. So konnte überhaupt kein Druck auf Hertha aufgestellt werden. Man hatte viel Ballbesitz, doch durch die schlechte Positionierung und das ineffektive Pressing, konnte von Dominanz keine Rede sein. Viel eher war von Glück zu reden, dass der Gegner die offensiv völlig harmlose Hertha war und somit auch keine Gegentor-Chancen entstanden.
2. Moral bewiesen: Leistungssteigerung in der 2. Hälfte
So wenig in der ersten Hälfte auch gelang, die zweite konnte sich wirklich sehen lassen. Bestechendes Pressing und Positionsspiel war zwar nicht gegeben, doch reichte es Hertha mit neuem Schwung förmlich zu überrollen. Müller und Perišić waren in der ersten Hälfte noch Gesichter der schlechten Leistung, in der zweiten Hauptprotagonisten. Allein dem Kroaten gelangen vor dem 1:0 in nur drei Minuten drei gefährliche Abschlüsse. Das Führungstor erzwang man praktisch. Auch das aberkannte 2:0 akzeptierten die Bayern-Spieler einfach und spielten weiter. Es wäre leicht gewesen, mit dieser doch diskutablen Situation zu hadern und seine Linie so zu verlieren, doch die Elf von Flick griff weiter an und erzielte in wenigen Minuten die entscheidenden zweiten und dritten Tore. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass der Gegner nach der Pause erschreckend harmlos war. Gegen die sich absolut in Form befindenden Schalker, wird bloßer Wille nicht reichen.
3. Thiago überzeugt
Als einer der wenigen Bayern-Spieler konnte Thiago über die vollen 90 Minuten überzeugen. Für den gesperrten Kimmich konnte der Spanier wieder im zentralen defensiven Mittelfeld spielen, wo er in der vergangenen Saison noch so konstant performen konnte. Gegen Hertha erinnerte er, wie gut er dort spielen kann. 121 Ballaktionen, 84% gewonnene Zweikämpfe, 91% angekommener Pässe, dazu waren alle fünf seiner Dribblingversuche erfolgreich. Sein Gegenspieler Selke fügte sich nach dem Spiel gar in Anerkennung, ob seiner “Weltklasse” Seitenverlagerungen. Krönen konnte er seine Leistung sogar noch mit einem für ihn untypischen Tor. Dabei gilt sein Abschluss gemeinhin als seine größte Schwäche. Dieses Spiel nährt die Hoffnung, dass Thiago seine zwar überhart kritisierte, aber inkonstante Hinrunde überwunden hat.