Drei Standards für ein Halleluja – so schlugen die Bayern-Frauen Freiburg auswärts
Nach einem durchwachsenen Saisonstart waren die Bayern-Frauen mit Siebenmeilenstiefeln auf die Tabellenspitze zugeschritten und hatten sich kurz vor der Winterpause die Chance erarbeitet, Tabellenführer Potsdam im direkten Duell vom Sockel zu stoßen. Nach dem 9. Spieltag verriet die Tabelle folgenden Zwischenstand: 1. Potsdam (24 Punkte), 2. München (22) und 3. Essen (20).
Doch die Partie gegen Potsdam ging vor heimischem Publikum 1:2 verloren. Zumindest verabschiedete sich der FC Bayern mit einem respektablen 0:3 Auswärtserfolg in Essen versöhnlich in die Winterpause und konnte den direkten Verfolger auf Abstand halten.
Das Match gegen Freiburg: Werbung für den Frauenfußball
Im neuen Jahr stand nun mit dem SC Freiburg ein weiterer Verfolger auf dem Plan. Aufgrund einer Sperre von Bayern-Coach Tom Wörle betreute Co-Trainer Roman Langer das Team an der Seitenlinie.
Vor den Augen der Bundestrainerin Steffi Jones ging der FCB mit einer Dreierkette in einer 3-4-3- bzw. 3-6-1-Formation ins Spiel, bei dem sich Gina Lewandowski in der Abwehrkette einreihte, da weder Viktoria Schnaderbeck noch Stefanie van der Gragt zur Verfügung standen. Freiburg setzte offensiv wie defensiv auf ein 4-4-2.
Von der ersten Sekunde an konnte Bayern Tempo aufnehmen, Druck entfalten und ging nach einem Freistoß von Melanie Behringer in der 4. Minute direkt in Führung. Zunächst wirkte es wie ein Kopfballtreffer Nora Holstads, doch die Norwegerin war nicht mehr am Ball.
Beide Mannschaften ließen den Gegenspielerinnen kaum Raum, standen ihnen direkt auf den Füßen und scheuten Fouls nicht. Doch während Freiburg seine Torchancen aus der Distanz suchte, schafften es die Bayern, im Vorwärtsgang bestimmte Räume — mal den linken Flügel, mal den linken Halbraum — zu fluten und in Überzahl auf das Freiburger Tor zuzustürmen, so dass die teils rückwärts laufenden Breisgauerinnen Schwierigkeiten hatten, die Angriffe einzudämmen.
.@mbehringer7 with a nice free kick goal for @FCBfrauen vs. Freiburg. #SCFFCB #AFBL pic.twitter.com/yrPF8ci5Q6
— Patrick (@RatedRHero) 18. Februar 2017
Besonders in den ersten zehn Minuten überzeugten die Münchnerinnen durch stringentes Offensivspiel. In der eigenen Rückwärtsbewegung waren die Bayern dagegen durchaus anfällig, da es Freiburg verstand, die Konter mit kurzem Einkontaktfußball durch den zentralen Korridor in die Spitze zu entwickeln — wie beispielsweise vor Kayikcis Schüssen außerhalb des Strafraums (9., 16.) oder Giulia Gwinns Flanke vor den Kasten Zinsbergers (10.)
Ansätze in der Defensive
Die zwei Angreiferinnen Kayikci und Petermann versuchten, den Spielaufbau Bayerns durch Anlaufen der Halbverteidigerinnen zu erschweren, doch mit Holstad in der Zentrale und der abkippenden Sara Däbritz waren die Bayern auch in diesen Situationen stets in Überzahl und ließen das Pressing durch Pässe ins Leere laufen.
Defensiv standen die Bayern hoch. Freiburg dagegen ging auf Nummer sicher, staffelte sich tief in engen Ketten, riegelte die Zentrale ab und schob kollektiv auf die Seite raus, sofern Bayern über einen Flügel angriff.
Freiburg dreht auf
Nach etwa 15 Minuten riss den Bayern der Faden und Freiburg kam besser ins Spiel. Nach Lob-Pass über die Abwehr scheiterte Petermann nur knapp an Zinsberger (21.). Nun waren es die Gäste, die sich nicht mehr in den Strafraum vorspielten, sondern es aus der Distanz probierten (Evans, 23.). Bayerns Abwehrreihe ließ der SC nun gewähren, dafür attackierte Freiburg das Mittelfeld, doppelte und trippelte die Ballführende und ließ mit dem hintersten Abwehrriegel die Wellen der Bayern geschmeidig auflaufen. Bayern gelang es nicht, seine Flügel durch Verlagerungen nach außen ins Spiel zu bringen. Zu schnell rückte Freiburg raus und isolierte die Ballführende dort. Pässe in die Mitte verfehlten dann häufig ihr Ziel.
Genau das — Angriffe über die Flügel und schnelle Seitenverlagerungen durchs Zentrum — war es, was Freiburg ganz hervorragend gelang. Im Interview nach dem Spiel gab SC-Trainer Jens Scheuer preis, dass sein Team darin ein probates Mittel gegen die Dreierkette Bayerns sah.
Torchancen en masse kurz vor der Pause
Erst Däbritz konnte nach Einwurf an der rechten Eckfahne mal wieder aussichtsreich durch den Halbraum dribbeln und im Sechzehner abschließen (27.). Kurz drauf glichen die Gastgeberinnen aus. Bayern hatte zig Gelegenheiten, Freiburg im direkten Zweikampf zu stellen, doch grätschte stets daneben, ließ sich verladen — so dass Carolin Simon im Strafraum auch noch Leonie Maier nach Drehung aussteigen ließ und eiskalt zum 1:1 einnetzte (32.).
Der SC setzte direkt nach und spielte sich am Bayern-Sechzehner fest, doch der war zu voll für weitere Durchbrüche. Auf der Gegenseite setzte Melanie Behringer einen Freistoß von knapp außerhalb des Strafraums gegen den Querbalken des Freiburger Kastens (39.) und einen Eckstoß direkt aufs Netz (42.). Richtig brenzlig war die Szene im und vor dem Fünfer von Zinsberger, als Freiburg gleich mehrfach abschließen konnte, bevor der Ball im Toraus landete. Kurz drauf reagierte Zinsberger nur unentschlossen auf eine dieser berüchtigten Halbfeldflanken vor ihr Tor, die Lena Petermann jedoch nicht in einen Freiburger Führungstreffer ummünzen konnte (45.). Doch auch München hätte noch erhöhen können. Grandios die Übersicht Behringers, die aus dem zentralen Mittelfeld vertikal auf Miedema durchsteckte. Die Niederländerin stand jedoch knapp im Abseits und schloss zudem zentral auf Benkarth ab (46.).
Same same but different in Halbzeit 2
Die zweite Hälfte begann exakt wie die erste. Freistoß Behringer und Tor. Diesmal traf Vivianne Miedema per Kopf zum 1:2 (49.).
Again @mbehringer7 with a free kick, this time assisting @VivianneMiedema who heads it in for @FCBfrauen. #AFBL #SCFFCB pic.twitter.com/mh1AJwdZMG
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Schlag auf Schlag ging es weiter: In der 52. brachte Freiburgs Linksverteidigerin Lahr einen Schlenzer fast aufs Tor, nachdem der SC mal wieder quer entlang des Strafraums den Ball durch die Mitte verlagern konnte, als bestünde die Bayerndefensive aus Luft. Dann kam Miedema erneut zu einer ihrer seltenen Chancen, blieb jedoch gegen drei Feldspielerinnen plus die Torhüterin im Fünferraum stecken (55.). In der selben Minute zielte Carolin Simon ihren Freistoß zu zentral auf Zinsberger.
Erneut in Front bemühte sich Bayern um Spielkontrolle und brachte mehr Leute hinter den Ball. Trotzdem zeigte Freiburg immer wieder Ballstafetten und konnte erneut ausgleichen. Im dritten Anlauf nach kurzer Ecke war es Petermann nach Pass von Lina Magull, die per Kopf einnetzte, nachdem es Bayern mehrfach nicht gelang, die Situation im Strafraum zu entschärfen. Doch Tor nach Ecke? Das gibt’s doch was von Bayern München. War Nora Holstad beim 0:1 noch knapp nicht erfolgreich, köpfte sie diesmal die Ecke Behringers zum entscheidenden 2:3 ins Tor.
Third @FCBfrauen goal of the game: Corner @mbehringer7 and @noraholstad heads it in for the 3-2 final score. #SCFFCB #AFBL pic.twitter.com/ANePktL5DX
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Anschließend ging die Abwehrchefin angeschlagen vom Platz. Nur wenige Momente im Spiel verursachte die neu gekommene Caroline Abbé einen etwas ungeschickten Elfmeter. Das gilt sowohl für das Foul an Magull als auch für die Ausführung (74.). Caroline Schiewe schoss zu zentral. Manuela Zinsberger hatte sich für die richtige — Ecke wäre übertrieben — Seite entschieden und hielt das 2:3 fest.
.@Manu_Zinsberger saved a penalty 💪 @FCBfrauen #SCFFCB #AFBL pic.twitter.com/Duun2q2osz
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In der Schlussphase versuchte Freiburg nochmal alles, doch es reichte nicht mehr für einen Punkt, den sie sich verdient hätten. Die Befreiungsschläge und Entlastungskonter der Bayern verfehlten ihre Wirkung nicht und der FCB ging als Sieger vom Platz. „Für den Frauenfußball war’s Werbung,“ fasste Jens Scheuer die intensive Partie wahrheitsgemäß zusammen. Trotz der Intensität, vieler Fouls und Standards hatten beide Teams richtig guten Fußball auf den Rasen gebracht.
3 Dinge, die auffielen
1. Zinsberger verdient sich ihre Minuten
Der Begriff „Ersatztorhüterin“ trifft auf Manuela Zinsberger nur äußerst begrenzt zu. Bei den allermeisten anderen Bundesligateams wäre sie mit Sicherheit die Nummer Eins im Kasten. Ihre Reflexe können sich sehen lassen. Von der Statur und der Ausstrahlung her ist sie ein absolutes Tier.
Auf der Linie werden Frauen im Tor immer überwindbar sein, was mit der Größe des Tores, mit der Körpergröße und Sprungkraft von Frauen zu tun hat. Es ist also klar, dass jede Frau zwischen den Pfosten für das Männerspiel gewohnte Auge zuweilen nicht ganz so zupackend aussieht, wie man es von Männern kennt. Das mal in Klammern vorausgesetzt steht Zinsberger auf der Linie nur wenigen Torhüterinnen im Frauenfußball nach. Herausragend, wie sie gegen Freiburg einen unangenehmen Freistoß aus dem Kreuzeck pflückte.
Dazu kommt ihre technische Fähigkeit und mentale Gewilltheit, ihr hoch verteidigendes Team weit vor ihrer Linie spielerisch zu unterstützen. Sei es als zusätzliche Passoption beim gegnerischen Pressing, sei es durch Ablaufen weiter Bälle zehn Meter vor der Mittellinie.
Natürlich ist bei Zinsberger noch nicht alles hundertprozentig. Bei der Halbfeldflanke wirkte sie unentschlossen. Das ein oder andere Mal hätte sie nicht so weit rauskommen müssen, da Wenninger bereits zur Stelle war. Doch die Entscheidungsfindung wird sich nochmal enorm verbessern, wenn mehr Spielpraxis dazukommt.
Hier kommt das delikate Detail für den FC Bayern. Zinsberger ist 21 Jahre alt. Mit Tinja-Riikka Korpela haben die Bayern eine ausgezeichnete Nummer Eins im Tor. Jetzt gilt es, Zinsberger immer wieder genügend Minuten zu geben, damit sie sich einerseits weiterentwickeln und ihr Potenzial voll entfalten kann — she has a high roof — und sich andererseits nicht für einen anderen Verein entscheidet. Wenn der FC Bayern und Manuela Zinsberger hier zusammen den richtigen Weg einschlagen, hat Zinsberger das Zeug dazu, Korpela zu beerben und eine Ära bei den Roten zu prägen. Wir wünschen allerseits den Mut und die Geduld für diesen Balanceakt.
2. Vier Tore nach Standards
Beide Teams hatten spielerisch einiges zu bieten und dennoch wurde die Partie durch Freistöße, Ecken und einen Strafstoß geprägt. Nach dem Spiel verriet Co-Trainer Langer, dass Bayern aufgrund seiner vielen kopfballstarken Spielerinnen viel Wert auf Varianten nach ruhendem Ball im eigenen Repertoire legt. Auch Melanie Behringers Können als Freistoßschützin ist bekannt und legendär. In einer eng umkämpften Partie ist es Gold wert, diese Waffe zur Verfügung zu haben, wenn aus dem Spiel heraus nichts anderes gelingt.
Dennoch müssen sich die Bayern ihre ersten zehn Minuten zum Vorbild nehmen, in denen das Team kollektiv in den Strafraum eindrang und die Abwehr konsequent vor Probleme stellte. Dieser Zug ging der Mannschaft über die Zeit mehr und mehr verloren. Die dicht gestaffelte Abwehr Freiburgs nahm zudem Miedema extrem effektiv aus dem Spiel. Die Anbindung in die Spitze gelang den Münchnerinnen zu selten. Ein Kompliment an Freiburg ist hier mehr als angebracht.
3. Asymmetrie der Winger
Wenn nicht gerade Gina Lewandowski als linke Flügelläuferin glänzte, konnte Verena Faißt auf dem linken Flügel in ihrem ersten Jahr für die Bayern bereits sehr überzeugende Leistungen zeigen. Im Gegensatz zu ihrem Pendant auf der anderen Seite, Leonie Maier, hielt Faißt konsequent die Breite, spielte also nahe der Außenlinie und stellte mit Evans oder Rolser — je nachdem, welche Flügelstürmerin gerade auf ihrer Seite spielte — schöne vertikale Verbindungen her. Dadurch konnte Bayern mehr als einmal ansehnlich vor das gegnerische Tor kommen. Laufstark, technisch stark, mutig. Es macht Spaß zu sehen, wie die Ex-Wolfsburgerin den linken Flügel zur Faißt-Zone erklärt.
Leonie Maier war dagegen selbst beim Spielaufbau über rechts häufiger im rechten Halbraum, also dem Korridor zwischen Flügel und Mitte, zu finden — spielte also deutlich zentraler. Hier konnte sie immer wieder im Doppelpass mit Carina Wenninger den Spielaufbau vorantreiben und die gut zugestellten Sechserinnen Behringer und Däbritz im zentralen Mittelfeld entlasten. Auch in die Angriffe schaltete sich Maier gerne in mittiger Position ein. Erst als die Bayern in der zweiten Halbzeit bemüht waren, mehr Seitenverlagerungen einzustreuen, um Freiburg zentral fokussierte Defensive Meter machen zu lassen und auseinander zu reißen, streute auch Maier Läufe entlang der Außenlinie ein.
Noch klappte nicht alles perfekt. Wenn dabei dennoch drei Punkte herausspringen, können die Bayern zufrieden sein. Ansätze, woran sie arbeiten müssen, bevor sie in der Champions League auf Paris Saint-Germain treffen, gab es zu Genüge.
SC Freiburg – FC Bayern München | |
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Freiburg | Benkarth – Lahr (78. Bühl), Puntigam, Schiewe, Fellhauer – Simon, Zehnder (78. Maier), Magull, Gwinn (86. Starke) – Kayikci, Petermann |
Bank | Ravn, Minge, Hegenauer, Wagner |
Bayern | Zinsberger – Lewandowski, Holstad (72. Abbé), Wenninger – Faißt, Behringer, Däbritz, Maier – Evans (82. Bürki), Miedema, Rolser (90+2. Leupolz) |
Bank | Korpela, Baunach, Lotzen, Gerhardt |
Tore | 0:1 Behringer (4.), 1:1 Simon (31.), 1:2 Miedema (49.), 2:2 Petermann (63.), 2:3 Holstad (69.) |
Karten | Gelb: Simon (48.) / Däbritz (57.), Behringer (60.) |
Schiedsrichterinnen | Ines Appelmann (Alzey), Christina Biehl (Siesbach), Fabienne Michel (Gau-Odernheim) |
Zuschauer | 1.227 |