Darum bleibt „Robbery“ unersetzlich
Wir wollten wissen ob dieser Eindruck auch mit Statistiken belegbar ist, oder ob es beispielsweise die starke Rückkehr von Franck Ribéry ist, die beide etwas in den Hintergrund rücken lässt. Dafür blicken wir zunächst auf die starke Hinrunde zurück, um dann auf veränderte Strukturen im Bayern-Spiel und eventuelle Formschwankungen anhand von Statistiken zu blicken.
Als Douglas Costa im Sommer für rund 35 Millionen Euro von Shakhtar Donezk verpflichtet wurde, gab es große Skepsis, ob er der hohen Erwartungshaltung gerecht werden kann. Spätestens nach der mittelfristigen Verletzung von Arjen Robben in der Hinrunde hat der Brasilianer aber auch seine letzten Kritiker verstummen lassen. Von der Notwendigkeit eines Franck Ribérys war kaum noch die Rede, weil sowohl Costa, als auch Kingsley Coman, seine bzw. ihre Abwesenheit größtenteils vergessen machten. Auch der 19-Jährige Franzose kam vor der Saison zum deutschen Rekordmeister. Die Erwartungen an ihn waren jedoch sehr viel geringer, weil er ein sehr junger Spieler ist und natürlich aufgrund des Leihgeschäfts, bei dem keine Kaufverpflichtung besteht.
Die beiden entwickelten sich im Laufe der Saison nicht nur zu Backups von „Robbery“, sondern zu ernsthaften Konkurrenten und mittelfristigen Stammspielern. Costa absolvierte bisher 2.448 Minuten für die Bayern und Coman kommt auf beachtliche 1.691 Minuten. Mit beiden Spielern veränderte sich aber auch das Spiel der Münchner erheblich. Als sowohl Robben, als auch Ribéry in der Schlussphase der letzten Saison ausfielen, musste Pep Guardiola von seinem Flügelfokus abweichen. Der Katalane entwickelte Ideen, um Thomas Müller und Robert Lewandowski noch mehr in Szene zu setzen und so verschob sich der Fokus eher auf das Zentrum. Mit Kingsley Coman und Douglas Costa ist das nicht mehr notwendig, aber dennoch liegt der Schwerpunkt im Bayern-Spiel sehr auf den beiden zentralen Angreifern. Die Rolle von Müller und Lewandowski verändert sich speziell dann sehr stark, wenn Arjen Robben auf dem Platz steht.
Der Niederländer ist bekannt für seine ständigen Strafraumdurchbrüche von außen in das Zentrum. Ist er in guter Position für einen Abschluss, vergisst er auch gerne seine Mitspieler und sucht selbst den Torabschluss. Die Aufgabe von Müller und Lewandowski ist es dann, ihm die Möglichkeit zum Doppelpass zu geben oder Räume zu öffnen, die Robben anschließend nutzen kann. Seit der Flügeldribbler wieder fit ist, rückt er von Spiel zu Spiel mehr in den Fokus. Gegen Dortmund hatte er die meisten Abschlüsse (5) und damit genauso viele wie Müller (4) und Lewandowski (1) zusammen. Bei der Niederlage gegen Mainz waren es vier Abschlüsse, während Müller (1) und Lewandowski (2) nur auf insgesamt drei kamen. Diese Veränderung könnte auch eine Erklärung für die deutlich schwächere Chancenverwertung in den letzten Spielen sein. Arjen Robben sorgt zwar für viele Abschlüsse, kann dabei aber noch zu selten das Tor erzielen. Die Form aus der Hinrunde 2014/2015 konnte er bisher noch nicht abrufen.
Stehen Coman und Costa auf dem Platz, verändert sich das Spiel in der Offensive vor allem in der Breite. Beide sind dafür bekannt, dass sie über ihr Tempo die Außenbahn bespielen, während Robben und zum Teil auch Ribéry stark den Weg nach innen suchen. Sind die beiden dann in der Nähe der Grundlinie, folgt entweder eine Flanke, oder eine flache Rückgabe in den gefährlichen Rückraum, was dazu führt, dass Müller und Lewandowski mehr Abschlüsse haben. Speziell Douglas Costa wirkt im Endprodukt dabei noch zu oft zu harmlos. Seine Dribblings und Strafraumdurchbrüche sind auf allerhöchstem Niveau, aber die letzte Aktion ist dann oftmals zu ungenau. Zwar schlägt er 1,8 erfolgreiche Flanken pro 90 Minuten in der Liga und hält damit den Bestwert aller Bayern-Spieler, doch finden im Schnitt auch 5,5 Flanken nicht ihr Ziel, was ebenfalls Höchstwert bei den Münchnern ist. Kingsley Coman ist lediglich in der Dosierung seiner ebenfalls schwachen Flanken besser. Der Franzose schlägt vier Flanken pro Spiel, von denen jedoch nur 0,9 ankommen. Arjen Robben bringt 0,7 von 1,8 Flanken pro Spiel an einen Mitspieler und Ribéry 1,4 von 5,6. Bei Costa fällt die Quote jedoch viel mehr auf, weil er mit 7,3 Flanken pro 90 Minuten den Ball so oft in den Strafraum bringen will, wie kein anderer Bayern-Spieler.
Ribéry ist der „Vorlagen-König“
Die Aktionen von Douglas Costa wirken häufig strukturlos und als ob er mit dem Kopf durch die Wand wolle. Nicht selten dribbelt er sich fest und verliert den Ball in sehr unpassenden Situationen. Darüber hinaus schafft er wenige Verbindungen zu seinen Mitspielern. Wenn Alaba hinter ihm spielt mag das nicht so auffallen, da der Österreicher auch in Tornähe genau weiß was er zu tun hat. Zuletzt war allerdings Bernat auf dieser Position gesetzt. Durch die ständigen Dribblings von Costa, bei denen er den Flügel konsequent besetzt, muss Bernat Läufe in das Zentrum machen, wo er zuletzt sehr oft hilflos wirkte. Man hat das Gefühl, dass der Spanier nicht weiß was er dort zu tun hat, was wiederum zu einem ungefährlichen Abschluss, oder gar einem Rückpass führt. Diese fehlende Harmonie ist neben den vielen harmlosen Flanken einer der Gründe, warum derzeit sehr wenig Gefahr von Douglas Costas Seite ausgeht. Auch das Passspiel des Brasilianers wirkt manchmal etwas zu lässig. Speziell in den letzten Wochen hat er mehrmals Konter des Gegners durch einfache Abspielfehler eingeleitet. Das alles sind Defizite, die Costa schon von Anfang an mitbringt, doch die erst seit der Rückkehr von Franck Ribéry viel stärker auffallen, da der Franzose diese Fähigkeiten besitzt. Ribéry ist ein Spieler, der Verbindungen auf dem Feld kreiert und durch seine clevere Positionierung immer eine Option für den Mitspieler ist. Hat er dann den Ball, sucht er schnell vertikale Lösungen und bezieht auch da seine Mitspieler ein. Während Costa also über sein Tempo und die Durchschlagskraft in das vordere Drittel marschiert, kombiniert sich Ribéry mit seiner Technik und seinen Mitspielern nach vorn.
Auch Coman macht beispielsweise den deutlich spielintelligenteren Eindruck im Vergleich zu Costa. Er gibt dem Flügelspiel auf seiner Seite Struktur, bewegt sich clever und bezieht seine Mitspieler mit ein. Sein Spiel ist häufig unauffälliger als das von Costa aber bisweilen effektiver und durchdachter. Seine Formkurve ist in dieser Saison auf einem konstant hohen Level. Mit 4,3 erfolgreichen Dribblings pro 90 Minuten ist er einer der stärksten Dribbler der Liga. Bei 7,4 Versuchen entspricht das einer sehenswerten Quote von 58,1%. Unter allen Flügelspielern des FC Bayern ist er damit zusammen mit Costa der Spieler mit der besten Erfolgsquote. Costa kommt in der Liga bemerkenswerter Weise auf dieselben Werte wie Coman. Franck Ribéry hat erst 193 Minuten in der Bundesliga gespielt, weshalb seine Werte noch nicht aussagekräftig genug sind. 5,1 erfolgreiche Dribblings von 10,7 Versuchen pro 90 Minuten entsprechen aber ebenfalls einem sehr guten Wert. Arjen Robben hingegen dribbelt im Schnitt nicht so häufig wie die anderen drei, dafür aber genauso effektiv. 2,2 von 4,3 Dribblingversuchen des Niederländers sind erfolgreich.
Vergleicht man die Werte aber in der Champions League, wird es interessanter. Kingsley Coman setzt in seinen bisherigen Auftritten in der Königsklasse nur 4,7 Mal pro Spiel zu einem Dribbling an, wovon allerdings drei erfolgreich sind, was einer Quote von 63,83% entspricht. Auch Arjen Robben kann seine Quote aus der Bundesliga auf höchstem Niveau noch mal steigern. Von vier Versuchen sind 2,8 erfolgreich, was wiederum mit 70% die beste Quote im direkten Vergleich der vier ist. Douglas Costa kann sein Niveau international in etwa halten. 60,65% erfolgreiche Dribblings sind leicht besser als sein Wert in der Bundesliga. Franck Ribéry hat in der Champions League erst 52 Minuten gespielt, weshalb seine zwei gescheiterten Dribblings keine Aussagekraft haben.
Ein weiteres wichtiges Indiz für Offensiv-Spieler sind die Torschussvorlagen. In der Bundesliga liegt Franck Ribéry mit einem Schnitt von unglaublichen 5,6 pro 90 Minuten deutlich vor allen anderen Bayern-Spielern, wobei man auch hier wieder die kurze Spielzeit von insgesamt 193 Minuten beachten muss. Douglas Costa kommt auf 2,6, Arjen Robben auf 2,2 und Coman legt im Schnitt 1,9 Torschüsse vor. In der Champions League verändert sich die Reihenfolge etwas. Während Costa (2,6) und Robben (2,3) ihr Niveau in etwa halten, ist Kingsley Coman (3,4) nach Thiago Alcantara (3,8) der Spieler mit den meisten Torschussvorlagen pro 90 Minuten, wenn man nur Bayern-Spieler mit mindestens 150 Spielminuten betrachtet.
Weiter oben haben wir bereits festgestellt, dass Arjen Robben im Schnitt 4,3 Mal pro Spiel abschließt. Costa (3), Coman (1,9) und auch Ribéry (0,9) strahlen hier deutlich weniger Gefahr aus, als der Siegtorschütze im Champions-League-Finale 2013. Vor allem die Qualität der Abschlüsse ist aber interessant. 34,8% von Robbens Schüssen gehen in der Bundesliga auf das Tor des Gegners. Costa (36,67%) und Coman (31,58%) sind da nicht wesentlich besser oder schlechter. Lewandowski (48,27%) und Müller (47,37%) sind hingegen deutlich treffsicherer. Noch größer wird der Unterschied in der Chancenverwertung deutlich. Lewandowski (17,69%) und Müller (21,52%) liegen beide über dem Durchschnitt des Teams. Comans Wert von 14,81% ist zumindest noch akzeptabel, aber Robben (7,69%) und vor allem Costa (3,7%) ziehen den Durchschnittswert der Mannschaft nach unten. Ribéry hat derzeit ein Tor aus zwei Schussversuchen gemacht und ist daher mit seinen 50% natürlich nur ein „Funfact“ in dieser Statistik. Unterstrichen wird der Gesamteindruck, dass der FC Bayern derzeit nur zwei richtig torgefährliche Spieler im Kader hat, durch die Anzahl der Minuten pro Tor in allen Wettbewerben. Lewandowski (alle 91,18 Minuten) und Müller (alle 109,84 Minuten) treffen am häufigsten. Arjen Robben trifft derzeit alle 214 Minuten, Coman alle 338,2 Minuten und Costa braucht sogar 489,6 Minuten für ein einziges Tor. Mario Götze (153,75 Minuten pro Tor) und Franck Ribéry, der in seinen 242 Minuten ein Mal traf komplettieren die Liste der torgefährlichsten Spieler. Diese Statistik zeigt zum einen, dass drei der vier Flügelspieler extrem mannschaftsdienlich spielen und eher den Weg zu den beiden Stürmern suchen, als selbst abzuschließen, aber zum anderen auch die fehlende Gefahr bei eigenen Abschlüssen. Arjen Robben zählte in der Vergangenheit noch zu den gefährlichsten Spielern des FC Bayern, aber auch er vergibt zurzeit viele Chancen.
Auf der zweiten Seite folgt ein Vergleich der Flügelspieler, der die aktuellen Form-Kurven der Spieler aufzeigen soll.