Eisern durchrotiert: 1:1 gegen Union

Daniel Trenner 10.04.2021

Falls Ihr es verpasst habt

Die Aufstellung 

Im Brückenspiel zwischen den beiden Champions-League-Krachern gegen Paris warf Noch-Trainer Hansi Flick kräftig die Rotationsmaschine an. Neben den neu dazugekommenen Verletzten Süle und Goretzka, nahm er auch Pavard, Alaba und Sané aus der Mannschaft.

Die neue Abwehr bildeten somit Sarr, Martínez, Boateng und der 21-jährige Debütant Josip Stanišić. Im Mittelfeld startete etwas überraschend trotz hoher Belastung Joshua Kimmich, begleitet vom kaum spielenden Tiago Dantas. Vorne stürmten Müller, Coman, Musiala und Choupo-Moting.

Union lief im bekannten 4-5-1 mit Max Kruse hinter der Spitze auf.

1. Halbzeit

Mit Anpfiff begann direkt ein erstaunlich flottes Spielchen. Von Königsklassen-Kollaps war wenig zu sehen. Die reinrotierten Spieler nahmen die müden richtig gut mit. Aber auch Union hielt mit, lauerte gefährlich auf Konter.

Nach einer halben Stunde kam dann ein noch schlimmeres Zeichen, als jeder Rückstand es wäre. Coman zeigte an, es gehe nicht weiter. Für ihn sollte zunächst eigentlich Leroy Sané kommen, doch erstaunlicherweise riskierten die Bayern es nochmal mit ihm. So richtig machte er nicht mehr mit, trotzdem ließ man ihn aus unerfindlichen Gründen auf dem Platz.

Verblüffenderweise erwies sich diese Verletzung mehr als Bruch für Union, denn für die Bayern. Von Eisernen Kontern war gar nichts mehr zu sehen, sie ließen die Bayern über sich ergehen. Immer wieder brachte Kimmich die Bälle in gefährliche Räume im letzten Drittel, immer wieder dribbelte sich Musiala in gefährliche Positionen. Doch in Ermangelung von so vielen Abschlussspielern, fehlte es dem Team etwas an Wumms, torlos ging es in die Kabine.

2. Halbzeit 

Zur Pause kam endlich Sané für Coman. Die Partie blieb ähnlich, Union zeigte aber nun wieder ab und an mehr Eigeninitiative. In der 58. Minute sorgte Flick für kollektives Stirnerunzeln als David Alaba nicht etwa für den überspielten und müde wirkenden Kimmich kam, sondern für Choupo-Moting. Bayern spielte nun ohne echte Spitze. Kurz darauf gesellten sich noch Pavard und Christopher Scott dazu, letzterer feierte sein Debüt. Boateng und Dantas verließen die Partie.

Obwohl alles nach abschenken aussah, gelang Bayern just jetzt die Führung. Pavard flankte wie schon gegen Paris aus dem Halbfeld, Müller legte zurück und umringt von Unioner Beinen fing Musiala an zu tanzen und traf per Linksschuss (68.).

Kurz darauf verletzte er sich leicht, Nianzou kam, Kimmich war nun Zehner. Das Spiel drohte zu verflachen, doch Union kam nochmal zurück. Nach einem (falschen) Einwurf sprintete Andrich Nianzou weg, spielte von der Grundlinie zurück, wo Ingvartsen die Kugel über die Linie drückte (85.). Bayern konnte sich nicht mehr für einen finalen Schlussspurt aufraffen, es endete 1:1.

Am Dienstag zieht sie es nun in die Entscheidungsschlacht nach Paris.

Dinge, die auffielen

1. Ansprechende Frischlinge

Viele frische, teils schon abgeschriebene Spieler brachte Flick ins Team und die Rotation ging auf. Durch die Bank stimmten die Leistungen. Josip Stanišić zeigte ein angenehm konservatives Spiel. Die Position des Linksverteidigers ist ihm fremd, bei den Amateuren spielt er zumeist innen oder rechts. Er machte das beste daraus, suchte selten den Sprint nach vorne, bot sich dafür auf der Außenlinie im Spielaufbau an, wo er mit soliden Querpässen aushelfen konnte. Manchmal ist weniger mehr. Bouna Sarr konnte zu Anfang seiner Bayern-Karriere ein Lied davon singen.
Und wenn er dann defensiv gefragt war, zeigte er verbissenes, resolutes Verhalten im Zweikampf. Ein beachtenswertes Debüt – gerade weil es so unbeachtenswert war.

Thiago Dantas zeigte da mehr Probleme, überzeugte schlussendlich dann aber umso mehr. Gerade gegen den Ball war ihm seine Unerfahrenheit im Bayern-System anzumerken. Immer wieder wirkte er verunsichert wen und wie er jetzt anzulaufen hatte. Mit Ball arbeite er sich jedoch in die Partie hinein, bot sich an, nahm klug an Bayerns Ballzirkulation teil, zeigte auch immer wieder den Mut für starke Vertikalbälle.

Schaut man sich diesen Dantas an, mag man durchaus erstaunt sein, dass er in der 3. Liga auf ganzer Linie scheiterte. Möglicherweise ist unter dem neuen Trainer-Duo ja noch ein Neustart auf den letzten Metern in dieser Saison möglich. Das Talent zeigte er jedenfalls heute.

2. Gute rechte Seite

Bouna Sarr wurde ja schon komplett runtergeschrieben, reinrotiert war er heute jedoch vollkommen in Ordnung. Im Gegensatz zu seinem Pendant auf der linken Seite beteiligte er sich auch am Offensivspiel der eigenen Mannschaft und das gar nicht mal so schlecht. Allgemein tat es ihm gut, wieder auf seiner angestammten rechten Seite zu spielen, zuletzt machte er links Fehler. Hin und wieder positioniert er sich nachwievor seltsam, aber der Auftritt heute war definitiv ein Schritt in die richtige Richtung.

Noch besser war allerdings sein Partner auf rechten Außenbahn, Jamal Musiala. Immer wieder griff er den Eisernen Abwehrblock frontal an, immer wieder kam er kongenial durch. Musiala war klar der stärkste Spieler auf dem Platz, nur logisch, dass auch er das (um ein Haar) Tor des Tages erzielen konnte. Nur logisch, dass es erneut nach einer Einzelaktion von ihm fiel.

Als kreativer Achter dürfte seine Zukunft mittelfristig in der Spielfeldmitte zu finden sein, kurzfristig könnte er auf Außen jedoch möglicherweise einen höheren Impact besitzen. Immer wieder zeigt er, dass er auf höchstem Niveau mithalten kann. Sollte seine Verletzung nichts ernstes sein, dürfte er am Dienstag mindestens der erste offensive Joker sein, auch auf den Außenpositionen. Egal ob Dribbling oder Schnelligkeit, er ist dort alles andere als eine Notlösung.

3. All eyes on Paris

Machen wir uns nichts vor, alle Augen richten sich derzeit auf die internen Querelen zwischen Sportvorstand und Trainer … wie? Achja, das nervige Thema gibt es auch noch. Nungut, alle sportlichen Augen jedenfalls richten sich auf Paris. Zu diesem Zweck rotierte Flick auch nocheinmal kräftig durch. Pavard, Boateng, Alaba, Sané und sogar Choupo-Moting spielten nicht über die vollen 90 Minuten.

Einzig Kimmich musste befremdlicherweise über die volle Distanz gehen. Befremdlich, weil ihm bereits gegen Leipzig und Paris die Luft ausging. Wieso Flick gerade einen so überbelasteten Spieler wie ihn, noch einmal in so einem vergleichsweise unwichtigen Spiel so hart rannimmt, ist unverständlich. Auch heute zeigte er einige Fehler, die ihm sonst nicht unterlaufen. Nichtsdestotrotz, Kimmich bleibt ein Dynamo, man mag also darauf hoffen, dass er nochmal 90 Minuten durchhält.

Davon ab kann man sagen, die Rotation war soweit erfolgreich. Der Spielfluss blieb bestehen und es mussten nicht die wenigen übrig gebliebenen Spieler die Kohlen aus dem Feuer holen. Leider alles mit dem Schönheitsfehler des Punktverlustes aber die Champions League ist nuneinmal wichtiger.

Noch ist nicht aller Tage Abend, hat man diesmal zur Abwechslung Glück mit den Verletzungen von Coman und Musiala und kommen Goretzka und Hernández zurück, läuft vielleicht ja doch noch was in Paris. Game on!